Weighted Tips - ein Widerspruch ?

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uhu
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Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von uhu »

Hallo Selbermacher,

ich hab`s jetzt schon ein paarmal gelesen und immer noch nicht kapiert.

Doug spotted Eagle schreibt in seinem Buch "making bows and arrows the old way", daß die Bogentips dicker gelassen werden sollen, weil dies zu einer größeren Pfeilgeschwindigkeit führe.

Jeder andere hier und auch in der einschlägigen Literatur hat bislang vertreten, daß an den Tips möglichst wenig Masse belassen werden soll, damit einerseits möglichst wenig bremsende Wurfarmmasse beschleunigt werden muß und andererseits  möglichst viel Beschleunigung auf den Pfeil übertragen werden kann.

Auch soll durch "dünne" Tips etwaiger Handschock verringert werden.

Was stimmt denn nun ?

Liegts vielleicht an der ohnehin geringen Länge und damit geringen Wurfarmmasse indianischer Bögen ?

Was steckt dahinter ?

Danke für Hinweise

Gruß uhu
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Mordrag
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Mordrag »

Bei meinen kleinen Rattanbögen, lasse ich die Tips immer etwas dicker. Habe dort noch keinen Nachteil verspüren können. Also ich mal bei einem die Tips dünner gemacht habe, hat er sich eher wie eine Nudel werfen lassen. Woran das liegt kann ich auch nicht sagen.

Bei längeren Bogen (ab 1,70cm) mache ich die Tips immer hauchdünn.


Für kurze und spritzige Indianerbögen, denke ich mir das dies garnicht so schlimm ist sie "etwas" dicker zu lassen.
Der Pfeil ist nicht weg....er ist jetzt nur woanders. ;-)
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Rado
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Rado »

Ich stelle mir das wie beim Baseball spielen vor:
Man nehme eine übliche "Keule" und schlägt mit etwas Übung einen Homerun.
Dann nehme man einen Pfeilschaft als Schläger, stellt fest daß er mit mehr Geschwindigkeit zu schwingen ist, aber einen schweren Baseball(oder in dem fall schweren Jagtpfeil) nicht wirklich gut beschleunigt.
Aber wenn man wiederrum leichte Scheibenpfeile schießt, macht man die Enden besser möglichst leicht.

Könnt da was dran sein?

Gruß
Rado
Taran
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Taran »

es geht wahrscheinlich darum, dasz die tips etwas steifer bleiben sollen. dazu macht man sie etwas dicker, sie koennen dabei aber schmaeler sein als der arbeitende wurfarm. sie sind also nicht schwerer.
ihr kennt ja die regel:
doppelte breite - doppelte staerke
doppelte dicke - achtfache staerke.
dicke schmale tips koennen leichter und steifer sein als breite duenne tips.
Taran von Caer Dallben

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uhu
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von uhu »

Danke an alle,

Tarans antwort scheint mir die einleuchtendste zu sein. Aber machen die etwas steiferen Tips den Bogen auch schneller ?

Zumindest das behauptet Doug spotted Eagle ja damit, wenn er schreibt

"This adds mass to the ends and will improve the cast of the bow; this also helps to prevent crystalizing in the event that you wish to recurve the limbs."

Leuchtet mir der zweite Zweck (recurve) noch ein, stellt die Behauptung, schwerere Tips vebessern den "cast" meines Erachtens den Widerspruch zur Physik dar.

Oder meint er mit "cast" einfach was anderes die von mir verwendete Übersetzung Geschwindigkeit ?

Gruß uhu
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Squid (✝)
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Squid (✝) »

Die steiferen - nicht schwereren ! - Enden machen den Bogen schneller. Nicht ohne Grund sind bei den meisten "normalen" Selfbows die letzten 10 cm der Wurfarme starr. Diese Technik führt zu einem günstigeren Sehenwinkel, weniger Stacking und einer Art "Hebelwirkung beim Schuß.

Klar sind steife Enden auch immer schwerer, weil mehr Material da ist. Aber wie du schon sagst: Ein schwereres Wurfarmende macht den Pfeil nicht schneller sondern langsamer. Denn statt Energie auf den Pfeil zu übertragen, müssen erst mal die Tips beschleunigt werden.

Letztlich ist das auch ein Grund, warum Pfeile so genau auf den Bogen abgestimmt werden müssen. Denn für jeden Bogen gibt es natürlich DEN Idealpfeil, der vom Gewicht her so gestaltet ist, dass er das Maximum an Energie mitnimmt.

