Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

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Ravenheart
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Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Ravenheart »

Also ich hab gerade wieder so einen Kandidaten auf dem Tiller. Muss einfach mal drüber reden (soll ja helfen, hihi..)

Der Stave ist bestimmt 6 Jahre alt.

Phase 1: Ulme, gut abgelagert, schöne Ringe, mitteldick, Stave leicht reflex im Griff, etwas deflex in den WA, Enden wieder reflex. Tolle Form!
Aber WA etwas aus der Linie, daher im Griff gedämpft und gerichtet. Gut geklappt. Dabei das eine Ende, wo der Reflex geringer war, auch noch etwas nachkorrigiert. Auch geklappt.

Phase 2: Verarbeitet im flachen D, schöne Hornnocken dran. Fein geworden.... 1,80, 35#@28"

Phase 3: Nach dem Einschießen und Überprüfung der Schreck: der gerichtete Griff hat sich wieder schief gezogen! Sehne schon am Griffrand.
Leder wieder ab, noch mal korrigiert. Dies mal mit 5% Zugabe. Leder wieder drauf.  ::)

Phase 4: Einige Schüsse später: Der Griff hält's dies mal. Nur das nachkorrigierte ENDE zieht jetzt zur Seite...
grrrrrrrrrrrrrrrrrr.....
Ende mit trockener Hitze gerichtet (die Hornnocke soll ja dran bleiben!). Klappt auch, aber er sieht aus wie ne Klapperschlange auf der Flucht! Die 5%+ im Griff sind genau so geblieben, das Ende is immer noch etwas schief...
3 Jahre sind vergangen, seit Beginn..
SCHNAUZE VOLL und das Ding zurück auf den Dachboden gebracht, Galerie der verpassten Gelegenheiten...  >:(

Phase 5: 3 Jahre später...
MUSS doch gehen! Ich hole ihn wieder runter, und überlege, wie ich daraus wenigstens noch einen Kinder-ELB machen könnte? 

Ich spanne ihn auf und versuche eine gerade Linie zu finden.
Dann säge ich das krumme Ende ab, korrigiere die Linie über die Breite, und setze eine neue (kleinere) Hornnocke drauf. Dabei wird er natürlich umgedreht, also der ehem. Obere nach unten, was nun auch den überbogenen Griff wieder sinnvoll werden lässt.
Auf 3 cm Standhöhe gespannt, peilen:

Nun biegt sich das ANDERE Ende seitlich weg!!!  :o

Phase 6: Ich lege die Axt LANGSAM wieder zur Seite...  ;D Kürze auch das 2. Ende ein, setze eine neue Hornnocke auf, entferne das Griffleder, ermittle eine neue Linie, die auch den Griff begradigt, lege einen neuen Griffbereich an, rasple die alte (eingelegte!) Horn-Pfeilauflage heraus.
Letzteres erzwingt, den Griff nun schmaler zu machen, aber da er ja schwächer werden soll, müssen die WA eh dünner werden, also bleibt genug Dicke.

Aufgespannt:  :o :o :o jetzt biegt er sich im Griff wieder zur Seite....  >:(

Phase 7: Griff mit trockener Hitze gerichtet. Da bin ich jetzt...
Bin gespannt, was als nächstes kommt...

So, nu bin ich das mal los...  :D

Rabe  ;)
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Halvarson
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Halvarson »

denk drann, dass er nicht kürzer als 60 cm für das minibogenturnier sein darf  ;D

gruss
thorsten
Gruss
Thorsten

Rechtschreibfehler sind gewollt und auch als solche anzusehen.
Wer wenig zuviel hat hat meist viel zuwenig - altes chinesisches Sprichwort
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acker
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von acker »

Boh ey! Das wär mir zu stressig ;D
Lass ihn krumm und sag das das aus sicherheitstechnischen Gründen so sein muß 8) ;D

