Notfall !!

Themen zum Bogenbau
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Ravenheart
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cool

Beitrag von Ravenheart »

wg. Reparaturanleitung: Bin gespannt, wie'n Pipbogen :D

Rabe
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Beitrag von Archiv »

Frage:
Auch so krumm?
Hast du auch so viel Stringfollow wie der original Pip?
Weil, wir haben an dem Bogen nichts verändert. Er ist original gleich schief und hat die gleiche Pfundzahl.
Nullman
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Die Auferstehung eines Pip

Beitrag von Nullman »

Eine kurze Geschichte des Bogen Rettens.

Nötige Vorarbeiten:
1. Man kaufe einen English Longbow (Standard, 45#) von Pip Bickerstaffe ( http://www.bickerstaffebows.co.uk/ ) und schiesse ihn ca. 2 Jahre lang (Ist ein schöner Bogen, wenn ich nicht schon einen hätte, ich würd ihn kaufen! :-) )
2. Man versorge das Hickory-Backing mit einem bösartigen Riss ( siehe weiter oben im Thread )
3. man flehe Henning um Hilfe an

Jetzt gehts los:


Nach einigem "was tun..", "ja... nein", kam Henning zu dem Schluss: Das Hickory muss runter, da machen wir dann Bambus drauf... Ist ganz einfach (hahaha).
Problem:
Die Horntips... Die sollten wieder drauf.
Ok, stellen wir mal ein Ende ins kochende Wasser, die Leimung löst sich dann und wir können die Tips dann wieder draufsetzen... 1 1/2 Stunden später...Pustekuchen...Nix rührt sich. Fazit: Die Schotten können nicht nur Dudelsack spielen, sondern auch Tips unkaputtbar an Bogenenden anpappen.
Also muss die Säge ran. Flugs zweimal kurz hinter den Tips die Japansäge angesetzt, und schon ist der Bogen ca. 1 Zoll kürzer... Na ja, egal, kaputtmachen kann man ja hier sowieso nix mehr.
Ein abgesägtes Stück haben wir probehalber auch mal in die Mikrowelle gelegt... Horn kann schöne Blasen werfen... Die Klebung hält!

O-Ton Nulli:"Henning, kannst du mir neue Tips machen, die so aussehen wie die alten, ich find die nämlich schön in der Form?"...
O-Ton Henning:"...Jaaa... Kann ich mal versuchen."

Lassen wir uns überraschen.

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Jetzt muss das Hickory runter. Dazu nehmen wir einen Bandschleifer im Schraubstock, und dann schööön gleichmässig das Backing weggeschliffen. Ziel: eine plane Oberfläche, ohne Stufen oder Bäuche, damit das Bambus später gut verleimt werden kann. Die Schleiffläche prüfen wir immer wieder mit einem verkanteten Anschlagwinkel auf abfallende Seiten und "Täler".
An den Enden haben wir das Hickory komplett weggeschliffen, und liessen es dann bis zum Griffstück langsam und gleichmässig ansteigend auf ca. 2 mm stehen.
Dann war das Gegenstück dran, ein Streifen Bambus.
Zuerst wird ein 5 cm breiter Streifen zugesägt, die Nodien leicht mit Raspel abgeflacht, dann die Innenseite auch mit dem Bandschleifer geschliffen auf 5mm Stärke.
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(Der Streifen hat zwar zwei drei Längsrisse, aber die sind bei Bambus nicht tragisch. Beim Finish werden diese mit Epoxy (grün) verfüllt und beigeschliffen).
Danach mussten wir den Streifen "begradigen", da sich an und zwischen den Nodien Kurven zeigen, die später beim Leimen Probleme machen können.
Dazu nehmen wir Hitze (Heissluftfön) zur Hilfe. Erhitzen, leicht überbiegen, und in dem Zustand dann abkühlen lassen, bis es die neue Form hält. Auf diese Weise wird auch die Erhöhung der Nodien gemindert, ganz wegschleifen sollte man die ja nicht!
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Nach vielem Hin und Her hatten wir dann einen wirklich makellosen geraden Streifen Bambus, den wir dann letztmalig auf dem Bandschleifer auf 4mm verdünnten.

