Katastrophe im Anmarsch???

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RobertGraf
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Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von RobertGraf »

Liebe Gemeinde,

ich hab mir wieder mal etwas die Zeit vertrieben und mir einen neuen Schieß-Besen geschnitzt. Esche mit durchgehendem Jahresring, flach und pyramidial, 1,75m lang, ca. 40 lbs, Recurves eingedämpft, sehr schlanke Tips, Schlangenhaut (Snake-Jo: danke nochmal für die Tips!) und (Eigenlob) ziemlich geile Optik. Das Ding hatte einen super schönen Tiller und alles lief perfekt. Aber: HATTE!!! Ich hab jetzt gerade ´ne Sehne gemacht und ein paar Schuss abgegeben und dann sah ich den Horror: die Recurve-Enden beginnen sich zur Seite wegzubiegen - ich hab sowas noch nie gesehen.... Die Arme verdrehen sich nicht, sondern "knicken" in der Ebene flach leicht zur Seite. Je größer die Belastung, desto größer diese Erscheinung natürlich und ich hab echt Bammel, dass mir das Teil um die Ohren fliegt.

Wer kennt das Problem und wer kann mir Lösungsvorschläge geben? Ich hab schon an absägen und neu tillern gedacht, aber dann wird er schon sehr kurz und ob er dann das aushält....??? Was ist da bitte schief gelaufen (im wahrsten Sinne des Wortes)???
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Katastrophe1.jpg
Zuletzt geändert von RobertGraf am 16.05.2009, 21:10, insgesamt 1-mal geändert.
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redeye
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von redeye »

hallo, leider ist mit diesem Foto keine aussage möglich, vllt. könnte man den bogen aufgespannt fotografieren, von einem Ende zum anderen, über die Sehne, damit man das ganze besser sieht.

lg
mfg
redeye

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RobertGraf
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von RobertGraf »

Ja - ist mir auch aufgefallen, dass das erste Bild nicht viel Aussage zulässt. Fotographisch aber echt knifflig  :-\- deshalb hoffe ich, dass man das seitliche Wegknicken der Enden auf diesem Foto hier besser sieht.

Bitte um Hilfe....  Ist das Teil noch zu retten???

Schöne Grüße...

Robert
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Katastrophe4.JPG
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Dachs
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von Dachs »

Hallo Robert,
ich habe ein solches Problem mal bei einem Eibenbogen gehabt. Da konnte ich duch Materialreduktion am Bauch des Wurfares an der Stelle der seitlichen Biegung auf der Seite, zu der sich der Wurfarm bog eine Biegungsänderung um ca 5 cm in die entgegengesetzte Richung erreichen.
Wichtig war nach der Reduktion den Bogen ca. 20 bis 30 mal zu ziehen, erst dann machte sich die Reduktion bemerkbar.
Wie sich dieses Vorgehen bei einem Bogen mit Reckurves auswirkt kann ich nicht beurteilen.
Wenn keiner der Bogenbaugötter hier im Forum ne bessere Idee hat, würde ich an deiner Stelle so vorgehen.
Gruß
Dachs
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skerm
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von skerm »

Dachs hat geschrieben: ich habe ein solches Problem mal bei einem Eibenbogen gehabt. Da konnte ich duch Materialreduktion am Bauch des Wurfares an der Stelle der seitlichen Biegung auf der Seite, zu der sich der Wurfarm bog eine Biegungsänderung um ca 5 cm in die entgegengesetzte Richung erreichen.
Also ich hätte gesagt, daß auf der anderen Seite was weggehört (links im Foto).

Gruß,
Daniel
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Ravenheart
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von Ravenheart »

Du musst tatsächlich unbedingt was tun! Um die Bruchgefahr musst Du Dir so schnell keine Sorgen machen, aber der Fehler würde sich permanent verstärken, da er nun in die Richtung quer gezogen wird!

