Wirbel um Spinewerte...

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
Osti7
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Osti7 »

HALLO.
Zumindest in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts war über den Spinewert noch überhaupt nichts bekannt, zumindest hat Saxton Pope, ein Pionier der "modernen" Bogenjagd darüber nichts gewusst, er hat einfach eine bestimmte Holzsorte verwendet, gleich dicke Schäfte geschliffen, dann gewogen und so wahrscheinlich unbewusst den richtigen Spine herausbekommen. Quelle:Jagen mit Bogen und Pfeil

MfG
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Steini
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Steini »

In Bezug auf die militärische Nutzung ist die Antwort einfach: Wer in die Spinetabelle schaut wird feststellen, dass der "Durchbiegungsunterschied" mit steigendem Zuggewicht abnimmt. Sprich, der Unterschied in der Steifheit des Pfeils zwischen einem 30er und einem 40er Spine-Pfeil ist wesetnlich größer als zwischen einem 90er und einem 100er. Und da die gebräuchlichen Zuggewichte für ELBs zwischen ca. 80 und 120 lbs lagen (BITTE keine neue Diskussion), war der Spine weitesgehenst zu vernachlässigen.

Dazu kam, wie oben bereits beschrieben, das Bogenschiessen militärisch mehr auf Masse als Präzision optimiert war.

Steini
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captainplanet
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von captainplanet »

Steini hat geschrieben: Sprich, der Unterschied in der Steifheit des Pfeils zwischen einem 30er und einem 40er Spine-Pfeil ist wesetnlich größer als zwischen einem 90er und einem 100er.
Aber das heißt doch nicht automatisch daß sich diese Unterschiede, auch wenn sie kleiner sind, weniger auswirken. Oder?
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Hunnenbogen
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Hunnenbogen »

Ich bin eigentlich auch der Meinung, dass insgesamt im traditionellen Bereich ein allzu großes Gedöns um die Spinewerte gemacht wird. Klar, beim Olympischen Plastikschiessen ist das was anderes, wenn es um Millimater geht.
Meine Erfahrung ist die, daß ich mit relativ Spine-passenden Pfeilen schon deutlich besser schiesse (klar...).
Aber ich habe auch aus Unwissen eine Weile "viel zu weiche" Pfeile geschossen, und war damit eigentlich auch ganz zufrieden, was die Trefferleistung anging. War jetzt nicht jeder im Gold, eh klar, aber auf 30 M waren schon brauchbare Treffer dabei, und die Patzer erkläre ich mir durch mangelnde Übung. Also für den Treffer auf einen "Körper" aus 30m war das durchaus in Ordnung. ...soviel zum Kriegseinsatz...

Klar geht es nicht an, daß man mit einem 60lbs-Bogen einen Spine-Wert von 20 nimmt. Aber das merkt man schnell beim Ausprobieren, man merkts ja am Wedeln. Dann wird halt ein festerer Schaft genommen.

Wenn man aber auf 50m schiessen will, und dann auch noch ins Kill, dann sollte das Gerät schon aufeinander abgestimmt sein. Denke ich.
Also bin ich dazu übergegangen, "härtere" Schäfte zu nehmen. Bin aber selber noch am Basteln, welchen Wert ich genau haben will, denn auch ich will mal immer ins Kill. Ausserdem reizt mich die Bastelarbeit.  ;)

Das sollte aber immer einem selbst überlassen werden. Und wenn man immer die selben Pfeile benutzt, und immer die selbe Technik, und immer den selben Bogen, gewöhnt man sich ja auch an die "falsche" Auslenkung, und steuert dem unbewusst entgegen. Denke ich.

Adios!
Real bows are made of wood.
Juergen Becht
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Juergen Becht »

Aber das heißt doch nicht automatisch daß sich diese Unterschiede, auch wenn sie kleiner sind, weniger auswirken. Oder?
Wie ich schon mehrfach erwähnte:
Ein zu schwerer Pfeil fliegt IMMER.
(die Erfahrung habe ich gemacht, als ich mit meinem Holzbogen für den ich normalerweise Pfeile mit 35er Spinung benötige, die Pfeile von meinem Border mit 70er Spinung geschossen habe.

