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kontinentaler langbogen
Verfasst: 06.09.2004, 11:00
von robau
servus beianand!
weiß jemand was genaueres über den kontinentaleuropäischen langbogen des spätmittelalters?
hillary greenland schreibt in ihrem handbuch, daß
laminierte deflex/reflex-langbogen existierten,
würd mich interessieren aus welchem holz die gebaut waren. Ein anderer fachmann meinte, daß diese form typisch venezianisch ist...
auf der seite von blaise fontanaz ist auch ein reflex-recurver langbogen abgebildet, allerdings ohne genauere angaben.
Tja ?
Verfasst: 06.09.2004, 13:39
von John Turtle
Meines Wissens nach gibt es für das Spätmittelalter überhaupt keine Funde von Bögen.
das einzige woran ich mich erinnere sind Wikinger Bögen und Allemannische Bögen, aber die sind ja nicht gerade Spätmittelalter.
Auf dem Cover vom " Medieval Archer " ist ja ein solcher Bogen zu sehen.
Aber welches Material und welche herstellungstechnik ??
Würde mich auch interessieren
Verfasst: 06.09.2004, 19:37
von Bogi
Auch ich muss leider passen. Ich wurde von einem Homi angesprochen, ob ich nicht einen kontinetalen LB für ihn bauen könnte, wenn er mir 'ne Zeichnung anfertigt. Die Zeichnung ist noch nicht angekommen, wo er die herbekommen wollte, kann ich nur Mutmaßen. Er ist im Bestitz des Buches "Historical Weapons..." Seiner ersten Beschreibung nach ist dieser Bogen kürzer als ein englischer und recurved.
Weiß aber jetzt auch nicht mehr. Bin für neue Erkenntnisse dankbar, da ich selber auch gerne einen für mich hätte...

Befiederung
Verfasst: 06.09.2004, 19:54
von Broken Arrow
Hi Bogi
Wo will der denn mit DER Befiederung hin???:-) :-) :-)
Rolf
Verfasst: 06.09.2004, 20:17
von horsebow
@Broken Arrow: 6-8" lange Dreiecksbefiederungen waren im MA gang und gäbe - bei den schweren Spitzen und Schäften brauchte man auch etwas "mehr" Feder!
Siehe auch hier (Jean de Froissart, Chronicles, BNF, FR 2643 fol 165v., Franz. Nationalmuseum Paris):
[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10149/i3_0022.jpg]

[/url]
Gruß, horsebow
Respekt
Verfasst: 06.09.2004, 20:50
von Broken Arrow
Hi
Hab immer als allgemeingültig angenommen, dass die Befiederung nicht länger als die Standhöhe sein soll.
Da die Menschen damals deutlich kleiner waren bin ich von einer 4-5" Befiederung ausgegangen
Rolf:bash
Verfasst: 06.09.2004, 22:44
von Bogi
Es lässt mir keine Ruhe, ich habe noch einen gefunden, weiß aber immer noch nicht, ob das der kontinentale LB ist, oder nicht. Zumindest gab es die Form!
[url=http://www.fletchers-corner.de/images/noimg.jpg.jpg]

