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RE: Leben im Mittelalter?
Verfasst: 21.12.2005, 13:12
von Zentaur (✝)
Original geschrieben von horsebow
....
Es ist unglaublich leicht, in einer westlichen Gesellschaft des 21. Jh. mit dem goldenen Löffel im Mund zu leben und zu sagen: Gott sei Dank, was geht's und gut.
stimmt.
habe auch nix anderes behauptet.
dennoch war es ne miese zeit im vergleich zum HIER und jetzt.
es ist auch leicht zu sagen: war doch ne tollezeit, mit der sicherheit, dass ich ja dennoch irgendwo den goldenen löffel liegen habe (zur not).
strom, wasser, gas, vergleichbares "modernes" gesundheitssystem, einen job der mir die freiheit und das geld bietet um bogenschiessen zu können und im internet mich über derartige dinge auszutauschen.......
w.g. ich schau mir die sendung eh nicht an (BIG brother find ich eh doof). keine ahnung was da läuft.
generell wird mir das MA zu sehr romantisiert und verklärt.
das ist augenwischerei.
meine meinung......sorry.
Original geschrieben von horsebow
........
Ob das die Leute in den Drittweltländern genauso sehen?
bestimmt nicht.
und so wie es noch heute in manchen gegenden der erde ausschaut (sozial, wirtschaftlich, politisch, kulturell,......) , so war's bei uns z.t. im MA.
ich verstehe dann also nicht wie man sagen kann, dass das MA doch ganz toll war (ich übertreibe jetzt ein wenig) und gleichzeitig die heutigen zustände in manchen armenhäusern der welt anprangert.
wo ist da eigentlich der unterschied?
@manni:
nicht persöhnlich gemeint ;-)
@all
bin ja auch nicht jetzt der meinung, dass heute alles so super knorke ist.

Verfasst: 21.12.2005, 13:37
von shewolf
Ich stimme Niels zu - die Darsteller werden vorgeführt, wenn der Regisseur aber Teilnehmer genommen hätte, die Fische ausnehmen können, richtig melken und beim Hühnerschlachten keinen hysterischen Anfall kriegen, würde es doch keiner sehen wollen :-(
Die Sendung bedient schließlich nicht den Wissendurst der Zuschauer (Telekolleg "wie nehme ich im Mittelalter einen Fisch aus"), sondern die Sensationslust am Unvermögen anderer mit Gruselfaktor ("Bäääh, guck mal, die machen das Huhn tot...").
Es ist eben FERNSEHEN ;-)
Im übrigen spielt der eine eben Mittelalter und der andere Indianer oder Ungar oder Römer, Traumwelt ist es allemal und hat mit der mörderischen Realität anderer Zeiten, wo Menschen schuften und kämpfen mußten um zu überleben und als Unmengen von Kindern nie groß wurden, wenig zu tun.
Auch ich spiele gerne mal, aber es ist nicht mein Lebensinhalt - und ich finde, als Ausflug ist ein Tag als Ungar/ Römer/ Mittelalter/ Indianer doch in Ordnung und macht auch noch viel Spaß. :-)
Guter Nebeneffekt: Kinder erleben mal, das man Gegenstände des Alltags mit den eigenen Händen herstellen kann, das man auch ohne Mikrowell und Fernseher leben kann - und das ist doch schon viel wert!
Verfasst: 21.12.2005, 15:39
von Zentaur (✝)
bin völlig der meinung, dass jeder sein spass haben soll, wie er/sie will.
und das mit dem handwerk stimmmt ja auch
auch der aspekt, den kindern so was mal zu zeigen/vermitteln......
.....aber ne üble zeit war's schon

RE: Vergangenheitsbewältigung?
Verfasst: 21.12.2005, 21:06
von benz
Original geschrieben von Falkenstadl
@ benz,
aus welchem Grund ziehst Du (ich nehme an selbst gefertigte) Indianerbekleidung an? Ist das nicht auch aus Interesse und Freude an den alltäglichen Dingen einer Kultur, die Dich interessiert.
Ich glaube, genau aus diesem Grund ziehen sich manche mittelalterliche Gewandung an.
Nur diese Leute setzen sich mit der Vergangenheit Ihres Kulturkreises auseinander, um die Wurzeln Ihres Daseins zu erleben und zu pflegen.
Bist Du indianischer Abstammung, dann verseh' ich Deine Ambitionen und freu mich, wenn Du Erfüllung in Deinem Hobby findest.
Gruß
Falkenstadl
Nein, ich bin nicht indianischer Abstammung. Es ist schwer zu vermitteln, warum ich diese MA-Sachen ablehne und gleichzeitig in indianischer Kleidung herumlaufe. Ich versuch es trotzdem:
Die indinaische Kultur ist keine vergangene. Wer sich ERNSTHAFT mit der indianischen Geschichte beschäfigt, kommt meiner Meinung nach an der Gegenwart nicht vorbei.
