Bogenbau und Pädagogik/Therapie

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lenoir
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Bogenbau und Pädagogik/Therapie

Beitrag von lenoir »

Ich weiß gar nicht, wo dieser Thread wirklich hingehört, also probie ichs mal hier.
Ich bin Sozialpädagoge und Psychotherapeut imn einer Klinik für Drogenabhängige und habe vor einem Jahr begonnen, mit den Patienten Bögen zu bauen (Esche, schichtverleimt) und sie allgemein mit dem Bogenschießen zu infizieren.
Meine Frage: Gibt es unter Euch Leute, die ähnliches machen? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht, wo Material beschafft, Auseinandersetzungen mit Chefs bestanden etc.
ich bin gespannt

lenoir
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Hunbow
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Beitrag von Hunbow »

bonsoir lenoir,

bogensport ist "in" auch im therapeutischen bereich. beosnders bei organischen beschwerden aber auch der bereich psychotherapie scheint zu kommen. ich habe mal von einem therapeutischen ansatz gelesen in der arbeit mit verhaltensauffälligen jugendlichen. alle beteiligten waren des lobes voll.

guck mal hier!
oder hier
oder hier undhier!

die links sollten dir weiterhelfen gegenüber deinem chef zu argumentieren.
"Der starke Mann trotzt dem Regen. Der kluge Mann stellt sich unter."

Filmtipp:
http://www.struckthefilm.com/
lenoir
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Danke

Beitrag von lenoir »

Danke Hunbow,
aber die Links helfen mir nur bedingt weiter. Sie behandeln therapeutisches Bogenschießen, mein Schwerpunkt liegt auf dem Schießen mit Bögen, die selbst gebaut sind und so schnell zu einer hohen Identifikation nicht nur mit einem neuen Sport, sondern eher mit einem neuen Lebensgefühl führen. Es geht nicht nur um Schießen, sondern auch um eine neues Erleben von Natur und natürlichen Materialien, und nicht zuletzt auch um neue Rituale, die die Rituale der Drogenabhängigkeit ersetzen können.

Lenoir
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Hunbow
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alter wein in neuen schläuchen

Beitrag von Hunbow »

ich verstehe das was dir durch den kopf geht als "neue" therapeutische intervention, die eigentlich nur durch den akt des bogenbauens neu zu sein scheint.

ich denke dazu folgendes:

- nutze deine bisherigen erfahrungen und geh mit dem bogenbauen deinen eigenen weg, bewerte deine gemachten erfahrungen und kommuniziere deine erfahrungen
- die neuen rituale müssen in die lebenswelt der klienten passen, damit sie wirklich wirksam werden können, ansonsten kannst du bei bloßer beschäftigungstherapie bleiben

korrigier mich wenn ich irren sollte.
"Der starke Mann trotzt dem Regen. Der kluge Mann stellt sich unter."

Filmtipp:
http://www.struckthefilm.com/
lenoir
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Rituale

Beitrag von lenoir »

Hi Hunbow
Was ich tue, um nicht nur ein weiteres konsumierbares Angebot zu machen:
Bogenbauer müssen ihr Material (ca. 40€) selber bezahlen, sie wollen ja auch den Bogen und die Pfeile behalten ( bei 89€ Sozialhilfetaschengeld für eineige eine große Ausgabe).
Die Kurse bringen die Patienten bewußt an ihre Leistungsgrenze und auch darüber hinaus (2 Blöcke a 13 Stunden an 2 Wochenenden. Sie sind so angelegt, daß nur Kooperation ein Gelingen ermöglicht (handwerklich geschicktere unterstützen Handwerksneulinge, Geduldige bremsen die Ungeduldigen, Einzelkämpfer werden zum Fragen gezwungen usw.)
Gewinn: Ein intensives emotionales Erlebnis (Zitat: So viele intensive Gefühle habe ich ohne Drogen noch nie gehabt), auch durch konstruktive Kooperation und gemeinsames Erschöpftsein. Großes Erstaunen über die eigenen Fähigkeiten und über die Schönheit eines Bogens.
Gleichzeitig erzwingt das gemeinsame Bogenbauen intensiven Kontakt mit mir, das ist für Menschen ohne posive Beziehungserfahrung wichtig. Eigentlich mache ich etwas, was Väter mit ihren Söhnen machen.
Was bei uns grundsätzlich anders ist als beim "normalen" therapeutische Bogenschießen: die Patienten tragen die Verantwortung für Schießbetrieb, Sicherheit, Scheibenbau etc. selbst und gehen, obwohl in der Vergangenheit häufig extrem gewalttätig oder chaotisch, sehr sorgsam damit um, sie achten auch auf die psychische Verfassung anderer Schützen und schicken schon mal jemand, der zu aggressiv oder mißmutig erscheint, wieder weg.
Zu den Ritualen: Du hast recht, Rituale müssen in die Lebenswelt der betreffenden passen. Bei uns schießt auch nicht jeder Bogen. Aber: Drogenabhängige, die clean werden wollen, haben gerade ihre Lebenswelt und ihr soziales Umfeld verloren. Es gibt ein großes Bedürfnis nach "erdverbundenen" Ritualen und Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Da hat die Bogenschießerei schon viel Attraktivität, und so ein Bogenturnier ist, finde ich, eine gute Möglichkeit viele positiv Verrückte zu treffen.
Lenoir
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