[/url]
Kontinentaler Langbogen
Verfasst: 07.09.2004, 08:02
von John Turtle
Bei den Froissart Chroniken ist wohl eher davonauszugehen, daß es sich um englische Bögen handelt. Einige der Mary Rose Bögen hatten auch einen leichten Reflex.
Sind ja auch Blder aus dem Spätmittelalter.
Ich dachte eher an das Ding, kommt zeitlich auch was näher
http://images-eu.amazon.com/images/P/08 ... ZZZZZZ.jpg
RE: Kontinentaler Langbogen
Verfasst: 07.09.2004, 09:38
von horsebow
Original geschrieben von John Turtle
Bei den Froissart Chroniken ist wohl eher davonauszugehen, daß es sich um englische Bögen handelt. Einige der Mary Rose Bögen hatten auch einen leichten Reflex.
Sind ja auch Blder aus dem Spätmittelalter.
@John Turtle: Ich hatte das Bild auch wegen Broken Arrows Frage nach einer überlangen Befiederung gepostet (Du hast recht, es ist spätmittelalterlich und stellt die Schlacht von Crecy dar).
Gruß, horsebow
Uuups
Verfasst: 07.09.2004, 10:20
von John Turtle
Wer lesen kann ist klar im Vorteil :anbet
Verfasst: 07.09.2004, 11:44
von horsebow
@John Turtle: Das Bild auf der Titelseite von Bradbury's "Medieval Archer" ist ein Ausschnitt aus der sog. Maciejowski-Bibel, auch als Kreuzfahrerbibel bekannt (Frankreich, um 1250, download als PDF in 4 Teilen unter
www.ars-militia.de, derzeit ist die page leider offline. Die hatten auch die Miniaturen der Manessischen Liederhandschrift und der Heidelberger Handschrift des Sachsenspiegels als 4teiligen PDF-download. Ich habe einige Abb. aus der Maciejowski-Bibel in meiner usergalerie, die fragliche werde ich diese Tage hochladen.). Dargestellt ist ein sarazenischer Bogenschütze, der Bogen (wie übrigens interessanterweise
alle in der Kreuzfahrerbibel dargestellten Bögen) ist ein Kompositbogen, also ein Reiterbogen,
kein kontinentaler LB!
Gruß, horsebow
Info´s
Verfasst: 07.09.2004, 15:57
von John Turtle
@ Horsebow
Danke für die Info´s !
Verfasst: 07.09.2004, 22:50
von Archiv
Ich persönlich würde ja auf die Bilder, welche aus dem Mittelalter stammen, nicht so viel geben. Ich denke mal, daß die Zeichner/Maler nicht unbedingt alles auch wirklich aus eigenem Ansehen gekannt haben, was sie darstellten. Aber, daß ist wiederum ein anderes Thema...
Von Holger Riesch gibt es eine Abhandlung über Bogenschiessen in Deutschland zur Renaissance (in englisch und ich weiß nicht, wo veröffentlicht; ich habe sie aber gelesen und wen es interesseiert, der kann sie bestimmt auch bei H.Riesch anfordern). Meistens gab es zu der Zeit Langbögen des englischen Stils, aber es gibt auch deutsche Bogenschützen, die nicht nur Langbögen, dieses Typs verwendeten, sondern Langbögen im doppelt gebogenen Stil (reflex (am Griff) und recurved (Tips)). Einen Bogen dieses Typs gibt es im deutschen Nationalmuseum in Nürnberg als Orginal (15. Jahrhundert). Der Bogen ist ca. 170 cm lang, aus Eibe . Der Griff und die Enden haben einen gerundeten Querschnitt, die übrigen Teile der Wurfarme haben einen fünfeckigen Querschnitt. Herauszuheben sind ferner noch die Nocks. Sie sind ca 7,5 cm lang aus Knochen und mit feinen Renaissance Ornamenten versehen. Angenommen wird, daß es sich hier nicht um einen Kriegsbogen, sondern um einen Sport-/Jagdbogen gehandelt hat.
Ich habe einmal die Gelegenheit gehabt eine Kopie (55lbs@28") dieses Bogens zu schiessen. Er war sauschnell und es hat viel Spaß gemacht. Die Kopie war glaube ich von einem Amerikaner (Gregg Coffey),, aber da bin ich mir nicht mehr so sicher. So ein Böglein hät ich auch gerne aber damals waren mir 2500,- DM einfach zu teuer (und heute sind sie es auch noch).
Verfasst: 07.09.2004, 23:26
von horsebow
So, ich hab' das Bild gefunden:
Maciejowski-Bibel, Frankreich Mitte 13. Jh., Pierpont Morgan Library New York, MS623fol.23v:
[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10149/kreuzfahrerbibel46a.jpg]

[/url]
@snake: Natürlich sind die Regeln der mittelalterlichen Ikonographie teilweise sehr kompliziert, aber es gibt auch Handschriften mit durchaus realistisch dargestellten Szenen und einer bewundernswerten Detailtreue (z.B. das Buch der Jagd/ "livre de la chasse" von Gaston Phoebus, comte de Foix, aus dem 15. Jh, siehe meine usergalerie). Gerade auch die Kreuzfahrerbibel gilt wegen ihrer Detailtreue unter MA-reenactors als eine der wichtigsten Bildquellen zur Darstellung der Sachkultur des 13. Jh.
Der Artikel, den Du nanntest, heißt:
Riesch, Holger: Archery in Renaissance Germany. In: Journal of the Society of Archer Antiquaries 38, 1995, S. 63-67.
Mit diesen Angaben müßte man ihn problemlos per Fernleihe bekommen. Ich selbst habe ihn leider noch nicht, aber ansonsten einige seiner durchaus sehr guten Publikationen.
Den Bogen, den Du beschreibst, habe ich erst vor zwei Wochen im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg gesehen. Soweit ich mich erinnere, war er jedoch als
Eschenbogen beschrieben. Er ist erstaunlich gut erhalten, hat aber einen Querriß auf dem Rücken des oberen Wurfarms. Leider ist die Sehne (wohl eine ergänzte Leinensehne) nicht richtig angebracht: unten ist sie um das Wurfarmende, nicht in den Nockschlitz geknotet, oben ist sie durch ihr flämisch gespleißtes Öhr geschlauft...ich halte ihn auch für einen "Sport"bogen, im 16. Jh. hatte der Bogen als Jagd- und Kriegswaffe in Deutschland keinen Stellenwert.
Gruß, horsebow
Verfasst: 07.09.2004, 23:47
von Archiv
@horsebow
Ich bin was die Genauigkeit der Abbildungen angeht und was die A-Darstellung betrifft leider zu stark von einer Freundin geprägt, die davon weitaus mehr als ich versteht (Prof. für MA Geschichte).
Ja genau, daß ist der Artikel, den ich meine. H.R. redet aber bei dem betreffenden Bogen von einem Eibenbogen und auch in der Quellenangabe ist von einem Eibenbogen die Rede. Aber das Holz ist ja, glaub ich, nicht entscheident, sondern daß es ein Bogen aus der entsprechenden Epoche (halt ein bisschen später) ist.