Du hast Recht Barisit

hier wurden tatsächlich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen beim decrownen vorgestellt.
Methode I (von Benedikt eingeworfenund im Wiki aufgeführt):
Diese Methode schneidet den Rücken des Wurfarms vom Bogenende beginnend Richtung Bogengriff schräg an. Dabei nimmt zum Griff hin die Holzdicke ab. Das bedeutet, dass man vom Wurfarmende Richtung Griff arbeiten muss, denn man kann nur in einer Richtung schräg zur Faser arbeiten und das ist eben schräg nach unten und nicht schräg nach oben.
Der Grund warum man schräg arbeiten soll ist die spätere Wurfarmgestaltung (nämlich auf dem Schaubild hier vollpyramidial, also lineare seitliche Verjüngung des Wurfarms vom Griff bis zum Tip hin - verdeutlicht durch die eingezeichneten roten Linien). Bei solchem Decrowning und pyramidialem Wurfarm umschließt so der äußerste Jahresring des Stammes bis zum Tip hin die anderen Jahresringe. Auf dem Bogenrücken sind dennoch Flammen zu sehen. Anders ist diese Art Decrowning nicht zu realisieren. Hier nochmal das dazugehörige Bild:
Mit dieser Vorgehensweise beim Decrowning soll verhindert werden, dass die bei voll oder auch semipyramidialer Wurfarmgestaltung seitlich auslaufenden Jahresringe, die bei normalem Decrowning (alles platt machen) aufträten, zum Bogenbruch führen. Das entsprechende Bild dazu:
Problematisch hierbei ist, dass das zweite dazugehörige Bild meiner Meinung nach nicht korrekt gezeichnet ist.
Hier wird sowohl die Seiten- aber auch die Draufsicht gezeigt. Die Seitenansicht kann aber schlecht mit der Draufsicht übereinstimmen, da die Jahresringe ja schräg angeschnitten wurden. Die Holzfasern laufen alle in Richtung Bogengriff aus. Die Seitenansicht hier suggeriert hingegen, dass die Fasern des Bogenrückens über die gesamte Länge parallel verlaufen. Tatsächlich liegen sie aber schräg im Wurfarm.
Methode II (von mir vertreten):
Methode zwei bleibt der Holzfaser über die gesamte Länge des Wurfarmes treu. Es treten keine Flammen auf dem Bogenrücken auf. Die Holzfaser am Bogenrücken befindet sich im Griffbereich und am Wurfarmende auf der gleichen Ebene. Dafür nimmt man in Kauf, dass bei seitlicher Holzabnahme zuerst der äußerste Jahresring, danach möglicherweise auch noch weitere Jahresringe aus dem Wurfarm seitlich auslaufen. Bildlich dargestellt hier:

Wenn ich nun ein Decrowning vornehme, dann halte ich mich lieber an die zweite Methode, weil ich es generell für schädlicher halte, wenn Holzfasern schräg angeschnitten unter Zug stehen. Seitlich auslaufende Fasern sind zwar ebenfalls nicht das Optimum, aber genau genommen laufen die Fasern auch bei einem sich seitlich verjüngendem Wurfarm mit intakten Jahresring an den Seiten aus. Ich halte die Scherkräfte, die auf die seitlich auslaufenden Jahresringe wirken für weniger tragisch, als die Zugkräfte, die auf den Bogenrücken wirken. Daher wähle ich immer die zweite Methode und eine intakte Faser am Bogenrücken = Keine Flammen.
Ich kann mir dennoch folgendes vorstellen: Anstatt über die gesamte Länge nach Methode I zu decrownen könnte ich mir vorstellen, zumindest bei semipyramidialem Design, nur auf der Länge des sich seitlich verjüngenden Teils nach Methode I zu decrownen und den Rest des seitlich parallel laufenden Wurfarmes nach Methode II zu decrownen. So ist es wahrscheinlich hier auch gemeint. Denn der Wurfarm verjüngt sich deutlich erst nach der Hälfte der Wurfarmlänge.
Zug-, Druckbereich und neutrale Faser:
Zum Thema der unterschiedlichen Belastungen einzelner Holzschichten im Bogenrücken, wie Druckbereich, Neutrale Faser und Zugbereich, wiederspreche ich allerdings killerkarpfen erstmal.
Bei einem Zugstarken Holz mit Rückenwölbung wird der Bogenbauch natürlich wie bei jedem anderen Holz zusammen gedrückt. Der Bogenrücken hingegen wird auseinander gezogen. Ein Bogen gleichen Holzes mit abgeflachtem Rücken hat auf der obersten Holzschicht nun aber noch mehr Holzfasern, die die Zugkräfte aufnehmen können, zur verfügung als bei höherer Rückenwölbung. Das Resultat ist also, dass ein Bogenbauch bei Zugstarkem Holz und decrowntem Rücken stärker gestaucht wird, als bei nicht decrowntem. Genau dieses Prinzip ist ja auch Grundlage beim Trapping. Bei Zugstarken aber nicht drucktoleranten Hölzern wird seitlich schräg Holz weggenommen, um den Bogenrücken zu
be- und den Bogenbauch zu
entlasten.
Also zugstark < nicht drucktolerant
Wenn die Sache anders herum ausschaut und man Holz mit hoher Drucktoleranz und geringer Zugstärke hat, dann wird eben der Bogenrücken mit mehr Holzfasern gesegnet und dem Bogenbauch durch weniger Holzfasern mehr abverlangt.
Also Zugschwach > drucktolerant
Die Zeichen > und < stehen nicht für größer/kleiner im eigentlichen Sinne, sondern nur zur Verdeutlichung, welche Seite des
Bogens breiter, bzw. schmaler gestaltet wird.
Zur neutralen Faser
Nehmen wir an, die neutrale Faser liegt normalen Stämmchen Haselnuss vielleicht erstmal nahe der Mitte. (Ich gehe davon aus, dass Hasel zugstark ist, aber die Kohäsionskräfte im Holz nicht allzu groß, weswegen die Holzfasern leicht aneinander vorbei rutschen) Wird nun der Bogenrücken abgeflacht, dann wird die Anzahl der Faser, die Zugräfte aufnehmen größer. Die neutrale Faser verschiebt sich in Richtung Bogenrücken. Denn dieser wird jetzt pro cm weniger gedehnt, als das bei nicht decrowntem Holz der Fall ist. Läge die neutrale Faser direkt am Rücken, würde dieser gar nicht auseinander gezogen und der Bogenbauch maximal belastet. Anders herum würde bei neutraler Faser am Bogenbauch der Rücken maximal belastet, sprich gedehnt.
Ein Decrowning führt demnach zur Belastung des Bogenbauchs und zur Entlastung des Rückens.
Insgesamt bin ich, wie schon erläutert, davon überzeugt, dass Hasel kein Decrowning nötig hat und allgemein zugstark genug ist, auch bei geringerem Durchmesser die Zugkräfte adäquat aufzunehmen. Wenn man den Bogenbauch im späteren Verlauf des Bogenbaus entlasten will, würde ich das Trapping empfehlen. Meist ist das Trapping allerdings ja schon von Natur her durch den gewölbten Rücken gegeben.
LG. Daniel