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Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 09:00
von Snake-Jo
Die Angst des Bogenbauers vor Bruch beeinflußt den Schießstil.

So oder so ähnlich könnte eine psychologische Abhandlung lauten.  ;D
Also reden wir mal darüber!  :)

Als Bogenbauer von vorwiegend Holzbogen und darunter vielen Selfbows hatte ich ein Problem: Im Turnier war mein Auszug oftmals völlig verkorkst, weil ich zu kurz zog, nicht in den Anker kam und zu schnell löste. Die Trefferquote war entsprechend schlecht und ich wundere mich noch heute, warum ich trotzdem... aber das ist eine andere Geschichte.  ;D
Jedenfalls schwang immer die Angst mit, der Bogen könnte brechen. Diese Angst kam nicht von ungefähr. Im Laufe der Jahre ist mir so mancher Bogen um die Ohren geflogen. Mit zunehmender Routine im Bogenbau wurden das immer weniger, aber die Angst ist geblieben. Das Lauschen auf ein Knacken beim Auszug, auf ein leises gefährliches Knistern, die enorme Anspannnung im Holz im Anker und dann der gewaltige Krach, die Sehne wird plötzlich gestaltlos, ein Holzstück mit Nocke fliegt nach vorne, das andere kracht an meinen Kopf und in der Hand halte ich noch das Griffstück....


O.k. wird mancher sagen, typischer Fall von Scheibenpanik. Nun ja, mag sein, aber das Problem ist spezifischer: es trat ja nur beim Holzbogen auf. Wenn ich einen  Glasfaser-Recurve schieße oder einen asiatischen Komposit, dann habe ich das Problem nicht.
Gut, als alter Hase arbeitet man natürlich an der Lösung des Problems und die ist mir auch gelungen, selbst wenn von Zeit zu Zeit wieder der alte Fehler auftaucht.
Ich bin jedoch nicht alleine: Nachdem ich mir eine Kassette (VHS) von einem namhaften Bogenbauer angesehen hatte, gruselte mir: Fast keiner der Holzbogenschützen kam in seinen Anker, es wurden alle möglichen Verrenkungen gezeigt, aber von einem sauberen Schießstil keine Spur. Und dies ist eine Lehr-Kassette, überall im Handel erhältlich (Namen nenne ich nicht).
Wie sind Eure Erfahrungen?l

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 09:16
von Hunbow
Das kann ich voll unterschreiben! im Turniergetümmel komme ich nur mit einer Extraportion Konzentration zu meinem Ankerpunkt und dann wirds meistens auch nur ein fliegender Anker.

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 10:23
von Brucky
mir gehts beim fertigtillern, beim einschießen und bei den ersten Schüssen so
Da habe ich Herzklopfen , daß ich es im Kopf noch spüre
Von der Technik gar nicht zu reden....

bei einem Turnier liegt immer noch ein Ersatzbogen im Auto
damit ja nix passiert - wehe ich vergesse den zuhause

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 10:53
von Ravenheart
Bin ich bisher von verschont!

Mir sind bisher erst 3 Bogen gebrochen, und bei allen war das wegen bestimmter Fehler voraussehbar.
1x beim Reflexdämpfen am Bauch angeknackst,
1x mit stehenden Ringen, Faserverlauf missachtet,
1x großer Ast im Randbereich

3 - 4 andere HÄTTEN noch brechen können, aber ich habe die Schwachstellen rechtzeitig vorher bemerkt, so dass es dazu nicht kam.

Meinen übrigen Bogen vertraue ich vollkommen, untersuche sie allerdings "gewohnheitsmäßig" nach jedem größeren Einsatz gründlich... man weiß ja nie - manche Fehler treten erst nach Jahren der Benutzung auf.

Auf mein Schießen aber hat es zum Glück keinen Einfluss

Rabe

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 11:37
von Squid (✝)
Ist bei mir anders. Mir ist allerdings auch erst einer um die Ohren geflogen und das  beim  ersten Tillern.

Ich liebe meine Bögen heiss und innig, schon weil so viel Arbeit drin steckt, aber wenn das Schicksal ihr Ende vorhersieht, ist das OK.
Dann bau ich halt einen (besseren) Neuen.

Womit ich zu kämpfen habe, ist das entspannte individuelle Schiessen. Nur wenn das ohne großes Denken (an die eigenen Leistung, das eigene Aussehen) von Statten geht, habe ich halbwegs brauchbare Ergebnisse.

Wenn mich alle angaffen - nein, wenn ich GLAUBE, dass alle mich angaffen - wird das absoluter Murks.


@Rabe: ...wie bei diesem zu durchschiessenden Astbogen mit der Frage "Wo schiesst Du denn hin?" Ohne jegliches Denken waren die Baumstämme deutlich leichter zu treffen   ::)  :D

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 12:00
von tomtux
mein stil ist eine katastrophe, 2 sek. anker ist schon sehr lang.
bis jetzt glaub ich aber nicht, dass das aus angst vor bruch so war.

mit der betonung auf war, nach den letzten beiden brüchen. ich bemühe mich aber trotzdem möglichst konstant (wenn auch mies) zu schiessen und keine rücksicht auf den bogen zu nehmen.
ausahmen sind höchstens sehr grenzwertige teile, die z. b. für einen kürzeren auszug gebaut sind.

bei selfbows glaube ich aber feststellen zu können, dass bei längerem ankern die geschwindigkeit spürbar abnimmt.
in zumindest einem fall war das auch mit gut 10fps differenz messbar.

also entweder immer semi-fliegender anker oder immer sauber ein paar sekunden stehen bleiben.

