aller anfang ist schwer

Hier kann man seine selbstgebauten Sachen zeigen. Nicht für Händler zum Vorstellen neuer Artikel gedacht.
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walta
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aller anfang ist schwer

Beitrag von walta »

Dieser Artikel dient zur Ermutigung für Bogenbauanfänger oder als abschreckendes Beispiel - ganz  wie man´s will :-)

Nachdem mit die ersten beiden abgebrochen sind nun mein erster funktionstüchtige holzbogen.
Der Bau dieses Bogens stand unter dem Motto: mach so schnell als möglich alle Fehler die du nur machen kannst - dann hast du es hinter dir :-)

Zielvorgabe:
er sollte nicht beim ersten Schuss zerbrechen
er sollte den Pfeil in richtung Pfeilspitze beschleunigen
der Pfeil soll mir beim auslassen der Sehen nicht auf die Zehen fallen (wenn er 20 Meter weit schiesst bin ich zufrieden)

Ausgangsbasis war ein 4 Meter langer Haselnuss mit ca 5cm. Nach dem spalten hatte ich 3 staves in der Hand. Ich nahm mir den verbogensten, schnitzte ihn grob zu und stellte ihn für 3 Wochen hinter den Ofen.
Raus kahm ein in alle richtungen verbogener Stecken bei dem, oh Wunder, die Sehne den Griff in der Mitte teilte. Also herbei mit dem Werkzeug: ein Ziehmesser aus dem Baugeschäft, ein Filetiermesser aus der Küche mit Grat als Ziehklingenersatz, ein Farbschaber und Schleifpapier.
Als erster musst ich das ding kleben - beim spalten ist mir die Axt aus der mitte rausgelaufen und hat den stave fast unbrauchbar gemacht. fürs tillern wurde der spalt mit Leim geklebt und am ende des Tillerns mit Epoxi verfüllt - das ist die schwarze Linie in der mitte des oberen Wurfarms.
Das Tiller selber erstreckte sich über ca. 2 Wochen und stand unter dem Motto: folge dem Faserverlauf, folge dem Faserverlaus, folge dem Faserverlauf, das blöde Ding biegt sich immer noch nicht, folge dem Faserverlauf, doch nicht soo genau, folge dem Faserverlauf, das war jetzt zu viel, folge dem Faserverlauf,...

Bei halber Standöhe hab ich dann endlich bemerkt das das obere Ende sich viel zu viel biegt - also her mit dem Heissluftföhn und mal ordentlich aufgeheizt.
Etwas später hab ich auch noch die Mulde im unteren Bereich gesehen - also wieder tempern.
Gegen Ende des Tillerns bin ich draufgekommen das mein Tillerstock zu kurz ist für meine Affenarme. Die lezten 4cm wurden über einen blinden Spiegel und dem Spiegelbild im Fenster getillert.
Raus kahm ein Bogen den man von allen Seiten betrachten kann - er ist überall schief und krumm.

Was gibt es sonst noch: Oberfläche mit Parkettwachs eingelassen, Pfeilanlage aus Knochen, Ledergriff, Sehne 10 Strang Dacron, Zuggewicht - keine Ahnung - nicht viel. Aber er schiesst. 20 Meter problemlos, 30 Meter mit etwas konzentration, alles darüber ziemlich ballistisch - das treffen ist ohnedies Aufgabe des Schützen :-)

Grüsse
Walta
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der den zweiten Stave bereits hinter dem Ofen stehen hat :-)
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Heidjer
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von Heidjer »

Also die Zielvorgaben alle eingehalten. ;)
Ausser die mit allen Fehlern auf einmal. ;D
Mir gefällt der Bogen. :D
Es gibt so schön gerade Haselstämmchen und zu Anfang gleich so ein Stück ich bin Beeindruckt. :P

Gruß Dirk

Der dieses Jahr viele gerade Haselstaves ernten Konnte.
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von acker »

Ja guck, Walta is keine Holzbogenbaujungfrau mehr ;D ;)
Gefällt mir,-die Nocken sehen etwas zu massig aus aber ansonsten kein schlechtes Gesamtbild!
Da werden ja nun bestimmt noch einige folgen :)
Auf das die Nächsten Dir ebenso gelingen mögen.
Gruß Acker
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.
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walta
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von walta »

die nocken werd ich wahrscheinlich noch kürzen, und der nächste wird hoffentlich besser

grüsse
walta
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Holzbogenbaujungfrau - auf wörters kommen die leuts ;-)
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Indiaman
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von Indiaman »

Ist doch ganz gut gelungen.
Schöner Schreibstil übrigens - hast mich gut unterhalten.
Danke.