Dann gings ans Anleimen. Benutzter Leim: Ponal blau.
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Beidseitig wird der Leim aufgetragen und glattgestrichen, die beiden Teile übereinander gelegt, und mit unzähligen Schraubzwingen verbunden.
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So muss der Bogen mindestens eine Woche Ruhen, damit der Leim abbinden kann.


Ende Teil eins...


... Vier Wochen später:


Der Leim ist durchgetrocknet, es kann weiter gehen.

O-Ton Henning:"Guck mal, ich hab dir neue Nocks gemacht!"

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O-Ton Nulli:"...(<---sprachlos)"

Die überstehenden Kanten werden mit dem Bowyer's Edge weggeraspelt, dann ebenfalls mit dem BE der Rücken an die runde Bogenform angepasst.
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Ist das getan, wird geschmirgelt, feiner geschmirgelt, noch feiner geschmirgelt, bis eine glatte Oberfläche da ist.
Die neuen, wunderschönen Nocks werden angeklebt (Epoxy).
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Jetzt gehts ans neu Tillern.
Auf dem Tillerbrett zeigt es sich, daß in unserem Fall der obere Wurfarm um einiges härter ist als der untere.
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Also heisst es: Nachtillern. Vorsichtig, noch vorsichtiger, gaaannnzzz vorsichtig, soll ja kein Kinderbogen werden. ...(hinundhergetillere, Zeitraffer)...
Am Ende haben wir ein zufriedenstellendes Ergebnis bekommen, nicht perfekt (der obere WA ist immer noch minimal härter), aber ansonsten stellt sich eine schöne, longbow-mäßige Biegung dar.
Nun kommt die Bogenwaage zum Einsatz. Wieviel Pfund Zuggewicht mag er wohl jetzt haben? Die Waage meldet: 21 Kilo bei 28 Zoll Auszug!
Treffer, versenkt!!! Der Bogen hat wieder seine 45 Pfund Zuggewicht, Klasse!

Die ersten Probeschüsse geben ein gutes Gefühl.
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Da hat man wohl was richtig gemacht.

Eine neue, passende Sehne wird gerödelt (Danke, Netzwanze und Waldwolf11).
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Währenddessen werden die letzten Bearbeitungsspuren am Bogenbauch beseitigt (schleifen,...etc.). Zum Schluss wird der Bogen komplett überpoliert,
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ein neues Griffleder angebracht,
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der Bogen mit Leinölfirnis endbehandelt.

Ich habe fertig!

Resumee:
Das war eine Erfahrung, die jeder von euch mal gemacht haben sollte. Scheut euch also nicht, eure Bögen auch mal als Machete zu missbrauchen, vielleicht habt ihr das Glück, und bekommt auch einen Riss im Backing! (Nein, ich bin NICHT soooo mit meinem Bogen umgegangen, im Gegenteil... Der Riss ist einfach "passiert"! Shit happens.)

Die Bearbeitung des Bogens lässt auf einen leichten Performance-Gewinn hoffen ( kürzer, Bambus statt Hickory). Ob das wirklich so ist, muss noch ausprobiert werden.
Vielleicht mach ich ja mal mit William ein Wettschiessen, er hat ja auch nen Pip (ich glaub, mit 50#, oder William?) gleicher Bauart.

Ach ja...

Da ich ja jetzt Hand an den Bogen gelegt habe, bekommt er natürlich auch einen eigenen Namen:

[H3]Phönix[/H3]



Es grüsst ein glücklicher

Nulli


Henning... Danke!!! :anbet
Der Sch?tzenverein:
Schiessen lernen, Freunde Treffen.
Taran
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Gratulation

Beitrag von Taran »

Ihr seid ja alle ein tolles Team!