Das Trefferbild war das gleiche, als wenn ich die 'passenden' Pfeile schiessen würde, nur waren alle Treffer zu tief.

Und da es in Mittelalterlichen Kriegen nicht auf Präzision, sondern auf Masse und Durchschlagskraft ankam, wird man recht schnell herausgefunden haben, welche Schäfte zu welchen bögen passten.

Machen wir uns nicht einen viel zu großen Kopf um die Spinewerte?
Ich finde :
Wenn man 'nur schiessen' will, dann ist die Antwort JA.
Will man jedoch das Optimum herausholen, gehts ans Tunen, um die optimale Leistung aus dem Bogen zu kitzeln.
Ich habe ca. 1 1/2 Jahre gebraucht, um den idealen Pfeil für mich und meinen Bogen auszutüfteln.
Heutige Konfiguration :
Border Griffon, 53lbs, 30 Zoll Auszug = Fichtenschaft, Nocktaper 11/32 auf 5/16, 100 grs. Spitze, handgeschnittene Dreiecksbefiederung.


Selbst wenn ein Satz Pfeile absolut nicht stimmen sollte, kann sich das Gehirn die 'falschen' Informationen speichern, und man so eine gute Trefferquote erreichen, da man sich ja an die fehlerhaften Flugbilder gewöhnt.
Wie wurde im Mittelalter oder in der Steinzeit der Spinwert
ermittelt.
Wahrscheinlich ganz einfach :
2 Auflagepunkte (28 zoll voneinander entfernt), dann in der mitte ein Gewicht von einem Pfund drangehängt, und die Durchbiegungen der einzelnen Schäfte miteinander verglichen.
So hatte man zumindest ermittelt, welche Schäfte härter oder weicher waren.
Bernhard Langbogen

Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Bernhard Langbogen »

Wahrscheinlich ganz einfach :
2 Auflagepunkte (28 zoll voneinander entfernt), dann in der mitte ein Gewicht von einem Pfund drangehängt, und die Durchbiegungen der einzelnen Schäfte miteinander verglichen.
So hatte man zumindest ermittelt, welche Schäfte härter oder weicher waren.
Mit solchen Vermutungen ist niemanden geholfen. Es gibt nämlich keine Überlieferungen oder Aufzeichnungen die dein Mittelalterliches Spingerät bestätigen oder beschreiben.
Außerdem gibt es keine Historischen Aufzeichnungen oder Schriften darüber das Pfeile in Spinegrupen oder Bögen nach Zuggewicht zugeteilt waren.
Ich hab nicht umsonst geschrieben mit Quellenangabe.

Bernhard
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Ravenheart
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Ravenheart »

Da ich über eine größere Auswahl an Bogen verfüge (und ständig neue baue), habe ich auch eine größere Auswahl an Pfeilsätzen.

Wenn ich einen neuen Bogen teste, nehme ich also Pfeile mehrer (benachbarter) Spinegruppen mit, und schieße die im Vergleich, um zu sehen, welche am besten passen.

Die Abstufung der Gruppen liegt im üblichen 5#-Bereich - und die Unterschiede sind meistens deutlich! (Meistens heißt: es gibt auch Ausnahmen. Manche Bogen schießen nur mit EINER Gruppe gerade, andere mit allen z.B. 3 benachbarten Gruppen gleich gut..)

Für meine "Turnierpfeile" habe ich sogar schon die Schäfte auch INNERHALB einer Gruppe mit der jew. Spinezahl beschriftet, da bei kleinen Zielen (Bsp.: Rattenjagd Vechta) schon 3# Unterschied spürbar sind.

