sassanidischer Reflexbogen

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irbis26
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sassanidischer Reflexbogen

Beitrag von irbis26 »

Moin Moin,

so, das alte Jahr ist dabei, sich zu verabschieden und ein neues zieht herauf, Zeit für eine neue Bogenrekonstruktion.... :D :D :D

Ich kann mir ja nicht helfen, aber vor allem die "krummen" Bogentypen haben´s mir angetan und als ich bei Eckhardt gelesen habe, daß nebe den Hunnen auch die persischen Sassaniden asymmetrische Bögen verwendet haben kitzelte es mir schon in den Fingern. 8-)
Kurzer zeitlicher Abriss:
Die Dynastie der Sassaniden folgt dem Reich der Parther als Herrscher des antiken Persiens etwa im 3. Jh und hält sich bis ins 7. Jhd, als sie von moslemischen Arabern abgelöst wird. Als zweite Großmacht der Zeit liegen die Sassaniden in ständigem Konflikt dem römischen Reich und später auch mit den Hunnen.

Und hier ergeben sich die ersten Ansätze. Meines Wissens nach ist der asymmetrische Bogen eine spezifisch hunnische Erfindung, es kann also davon ausgegangen werden, das die Sassaniden erst durch die Hunnen diesen Bogentyp kennenlernten.
Eine erste Quellenkunde hat aber nix näheres ergeben.
Die Quellenlage ist trotzden nicht übel, weil eines der beliebtesten Motive in der höfischen Kunst der Zeit die Darstellung von Jagdszenen war. Dabei findet sich z.B. folgendes:

Bild Bild
Das Relief stammt aus einer Palastanlage des frühen 7. Jh und zeigt einen sassanidischen König bei der Jagd auf Wildschweine. Der Bogen, den er benutzt, ist hier recht gut zu sehen, wobei sich schon die ersten Fragezeichen ergeben. Zumindest im ungespannten Zustand sieht der nämlich nicht besonders asymmetrisch aus.
Allerdings bilde ich mir ein, das bei Vollauszug asymmetrisch wirkt.
Bild Bild Bei dem hier gibt es keinen Zweifel, der ist definitiv asymmetrisch. Das motiv ist abgebildet auf einer Silberschale und zeigt einen König des späten 6. Jh. Interessant sind hier auch der über dem Griff stark abknickende obere WA und dieses Kekrizzel am oberen Siyah, was auch immer das sein mag. Macht ein Silencer am Siyah Sinn?????? Ist das ´ne Spannhilfe????? Oder ist es bloße funktionslose Verzierung????
Bild Hier sieht man den selben Bogentyp nochmal, allerdings nur den oberen WA.
Meine Frage an dieser Stelle: Was haltet ihr von den Bögen???
Wie interpretiert ihr die Details????
Und an die Altorientalisten und Perser unter euch, kennt jemand zufällig Grabfunde oder andere Quellen aus der Zeit????
Ich hatte Roman Girshman noch nicht in den Fingern, der ist bestellt, aber ich bezweifle, das da viel mehr drinsteht als in den drei Bücher, die ich jetzt hier habe......
Na, ich bin auf eure Meinung gespannt.....
Liebe Grüße,
Marcus
Kaspian
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Beitrag von Kaspian »

Hi irbis26,
hab leider von dem geschichtlichen Hintergrund keine Ahnung, aber mir scheint es so als währe dem Künstler seinerzeit einfach der Platz nach oben ausgegangen und er gerne den ganzen Bogen abgebildet hätte!
Da ja auch der nur aufgespannte Bogen gleichmäßig aussieht.

