Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
- Snake-Jo
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Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
Holger Riesch und ich diskutieren zur Zeit, ob die Awarenbogen mit den starken Reurve-Enden Sehnenbänkchen hatten oder nicht. Es gibt einige Nachbauten z.B. von Grozer (Bild ganz unten) mit seitlich herablaufenden (großen) Sehnenöhrchen.
Ein Sehnenbänkchen ist bei den historisch belegten Bogen bislang nicht nachgewiesen worden. Denkbar wäre aber ein Sehnenbänkchen aus Leder, welches natürlich bei den Grabfunden nicht auftauchen kann, da längst vergangen.
Die Abbildung (übersandt von H. Riesch mit freundlichen Grüßen) zeigt die "Bein"-Beschläge der Hebelenden des Fundes von Bogojevo. Daraus läßt sich sehr leicht die Form der Bogenenden ableiten. Das Produkt würde dann so wie der von Grozer hergestellte Bogen aussehen.
Folgende Fragen wären zu diskutieren (n. Holger Riesch):
1. Wenn man den Bogen ganz ohne Rinne oder Bänkchen baut, ginge das, oder würde eine
lange Schlaufe a) abrutschen oder b) dermaßen auf den Bogen schlagen, dass
es weh tut?
2. Wenn man ein Leder direkt auf den Arm oder auf ein
Sehnenbänkchen tut: Was nimmt den Sehnenrückschlag vibrationsärmer auf, ein
Lederflecken pur auf dem beinplatteneingeschalten Wurfarmknie oder Leder auf
einem stabilen Sehnenbrückchen? Man könnte auch fragen, ob Sehnenbänkchen
überhaupt den Aufschlag ein wenig abfangen oder eher konzentrieren? Die Krux
ist ja, dass wir für Awarenbogen keine Quellen für Sehnenbänkchen haben,
weshalb wohl auch der Grozer seinen Bogen so gebaut hat, aber wir von der
Form der Hebel her - mit unserem modernen Wissen und Denken - eigentlich
welche erwarten.
Ein Sehnenbänkchen ist bei den historisch belegten Bogen bislang nicht nachgewiesen worden. Denkbar wäre aber ein Sehnenbänkchen aus Leder, welches natürlich bei den Grabfunden nicht auftauchen kann, da längst vergangen.
Die Abbildung (übersandt von H. Riesch mit freundlichen Grüßen) zeigt die "Bein"-Beschläge der Hebelenden des Fundes von Bogojevo. Daraus läßt sich sehr leicht die Form der Bogenenden ableiten. Das Produkt würde dann so wie der von Grozer hergestellte Bogen aussehen.
Folgende Fragen wären zu diskutieren (n. Holger Riesch):
1. Wenn man den Bogen ganz ohne Rinne oder Bänkchen baut, ginge das, oder würde eine
lange Schlaufe a) abrutschen oder b) dermaßen auf den Bogen schlagen, dass
es weh tut?
2. Wenn man ein Leder direkt auf den Arm oder auf ein
Sehnenbänkchen tut: Was nimmt den Sehnenrückschlag vibrationsärmer auf, ein
Lederflecken pur auf dem beinplatteneingeschalten Wurfarmknie oder Leder auf
einem stabilen Sehnenbrückchen? Man könnte auch fragen, ob Sehnenbänkchen
überhaupt den Aufschlag ein wenig abfangen oder eher konzentrieren? Die Krux
ist ja, dass wir für Awarenbogen keine Quellen für Sehnenbänkchen haben,
weshalb wohl auch der Grozer seinen Bogen so gebaut hat, aber wir von der
Form der Hebel her - mit unserem modernen Wissen und Denken - eigentlich
welche erwarten.
Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
mir gefällt die these des ledersehnenbänkchens für einen jagdbogen, weil das sicher leiser ist, als eines aus holz oder knochen... auch in die geometrie würd das eigentlich richtig gut reinpassen. jetzt hätt ich gern nen grozer awarenbogen, um dem ein paar lederbänkchen anzukleben und ne sehne mit kürzeren ohren aufzuziehen ... wär spannend zu sehen, was sich besser schießt.