Und lass uns bei Deinen nächsten Projekten wieder teilhaben, wenn Du magst.

Stefan
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Ravenheart
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von Ravenheart »

Beim Auszug-Bild hab ich spontan gedacht: Anders herum! Unteren WA nach oben!!

Vmtl. spricht die Sehnenlage dagegen(?).. Falls nicht: Mal anders herum testen...

Sonst gelungener Erstversuch! Mehr kann man wirklich nicht erwarten...
Wilkommen im Club!!
:)

Rabe
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walta
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von walta »

das unterste zuoberst kehren. ich bilde mir ein das der untere wurfarm der stärkere ist - deshalb hab ich ihn sorum gedreht. aber ich werds mal probieren.

grüsse
walta
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@all: danke für das feedback - hat mich sehr gefreut :-))))))
RubenAryala
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von RubenAryala »

Mir gefällt der, der hat Charakter. Und die Freude, wenn er 20 bis 30 meter weit den Pfeil ins Ziel bringt, kenne ich inzwischen auch.

Äh.... wie frisch war denn das Holz, bevor Du es an den Ofen gestellt hast ?
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walta
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von walta »

ich hab den baum gefällt gespalten entrindet und grob in form geschnitzt. dann war er 2-3 wochen an der frischen luft (südseite unter dach), so eine woche in einem zimmer mit ca 15grad und zum schluss stand er im wohnzimmer (ich hab dort einen holzofen der das ganze haus heizt). ich kann die zeit nur noch ungefähr angeben da ichs mir nicht aufgeschrieben habe (alzheimer lässt grüssen :-)
jeden tag auf die küchenwaage, wegen akuter ungeduld immer wieder mal ein bischen rumgeschnitzt und als ich das gefühl hatte jetzt wird er nicht mehr leichter hab ich mit dem eigentlichen tillern begonnen.

grüsse
walta
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hoffe das hilft :-)
RubenAryala
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von RubenAryala »

Also noch so ein Ungeduldiger, da bin ich recht froh, daß ich nicht der einzige bin.
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walta
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von walta »

war eine zielvorgeabe: mach so schnell alle fehler die man machen kann :-)

der zweite stave vom gleichen baum steht allerdings noch immer grob vorgearbeitet herum und harrt seiner bearbeitung entgegen. ich selber bin noch in der "hineinfühphase" - ich nehme ihn jeden tag in die hand und rede mit ihm: lieber baum - wo in dir drinn steckt denn nun der bogen?

grüsse
walta
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die erste stufe im bogenbauen: ich "will" einen bogen bauen
RubenAryala
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von RubenAryala »

In einem ähnlichen Stadium bin ich auch gerade, ich habe einen Rohling aus Ahorn zurechtgehauen und geschnitzelt, der jetzt herumliegt. Damit hatte ich mit dem am Vortag geernteten Holz angefangen. Inzwischen ist er äußerlich trocken und wird in ein paar Tagen wahrscheinlich reif zur Weiterbearbeitung sein. Nur habe ich den Eindruck, daß das feuchte Verarbeiten es mit sich bringt, daß der Rohling beim Trocknen sich in alle möglichen Richtungen windet und zieht.
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Ravenheart
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von Ravenheart »

:D

Tja, was soll man dazu sagen?

Ich formulier's mal so:

Als unsere Altvorderen die Regeln aufstellten, die wir hier so gerne nachplappern:

*Stamm je nach Dicke halbieren oder vierteln,
*versiegeln und je nach Holzart 6 - 24 Monate langsam trocknen
*dann verarbeiten...

HATTEN sie
a) schon so ihre (auch bitteren) Erfahrungen gemacht und 
b) sich daher was dabei gedacht....

;)

;D ;D ;D

Rabe
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walta
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von walta »

also: ca 2 monate hab ich bereits hinter mir. derzeit such ich ein ordentliches stück holz das ich dann auch ordentlich trocknen kann um einen ordentlichen bogen zu bauen. bis dahin bau ich ein paar übungsstücke aus haselnuss - schliesslich, denk ich, haben unsere altvorderen sicher auch viel geübt :-)

grüsse
walta
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der jetzt seinen stecken abwiegen geht :-)
RubenAryala
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Re: aller anfang ist schwer

Beitrag von RubenAryala »

Mache ich auch. Die Holzzufuhr muß nur schneller sein, als man bauen kann, dann wird es eines Tages auch trocken genug sein  ;D
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