Gegenwart aber bedeutet Alkoholismus, Drogensucht, Arbeitslosogkeit, Kriminalität, Uranabbau, Touristenprojekte an heiligen Stätten, Skigebiete in Reservaten, verseuchtes Trinkwasser in Dörfern...... usw. Aber eben auch eine Rückbesinnung auf traditionelle Lebensformen.
Die Beschäftigung mit dem Mittelalter KÖNNTE meiner Meinung nach auch einen Bezug zur Gegenwart haben. Die Rolle der Kirchen, moralische Hintergründe bei der Hexenverbrennung usw, das alles hat Auswirkungen auf unser heutiges Leben.....
liebe Grüße benzi
RE: RE: Vergangenheitsbewältigung?
Verfasst: 22.12.2005, 17:59
von shewolf
Original geschrieben von benz
Die Beschäftigung mit dem Mittelalter KÖNNTE meiner Meinung nach auch einen Bezug zur Gegenwart haben.
Für alle Mitteleuropäer hat sie das - denn das Mittelalter ist die Zeit, der wir alle entstammen! ;-)
RE: RE: RE: Vergangenheitsbewältigung?
Verfasst: 22.12.2005, 19:08
von benz
Original geschrieben von shewolf
Für alle Mitteleuropäer hat sie das - denn das Mittelalter ist die Zeit, der wir alle entstammen! ;-)
Natürlich hat sie das, bleibt blos die Frage wer sich damit in welcher Form beschäftigt.
Shewolf, welchen Einfluss hatten den Skythen auf DEIN Leben hier und heute?
liebe Grüße benzi
Verfasst: 22.12.2005, 20:21
von shewolf
Viel. Ich gehe in ihren Spuren in Athen, lege meine Hände auf die ältesten Teile der Athener Stadtmauern, die das Volk der Skythen noch im Dienst der Stadt erlebt hatten... als diese Steine gelegt wurden, ritten Skythen durch die Stadt!
Die Erzwaschanlagen im Hinterland, wo das Silber für die Drachme gefördert wurde, Skythische Söldner bewachten dort das edle Metall, und ritten wahrscheinlich just durch den Torbogen, auf dessen Fundament ich heute sitze.
Wie diese wilden Reiter damals bestaune ich die Tempel und Bauwerke, und in jeder Scherbe, die ich anfasse, fühle ich die vergangene Zeit.
Die prächtigen Skythischen Köcherbeschläge, geschaffen von griechischen Meistern. Die Formen sind auch für mein "modernes" Auge immer noch harmonisch und wundervoll, auch nach 2600 Jahren - einfach weil unser Verständnis von Harmonie von dieser Zeit bereits maßgeblich geprägt wurde.
Und - last but not least - mein kleiner Skythischer Bogen, im Galopp vom Pferd geschossen... hätte es die historischen Vorbilder nie gegeben, gäbe es auch Bogenschießen bzw. Bogenreiten nicht. Welch eine Vorstellung - im Endeffekt haben wir doch (mit Ausnahme moderner Technologie der letzten 30 Jahre) alles von unseren Altvorderen übernommen.
Und ich persönlicher fühle mich dem Leben manchmal mehr verbunden, wenn nicht so viel Technik dazwischen steht (was nicht heißt, das ich nicht dankbar für die Technik bin ;-) ). Aber manchmal brauche ich Zeit mit mir selbst, und verbringe ich gerne in einem ansatzweise historischen Szenario.
Verfasst: 23.12.2005, 10:01
von LaCroix
Bin halb "Europäisch"(Keltisch/Germanischer zweig), halb Ungar...
Wo muß ich die Formulare für die Genehmigung einreichen, mich für Kelten, Germanen, Mittelalter und Magyaren zu interessieren?
Wieso darf ich mich nur mit der vergangenen Kultur beschäftigen, wenn sie einen Kontext mit der Gegenwart hat? Eine komische Einstellung...
Verfasst: 23.12.2005, 12:07
von Niels
Abgesehen davon, dass ich ebenfalls nicht der Meinung bin, dass ich meine Hobbys darauf untersuchen muss, inwieweit sie der "Weltverbesserung" ;-) dienen, trifft das bei der Befassung mit mittelalterlicher Geschichte sogar zu.