Es gibt dazu übrigens eine nette Anekdote in  der TBB, wo der Autor beschreibt, wie er mit wachsender Begeisterung Bleigewichte an den Tips angebracht hat und immer weiter Schiessen konnte... Tatsächlich zog er aber nur instinktiv immer weiter aus bzw. optimierte unterbewusst  den Ablass.
Die Kollegen, denen er seine komplizierte phsyikalische Erklärung dieses Phänomens näherbringen wollte, waren dann auch eher irritiert.
Objektive Messungen ergaben natürlich auch den gegenteiligen Effekt...
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.
Christopher
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Christopher »

die Enden dicker zu lassen hat eigentlich keinen Sinn, bis die letzten 10cm mitarbeiten, müsstest du sie schon sehr dünn sein. bei nem normalen Flach- oder Pyramidaldesign also bis zu den Enden gleichmäßig tapern oder die letzten cm gleich breit lassen und mini-holmegaardspitzen 8ca. 10 cm vor ende)bauen. sowas versuch ich grad bei meim maronibogen, den ich kürzen musste, und die Enden jetzt schmaler mach.
Du hast die Macht, missbrauche sie!!!
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uhu
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von uhu »

Danke, die Erklärung geht ein,


aaaber !
Indianerbogen sind häufig kurz. Damit die efektive Wurfarmlänge möglichst ausgenutzt werden kann, wird darauf geachtet, daß sie sich im Griff biegen und sich keine steife Stelle auf Kosten arbeitender Stellen ausruht.

Läßt man die letzten 10 cm steif(er) um mehr Wurfkraft auf den Pfeil zu übertragen, müßte daß doch den gleichen Effekt haben, wie ein steifer nicht biegender Griff.

Es verkürzt die effektive und arbeitende Länge des Wurfarms.

Meine sehr theoretische Überlegung dazu wäre nun, die Wurfarme bis zum Tip biegen zu lassen (Whipptiller) und so den gesamten Bogen "noch" kürzer hinzukriegen.

Jetzt mal ganz zu schweigen vom Handling dürfte das den selben Effekt auf die Geschwindigkeit erzielen.


Oder ?


Gruß uhu
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Dustybaer
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Dustybaer »

rado hatte es doch erwaehnt:  es geht eher darum welchen pfeil du beschleuningen willst.  leichte tips beschleunigen lechte pfeile sehr gut sacken aber schnell ab wenn schwere pfeile geschossen werden.  schwere tips sind von anfang an nicht so schnell, lassen sich aber von schweren pfeilen auch nicht allzusehr beeindrucken, ja sie verlangen sogar nach schweren pfeilen um den handschock den sie verursachen zu reduzieren. wenn du also einen high-speed-bogen bauen wolltest, wuerdest du onehin keine indianerlatte bauen sondern was laengeres, sehr schlankes.

uebrigens, whiptiller hat einen schlechteren sehnenwinkel als ein bendy-handle, also whiptillert man bevorzugt sehr lange boegen (die dann im prinzip kurze boegen mit langen mittelteilen sind) weil sich durch die laenge der sehnenwinkel wieder verbessert.  bei einem kurzen bogen wuerdest du den onehin schlechten winkel verschlechtern (desshalb haben ja viele kurze flipped tips oder recurves).
Bis bald

Marius


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uhu
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von uhu »

Hallo Dusty,

das Argument mit dem Sehnenwinkel laß ich gelten. Danke.
Denn nehm ich einfach mal an, der Tip mit den weighted Tips dient dazu einen Bogen für die Jagd zu konzipieren, der die dann wohl schwereren Pfeile gut beschleunigt.

Nochmals Danke an alle und

so long

uhu
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Kadano
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Kadano »