Mit "Kopfschütteln" denke ich immer noch an Neubrunn 2006 am "Eisendrachen". Nur 1 Schuss war erlaubt, und ich hatte im Köcher einen "Ausreißer", der hatte Spine 47, während alle anderen 42 - 44 hatten.

Da dachte ich (Depp): "Nimm den Ausreißer, um den is im Zweifel nicht so schade.." - und hab ihn natürlich 1 cm vom Rand LINKS vom Kill auf das Eisen gesemmelt... Ich bin sicher, ein 43er wäre drin gewesen!

Tja, und wie haben die Leute das im MA oder der Steinzeit gemacht?

QUELLEN kennen ich nicht, doch selbst, wenn es keine Überlieferungen dazu gäbe, bedeutet das ja nicht, dass es nicht dennoch beachtet wurde!

Zum Einen weiß ich schon mal, auch wieder aus eigener Erfahrung, dass wenn man mal über eine längere Zeit viele Pfeile baut, man schon ein ziemlich präzises Gefühl für die Steifigkeit eines Schaftes entwickelt. Und MEINE Pfeilbauzahlen sind sicher ein WITZ gegenüber den Leuten die ganze Armeen ausstatten mussten! Und meine Motivation, die richtigen Pfeile zu bekommen, ist sicher geringer als die eines Menschen, dessen Überleben (Nahrungsbeschaffung) davon abhängt!

Und eine VERGLEICHENDE Spinemessung zu machen, ist wirklich einfach:

Man nehme:

Refernzpfeil(e),
einen Holzklotz (oder flachen Stein), Durchmesser 1/2 Schaftlänge,
ein beliebiges, anhängbares Gewicht von 1 -2 #,
einen Stock mit einer Reihe Markierungen (Kerben).

Vorgehen:

Referenzpfeil auf den Klotz legen, Schaftende hinten bündig.
Kerbenstock an die Schaftspitze in die Erde stecken.
Gewicht an die Schaftspitze hängen, Durchbiegung ablesen, z.B. Kerbe 3.
(Schaft hinten natürlich festhalten).
Neuen Schaft (auf Länge geschnitten) drauflegen, Gewicht anhängen, ablesen.
Kerbe 3 = gleich, 2 = steifer, 4 = weicher.

Schon kann man alle Schäfte grob in 3 Spinegruppen teilen.
Mit mehreren Refenzpfeilen natürlich noch differenzierter!

Weder Klotz, noch Gewicht oder Kerbenstock würden ein paar hundert (oder gar tausend) Jahre später, so sie überhaupt aufgefunden werden, als "Spinetester" identifiziert...

Das heißt aber nicht, dass es sie nicht gegeben hat!

Rabe

P.S.: wg. "Vermutungen": Archäologie besteht zu einem sehr großen Teil aus "Vermutungen", meist vornehm "Interpretationen" genannt.
Natürlich kann man den Standpunkt einnehmen: "Ich glaube nur, was unzweifelhaft bewiesen ist".
Jemand mit DER Einstellung muss sich aber folgenden Einwurf gefallen lassen:

Haben die Menschen in der Steinzeit GESCHISSEN?
Wo bitte ist der Nachweis eines steinzeitlichen "Haufens"?
Bitte Quelle angeben!
;)
Zuletzt geändert von Ravenheart am 01.10.2007, 09:57, insgesamt 1-mal geändert.
Jojo
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Jojo »

ravenheart hat geschrieben: Haben die Menschen in der Steinzeit GESCHISSEN?
Wo bitte ist der Nachweis eines steinzeitlichen "Haufens"?
Bitte Quelle angeben!
;)
Oh, menschliche ****haufen gibt's einige. Überall da, wo die Erhaltungsbedingungen entsprechend sind. Spontan fällt mir da die Pfahlbausiedlung Arbon Bleiche 3 ein oder auch das Salzbergwerk in Hallstatt. Aber da gibt's sicher noch mehr, wenn man mal ein wenig wühlt. (Nein, nicht in der Scheisse, in der Bibliothek!)

