Drehwuchs - Problem oder Panikmache?

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RobertGraf
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Drehwuchs - Problem oder Panikmache?

Beitrag von RobertGraf »

Hallo zusammen,

mir ist im Frühjahr eine absolute Bilderbuch-Eibe "zugeflogen", die hab ich gleich entrindet und zum Trocknen mit Keilen aufgespalten, da der Stamm zu dick für die Bandsäge war. Beim Spalten ist mir dann ein massiver Drehwuchs aufgefallen, den ich erstmals brav mitgemacht habe. ich hab also das Teil so gespalten, wie es die Fasern wollten und nicht, wie es optimale Bögen ergeben würde. Danach hab ich das Holz noch versiegelt und jetzt nach einem halben Jahr (er ist gut trocken und nicht gerissen) wollte ich aus dem Filet mal so langsam den ersten Langbogen aus diesem Stamm angehen.

Und hier meine Frage dazu: Bis jetzt hab ich ja alle meine Bögen mit der Bandsäge eiskalt ohne Berücksichtigung von evtl. Drehwuchs zugesägt und es hat nie Probleme gegeben. Hatte ich bis jetzt nur Glück und es hat sich nie (trotz eines evtl. vorliegenden und nicht erkannten Drehwuchses) etwas negativ ausgewirkt? Kann ich den Stamm hier jetzt auch einfach "gerade" Sägen, oder muss ich ihn so verwunden lassen? Oder habe ich nur klassisches Brennholz  :P?

Zu den Maßen: Die Stücke sind 2,3 Meter lang und haben schweineviel Holz, drehen aber um fast 90 Grad.

Jetzt schon Danke für eure Antworten!!!

Robert
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acker
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Re: Drehwuchs - Problem oder Panikmache?

Beitrag von acker »

Hallo,
Nun, es scheint so zu sein das der Drehwuchs erst im oberen drittel so richtig zu tragen kommt.
Bei 2,3m kannst Du ja je nach Design  etwa 40 cm von oben abschneiden , evtl reicht es dir ja das der drehwuchs dann nur noch so auf 15° kommt, den kannst Du dann ignorieren.
Allerdings erscheint mir das Hoz fleischig genug für 2 Bogen...
Optional könntest Du ihn nochmals spalten , es sei denn das der Splintholzanteil sehr stark ist und Du durch die Abnahme gefahr läufst zuwenig Kernholz übrig zu haben.

Andere möglichkeit ist , aufsägen mit der Bandsäge, dann teilen und im Griff spleissen.So kannst Du die Drehung im Griff einfach koregieren.

Ein backing aus Hickory oder Esche ist auch eine möglichkeit

Die einfachste Lösung , sofern die Eibe 25 Jahresringe pro 2,5cm hat, dann kannst du den krummen Brocken zu mir schicken ....ich kümmer mich dann um Dein Problem ;D

Gruß acker
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tomtux
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Re: Drehwuchs - Problem oder Panikmache?

Beitrag von tomtux »

was acker mit schicken meint  ;D ;D ;D:

nicht unbedingt brennholz, aber eine menge arbeit.
bogen dem faserverlauf folgend mit genug übermass ausarbeiten und dann die drehung mit hitze beseitigen.

dämpfen geht, heissluftpistole geht.
wichtig: das holz geht wieder etwas zurück, und zwar über monate!
ich hatte schon solche teile, nach 3-4 monaten kann man entweder nochmal nacharbeiten oder einen bogen draus bauen.

man kann natürlich auch nach 1 woche einen bogen draus bauen, nur hat man dann ziemlich sicher nach 6 monaten einen ganz tollen propeller ;D
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Ravenheart
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Re: Drehwuchs - Problem oder Panikmache?

Beitrag von Ravenheart »

Eine nennenswerte Drehung findet nur im oberen Drittel statt.
Bei 2,30 Länge und 1,80 benötigter Länge für einen LB fallen schon mal locker 50 cm weg.

2,30 / 3 = 0,77
0,77 - 50 = 0,27

Das entspricht auch dem leichten Drehbereich unten.
Da die gegenläufig sind - no Prob.
Hatte ich bis jetzt nur Glück und es hat sich nie (trotz eines evtl. vorliegenden und nicht erkannten Drehwuchses) etwas negativ ausgewirkt?
Ja.

Rabe
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RobertGraf
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Re: Drehwuchs - Problem oder Panikmache?

Beitrag von RobertGraf »

ja - aus der abgebildeten Hälfte gehen auf jedenfall zwei, aus der anderen vielleicht sogar drei raus. Und die 25 Ringe schaft er auch (ich sagte ja "Filet"), nur scheue ich das Porto  ;D. Und der arme Postbote....!

Einen möchte ich auf jeden Fall mit leichten Recurves und Sehnenbacking machen (so ein kurzes Indianer-Ding), aber das wird sicher nicht der Erste Versuch aus diesem Stamm werden.

Wenn ich ihn kürze, wird die Drehung natülich um einiges weniger - klar! Und dann einfach "gib ihm" mit der Bandsäge und so behandeln, dass der Bogen gerade wird? Laufe ich da nicht Gefahr, dass später an der Seite irgendwelche bösen Fasern aufgehen? Hab ich zumindest mal irgendwo so gelesen...

Wenn ich Variante Dämpfen wählen sollte: Beim Dämpfen also etwas "überdrehen", damit er wieder ein Stück zurück kann?


Schöne Grüße...

Robert
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Ravenheart
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Re: Drehwuchs - Problem oder Panikmache?

Beitrag von Ravenheart »

Nun, bei einem Bogen, der in der Breite getapert ist, laufen immer seitlich Fasern aus! Das ist auch kein Problem, denn die dünn auslaufenden Enden dieser "Faserbündel" werden einfach mitgebogen. Auslaufende Fasern sind nur ein Problem wenn von beiden Seiten Zug an die "Lücke" kommt... Ich hatte erst bei einem Bogen den Fall, dass seitliche Auslaufende einen Längsriss erzeugt haben, und das hatte zudem andere Ursachen (es war direkt hinter dem Griff, die Griff-Übergangs-Zone war zu kurz, so dass er sich da überdurchschnittlich stark bog...)

Nein, das Hauptproblem liegt darin, dass ein gerade aus einem gedrehten Stave geschnittener Bogen diagonal verlaufende Fasern hat, und sich daher verdreht.

Befinden sich die diagonalen Abschnitte aber in einem Bereich nahe den Enden, also außerhalb der Haupt-Biegezone, wirkt es sich allenfalls in einer leichten Verkrümmung aus. Findet das an beiden Enden spiegel-symmetrisch statt, ist es allenfalls ein ästhetisches Problem - funktional ist es ohne Belang.

Thermisch gerade drehen geht, ist aber schwerer als man es sich vorstellt, und auch die Auswirkungen sind variabel. Es kann schief gehen (brechen, "verbeulen"), das Holz kann Set entwicklen, es kann sich unterschiedlich zurückdrehen, u.s.w... Ich vermeide das, wenn möglich...

Rabe
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