Der Bitte um Quellenangaben werde ich in Bezug auf die Ungarn zur Landnahmezeit (grob gesagt - 10.Jhdt) gern nachkommen, wenn ich zuhause mal gesichtet habe. Dabei werde ich mal Bücher raussuchen, die eher so den großen Überblick beinhalten.
Zunächst mal zu der "A"-Frage ansich.
Benzi, natürlich ist es schlicht Blödsinn, bei der Beschäftigung mit erlebbarer Geschichte 100% - "A" anzustreben, weil jedem über kurz oder lang klarwerden muss, dass dies nicht geht. Das bedeutet aber aus meiner Sicht nicht, dass eine Befassung mit der Sachkultur und den Lebensverhältnissen vergangener Epochen und Kulturen sinnlos ist. Es macht nämlich einfach einen Riesenspass sich über intensive Informationsbeschaffung einem eingegrenzten Thema mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zu nähern und dümmer wird man dabei sicher auch nicht.
Wie weit man dabei gehen möchte und kann, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Denkbar ist also auch die Recherche und Umsetzung nur eines Kleidungs- oder Ausrüstungsteils. Auch das ist schon ein Stück Geschichte erlebbar gemacht. Oder wenn man sich eher nicht mit der Sachkultur beschäftigen möchte, stellt zum Beispiel meiner Ansicht nach das berittene Bogenschießen als solches (egal in welcher Aufmachung) auch schon so etwas wie "living history" dar.
Wenn man sich aber auf die Fahnen geschrieben hat, auch an einer historischen Gesamtbekleidung und -ausrüstung zu arbeiten und diese gegebenenfalls mit dem berittenen Bogenschießen zu verbinden, kommt man halt schnell in den Bereich der echten "A"-Diskussion.
Ich meine dabei nicht die Fälle, wo trotz belegbarer Gegenstände auf Fantasy- oder Hollywoodequipment zurückgegriffen wird, was weder in Form noch im Material etwas mit dem Begriff "historisch" zu tun hat. Das ist eigentlich ein klarer Fall. Das eine ist das eine und das andere ist das andere. Man darf das nur nicht, wie es leider oft passiert, alles in einen Topf werfen und mit einem falschen Etikett versehen, dann fühlt sich auch niemand verletzt.
Ein echte "A"-Diskussion fängt für mich da an, wo es nur dürftige bis gar keine Quellen gibt, weil man da gar nicht anders kann, als durch Quervergleiche und ähnliche Gedankengänge das Wahrscheinlichste zu ermitteln. Als "Altungar" beispielsweise müsste ich mich sonst nackt und behängt mit einer Gürtelgarnitur nebst Tarsoly und diversen losen Metallteilen aufs Pferd setzen. Ja vielleicht könnte ich noch einen Bogenrekonstruktionsversuch nehmen, aber das wars dann im wesentlichen.
Die also notwendigen Diskussionen über die (noch) im Dunkeln liegenden Gegenstände und Kleidungsstücke unter Zuhilfenahme anderer, möglicherweise als Indizien verwertbarer Funde oder neuzeitlichen Parallelen, den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Umweltbedingungen, Wirtschaftsweise, Gesellschaftsstrukturen, Sprachentwicklungen usw. empfinde auch als spannend und Bereicherung meines Hobby "berittenes Bogenschießen". Diskussionen, in denen die immer auch nötige Fantasie zu sehr alles andere verdrängt, nach dem Motto: die waren ja nicht blöd damals, also wird es das schon gegeben haben, finde ich eher langweilig, denn man erfährt dabei nie was wirklich Neues/Interessantes über die Materie, um die es eigentlich geht. Na gut, manchmal sind sie schon auch unterhaltsam, weil es da immer sehr emotional hergeht.
Snake, Dein Ansatz mit dem aus archäologisch belegten Materialien hergestellten Bogen, käme aus meiner Sicht für eine Entwicklung zur sorgfältig recherchierten oder mit seriösen Gedankengängen entwickelten Gesamtausstattung in Frage. Ein anderer Ansatz ist der, erst einmal an der Kleidung zu arbeiten und sich dann hin zur Ausrüstung (Bogen, Köcher, Zaumzeug, Sattel usw.) zu entwickeln. Ich habe mich für letzteres entschieden, weil es in jeder, also nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht eine gute Steigerungsmöglichkeit bietet. Bis dahin muss der Zustand in Bezug auf den Bogen (wie leider noch so vieles andere) eben im Bedarfsfall erklärt werden: Die Form ist halbwegs korrekt (nach Rekonstruktionsversuchen), das Material stimmt nicht.