Eine Frage hätte ich aber: Der Bogen ist kürzer geworden, und Bambus ist ja ziemlich heftig als Backing. Ist jetzt der Bogenbauch nicht stärker belastet als vorher (Stauchrissgefahr)?
Wie dick war denn das alte Hickorybacking zum Vergleich?
Taran von Caer Dallben

[size=2] [color=blue][b]... και δόξα τω Θεώ ![/b][/color][/size]
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Beitrag von Archiv »

@ Nulli

Schöne Bilder und ausführliche Anleitung
Danke :anbet :knuddel


Ich habe das Hickory zwar vorher nicht gemessen
aber der Bambus ist ähnlich dick aufgetragen ca.3 mm.Der Bogen ist zwar kürzer geworden aber nicht ganz 1 Zoll es sollten max. 2 cm sein.Es kommt noch dazu das der Bambus nicht so unbedingt das Non plus Ultra ist oder war.Ich hatte von dem gleichen st ein ähnliches Backing auf einen Ahorn Bogen gemacht und habe nun einen sehr schönen anfängerbogen für meine Frau mit sagenhaften 18 lbs.Fazit ich schätze diesen bambus um einiges weicher ein als richtig guten Bambus.
Sollte er sich dennoch im Bauch verabschieden, dan haben wir ja nun übung und machen auch noch einen neuen Bauch.:)
William
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Beitrag von William »

Da bin ich ja wirklich mal drauf gespannt.
Wir sehen uns ja zu Freienfels.
Hast übrigens recht, mein Pip hat 50 lbs.

Im Übrigen, nicht verzagen-Henning fragen :D
Gropi
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Frage...

Beitrag von Gropi »

Ich baue gerade an einem Penobscot, Hickory auf Esche, ca. 185cm lang, 47mm breit, steifes Mittelteil. Im oberen WA habe jetzt einen Querriss drin (ca. 5-8mm lang) sowie eine Stauchfalte...nachdem ich das Ding beim Tillern etwas zu weit ausgezogen hab. :-(

Was tun? Könnte ich ein einfach ein Pflaster aus Holz drunter kleben und weitertillern?
Gropi
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*schieb*

Beitrag von Gropi »

Ach kommt schon, gebt mal ein kurzes Statement ab...:wueste

Andere Frage: Ich möchte einen Bogen aus Bergahorn mit einem Hickorybacking ca. 3-4m bauen. Da das zugehörige Billet etwas unglüklich gespalten ist, wird der Bogen nicht länger werden als 68-70" und die obere Hälte der Wurfarme wird max. 40mm breit sein. Der Auszug der Person für der Bogen bestimmt ist beträgt nicht mehr als 28" und das Zuggewicht soll 25# nicht überschreiten. Der Bogentyp soll entweder ein Flachbogen oder ein ELB mit arbeitendem Mittelteil werden. Frage also: Belastungstechnisch ist unter den geg. Vorrausetzung doch noch alles im grünen Bereich, oder? Allzuviel Set oder verkürzte Lebensdauer dürfte nicht zu erwarten sein, nicht?
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Beitrag von Archiv »

Wenn der Bogen schon während des Tillerns Stauchfalten bekommt (und wahrscheinlich auch einiges an Set) und sogar einen QUERriss, hat sich das m.E. erledigt.
Sicher kann man mit Pflastern versuchen, den Bogen zu retten, viel Sinn scheint mir das aber nicht zu machen.

Zu deinem anderen Projekt: bei dem geringen Zuggewicht alles kein Problem, mglw. sogar ohne Backing; je nach Jahresringlage und Qualität des Ahorns.

Übrigens scheint mir Esche mit Hickory als Backing eine nicht ganz optimale Verbindung zu sein.
gervase
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Beitrag von gervase »

ich stimme Jan zu. Esche mit Hickory zu backen ist nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss. Esche ist eher auch als Backing geeignet, es gibt wesentlich druckstabilere Hölzer.
Verstehen kann man das Leben nur rueckw?aerts, aber leben muss man es vorwaerts....
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