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس
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Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
Hallo Jo, um die Frage überhaupt im Ansatz beantworten zu können sind vorher einige Dinge zur Bogengeometrie zu klären, wie Bogenlänge, Verhältnis der Siyahs zu den Wurfarmen, Siyahswinkel, Winkel des set-back im Griff (je höher desto unwahrscheinlicher sind Brücken, siehe Hunne), parallele Wa? um genug Breite für Brücken zu haben.
1. Bin mir ziemlich sicher, wenn die WA´s einem Breitentaper unterzogen wurden und der Tiller kreisförmig aufgebaut wurde. Dies bewirkt eine Stellung der Siyahs, die eine Brücke überflüssig machen. Anders bei Kompositbögen mit parallen WA wo die Hauptbiegung direkt nach dem Griff auftritt (Osamanischer, Koreanischer Kompositbogen), was wiederum eine kürzere Bauweise erlaubt, da der Sehnenwinkel bei der Bauweise positiv beeinflußt wird. Aber auch einen Sehnenbrücke nötig macht.
2. Also ich kann nach meiner Erfahrung sagen, das Sehnenbrücken die Leistung nicht steigern und denke auch kaum beeinflussen. Es ist mehr ein bautechnischer Faktor, der den Bau des Bogens einfacher macht und zur Sabilität beiträgt. Die Wurfarme sind schneller in die gewünschte Position beim bauen und aufspannen zu bringen und gleicht die üblichen Schwankungen der Wärme/Kälte, Verdrehung und Dehnung besser aus und verhindern ein umschlagen der Wa´s in eine Richtung. Das alles bezieht sich aber auf Bögen mit parallelen Wa´s (siehe oben)
Das Biegeverhalten verändert den ganzen Bogen und entscheidet ob eine Brücke nötig ist, das Bild zeigt den typischen Tiller eines Bogens mit parallen Wa´s und den Siyahwinkel halte ich für etwas übertrieben, die gefunden Beinplatten sind vom Winkel etwas geringer.
MFG: André
1. Bin mir ziemlich sicher, wenn die WA´s einem Breitentaper unterzogen wurden und der Tiller kreisförmig aufgebaut wurde. Dies bewirkt eine Stellung der Siyahs, die eine Brücke überflüssig machen. Anders bei Kompositbögen mit parallen WA wo die Hauptbiegung direkt nach dem Griff auftritt (Osamanischer, Koreanischer Kompositbogen), was wiederum eine kürzere Bauweise erlaubt, da der Sehnenwinkel bei der Bauweise positiv beeinflußt wird. Aber auch einen Sehnenbrücke nötig macht.
2. Also ich kann nach meiner Erfahrung sagen, das Sehnenbrücken die Leistung nicht steigern und denke auch kaum beeinflussen. Es ist mehr ein bautechnischer Faktor, der den Bau des Bogens einfacher macht und zur Sabilität beiträgt. Die Wurfarme sind schneller in die gewünschte Position beim bauen und aufspannen zu bringen und gleicht die üblichen Schwankungen der Wärme/Kälte, Verdrehung und Dehnung besser aus und verhindern ein umschlagen der Wa´s in eine Richtung. Das alles bezieht sich aber auf Bögen mit parallelen Wa´s (siehe oben)
Das Biegeverhalten verändert den ganzen Bogen und entscheidet ob eine Brücke nötig ist, das Bild zeigt den typischen Tiller eines Bogens mit parallen Wa´s und den Siyahwinkel halte ich für etwas übertrieben, die gefunden Beinplatten sind vom Winkel etwas geringer.
MFG: André
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Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
@Penumbra: Ja, ich würde mich da an einem Originalfund orientieren und da weiter diskutieren. Mal schauen, was ich finde.
Zu 1.: Ja, sehe ich auch so.
Zu 2.: Keine Ahnung, ob der "Kickeffekt" Fiktion oder Wirklichkeit ist. Dazu müßte man einen Bogen ohne Sehnenbänkchen bauen und testen und dann die Sehnenbänkchen dazubauen. Mein Awarentypus aus dem allseits bekannten Buch würde sich dafür gut eignen. Der Bogen liegt noch vor und ich kann das bei Gelegenheit mal angehen.