Indem ich mich zur Historie belese oder sonstwie Erfahrungen sammele, kann ich schon auch die Zusammenhänge in der Gegenwart besser verstehen. Die Ungarneinfälle haben unter anderem z.B. ganz wesentlich zur Entstehung der heutigen eurpäischen Staaten beigetragen und damit natürlich auch das, was Staat heute ausmacht, beeinflusst. Ich kann Fehler der Vergangenheit erkennen, die man vielleicht nicht unbedingt wiederholen muss. Ich kann Entwicklungen der Gegenwart (Technisierung, Fortschrittswahn, Verlust des Naturbezugs und von Verwurzelungen zugunsten von Wohlstand und Bequemlichkeit, Herrschaftsanspruch des Menschen) für mich besser bewerten, wenn ich mehr darüber weiß woher wir kommen. Nur wer sich auch mit seinen Wurzeln beschäftigt ...
Das ließe sich ein ganzes Stück weit fortsetzen, würde aber wohl den Rahmen sprengen.
Natürlich muss ich mich dazu nicht gleich in historische Klamotten werfen und Tätigkeiten, wie das berittene Bogenschießen zu lernen versuchen. Aber es erleichtert den Zugang doch auch ungemein. Wenn ich anders als bei der eingangs besprochenen Big-Brother-Fernsehnummer wirklich ersthaft Tätigkeiten und Sachkultur für mich zu erschließen versuche, weckt das bei mir und anderen Verständnis und größere Anschaulichkeit als ein Buch oder ein Museum.
Und es macht mir persönlich eben auch einfach mehr Spass. Und das sollte bei einem Hobby ja wohl nicht ganz unwichtig sein. Da gehört, wie ich zur Motivation für das berittene Bogenschießen ja schon gechrieben hatte, sicher auch eine Prise Romantik, Abenteuerlust, Ausleben von Wildheit, Neugier, Flucht aus dem Alltagstrott usw.usf. dazu. Das ist doch aber nichts Schlimmes, oder? ;-)

Verfasst: 23.12.2005, 15:51
von horsebow
@shewolf
@LaCroix
@Niels:
Vielen Dank für diese wunderbaren, klugen Antworten!
:anbet :anbet :anbet :anbet :anbet
So hätt' ich das nie formulieren können, ohne daß man mir vorweihnachtlichen Streß unterstellt hätte...
Gruß, horsebow
die Welt verbessern? Warum nicht?
Verfasst: 23.12.2005, 20:24
von benz
@Niels
Ach manno Niels, kann man den hier nicht mal ein bischen die Leute aus der Reserve locken, ohne das Du wie ein Friedensrichter, in Deiner versöhnlichen Art, Frieden stiftest? :motz ;-)
Aber im Ernst, ich weiß von Dir daß Du Dich 1. sehr intensiv mit den Dingen auseinandersetzt, mit denen Du Dich beschäftigst und die Du darstellst und das das bei Dir 2. sehr wohl einen Bezug zu Gegenwart hat.
@La Croix
klar Du darfst Dich beschäftigen womit Du willst und dabei spielt es für mich keine Rolle wo Deine Vorfahren gelebt haben. Aber dann lass mich bitte auch der Frage nachgehen, warum sich soviele Leute mit dem MA beschäftigen und ob diese Beschäftigung eine Relevanz für hier heutiges Leben hat oder eben nicht.
Zu diesem Thema ist gerade im Magazin für Amerikanistik (Heft 4/4 2005, S. 41-46) ein hervorragender Artikel von Dr. Joest Leopold mit Titel "Handel und Gesellschaft bei den Mandan - Interkulturelles Lernen in der Allgemeinbildung" erschienen.
Am Beispiel der Mandan, einem Indianerstamm der Plains, zeigt er auf, wie die Beschäftigung mit kultur-historischen Themen aussehen muss, damit ein Bezug zur eigenen Gesellschaft der Gegenwart hergestellt werden kann.
Sein Anliegen ist, diese Themen in künftigen Schulbüchern so zu behandeln, daß die Schüler eben eine Brücke zu eigenen Gesellschaft der Gegenwart schlagen können.
Im folgenden einige Zitate:
"In Bezug auf das Unterrichtsziel, die gleich hohe Relevanz der Geschlechter erkennbar zu machen, kann die historische Rolle der Frau in nordamerikanischen Stammeskulturen als wertvolles Beispiel angesehen werden."
"Das Wissen um kulturelle Unterschiede und Grundkenntnisse um historisch bedingte Ungleichheiten kann zum Abbau von Stereotypisierung und Überheblichkeit führen und in einem unbelasteten Umgang mit anderen münden (A.Körber "Interkulturelles Geschichtslernen" Münster 2001)
"Darüber hinaus dient die Aufarbeitung dem Zweck, sich besser mit der Fremdheit in der heutigen Welt zurechtfinden zu können, die nicht mehr nur im Urlaub begegnet." (A. Körber s.o.)