Cu Kaspian
In jedem Manne ist ein Kind versteckt, ich hab meins gefunden!!
irbis26
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Beitrag von irbis26 »

Einverstanden, sagen wir gewisse Unregelmäßigkeiten bei der Entstehung des Reliefs können natürlich nie ausgeschlossen werden, zumal wir die Entstehungsumstände nicht kennen.
Ich bin mir aber schon recht sicher, das dieses Relief, wie alle anderen Kunstwerke auch, die im Auftrag eines Herrschers entstehen, bis ins detail durchgeplant werden, bevor man deren Realisierung in Angriff nimmt.
Und Die Asymmetrie des anderen Bogens liegt ja auf der Hand.......
Ich denke ausserdem mal, das man schon davon ausgehen kann, daß es nicht "den" sassanidischen Bogen gibt und durchaus verschiedene Bogentypen gleichzeitig benutzt worden sind.....deshalb würden mich ja Grabfunde interessieren.
Rein physikalisch dürfte der Reflief-Bogen durch den steilen Winkel seiner Siyhas wohl angenehmer zu schießen gewesen sein und auch den größeren Wirkungsgrad gehabt haben, der kürzere untere WA bei dem anderen aber die Handlichkeit verbessert haben. Zumal mir die Bögen recht lang erscheinen mit einen gewaltigen Auszug!!!!!!
Technologisch Sinnvoll würde mir daher eine Durchmischung der beiden Typen erscheinen, also asymmetrischer Aufbau mit stark abgewinkelten Siyahs, aber ohne die entsprechenden Belege bleib das eben Spekulation.
Die nächste Frage ist auch, inwiefern kann man in dem Bogen auf dem Relief den Prototyp der awarischen Bögen des 7. und 8. Jh sehen und inwiefern konnten sich die Bogenbauer damals untereinander austauschen oder nicht????
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Radon
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RE:

Beitrag von Radon »

Hallo,

zunächst muss ich sagen, dass ich von derart Bögen nicht die geringste Ahnung habe.
Zur detailgenauigkeit des Reliefs:
Original geschrieben von irbis26
... Ich bin mir aber schon recht sicher, das dieses Relief, wie alle anderen Kunstwerke auch, die im Auftrag eines Herrschers entstehen, bis ins detail durchgeplant werden...
...Zumal mir die Bögen recht lang erscheinen mit einen gewaltigen Auszug!!!!!!...
Könnte ein solches Relief (gerade wenn vom jeweiligen Herrscher in Auftrag gegeben) nicht in Details die Wirklichkeit so verändert wiedergeben, um dem Herrscher, sagen wir mal, zu schmeicheln? d.h.: man stellt den Auszug mal eben etwas länger dar um dem Mächtigen auf dem Bild etwas mehr Kraft zu verleihen? Da gibt es doch bestimmt noch mehr Beispiele. Ich will damit nur ausdrücken, dass der Künstler nicht unbedingt subjektiv war.

Gruss
Radon
irbis26
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Beitrag von irbis26 »

Na Klar, auch subjektive Veränderungen der Wirklichkeit zugunsten eines Herrschers wird es gegeben haben, zumal diese reliefs auch immer Machtmittel waren, aber das ändert meiner Meinung nach nicht viel an den allgemeinen Proportionen.
Ob er jetzt 31 Zoll zieht oder 34 Zoll, der Auszug bleibt beeindruckend und er zieht auch in der klassischen Reiternomadischen Art eher zur Schulter als zum Ohr, auch das halte ich für wichtig.
Und der Bogen, so wie er dargestellt ist wird diesen Auszug auch mitmachen......
irbis26
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Beitrag von irbis26 »

Nochmal eingebracht: Was ist mit den anderen Details???
Der "Zierrat" am oberen Siyah???
Der Knick zum oberen WA hin???
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Snake-Jo
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Beitrag von Snake-Jo »

@Irbis: Vergiss es! Das sind Darstellungen mit sehr viel künstlerischer Freiheit.
Zum Beispiel bleibt ja der Winkel zwischen Siyah und Wurfarm immer gleich, egal, wie weit der Bogen ausgezogen wird. Hier auf Deinen Abbildungen bilden Siyah und Wurfarm fast eine Linie. Das kann nicht sein! Wenn die nicht mal so wichtige Details wie den Siyahwinkel auch nur annähernd wiedergeben, wie soll es dann mit der Asymmetrie werden. :-(
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