Soll ich mal nach diesen Scheiss-Quellen suchen gehen?  ;D ;D ;D


Viele Grüsse, Jojo*



*: Der schon glaubt, dass Du Recht hast, was den prähistorischen Spine-Wert betrifft, aber der trotzdem der Meinung ist, dass Vermutungen und (begründete) Interpretationen zwei Paar Schuhe sind...
Bernhard Langbogen

Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Bernhard Langbogen »

@Rabe

Es gibt fürs Mittelalter keinen Beweis (schriftlich, Bilder) darüber dass der Spine bekannt war. Im Tower wurden tausende von Bögen und Pfeilen gelagert. Sieht man sich die Inventurlisten von damals an bemerkt man dass es keine Einteilung der Bögen nach Zuggewicht gibt und das die Pfeile in keinerlei Spinegruppen unterteilt waren.

Versteinerte Scheisshaufen aus der Steinzeit gibt es genug.
Im Haus der Natur (Salzburg) kannst du einen 17000 Jahre alten
Scheisshaufen ansehen.
Juergen Becht
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Juergen Becht »

Ich vermute mal,
das denen das Wahrscheinlich Scheissegal war, welchen Spine die Pfeile hatten.
Einfach nen grossen Haufen gemacht, und jeder nimmt sich davon was er braucht.
Bernhard Langbogen

Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Bernhard Langbogen »

Oder Steini hat recht.
Seine Antwort klingt sehr einleuchtend.
Es dürfte ein leichtes sein dies in der Praxis zu testen.
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Ravenheart
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Ravenheart »

Bernhard Langbogen hat geschrieben:
Versteinerte Scheisshaufen aus der Steinzeit gibt es genug.
:D :D :D

O.k., das Beispiel war schlecht gewählt, aber was ich sagen wollte is ja rüber gekommen... hihi
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Squid (✝)
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von Squid (✝) »

Zu den Eintrittsgeldern passt dann wirklich "aus Scheisse Gold machen"  ;D
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 01.10.2007, 16:25, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.
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walta
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von walta »

militärisches denken

ich war sanitäter beim heer und hab folgendes gelernt: wenn du einen soldaten so triffst das er tot ist dann ist er tot und fertig. wenn er nicht tot ist dann gibts ne menge arbeit. du musst ihn bergen und zum lazarett bringen (benötigt 4 personen) musst ihn verbinden, operieren oder sonstwas (benötigt viel personal und geld) und kannst ihn erst nach tagen oder wochen oder gar nicht wider an die front schicken.
das heisst: besser ich verwunde den feind als ich ihn töte. das ist auch der grund warum beim heer die standardwaffe kein präzisionsgewehr ist und die anti-personen-minen nur den fuss absprengen soll und nicht töten
auch mit pfeil und bogen gilt das gleiche prinzip: nicht ins kill

bei der jagt: ein pfeil - wenn ich treffe hab ich was zu essen - wenn nicht verhungere ich - da fängt man bereits als kleinkind an mir meine waffe so genau wie möglich zu bauen - mit hilfe von überliefertem wissen und erfahrung

grüsse
walta
-----------
der keine signatur hat :-)
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captainplanet
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Re: Wirbel um Spinewerte...

Beitrag von captainplanet »

@ walta: Früher machte man bei weitem nicht so viel Aufhebens um verwundete Soldaten wie heute. Gründete Henry Dunant nicht das Rote Kreuz weil es ihn so mitgenommen hat wie die verwundeten Soldaten in der Schlacht von Solferino einfach liegengelassen bzw. "notgeschlachtet" wurden? Und Solferino war lange nach der Ära des militärischen Bogenschießens. Möchte nicht wissen wie es damals im Mittelalter erst zuging! Die hätten schon genauer geschossen wenn es ihnen mit vertretbarem Aufwand möglich gewesen wäre. Da bin ich mir sicher.
Bester Rindengrapscher von FC!!!
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