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 13:31
von Tom of Sevenhills
Ich habe gerade so einen Kandidaten von dem ich glaube er könnte nachgeben :( Auf dem Tillerstock hat es etwas geknackt. Auf dem Rücken an der Seite hat sich ein Span von ca 2mm Länge und 1mm Tiefe angehoben. Habe das ganze mit warmen Epoxi getränkt und mit Hanf ca 2.5cm lang um den Bereich eine Wicklung gemacht. Jetzt wollte ich mal ein paar Schussveruche machen :-\
Wie gefährlich ist das Eurer Meinung nach?
Das Ding hat ca. 60#

Ist Euch sowas schon um die Ohren geflogen? Wenn ja mit welchen Folgen?

Macht mir mal Angst ;D ;D ;D

Gruß

Tom

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 17:20
von Ravenheart
JEDER Bogen kann brechen. Meistens passiert dabei nix, denn der Bruch erfolgt oft nicht explosionsartig, wie Glas, sondern eher fransig. Gibt aber auch Ausnahmen, je nach Holzart und Trocknungszustand.

Ein Teilstück KANN einen auch immer treffen, auch unglücklich mit einer spitzen Faser.

Das Risiko musst Du tragen, wenn Du Holzbogen schießen willst.

Um abzuschätzen, wie bruchgefährdet der Bogen tatsächlich ist, wäre erst mal zu klären,

*warum sich der Span abgehoben hat,
*in welchem Zustand der Rücken sonst ist,
*über welche Holzart wir reden,

u.s.w...

Willst Du die Sicherheit, für Dich wie auch den Bogen, erhöhen, müsstest Du die Wicklung wieder entfernen und ein Backing insgesamt anbringen.

Nur EINES trau ich mich vorherzusagen:
An DER Stelle, wo Epoxi und Hanf sitzen, wird er NICHT nachgeben...
;)

Rabe

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 18:19
von Tom of Sevenhills
@Rabe
Ich bin bereit das Risiko zu tragen  ;D ;D ;D
Der Bogen ist aus Hickory. Der Stave hat auf dem Wurfarn einen Faserverlauf den man eigendlich verbieten sollte ;) 
An der Stelle laufen die Fasern genau an der Rückenkante aus. Außerdem ist dort links helles und rechts dunkles (verm. kern) Holz.
Bilder kann ich im Moment keine machen (Kamera hat Urlaub  ;))

Dann werde ich mal testen.. (wenn endlich der Regen aufhört)

Gruß

Tom

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 18:28
von Quercus
Hey,
bin bisher auch von solcher Angst verschont geblieben, hatte bisher allerdings auch erst einen Bruch. Das soll jetzt nicht heißen, daß ich nicht mehr potentielle Bruchkandidaten habe, nur die anderen habe ich schon vor einem eventuellen Bruch abgeändert.
Ich muß aber auch sagen, daß ich bisher auch noch keinen teuren Rohling gekauft habe. Mag sein, daß bei einem Rohling von 150 Euro die Angst doch noch kommt.

QS

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 08.10.2008, 19:01
von Halvarson
ravenheart hat geschrieben: JEDER Bogen kann brechen. Meistens passiert dabei nix, .....

Rabe
muss dich nur schnell genug bücken wenn du hinter arndt stehst, rabe  ;D


meiner meinung wird der schütze kurz nach dem chaos ängstlicher und vorsichtiger. nach einiger zeit dürfte das vertrauen zum werkstoff zum grössten teil wieder hergestellt sein.

gruss
thorsten

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 15.10.2008, 18:56
von ThomasThome
Die Angst kenne ich auch seit Kurzem. Habe letzten Monat bei einem Weitschuss den Pfeil nicht richtig eingenockt. Das Resultat war ein Leerschuss bei Vollauszug. Mein Selfbow aus Hickory (50 lbs) hat es überlebt, aber ich traue ihm nicht mehr richtig über den Weg...

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 15.10.2008, 21:49
von Ougenweide
Bisher bin ich bei meinen Eigenbauten vom Bruch verschont geblieben.

Dennoch habe ich einen gewissen Respekt, besonders beim Tillern und
beim Einschießen. Da achte ich auf jedes Geräusch und kontrolliere immer
wieder, ob sich potentielle Bruchstellen abzeichnen.


Gruß

Ougenweide

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 15.10.2008, 22:15
von Al Fadee
mein erster bogen ist nach mehreren tausend schüssen 13cm vor dem tip gebrochen. hab davon ne schöne narbe auf der brust davongetragen. ist nur in 3 teile zerbrochen, und überhauptnicht aufgefasert oder so. fast glatt durch und ne kleine platte wurde auch irgednwie rausgerissen. eins der teile hat mich an der nackten brust (war sommer) getroffen und ne 1,5cm lange wunde "geschnitten". jetzt habe ich wenigstens ein andenken an den ersten bogen.
seitdem hab ich nur etwas überdimensionierte bögen gebaut und dahab ich keine angst das sie brechen.

al fadee

Re: Die Angst des Bogenbauers

Verfasst: 15.10.2008, 22:59
von the_Toaster (✝)
Also Angst vor nem Bogenbruch habe ich  - noch - nicht.
Dank des verwendeten Materials brauche ich die auch nicht zu haben, denke ich.

Mein Beileid all denen, denen schon ein oder mehrere Bögen gebrochen sind.

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass ein effizienter Holzbogen bei Vollauszug zu 90% gebrochen ist.