Problem: Es gibt ZWEI mögliche Ursachen, die gegensätzliche Maßnahmen erfordern:

1. Verdrehen. Eine WA-Seite krümmt sich stärker als die andere. Da muss dann die stärkere Seite (die sich weniger krümmt) am Bauch geschwächt werden.

2. Seitliches Verbiegen. Da gegen muss man entweder den Bereich stabilisieren (Overlay, Holzpflaster o.ä.), also "schienen", oder den konvexen Bereich schwächen (was an Bauch und/oder Rücken geschehen kann).

Man muss also erst genau die Ursache untersuchen, ehe man Gegenmaßnahmen ergreift....

Rabe
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RobertGraf
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von RobertGraf »

Guten Abend an alle...

zunächst mal vielen Dank für die Antworten.

Dachs: hab ich Dich richtig verstanden und Du meinst, ich sollte auf der Seite des Bauches was wegnehmen, zu der es sich eh schon hinknickt?
Rabe: Du hast recht, dass ein Wurfarm minimal steifer ist als der andere - aber kann das der Grund für ein seitliches Wegknicken sein? - Du meintest Verdrehen - und das tut er definitiv nicht. Er behält auf der ganzen Länge in Rücken und Bauch die selbe Ebene bei, aber bricht in den Recurves nach rechts aus - schaut furchtbar komisch aus und verursacht irgend wie ein massiv schlechtes Gefühl in meinem Bauch.

Die Recurves sind dynamisch - wenn ich denen ein Overlay verpasse werden sie sicherlich rel. oder total statisch. Damit könnte ich zur Not leben, wenn´s des Übels Garaus wäre. Am Rücken möchte ich wenn möglich nix mehr machen - zum einen wegen des Jahresringes, zum anderen wegen der Schlangenhaut, die drauf ist. Also einfach was hinten drauf pappen und neu tillern???

Schöne Grüße...

Robert
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Dachs
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von Dachs »

@ Robert,
ja genau so wie ich sagte. Der Grund des seitlichen Biegens in meinem Falle war, dass das Holz auf einer Seite des Wurfarmes stärker war als auf der anderen. So bog sich der Wurfarm auf der Seite wo es schwächer war stärker. Dies führte zu einer seitlichen Biegung in Richtung der stärkeren Seite. Als ich dann die stärkere Seite durch Materialreduktion schwächte trat der gewünschte Effekt ein.
Aber wie gesagt - das war bei meinem Bogen so, ob dieses Vorgehen bei deinem funktioniert kann ich nicht einschätzen.
Gruß
Dachs
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Ravenheart
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von Ravenheart »

@ Robert: Du hast mich falsch verstanden! Ich meinte mit "1 WA-Seite"

NICHT: Der WA einer Seite
SONDERN: die eine (Längs-)Seite des betoffenen WA's

Nu klar?

Da Du schreibst, der WA verdreht sich nicht, ist nun die Ursache klar!
Die Seite des WA's, zu der er sich hin biegt, ist schwächer und wird daher stärker in Längsrichtung gestaucht. Das kann verschiedene Ursachen haben, manchmal kann man es erkennen, manchmal auch nicht...

Mögliche Ursachen:
1. Auf der stärkeren Seite lag, außerhalb des Bogens, aber nahe dran, ein Ast. Um Äste herum ist das Holz oft verdichtet und damit härter.

2. Auf der stärkeren Seite hatte es mal eine Verletzung gegeben. Ähnlich 1.

3. die Jahresringe sind unterschiedlich dick, und zwar auf der schwächeren Seite dicker. Damit sind sie a) schwammiger und b) ist da weniger Kernholz, weil der Splint dicker ist.

4. Auf der schwächeren Seite war eine leichte Welle, so dass der Querschnitt zum Rand hin da tatsächlich etwas dünner ist

...u.s.w.

Es wäre hilfreich, die Ursache zu suchen, aber auch wenn nix erkennbar ist: die stärkere Seite muss geschwächt, oder die schwächere verstärkt werden.
Das Schwächen der stärkeren Seite bringt allerdings nur dann was, wenn der Bogen ungespannt noch gerade ist.
wird er schon gekrümmt aufgespannt, überwiegt der Zug der Sehne gegenüber den hier erforderlichen, dezenten Korrekturen...

In allen Fällen könnte man die stärkere WA-Längsseite in dem Bereich einfach am Bauch ETWAS dünner machen - etwa bis 1/3, max. 1/2 Breite. Dummer Weise wird sich dadurch, besonders bei (s.o.) Ursache 4.), der Tiiller ändern, denn er wird da dann ja auch insgesamt schwächer. Also muss der Rest des Bogens, (der natürlich symmetrisch, also mittig) ebenfalls etwas geschwächt und somit angepasst werden.

Rabe
Zuletzt geändert von Ravenheart am 19.05.2009, 13:00, insgesamt 1-mal geändert.
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RobertGraf
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von RobertGraf »

Guten Abend,

lieber Dachs - vielen Dank für Deine Einschätzung. Ich hab jetzt auch verstanden, was Du meinst und es leuchtet mir auch zu einem gewissen Teil ein.
Hallo Rabe: Ebenso vielen Dank für die ausführliche Antwort - das mit dem "WA einer Seite" kann ich quasi nicht falsch verstehen, da das Phänomen saudummerweise an beiden Seiten auftaucht. Zusehen "Wieso?" ist absolut nix und zumindest physikalisch sind rechts und links eins WA und rechts und links des Bogens gleich dick und laufen auf dem selben Jahresring.
Rabe:"Die Seite des WA's, zu der er sich hin biegt, ist schwächer und wird daher stärker in Längsrichtung gestaucht." Wenn ich jetzt nix durcheinander bringe, entpricht diese Aussage genau dem Gegenteil der "Dachs-Theorie". Die besagt (vorausgesetzt ich habe nichts missverstanden), dass die WA-Seite dicker (oder stabieler) sei, zu der sich der Bogen hin biegt, da die andere Seite schwächer ist und dadurch leichter gedehnt wird.

Um ehrlich zu sein, ist meine Verwirrung nun perfekt ???. Vielleicht gut, dass ich jetzt drei Brücken-Tage lang zum Parcoursschießen in die Alpen fahre :D. Aber es verspricht doch eine spannende Diskussion zu werden auf die ich mich spätestens ab Sonntag Abend wieder sehr freue. Aber die Katastrophe abwenden kann ich auch noch am Montag.

Sollte ich Dich, Rabe oder Dich, Dachs missverstanden haben, korregiert mich bitte, aber irgendwie behauptet ihr doch das Gegenteil, oder???

Schöne Grüße...

Robert
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von Ravenheart »

Na ja, das hatte ich eingangs ja versucht darzulegen: die 2 Fälle!
Dachs meint den einen, ich den anderen...
Aber da er sich, wie Du sagst, ja nicht verdreht, liege ich vmtl. richtiger...

Rabe
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von Dachs »

Ja wir behaupten das Gegenteil.
Ich hatte aber schon gesagt, dass ich in einem Fall mit dem von mir beschriebenen Vorgehen bei einer anderen Holzart und Bogenform erfolgreich war und auf die Bogenbaugötter des Forums verwiesen.
Ich bin nun gespannt, ob das Vorgehen für das du dich entscheidest zu Erfolg oder Bogenbruch führt.
Mir deinem Interesse auf die weitere Entwicklung dieses Threats bist du nicht allein.
Gruß
Dachs
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von RobertGraf »

Liebe Leute,

ich bin nun wieder im Lande und hab in den letzten 3 Tagen 5 verschiedene Parcours in Österreich geschossen.....es gibt schon tolle Flecken auf dieser Erde!!! Leider hatte ich natürlich nicht mein "Sorgenkind" dabei, denn die Gurke ist ja immer noch krum.... :P

Und wie es aussieht, wird sie das auch noch mindestens die nächsten drei Wochen bleiben, denn jetzt geht es noch mit der Familie in den Urlaub ;D. Aber wenn ich wieder da bin, werde ich noch vor dem Socken-wieder-Auspacken gleich die Ziehklinge in die Hand nehmen und mir den Bogen zur Brust nehmen. Welche Lösung ich nun anstrebe, kann ich auch noch nicht sicher sagen, aber das Vorgehen mit dem daraus resultierenden Ergebnis werde ich hier an dieser Stelle natürlich umgehend bekannt geben.

Eine kurze Frage habe ich aber noch - da jetzt die Recurves auch ohne Sehne leicht schief sind, denke ich, es wäre gut, sie zu erst mal mit einem Heißluftföhn wieder in Linie zu bringen. Oder soll ich darauf vertrauen, dass sie beim Ergreifen der richtigen Reperaturtechnik von alleine die blöde Knickerei sein lassen???

So-denn.... Euch allen eine gute Zeit und bis demnächst....

Robert
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von Ravenheart »

Prinzipiell hast Du Recht: sie sollten gerichtet werden!
Problem: Manche Hölzer verändern sich durch's Erhitzen! Je nach Holzart (oder individueller Eigenschaft des Staves) können Weich-Werden, Verhärtung, Versprödung, Rissbildung etc. auftreten. Das Risiko bleibt, Du musst es bewusst eingehen...
Außerdem geht jede Klebung in dem Bereich, ob Laminat oder Backing, mit großer Wahrscheinlichkeit auseinander!

Daher ist es in manchen Fällen besser, auf das Richten zu verzichten, und lieber die Mittellinie neu festzulegen und per Säge zu begradigen (was i.d.R. einen Längenverlust am Ende zur Folge hat!)... ...weshalb dann auch das andere Ende angeglichen werden muss....

Besser wäre gewesen, den Fehler frühzeitig zu erkennen (und Gegenmaßnahmen einzuleiten), ehe eine dauerhafte Verformung eingetreten ist. too late, honey...

Eines aber ist unzweifelhaft: NUR durch Gegenmaßnahmen wirst Du den nun vorhandenen Seit-Knick nicht beseitigen. Bitter, aber so ist es!

Rabe
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Re: Katastrophe im Anmarsch???

Beitrag von RobertGraf »

Bin wieder im Lande...

und habe mich nun endlich meinem "Knick-Enden-Problem" gewidmet. Meine Vorgehensweise war eine Mischung aus Dämpfen, leichtes Kürzen und zusätzliches begradigen durch Holzreduktion. Ungleichmäßige Wurfarmseitenstärken waren auch nach dem Urlaub nicht zu erkennen - da passte alles.

Aber das Holz hatte im Recurve-Bereich im zweiten Jahresring eine seltsame Struktur (hab ich beim Kürzen gemerkt). Keine Ahnung, ob das eine Erkrankung oder irgend welches Gewürm war - hab sowas noch nie gesehen. Er schaut jetzt jedenfalls wieder sehr gut aus, muss aber nochmal getillert werden.

Da ich den Recurves nicht mehr all zu viel zutraue, werde ich jetzt im gesamten Krümmungsbereich Hornstreifen aufkleben - dann kann die ganze Sache zumindest an diesen Stellen nicht mehr brechen. Aber um ehrlich zu sein - wenn das Holz noch weitere solche "Überraschungen" in den Wurfarmen hat, würde es mich nicht wundern, wenn mir das Teil auch mit dem neuen Tiller spätestens beim Einschießen um die Ohren fliegt. Er ist ja jetzt auch ein Stück kürzer....mal sehen...

Schöne Grüße und bitte kräftig Daumen drücken!!!

Robert
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