Ein Beispiel fürs Verständnis der Vor- und Nachteile schwerer Nocken:
Stell dir einen Stein mit den Maßen von etwa 10x10x10 cm vor. Wenn du mit einem sehr dünnen Ast dagegen schlägst, so kann dies so schnell geschehen, wie du willst, er wird nicht sonderlich weit fliegen. Nimmst du hingegen einen großen Knüppel, wirst du diesen zwar nicht so schnell schwingen können, allerdings wird sich der Stein mit (anfänglich) fast der gleichen Geschwindigkeit wie der des Puktes, an der der Knüppel den Stein berührt bewegen.
Wahrscheinlich wäre ein Knüppel, der am dicken Ende etwa 10 cm Durchmesser hat, hierfür überdimensioniert und ein etwas leichterer könnte schneller geschwungen werden und würde immer noch sehr viel Energie auf den Stein übertragen.
Um mit dem Ast einen kleinen Stein weit zu schießen, muss dieser daher sehr klein sein. Oder man bindet Gewichte an seine Enden.
Das verhält sich aber deutlich anders als beim Bogen, da das Eigengewicht der Wurfarme keinen spürbaren Effekt auf das Zuggewicht hat. Also kannst du durch schwerere Nocken mit dem gleichen Zuggewicht mehr Energie "transportieren", diese jedoch langsamer. Wie Dustybaer und andere schon gesagt haben, kommt es nun nur noch darauf an, ob man leichte oder schwere Pfeile verschießen möchte.
jerryhill
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von jerryhill »

Als ich meinen kurzen Lieblingsbogen baute, warf er bei ersten Versuche sowohl 35g schwere Pfeile wie auch 50g schwere 120m weit. Ich nahm Gewicht an den Tips ab, jetzt wirft er 35g ca
140m, 50g immer noch 120m. Aber 20g auch nicht weiter.
Angenommener Grund: Die Wurfarmenden bleiben bei den Schüssen steif. Würde ich sie weiter abarbeiten, schösse er eventuell den 20g Pfeil weiter. Oder die Enden beginnen zu biegen und er verliert Zuggewicht. Also lasse ich ihn lieber so und schieße meine 35g Standartpfeile damit. Optimal ist wahrscheinlich, so viel abzutragen, daß die Enden gerade noch steif bleiben. Aber ein bißchen Sicherheitsspielraum ist mir lieber als ein zu schwacher Bogen.
lg, jerryhill
Unwissenheit prahlt, Dummheit reißt das Maul auf.
GunDog
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von GunDog »

Die Antwort das schwere Tips schwere Pfeile besser beschleunigen kommt mir in etwa so vor:
Zwei Männer gehen durch die Wüste. Einer schleppt einen schweren Stein mit. Fragt der andere "Warum schleppst du den Stein mit ?". Sagt der Steilschlepper: "Wenn ein Löwe kommt, kann ich den wegwerfen, damit ich schneller laufen kann".

Nur in diesem Fall wirft der Wurfarm die schweren Enden ja nicht ab. Ich denke es so ist wie Taran beschrieben hat. Man denke wie viele noch daran glauben das ein durch einen Langbogen beschleunigter Pfeil mehr
Durchschlagskraft hat wie einer von einem Recurve geschossener. Bei gleichem Pfeilgewicht und gleicher V0.

Gundog
Dustybaer
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von Dustybaer »

gundog, ich glaube du hast da was missverstanden (oder vielleicht ich?  ;D )  die behauptung ist nicht dass schwere tips schwere pfeile besser beschleunigen sondern dass sie bei schweren pfeilen weniger geschwindigkeit verlieren gegenueber den leichten pfeilen (und dass sie durch schwere pfeile weniger handschock verursachen, aber das ist nur ein nebeneffekt  ;D ).  sieh dir dazu jerryhill's versuch an.  schwere tips warfen beide pfeile gleich weit, leichte tips warfen den leichten pfeil weiter, also in relation, den schweren pfeil weniger weit.
Bis bald

Marius


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GunDog
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Re: Weighted Tips - ein Widerspruch ?

Beitrag von GunDog »

uhu hat geschrieben: Doug spotted Eagle schreibt in seinem Buch "making bows and arrows the old way", daß die Bogentips dicker gelassen werden sollen, weil dies zu einer größeren Pfeilgeschwindigkeit führe.
Sagen wir es mal so: Ein Bogen hat ein optimales Pfeilgewicht. Dieses ist das Gewicht mit der die meiste Kinetische Energie (KE) rausgeholt werden kann. Also der Wirkungsgrad am höchsten ist. Aufgrund der Wurfarmgeometrie kann ein durchweg "langsamer" Bogen schon mehr KE rausholen, weil dieser Bogen z.B. schwere Pfeile schneller beschleunigt als z.B. ein Bogen der zwar schneller ist, dieses aber nur bei leichten Pfeilen zeigt. Auch wenn beide Bögen die gleiche #-Zahl haben.

"Bogentips" sind für mich immer der Bereich am Bogen wo die Sehne eingehakt wird. Das andere wären die Wurfarmenden.

Gundog
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