Wo das Alpha – Tier regiert
Die "Hackordnung" im Tierreich macht durchaus ihren Sinn. Denn einer muss der Letzte sein, und durch das feste soziale Gefüge wird der Dauerstress innerhalb einer Gruppe minimiert
Rund um den Fressplatz und der Tränke gibt es Stärkere und Schwächere. Und wer sich Zeit zur Beobachtung nimmt, kann bald erkennen, dass ein ganz bestimmtes Pferd der "Chef im Ring" sein muss: Dieses Tier hat das Vorrecht, sich als erstes am Futterplatz das Beste herauszuholen, seinen Durst stillen, erst danach sind die anderen Pferdehof – Bewohner an der Reihe.
Ohne Gegenwehr
Verhaltens-Biologen nennen dieses wissenschaftlich das "Alpha -Tier". Es ist das ranghöchste Tier der Gruppe, darf getreu der Hackordnung jedes andere Tier "hacken" , das sich seiner Autorität widersetzt – und bei seinen Attacken gibt es auch keine Gegenwehr.
Aber nicht nur die Nummer 1 in der Herde steht fest (nachdem sich das Alpha – Pferd diesen Rang erkämpfen musste). Ein klares soziales System weist jedem Pferd seinen Platz auf dieser Ordnungs – Skala zu – und ohne groß zu reagieren lassen sich rangniedrigere Pferde von ihren ranghöheren vom Futterplatz vertreiben. Und deshalb gibt es neben dem Alpha – Tier als Bestimmer auch das Omega – Pferd. Das steht in der Reihe ganz hinten – und würde nicht wagen, Ansprüche einzufordern. Getreu der durchaus menschlichen Erkenntnis, dass eben einer das Letzte in einer Reihe sein muss.
Dieses (vermeintlich traurige) Los ist freilich nur auf Zeit so bestimmt: Schließlich wachsen auf dem Hof auch die Pferde nach – und immer wieder wird die Rangordnung bis hin zum letzten Platz neu festgelegt – und dieser oft genug bis zu den jüngsten Mitgliedern durchgereicht. Innerhalb der Generation setzt sich, beispielsweise im Kampf um Platz 18 oder 19, dann wieder das jeweils Stärkere durch. Das ist der Grund, warum es im Gegensatz zu uns Menschen eigentlich keine schwermütigen Pferde gibt. Verhaltens – Biologen sehen in dieser Pferde – Ordnung durchaus positive Aspekte: Diese "Hackordnung" verhindert permanenten Stress auf der Weide, weil zum Beispiel andauernder Zank um Futter und Wasser vermieden wird.
Es sind die "Führungs-Persönlichkeiten" auch auf der Weide, die darüber hinaus ihre Autorität beweisen, indem sie aufkommenden Streit "niederer Ränge" beenden – das gehört auch zu den Aufgaben solcher Leittiere.
Fehlen diese Vorbilder hat das nachteilige Folgen für die Herde: Viele soziale Werte können nicht vermittelt werden.
Und so verwundert es nicht, dass bei nicht artgerechte Aufzucht / Haltung eines Pferdes sich ohne diese essenziellen Erfahrungen ein verhaltensgestörtes Pferd entwickeln wird.
Und wenn ich mich mit meinen Pferden beschäftige – sprich reiten – dann merke ich auch ziemlich deutlich, dass sie das bei mir auch austesten – wer ist der Chef ?
Gaia
An einem Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter.