Relevanz von Stauchrissen

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Eichsfelder
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Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von Eichsfelder » 26.05.2023, 05:47

Hallo liebes Forum,

aus gegebenem Anlass beschäftigt mich folgende Frage:
Wie kritisch ist das Auftreten von Stauchrissen am Bogen im Allgemeinen?

Dass Stauchrisse Probleme darstellen, oder viel mehr erst einmal anzeigen, ist mir bewusst und sicherlich spielen Anzahl, Position und Tiefe der Brüche eine individuelle Rolle.
Jedoch finde ich bei meinen Recherchen überall sehr widersprüchliche Ansichten zum Thema. Von "Das Teil kannste wegschmeißen" bis hin zu "Die kannst du einfach ignorieren." ist eigentlich immer alles dabei.

Hintergrund: Ich (Anfänger) habe jüngst meinen zweiten Bogen aus Haselnuss fertiggestellt, der auch das Einschießen überstanden hat. Bei beiden Bogen haben sich Stauchrisse gebildet und ich frage mich natürlich, wie haltbar ein solcher Bogen sein oder eben nicht sein kann.

Um das Thema Behandlung von Stauchrissen soll es hierbei nicht gehen - dazu gibt es ja bereits reichlich Input im Forum.

Wäre euch für eure persönliche Meinungen, Erfahrungen und Tipps dazu sehr dankbar. :)

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fka
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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von fka » 26.05.2023, 08:33

Guten Morgen, du hast dir die Antwort eigentlich selbst gegeben. Je nach Tiefe und Anzahl wird man sagen, einfach ignorieren oder fatal.
Vereinzelt auftretend, bedeutet der Tiller ist schlecht. Gleichmäßig über den Wurfarm auftretend bedeutet das Holz ist mit dem Design überlastet.
Meine ersten Hasel Bögen hatten auch Stauchrisse, ich habe aber zeitnah neue Bögen gebaut und kann deswegen nichts zur Haltbarkeit sagen. Es soll aber Bögen geben mit kleineren Stauchrissen, die jahrelang geschossen haben.
Meine persönliche Meinung: Häng das Teil an die Wand und übe so lange tillern, bis es ohne Stauchrisse klappt.

LG Felix

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Rotzeklotz
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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von Rotzeklotz » 26.05.2023, 08:41

Gute Frage
Eine sichere Antwort kann ich nicht geben, dazu müsste ich solche Bögen mal über lange Zeit oft schießen. Grundsätzlich würde ich differenzieren, wie ein solcher Stauchriss entstanden ist. Wenn er beim Tillern durch eine Schwachstelle entsteht, die dann ignoriert oder vor dem weiteren Ausziehen nicht vollständig beseitigt wird, würde ich mir Sorgen machen. Also sprich Stauchriss in Kombination mit schlechtem Tiller. Kriegt man schon beim Bodentillern oder niedrigem Auszug Stauchrisse, würde ich den Bogen ebenfalls zu Brennholz verarbeiten. Dann stimmt etwas gar nicht mit der Drucktoleranz
Treten die Dinger beim Schießen und/oder mehr oder weniger gleichmäßig verteilt auf, sehe ich das weniger kritisch. Ich habe ein paar Bögen, bei denen das so ist und die ich immer mal wieder schieße. Bisher zeigt sich keinerlei Beeinträchtigung, die Bögen entwickeln auch nicht mehr Set. Allerdings habe ich mit denen bisher maximal 2000-3000 Schuss gemacht. Ich wechsel zu oft :o
Vllt. haben ja andere noch mehr Erfahrungswerte.

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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von MrCanister123 » 26.05.2023, 13:26

Ich weiß nicht wie deine Tillerphase war, aber mein Problem war anfangs beispielsweise dass ich den Bogen viel zu weit gezogen hab. Hier musst du darauf achten, das der Bogen sich nicht nur punktuell in verschiedenen Bereichen biegt.
Wenn du während des Tillerns also siehst, dass bspw der WA / die WA sich in den ersten 3cm gar nicht biegen, dann kümmer dich nur um den Bereich und zieh den Bogen nicht weiter aus.
Du kannst dem Stauchrissproblem auch entgegenwirken indem du den Bogenrücken bei sehr zugstarken Hölzern (bspw. Hasel, Esche, Ahorn etc...) seitlich ein bisschen schwächst (paar mal mit ziehlinge drüber und dann mit Schmirkelpapier sauber abrunden). So schwächst du den Rücken und stärkst somit den Bauch.
Schaffa Schaffa

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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von Kemoauc » 28.05.2023, 01:08

Erstmal Willkommen im FC ... :D
Lass mal ein paar Bilder rüberkommen, damit wir alle uns das anschauen können,bevor das hier ein total verkopfter Thread wird.
;) ;D >:)
Grüßle,
Kemoauc
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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von benzi » 28.05.2023, 16:42

Ich frage mich da, was geringe Haltbarkeit genau bedeutet? Dass er set entwickelt? Ok dann lässt zwar die Leistung nach, aber der Bogen schiesst ja weiterhin... dass er nach 4000 Schüssen plötzlich bricht? Halte ich für unwahrscheinlich... und letztlich ist alles vergänglich... 😊
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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von schnabelkanne » 29.05.2023, 09:42

Servus und willkommen, wie schon gesagt ein paar Bilder vom Bogen, abgespannt von der Seite, Standhöhe und mit geringem Auszug, sind schon notwendig.
Ich habe einige Bögen mit Stauchrissen die während des Tillerns gekommen sind, ich habe sie fertig gebaut und versucht die Bereiche etwas zu entlasten. Die Bögen schießen nun schon seit Jahren gut, trotz der Stauchrisse.
Lg Thomas
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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von fatz » 29.05.2023, 11:00

schnabelkanne hat geschrieben:
29.05.2023, 09:42
Ich habe einige Bögen mit Stauchrissen die während des Tillerns gekommen sind, ich habe sie fertig gebaut und versucht die Bereiche etwas zu entlasten. Die Bögen schießen nun schon seit Jahren gut, trotz der Stauchrisse.
Das ist ziemlich der Knackpunkt. Wenn du den Grund fuer die Stauchrisse beseitigt hast, kann der Bogen relativ lang seinen Job tun. Wenn das aber nicht der Fall ist und der Grund fuer die Stauchrisse noch vorhandene Schwachstellen sind, wird das nicht lang gut gehen. Angesichts der Tatsache, dass es der zweite Bogen ist, wuerde ich jetzt eher auf Zweiteres tippen. Zumindest hab ich das Ganze nicht vor Nr5 in den Griff gekriegt. Aber es soll ja Leute geben, die gleich zu Anfang perfekt tillern koennen.
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von Eichsfelder » 30.05.2023, 20:37

Danke schon mal für eure Meinungen dazu! Konnte doch schon einiges weidererkennen und mitnehmen.
benzi hat geschrieben:
28.05.2023, 16:42
Ich frage mich da, was geringe Haltbarkeit genau bedeutet?
Mit geringer Haltbarkeit meinte ich tatsächlich das plötzliche "Knack". Set ist für mich tragbar, da es mir erstmal um einen funktionierenden Bogen und den Lernprozess dabei geht.

Die Stauchrisse sind während der Endphase des Tilervorganges aufgetreten. Der Tiller ist wie vermutet wohl nicht ausreichend und ich persönlich sehe mindestens zwei Schwachstellen. Genaueres dazu folgt..
MrCanister123 hat geschrieben:
26.05.2023, 13:26
Ich weiß nicht wie deine Tillerphase war, aber mein Problem war anfangs beispielsweise dass ich den Bogen viel zu weit gezogen hab.
Das wird zusätzlich mein Problem gewesen sein, der Bogen hatte vermutlich noch zu viel Speck, als ich auf Auszugslänge getillert und gezogen habe. Beide Stellen mit Rissen befinden sich auch unmittelbar vor kleineren Ästen im Holz. Hatte Schwierigkeiten diese Stellen in den gleichmäßigen Tiller einzubeziehen, da ich mir nicht sicher bin, ob Versteifung durch Äste tolerierbar oder vllt sogar notwendig sind, oder ob man diese Problemzonen quasi zwingen muss sich in das Bild eines gleichmäßigen Tillers zu fügen. D.h. abtragen bis sich alles, ob Ast oder kein Ast, gleichmäßig fügt und biegt.

Der Bogen hat jetzt nochmal ca. 150 Pfeile weg. Zu mehr bin ich noch nicht gekommen. Jedenfalls haben sich die großen Stauchrisse seither nicht sichtbar verschlimmert. Es sind lediglich ein paar feinere an den gleichen Problemstellen hinzugekommen.
Ich hänge ein paar Bilder an und hoffe, dass sie zur Einschätzung taugen. Habe Bogen und Werkstatt für die nächsten paar Wochen nicht vor Ort und kann erstmal keine Weiteren Bilder nachliefern.

Eichsfelder
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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von Eichsfelder » 30.05.2023, 21:34

Hier die Bilder. Wie gesagt, mehr kann ich momentan nicht liefern.
Die beiden Bilder der Stauchrisse zeigen die selbe Schwachstelle am unteren Wurfarm.
Von der oberen Schwachstelle habe ich keine Bilder - die hat allerdings auch weniger Risse.

Mein Auszug ist mit 23" bis 24" kurz. Der Bogen hat momentan in etwa 45# auf 23".

Set kann man am Bild des ungespannten Bogens nur am Schattenwurf erahnen.
Problemstellen/ Schwachstellen mit Stauchrissen + angrenzende Äste sind mit orangefarbenen Boxen markiert.