Ansonsten die Seiten mit Flachs oder Hanf stabiliesieren nach dem Richten.
Könnte funzen.
Gruß acker
Zuletzt geändert von acker am 18.12.2009, 10:42, insgesamt 1-mal geändert.
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.
tomtux
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von tomtux »

kreissägenlängsschnitt im griff.
stahleinlage.
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gisli
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von gisli »

als Deko an die Wand hängen. würde ich so machen.  ;)
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Snake-Jo »

Das ist mal wieder so ein Thread, wo jeder einen Kommentar schreiben kann....
;)

@Rabe: Ja, Ulme tz,tz, ist manchmal schwierig...
Hatte auch mal so einen Kandidaten, habe einfach vom gleichen Holz ein Backing aufgeleimt, also Laminatbogen in 2 Schichten. Sieht man nicht, sieht aus wie ein Selfbow, aber: Die zweite Schicht stabilisierte den Bogen, er weicht nicht mehr aus und ist mein bester Ulmenbogen, Feldulme Kern, ganz rötlich, wie Mahagoni.
:)
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Ravenheart
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Ravenheart »

Snake-Jo hat geschrieben: Das ist mal wieder so ein Thread, wo jeder einen Kommentar schreiben kann....
;)
...stimmt schon - mein Zielsetzung geht aber eher in die Richtung, hin und wieder mal (besonders mit Zielrichtung auf den ggf. Frust von Bogenbau-Anfängern!) deutlich zu machen, dass auch erfahreneren Bogenbauern beileibe nicht immer alles gelingt (zumindest nicht auf Anhieb...).

Im Präsentations-Thread tauchen ja eher die gelungenen Beispiele auf, und das kann schnell ein falsches Bild erzeugen, (Motto "alle Anderen können es, nur ich bin zu doof"...)..

Da ist es mir wichtig, dagegen zu halten...

Rabe
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Firestormmd
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Firestormmd »

ravenheart hat geschrieben: Im Präsentations-Thread tauchen ja eher die gelungenen Beispiele auf, und das kann schnell ein falsches Bild erzeugen,
Meinst du der Acker zeigt nur seine gelungenen Bögen? Das deprimiert mich aber. ;)
"Wer das Training in Frage stellt, trainiert nur, Fragen zu stellen!" - Die Sphinx
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Steilpassfaenger »

Von solchen Säcken habe ich schon gehört.

Ich bin ja kein Fan vom Geraderichte, simpel und ergreifend deswegen, weil ichs noch nicht mit Erfolg gemacht hab, eine Eibe hat mich da mal so verkackeiert, dass sie jetzt noch immer im Dachboden drüber nachdenken muss, warum sie mich so ärgerlich gemacht hat. ;)

Mit trockener Hitze richten ist ja schon mal ein guter Anstatz. Wenn's im Griff ist, kann man den gleich richtig Tempern bis er dunkelbraun ist, dann wird er nochmal um einiges steifer.

Eine gerichtete Stelle mit Flachsfasern zu wickeln kann auch in die Hose gehen, das Holz nimmt die Feuchtigkeit vom Leim auf und richtet sich wieder zurück, alles schon gehabt.

Ich bin schon drauf gespannt obs diesmal bei dir hält.

Gruß
Matthias
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Mike W.

Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Mike W. »

@Rabe

Daaanke fürs allgemeine Mutmachen!
Dann werde ich doch demnächst den Eibe- Bambus nochmal verkleistern(nachdem ich ihn nun schon dreimal wieder aufgetrennt hab). Muß ich aber noch den alter kleister runterschleifen! :D

Gruß Mike
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comix
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von comix »

ravenheart hat geschrieben: Im Präsentations-Thread tauchen ja eher die gelungenen Beispiele auf, und das kann schnell ein falsches Bild erzeugen, (Motto "alle Anderen können es, nur ich bin zu doof"...)..
Wie wär's wir machen aus dem Thema einen Tread so à la "Missgeschicke - oder was mir da mal wieder passiert ist" oder "Versuch macht kluch " ;-)
Ich wette, jeder von uns hat den ein oder anderen bebilderten Fehlschlag auf der Festplatte oder dem Dachboden rumdümpeln... und wie könnte man besser lernen als aus den eigenen Missgeschicken und der Anderer...
Am Ende des Jahres prämieren wir dann den FDJ (Fehlversuch des Jahres) ...