@shewolf
ich hab mich vielleicht falsch ausgedrückt ich meinte Deinen Alltag, ich meinte einen Bezug zum alltäglichen Leben, nicht zum Hobby oder zum Urlaub.
@Niels
Original geschrieben von Niels
Abgesehen davon, dass ich ebenfalls nicht der Meinung bin, dass ich meine Hobbys darauf untersuchen muss, inwieweit sie der "Weltverbesserung" ;-) dienen...
MUSS nicht, aber wenn sich diese Chancen bieten, wüßte ich nicht warum wir sie nicht nutzen sollten.
liebe Grüße benzi
Ich auch
Verfasst: 23.12.2005, 21:04
von Broken Arrow
Hi
Eigentlich ist es ja nicht meine Art zu Grundsatzdiskussionen Stellung zu nehmen.
Aber es Weihnachtet und ich bin dazu gekommen auch mal in mich zu gehen ;-)
Ich bin ein sog. MA Fan oder auch Darsteller oder Symphatisant oder .....
Ich mag Bücher darüber lesen oder auch Prähistorische Bücher.
Das heisst nicht dass ich mich mit den Leuten aus dieser Zeit zwangsläufig identifiziere, dennoch könnt ich mir vorstellen auch zu den genannten Epochen meinen Mann gestanden zu haben ((hört sich gut an

)
Den ganzen Tag bin ich mit High Tech und irgendwelchen Meetings mit dem Nutzungsgrad eine Bärentöter Bogens beschäftigt und so nehme ich mein Hobby (eben MA) als Ventil zu diesen Dingen zu denen ich von meiner nicht wegzudiskutierenden Umwelt gezwungen werde.
Ich denke das klappt auch ganz gut.
Ich mag es mit einfachen Werkzeugen einen Bogen zu bauen (dennoch nehm ich als Sehne Dacron) und mag es mit gleichgesinnten Leuten diesem Hobby zu frönen.
Das heisst aber nicht das ich diese Sendung MA in der ARD gut finde.
Ich denke aber dass es in der Schar der Zuschauer genügend Leute gibt die die Sendung klasse finden. Warum auch nicht.
Es gibt für den nicht interessierten doch den Ausschalter. (wenn kaputt dann Stecker ziehen)
Kein Mensch regt sich über Mälzer oder den bescheuerten Beckenbauer auf.
Lasst doch dem Normalbürger seine Sendung.
In den täglichen Nachrichten wird soviel Unwahres Zeugs erzählt und keinen juckts :bash
So das musste mal raus.
:knuddel
Bevo jetzt Gemetzel angesagt ist denkt daran Morgen ist Weihnachten (Stimmt übrigens auch nicht)
BA
Bezug zum alltäglichen Leben
Verfasst: 23.12.2005, 21:35
von Falkenstadl
@benz
wie sieht Dein Bezug zur indianischen Kultur im täglichen Leben aus? Trägst Du jeden und den ganzen Tag indianische Kleidung? Lebst Du nach indianischen Riten? Tust Du Dein Möglichstes zur Situationsverbesserung der Indianer?
Kannst Du alle Fragen mit "Ja" beantworten, ziehe ich voll Hochachtung meinen Hut vor Dir.
Betreibst Du aber die "indianischen Aktivitäten" in Deiner Freizeit, neben einem "modernen" Beruf, ist es auch in Deinem Falle ein Hobby, bei dem ich Dir viel Freude und Erfüllung Deiner Träume wünsche.
Gruss
Falkenstadl
Verfasst: 24.12.2005, 10:25
von Katur
@ Broken
ich gebe Dir vollkommen recht !!!!!!
TV ist für Kurzweil und die eigenen Interessen verarbeitet jeder für sich anders.
Ich lese gerne in der Geschichte unserer Ahnen (Wikinger, Germanen, Kelten, .... Ötzi

)
Ich habe aus der Geschicht für mir pers. wichtige Dinge herausgezogen und lebe mein Leben danach soweit es in der Noderne möglich ist.
Nein, ich laufe nicht im germanisch/wikingischen Outfit in der Stadt herum, sondern versuche zu verstehen was sich geändert hat.
Z.B. wie Broken ja schon angemerkt hat, daß heute das so heilige Weihnachtsfest gefeiert wird, welches eigentlicht das Julfest ist und es schon vor Weihnachten gabe - weiter das größte kirchliche Osterfest, welches das heidnischste Fest ist - das heilige Ostara.
Daher sollte jeder aus der Geschichte das für ihn wichtige herausziehen und jedem seine Entscheidung lassen und nicht darauf herumtreten - den dann zeigt man nicht nur Tolleranz sondern auch Größe
Euch allen eine schöne Julzeit
Katur