Seite 1 von 1
alamannischer Köcher
Verfasst: 05.06.2007, 22:20
von Lord Bane
In "Das Bogenbauer - Buch" sind diverse Abbildungen sowie Beschreibungen hiefür enthalten, allerdings kann ich mir darunter nichts so richtg vorstellen.
So wird der Köcher als "Lindenholzköcher" beschrieben, wahrscheinlich je nach Wohlstand des Trägers noch mit Leder oder ähnlichem bezogen.
Aber was soll ich mir darunter vorstellen? Waren das 2 Hälften aus Lindenholz, die zu einer Art "Gefäß ausgearbeitet wurden und dann mittels Ummantelung zusammengefügt? Oder wie kann ich mir das vorstellen? Denn aufgrund des ovalen Querschnitts kann das nicht gedrechselt sein.
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 07.06.2007, 17:46
von Alamannic_Michael
Gedrechselt nicht, aber ausgestochen worden könnte es sein...ich perönlich würde diesen Köcher aber vermutlich aus 2 Teilen fertigen dem U und dem Brett für die Rückwand. das U würde ich einfach unter Dampf biegen und dann das Brett davor leimen...ob das aber Original ist...
in "Pfeil und Bogen der Merowingerzeit soll angeblich näheres stehen.
Ansonsten müßte man in die Unterlagen der Altdorfer Ausgrabung schauen...
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 07.06.2007, 20:14
von Lord Bane
Aha....ok...danke erstmal für deine Antwort! Klingt erstmal logisch, was du sagst...kennst du eine Seite oder einen Link, unter der/dem man sich die Grabungsberichte anschauen kann?
Für Urkunden und so gibt es ja die "MGH", aber existiert eine solche Seite im Netz auch für Ausgrabungsprotokolle?
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 08.06.2007, 01:12
von Alamannic_Michael
Also ich habe mal im Netz recherchiert und nicht wirklich was gefunden...
Ich würde es mal über ein OPAC einer Unibibliothek versuchen...und dann per Fernleihe mir die Unterlagen bestellen...
oder aber du nimmst einfach die Quelle die im Buch "Das Bogenbauer Buch" angegeben ist...
Marti, Reto: Das Grab eines wohlhabenden Alamannen in Altdorf
in: Jahrbuch der schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte 78 (1995) S.95-99
Da sollte es auch genau skizziert sein
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 08.06.2007, 21:33
von Fjoldor
In "Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit" ist wie erwähnt auf zwei Seiten der Köcher von Altdorf beschrieben. Es gibt Beschreibung der Tragweise, grobe Maße sowie das Bild eines Nachbaus und drei Zeichnungen auf zwei Seiten.
Der Artikel beschränkt sich allerdings auf eine halbe Seite.
Er bestätigt, das der Lindenholzkorpus mit einem dünnen Überzug aus Rindsleder überzogen war. Das Profil ist oval, die für das Buch gefertigte Rekonstruktion 70 cm lang, oben 7,8 cm und unten 8,5 cm breit. Aufnahmepunkte zur Befestigung am Gürtel gab es am Fund nicht mehr, wahrsch. diente eine umlaufende Nut zur Befestigung einer Zweipunktaufhängung für einen Leibgurt.
Das notwendige Geschick bei Holz- und vor allem Lederverarbeitung vorausgesetzt, denke ich das ein Nachbau anhand der Infos im Buch gelingen kann.
Gruß
Fjoldor
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 08.06.2007, 22:21
von Lord Bane
Dnke für die Maße....aber eine Frage bleibt mir noch.....wie wurde der Korpus gefertigt? Wurden 2 Teile gefertigt und aneinandergefügt, sodass der Lederüberzug sogar eine stützende Funktion hatte?
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 09.06.2007, 09:35
von Fjoldor
Jupp, der Köcher bestand aus zwei Teilen, die durch Hartholzstifte verbunden wurden. Die Teile hatten eine Wandstärke von 2-3 mm und wurden aus einem "tangential abgespaltenen Rohling" herausgearbeitet (O-Ton Buch). Ich weiss ja was eine Tangente ist, aber mit dieser Metapher kann ich nix anfangen, vielleicht jemand anders?