Zu 1.: Ja, sehe ich auch so.
Zu 2.: Keine Ahnung, ob der "Kickeffekt" Fiktion oder Wirklichkeit ist. Dazu müßte man einen Bogen ohne Sehnenbänkchen bauen und testen und dann die Sehnenbänkchen dazubauen. Mein Awarentypus aus dem allseits bekannten Buch würde sich dafür gut eignen. Der Bogen liegt noch vor und ich kann das bei Gelegenheit mal angehen.
- Feanor1307
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Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
Moin Moin,
wenn man eine geschichtliche Herleitung bemühen möchte könnte man so argumentieren: Im "Reflexbogenbuch" wird eine Verwandtschaft der Awarischen Bögen mit den Alttürkischen Bögen postuliert. Es gibt auch Hinweise das es sich bei den Awaren um Alttürken handelt (dies ist umstritten). Dennoch ist die Herkunft der Bögen aus dem zentralasiatischen Bereich und die große Ähnlichkeit mit den Bögen auf alttürkischen Zeichnungen plausibel. Diese Zeichnungen zeigen keine Sehnenbrücken. Einschränkend muss man dazu sagen dass ihre Detailfülle jedoch generell nicht überwältigend ist. Von daher ist es eher ein Indiz. Ein weiterer Hinweis ergibt sich daraus dass osmanische Bögen aus der Topkapi Palast Sammlung (nicht tartarische), keine Sehnenbrücken aufweisen, es sei denn sie wurden später aufgebracht - aus Gründen die hier schon beschrieben wurden (Stabilität etc.). Wenn nun aber osmanische Bögen keine Brücken aufwiesen ist es durchaus möglich und wahrscheinlich das auch ihre Vorgänger die awarischen/alttürkischen Bögen keine aufwiesen. Ein gutes Gegenargument ist das die Brücken beim Osmanen entfernt werden konnten da sich durch Designänderungen (Stichwort: zurückgesetzter Griff (Awarenbogen)) die inhärente Stabilität bei den Osmanischen Bögen verbessert hat.
Ein weiterer Hinweis dafür das keine Brücke vorhanden war, ist für mich die Form des Bogenbauches am Siyha-Knick. Dort verbreitert sich der Bauch anatomisch ähnlich wie beim Osmanen und kann daher die Funktion der Brücke (Stabilisierung der Sehne) übernehmen. Ausserdem sind bei Bögen mit Brücke die Übergänge zwischen Siyha und Wurfarm immer scharf gewinkelt, nämlich dort wo die Brücke aufliegt. Beim Awaren jedoch stark abgerundet (nimmt dem Aufprall des Sehnenöhrchens die Schärfe). Da stellt sich die Frage an welcher Stelle der Rundung die Brücke sitzen soll
!? Insgesamt bin ich also eher für Awarenbögen ohne Brücke mit etwas längeren Sehnenschlaufen wobei der Knoten eben auf dem Bauch der Siyha zu liegen kommt.
Den Kickeffekt bei Verwendung einer Brücke halte ich für eher subjektiv. Der Eindruck kommt vielleicht durch das scharfe Abbremsen der Sehne beim Aufschlag auf die Brücke zustande. Ich denke dieses scharfe Abbremsen führt zu starker Vibration in der Sehne was wiederum Energie schluckt und vor allem das Zielen erschwert. Ausserdem hat auch ein Bänkchen (oder zwei) zusätzliches Gewicht am Wurfarmendel, wobei die Frage ist in wie fern das eine Rolle gespielt hat bei den damaligen Zug- und Pfeilgewichten.
