shokunin hat geschrieben:
Und jeder der meint der Bogen wäre nicht so DIIIIEEE Waffe gewesen... der soll halt mal gegen eine Front von Bogenschützen anmarschieren...Mark
Da ich soeben zwei gähnend lange Stunden Klausuraufsicht spielen durfte

, hatte ich Muße genug, das "Anmarschiereren gegen eine Front Bogenschützen" in der Antike anhand zweier Beispiele etwas genauer zu betrachten:
Fallbeispiel 1:
Schlacht bei Plataiai (in Böötien/Griechenland), 479 v.u.Z., eine Koalition griechischer Stadtstaaten unter der Führung von Sparta gegen das Heer des Perserkönigs Dareios I und seiner (auch griechischen) Verbündeten.
Quelle: Reallexikon der classischen Altertumswissenschaft, Bd. XX, ", S. 2287ff; - die Originalquellen spar ich mir - der post ist auch so schon lang genug!
Ablauf: Durch die persischen Reiterangriffe zermürbt, ziehen sich die griechischen Hopliten aus der Ebene in hügeligeres Gelände zurück, die Koordination der einzelnen Kontingente geht verloren (die Aufgebote der einzelnen Polis machen wohl was sie wollten), eine Panik droht - kurz - die Sache scheint gelaufen.
Nun versucht der persische Kommandeur Mardonius durch einen Angriff des Fußvolkes auf die spartanische Phalanx den Sack zuzumachen. "Doch der erste Angriff der Perser mit Pfeil und Bogen hinter einem Schildwall bleibt erfolglos."
Die Phalanx geht zum Gegenangriff über, zerschlägt die persischen Garden (deren Aussehen kann mensch sich anhand der bekannten Friese in Persepolis vorstellen), Mardonius fällt, die Perser fliehen.
Gegen diszipliniert in Formation kämpfende schwer gepanzerte Infantrie waren abgesessene Bogenschützen hier also machtlos.
Fallbeispiel 2:
Schlacht bei Carrhae (heute Harran) in Mesopotamien, 53 v.u.Z., ein römisches Heer unter Crassus (7 [oder 6?] Legionen, 4000 Reiter [Kelten und "Orientalen"], 4000 Leichtbewaffnete insges. 40.000 Mann) versus ein parthisches Aufgebot aus schweren Panzerreiter und berittenen Bogenschützen (laut wikipedia nur 10.000 Mann) und Surenas;
Quelle: im wesentlichen Reallexikon der classischen Altertumswissenschaft, Bd. XIII, 1. 323ff
Ablauf: Nachdem die Vorhut der Römer von den Parthern geschlagen wurde, läßt Crassus ein Quadrat bilden. Die Parther wagen keinen Frontalangriff ihrer Panzerreiter, sondern versuchen das Quadrat einzuschließen und von allen Seiten mit Pfeilen zu beschießen. Ausfälle der römischen leichten Infantrie werden durch Pfeilhagel in das Quadrat zurückgetrieben.
Das Geviert der schweren Infanterie wird unter Beschuß genommen. "was sie ertragen mußten, ohne sich gegen den berittenen Feind wehren zu können" - aber sie blieben standhaft "weil sie hofften, daß die Feinde sich bald verschossen haben würden und es dann zum Handgemenge komme". Aber die Parther konnten den Pfeilhagel aufrecht erhalten, da Surenas auf 1000 Kamelen (blumig, ne

) Pfeile nachführen ließ.
Crassus befiehlt einen Gegenangriff (1300 kelt. Reiter, 500 Bogenschützen (sic!) und 8 Kohorten Legionäre). Durch einen vorgetäuschten Rückzug wird diese Abteilung vom römischen Gros weggelockt, dann stellen sich die Kataphrakten den Römern entgegen und die berittenen Bogenschützen nehmen sie von den Seiten unter Beschuß. Die Abteilung wird aufgerieben.
Dann beginnt der Großangriff auf das römische Geviert. Die Legionäre werden bis zum Abzug der Parther bei anbrechender Dunkelheit ständig weiter zusammengedrängt und mit den langen Lanzen der Kataphrakten und durch Pfeilbeschuß dezimiert.
Der Rest ist Nachspiel - die Römer werden verraten, in die Irre gelockt, zersprengt und aufgerieben, Crassus gefangen und getötet.
Fazit: Abgesessene Bogenschützen sind in der klassischen Antike nur von sekundärer Bedeutung; gegen schwere Infanterie haben nur berittene Bogenschützen im Verbund mit gepanzerten Reitern
unter bestimmten Bedingungen eine Chance.
Mit solchen Verbänden wurden die Römer in klassischer Zeit im wesentlichen nur im Osten konfrontiert (Parther, später Sassaniden), in nachklassischer Zeit auch an der Donaugrenze (Sarmaten, Alanen).
Folgerichtig haben die Römer auch die entsprechenden Waffengattungen übernommen (z.B. die schweren Clibanarier = gepanzerte Reiter auf gepanzerten Pferden) - vor allem aber in Ostrom. So wie sie eben auch bereits zuvor militärische Ausrüstungsgegenstände von anderen Völkern übernommen haben.
Und irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß die Parther oder Sassaniden den massenhaften Export von Kompositbögen an ihren unmittelbaren Gegner toleriert haben! Also muß es doch irgendeine Form von "römischer" Bogenproduktion gegeben haben. Für Pfeile ist ja nun mal eine spätrömische Fabrica Sagittaria zu belegen. Natürlich ist ein Hornbogen ungleich schwerer zu bauen, als ein Pfeil - aber irgendwo muß das Schießzeug doch nun hergekommen sein!
Ob das nun "römische" Bögen oder "skythische" oder "hunno-sassanidische" Bögen waren, ist ja schnurz. Zu späterer Zeit haben Türken, Polen, Russen auch alle mit einem sehr ähnlichen Bogenmodell aufeinander geschossen (wenn die Abbildungen nicht täuschen).
So - Klausur fertig - Alaaf allerseits!
K02/P.