Die Hauptschwachstelle habe ich versucht mit einer Wicklung zu stärken, auch wenn es vermutlich nicht viel bringt.
Bilder auf dem Tillerstock gibt es nicht, da momentan noch keiner vorhanden ist.
_
Dateianhänge
Seite_ungespannt02.jpg
ungespannt
Auszug02.png
Auszug01.png
aufgespannt.png
aufgespannt auf Standhöhe
Stauchrisse uWA Seite02.jpg
Stauchrisse unten, Seite
Strauchrisse uWA.jpg
Stauchrisse unterer Wurfarm

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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von fka » 31.05.2023, 08:53

OK die sind schon heftig, auch wenn der Tiller gar nicht schlecht aussieht. Zwar etwas zu viel Peitschen Tiller für meinen Geschmack, aber gleichmäßig und ich sehe auf den ersten Blick keine Schwachstelle. Wenn du versuchen willst denn Bogen zu retten, musst du die erste Hälfte der Wurfarme schwächen, besonders das erste Drittel biegt zu wenig. Der obere Wurfarm sieht auch zu stark aus, der Bogen kippt in deiner Hand. Der obere biegt besser als der untere, da musst du nicht so viel machen.
Bei meinem zweiten Bogen, hätte ich wohl versucht zu retten was zu retten ist, heute würde ich das Teil auf den Brennholz Stapel werfen...
LG Felix

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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von MrCanister123 » 31.05.2023, 08:57

Tiller sieht im Allgemeinen ja nicht schlecht aus. Wahrscheinlich war einfach das das Problem, dass am Anfang zu viel gezogen wurde als die Biegung noch nicht gleichmäßig verteilt war

Ich würde an deiner die Enden noch spitzer und somit leichter machten, somit erreichst du höhere Pfeilgeschwindigkeiten.
Seite_ungespannt02.jpg
Würde beide Schwachstellen mit 2K- Kleber einschmieren und wickeln.
Sind ja beide ungefähr gleich weit entfernt von den Enden bzw. zum Griff, dann sieht es auch nicht schlecht aus.

Bleist du bei deinen 24" Auszug oder ist dein Plan auf 27/28" ( zu kommen? Würde dann einfach noch ein bisschen weitertillen, sodass du deinen Ankerpunkt an der Backe hast, das wären dann die restlichen 3 ". Oder willst du so schießen?

Würde bei dem Haselbogen auch die seitlichen Kanten (Übergang Bogenbauch zu Bogenrücken) abrunden.
Zudem an dem Bogenrücken ein bisschen mehr mit dem Schleifpapier/Ziehklinge abtragen (Trapping).
Schaffa Schaffa

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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von benzi » 31.05.2023, 09:52

Bei dem gleichmäßigen Tiller würde ich mir um plötzliches Brechen nicht viele Sorgen machen. Die Wicklung war eine gute Idee wenn sie gut ausgeführt wurde.
So biegt sich der untere WA mehr als der obere... Hast Du mal probiert wie sich der Bogen anfühlt wenn Du ihn umdrehst?
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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von Eichsfelder » 02.06.2023, 17:58

fka hat geschrieben:
31.05.2023, 08:53
der Bogen kippt in deiner Hand.
Das ist mir beim Ziehen auch aufgefallen. Also liegt es daran, dass der obere WA noch zu stark ist?
MrCanister123 hat geschrieben:
31.05.2023, 08:57
Bleist du bei deinen 24" Auszug oder ist dein Plan auf 27/28" ( zu kommen?
Bei dem Projekt bleibe ich mit mit Sicherheit erstmal bei 24". Mit meinen 1,75m Körpergröße kann ich so am Kinn ankern und ehrlich gesagt traue ich mich gar nicht das Teil noch groß weiter auszuziehen. Sonst komme ich bald mit dem Wickeln nicht mehr hinterher. ;D
MrCanister123 hat geschrieben:
31.05.2023, 08:57
Zudem an dem Bogenrücken ein bisschen mehr mit dem Schleifpapier/Ziehklinge abtragen (Trapping)
Dazu belese ich mich mal. Habe bisher immer nach dem Dogma "Am Rücken machste so gut wie gar nichts" gearbeitet.
benzi hat geschrieben:
31.05.2023, 09:52
Hast Du mal probiert wie sich der Bogen anfühlt wenn Du ihn umdrehst?
Ja, das habe ich. Tatsächlich für mich kein wahrnehmbarer Unterschied beim Schießen. Auch vom Trefferbild nach erster Einschätzung..

Also Take-Away für mich erstmal:
- Tiller gar nicht so schlecht
- durchbrechen wird er wohl nicht gleich
- erste Drittel der Wurfarme mehr schwächen
- eventuell mehr eurer Vorschläge für Nachbesserungen umsetzen
- beim nächsten einfach besser machen

Ich kann ja trotzdem gern mal zählen wie viele Pfeile er noch so macht und zukünftig mal ein Update bringen wie sich die Stauchrisse entwickeln.

Vielen Dank an alle erstmal!

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Re: Relevanz von Stauchrissen

Beitrag von fatz » 02.06.2023, 20:54

Eichsfelder hat geschrieben:
02.06.2023, 17:58
Dazu belese ich mich mal. Habe bisher immer nach dem Dogma "Am Rücken machste so gut wie gar nichts" gearbeitet.
Das ist auch immer noch und bleibt so fuer alle Ewigkeit. Amen! ;D
Der Basti meint seitlich was abnehmen, dass der Ruecken schmaeler wird als der Bauch
Haben ist besser als brauchen.

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