Grüße,
Feanor
wenn man eine geschichtliche Herleitung bemühen möchte könnte man so argumentieren: Im "Reflexbogenbuch" wird eine Verwandtschaft der Awarischen Bögen mit den Alttürkischen Bögen postuliert. Es gibt auch Hinweise das es sich bei den Awaren um Alttürken handelt (dies ist umstritten). Dennoch ist die Herkunft der Bögen aus dem zentralasiatischen Bereich und die große Ähnlichkeit mit den Bögen auf alttürkischen Zeichnungen plausibel. Diese Zeichnungen zeigen keine Sehnenbrücken. Einschränkend muss man dazu sagen dass ihre Detailfülle jedoch generell nicht überwältigend ist. Von daher ist es eher ein Indiz. Ein weiterer Hinweis ergibt sich daraus dass osmanische Bögen aus der Topkapi Palast Sammlung (nicht tartarische), keine Sehnenbrücken aufweisen, es sei denn sie wurden später aufgebracht - aus Gründen die hier schon beschrieben wurden (Stabilität etc.). Wenn nun aber osmanische Bögen keine Brücken aufwiesen ist es durchaus möglich und wahrscheinlich das auch ihre Vorgänger die awarischen/alttürkischen Bögen keine aufwiesen. Ein gutes Gegenargument ist das die Brücken beim Osmanen entfernt werden konnten da sich durch Designänderungen (Stichwort: zurückgesetzter Griff (Awarenbogen)) die inhärente Stabilität bei den Osmanischen Bögen verbessert hat.
Ein weiterer Hinweis dafür das keine Brücke vorhanden war, ist für mich die Form des Bogenbauches am Siyha-Knick. Dort verbreitert sich der Bauch anatomisch ähnlich wie beim Osmanen und kann daher die Funktion der Brücke (Stabilisierung der Sehne) übernehmen. Ausserdem sind bei Bögen mit Brücke die Übergänge zwischen Siyha und Wurfarm immer scharf gewinkelt, nämlich dort wo die Brücke aufliegt. Beim Awaren jedoch stark abgerundet (nimmt dem Aufprall des Sehnenöhrchens die Schärfe). Da stellt sich die Frage an welcher Stelle der Rundung die Brücke sitzen soll

Den Kickeffekt bei Verwendung einer Brücke halte ich für eher subjektiv. Der Eindruck kommt vielleicht durch das scharfe Abbremsen der Sehne beim Aufschlag auf die Brücke zustande. Ich denke dieses scharfe Abbremsen führt zu starker Vibration in der Sehne was wiederum Energie schluckt und vor allem das Zielen erschwert. Ausserdem hat auch ein Bänkchen (oder zwei) zusätzliches Gewicht am Wurfarmendel, wobei die Frage ist in wie fern das eine Rolle gespielt hat bei den damaligen Zug- und Pfeilgewichten.
Grüße,
Feanor
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Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
@Fearnor: Ja, dem kann ich so folgen, gut!
Tatsächlich ist die Fundlage momentan so, dass es keine Awarenbogen mit Sehnenbänkchen gibt bzw. auch die Funde von Knochenplatten (Einschalungen der Siyahs) keine Hinweise auf Sehnenbänkchen zulassen.

Tatsächlich ist die Fundlage momentan so, dass es keine Awarenbogen mit Sehnenbänkchen gibt bzw. auch die Funde von Knochenplatten (Einschalungen der Siyahs) keine Hinweise auf Sehnenbänkchen zulassen.
- benzi
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Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
@Jo was ist mit der dieser Zeichnung aus Mora-Ferenc-Musuem in Szeged in Ungarn:
Bildquelle: Holger Riesch, Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit, Seite 34
ist die ohne Grundlage in Form von Funden entstanden?
Grüße benzi
Bildquelle: Holger Riesch, Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit, Seite 34
ist die ohne Grundlage in Form von Funden entstanden?
Grüße benzi
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Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
@Benz: Der Ooriginalfund ist ja nicht abgebildet, daher kann ich dazu nichts sagen. Die Bauzeichnung kann auch aufgrund von Vermutungen und weniger aufgrund von tatsächlichen Funden von Sehnenbänkchen entstanden sein.
Da hilft nur eins: Den Originalfund anschauen!
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Re: Sehnenbänkchen beim Awarenbogen
tja keine Ahnung ob es zu dieser Bauzeichnung einen Fund gibt............. Ihr seid doch die Fachleute
Ich war schon zweimal in Szeged, aber da hab ich mich mehr für das Osage in den Wäldern als für die Bogenfunde in den Museen interessiert..........
Grüße benzi


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