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 09.06.2007, 20:43
von Lord Bane
Naja....auch Ebenen können tangential zu einem Körper leigen....also wurde vermutlich ein Baumstamm in 3 Teile gespaltet, sodass das mittlere Teikl eine Art Kernbohle ergab. Die abgespalteten Seitenteile würden entrindet bei entsprechendem Umfang des Stammes bereits fast die Ovalform von außen besitzen.....klingt also arbeitssparend und sinnvoll.
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 20.10.2007, 14:49
von Tarannon
Fjoldor hat geschrieben:
Jupp, der Köcher bestand aus zwei Teilen, die durch Hartholzstifte verbunden wurden. Die Teile hatten eine Wandstärke von 2-3 mm und wurden aus einem "tangential abgespaltenen Rohling" herausgearbeitet (O-Ton Buch). Ich weiss ja was eine Tangente ist, aber mit dieser Metapher kann ich nix anfangen, vielleicht jemand anders?
Hallo,
ich sehe das so, das man eine Schicht Holz vom Stamm abgeschält hat, quasi wie einen apfel, um ein größeres dünnes Stück Holz zu erhalten. So schneckenhausförmig also.
Gruß
Chrisi
p.s. So stellt man meines Wissens nach auch Holzfurniere her.
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 27.10.2007, 22:24
von Lord Bane
Meinst du wirklich, dass du eine Schälung ohne Maschine in dieser Wandstärke hinbekommen kannst, ohne dass das Holz reißt?
Diese "Tangentail-Abspaltung" klingt für mich eher so, als dass man wegen dem ovalen Querschnitt die "Kernbohle" herausspaltete. Die "seitlichen Abfälle" waren dann die Rohlinge für den Köcher. Mit damaligen Methoden und Holzvorrat in den Wäldern ist dieses Vorgehen dann wahrscheinlicher.
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 28.10.2007, 20:39
von Tarannon
Hallo,
um welchen Zeitraum geht es eigentlich.
Eine richtige Maschine muß es ja nicht sein, nur eine Vorrichtung die das Werkstück (Baumstamm) führt, also zwei Spitzen, zwischen denen der Stamm eingespannt wird, und eine Werkzeugauflage, an der man das Werkzeug gerade hin- und herbewegt. Könnte mit einfachsten Mitteln möglich gewesen sein, fällt wohl ins Gebiet "experimentelle Archäologie".
Gruß
Chrisi
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 31.10.2007, 01:52
von Lord Bane
Halte ich für unwahrscheinlich. Die Alamannen scheinen, nach allen uns bekannten Funden, excellente Holzbearbeiter gewesen zu sein. Daubengefäße, Drechseln, Schnitzen (auch mit Stemmeisen)....
aber nicht sowas. Denn was du beschreibst mit der Einspannung war zwar auch beim Drechseln der Fall, aber dort gab es eine Vor- und Zurückbewegung (eine Schwingung im Prinzip, also keine gleichmäßige Rotation). Und für einen sauberen Abschälvorgang ist doch eine gleichbleibende Tangentialgeschwindigkeit des Werkstückes entscheidend, oder nicht? Nur soetwas war mit der normalen Technik damals nicht gegeben (kein Zahnrad, kein Getriebe, ......).
Wir reden übrigens so zwischen um 450 und spätestens 700.
Re: alamannischer Köcher
Verfasst: 06.11.2007, 17:45
von Murdoc
Hallo zusammen,
das ist ein wirklich interessantes Thema, auch ich interessiere mich für diesen Köcher, würde ihn auch gerne nachbauen. Nur leider weiss ich nicht, wie ich an ein Lindenholzstück kommen könnte.
Hat schon jemand hier versucht ihn nachzubauen?
Hab auf einer schweizer Seite ein kleine Anleitung gefunden:
www.nordicus.ch und dann dort unter "Projects" und quivver.
mfg
Murdoc