und Rabe... durchhalten!
"... ich nahm den Bogen, meinen besten - mein Pfeil flog 100 Schritt gen Westen... ich hab noch jeden reingelegt... joh ho ho ho und ne Buddel Rum"
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Ravenheart
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Ravenheart »

comix hat geschrieben: und Rabe... durchhalten!
;D ;D ;D ...klar doch!  :D Ich sondere einen Stave immer erst dann aus, wenn wirklich nix mehr geht!
Inzwischen ist er noch ca. 1,55 (geschätzt) kerzengerade, und biegt sich mit 20#@20" (13 cm Standhöhe) ganz anständig....
Nun muss ich erst mal die "Feinbearbeitung" von Rücken und Seiten machen, dann kommt die heiße Phase des Tillerns.. Zielauszug ist ca. 25#@25 - 26"...

...schau' mer mal...

Rabe
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Ravenheart
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Ravenheart »

Phase 8:  ::)
Bei 24" Auszug beginnt er sich wieder seitlich zu verziehen. Inzwischen bin ich - glaub' ich - dahinter gekommen, warum der Hund so rumzickt:
1. Sind beide Enden leicht verdreht, und zwar leider nicht gegenläufig, sondern zur selben Seite. Dadurch kommt er leicht in eine Schieflage, und hat er die erst mal, verstärkt sie sich natürlich mit jedem Auszug, weil der ja nun schief erfolgt.
2. Ist im Griff ein Ast, um den herum die Faser seitlich verläuft - daher reagiert der Griff ebenfalls asymmetrisch.

Phase 9:
Ich habe die Schieflage durch Wegnahme am Bauch einigermaßen in den Griff bekommen. Nicht perfekt, aber geht. Er hat nun 33#@25". Der Tiller sieht ansonsten gut aus. Dabei belasse ich es. Die Sehne steht noch immer leicht seitlich, aber zur richtigen Seite für RH. Ich mache jetzt den Griff fertig und betrachte das Experiment als beendet.

Bilder und techn. Daten folgen...

Rabe
Zuletzt geändert von Ravenheart am 21.12.2009, 22:09, insgesamt 1-mal geändert.
Royal Judge
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Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Royal Judge »

Wie wär's wir machen aus dem Thema einen Tread so à la "Missgeschicke - oder was mir da mal wieder passiert ist" oder "Versuch macht kluch " ;-)
Das habe ich mir letztes Jahr mal ziemlich genauso als Thema gedacht, erfahrungsgemäß brechen ja schnell alle Dämme, wenn sich erst mal einer geoutet hat. Und dann wäre die oft als Trost gebrachte Erfahrung, dass man aus Fehlern (hier: aus einem misslungenen/gebrochenen/sonstwie nix gewordenen Bogen) viiiel mehr lernt als aus einem Erfolg, mit Anschauungsmaterial gefüllt. Von daher gefällt mir dieser Thread bei gerade dem Protagonisten so gut. Den vorgeschlagenenen Titel FDJ finde ich auch klasse.

Gruß
Christian

(im Hintergrund brennt im Kaminofen gerade so ein Stück Holz [Holunder mit Drehwuchs und vielen Knoten], das ich irgendwann mal per Rad geschwitzt aus dem Feld geholt, ein Jahr grob vorbereitet getrocknet und dann einige Abende mit Ziehmesser und Ziehklinge bearbeitet hatte, bis es dann beim dritten oder vierten Schuss laut gekracht hat ...)
Bogenede

Re: Manche Bäume wollen keine Bogen werden...

Beitrag von Bogenede »

Da ich sehr gläubig bin  ::) hätte ich ihn dem "grossen Feuergott" geopfert  ;D
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