Reiten und Singen

Alles zum Thema Pferde, Pferdeausbildung, etc.
Der Steppenreiter

Reiten und Singen

Beitrag von Der Steppenreiter » 04.04.2006, 11:19

In letzter Zeit hatte ich mal wieder etwas schwierigere Erfahrungen mit meinem "Trau-schau-wem", bei ihm schlägt der Frühling immer ganz gewaltig zu Buche. Dann erzählte mir jemand von seinen Schwierigkeiten beim Galopp, was mich an die mit Wotai gemachten Erlebnisse erinnerte.

Was ist zutun, wenn das Pferd einfach losrast und der Reiter zum Gepäck degradiert wird? Blöd ist es, wenn es gerade dann geschieht, wir den Bogen spannen oder wie in meinem Fall eine hübsche Stute dahergehoppelt kommt. Wir können vom Boden aus üben, was und wie wir wollen, im Schritt oder im Trab vorbereitende Übungen machen soviel nur geht, Galopp ist eine andere Gangart. Und bei manchen Pferden ist es extrem, sie schalten um und kontrolliertes Reiten scheint kaum mehr möglich.

Es ist als reiße ein unsichtbarer Faden gegenseitigen Vertrauens oder aufeinander Hörens. Nur zur Erinnerung: Das Ziel der ersten Stufe der Skala der Ausbildung ist die Kontrolle des Taktes (i.e. Bestandteil der Geschwindigkeit). Ein simpler Satz mit weitreichenden Auswirkungen. Die Frage ist nämlich wie bekomme ich das Vertrauen und die Mitarbeit zurück, wenn dieser Punkt überschritten ist?

Natürlich könnte ich unter Aufbäumen aller meiner Kräfte das Pferd stoppen. Das Problem sind die dabei verursachten Schmerzen im Pferdemaul, die die Situation oft nur verschärfen. Ich bin folgendermaßen vorgegangen: Zuerst habe ich meinem Pferd wieder fein säuberlich erklärt, was eine Parade ist in allen Abstufungen der Hilfen, bis es auf die feineren Hilfen reagierte. Dann bin ich ausgeritten und habe ein Lied gesungen. Den Vögeln hat's gefallen (**) mir hat es viel genützt, weil ich mich wirklich enspannte. Ganz selten bin ich galoppiert, habe aber immer weiter gesungen und ab und zu die Parade aus allen Gangarten gefordert - singenderweise.

Zuletzt habe ich das getan, was meinem Pferd zum Rasen brachte und was tat es?
Genau - es raste! Nicht weiter schlimm ich hatte ja mein Lied und blieb singend ganz relaxed. Und lobte mein Pferd sogar für seinen Spurt und auf einmal wurde mein Pferd ruhiger und mir wieder zugänglicher und Bogenschiessen von ihm wurde zum Genuß. Ich will hier kein Raireiten propagieren - bei Softigetue stellen sich bei mir alle Nackenhaare auf, aber so ein Lied im Frühling, macht nicht nur Vögeln Konkurrenz.

8-)

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zanabo
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Beitrag von zanabo » 04.04.2006, 13:14

Gratulation zu Deiner souveränen Reaktion.
Singen entspannt wirklich!
Bei einem Schreck oder Ärger verkrampfst Du und vergisst das Atmen , beim Singen bleibt Dir garnichts anderes übrig als regelmäßig zu atmen und schon lockert sich die Verkrampfung und die Gedanken ..... ;-)

Viellecht hinkt der Vergleich ein wenig , aber meine behinderten Reitschüler , die hin und wieder zur Spastik neigen , singen auch auf meinem Pferd. Dichten sogar ganz tolle Melodien und Texte. Der Erfolg bleibt nicht aus : Sie sitzen lockerer und dem Pferd gefällt es auch.......denn meistens dichten sie ein Loblied auf Frekja. :)

Pochifiore

Beitrag von Pochifiore » 04.04.2006, 13:23

Und nur, weil man auf dem Pferd singt, muss man sich noch nicht mit Fred Rai vergleichen müssen! ;-)

Insgesamt klingt das jedoch sehr logisch - die Frage ist nur, ob man in einer solchen Situation noch daran denkt, oder dann eben doch entweder aufhört, oder erst gar nicht anfängt! ;-)

benz

RE:

Beitrag von benz » 04.04.2006, 13:49

Original geschrieben von Pochifiore

.... die Frage ist nur, ob man in einer solchen Situation noch daran denkt, oder dann eben doch entweder aufhört, oder erst gar nicht anfängt! ;-)


Naja das ist halt sehr von den genauen Gegebenheiten der Situation abhängig, sitze ich gerade als Packsattel auf meinem Pferd und vor uns ist eine Schnellstraße wird mir das singen vermutlich vergehen, leider, denn es wäre auch in dieser Situation der richtige Weg, vielleicht der einzige.....

Ich arbeite daran......

Polvarinho
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Beitrag von Polvarinho » 04.04.2006, 14:51

>>...macht den Vögeln Konkurrenz...<<


....und was für Liedchen singst Du so, Steppi.....

*makrogruselaus*

.....Polvarinho

PS:
Meiner geht durch, wenn ich den Bogen spanne und besonders.....wenn ich singe....
:-(
Claus
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Polvarinho
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Beitrag von Polvarinho » 04.04.2006, 14:57

.....nein...Quatsch.... natürlich...warn Scherz...

:D :D :D

Wahr ist:

Reiten und Singen erzeugt "Chi"....!

Sagten schon die alten Chinesen.

Aber die meinten das wohl so, dass beide Disziplinen unabhängig von einander diese Wirkung haben.....

Das potenziert sich dann womöglich in der Wirksamkeit...oder es gibt dann erst recht Nebenwirkungen...jedenfalls erzählt von beidem die Arzneimittellehre.....
Claus
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Der Steppenreiter

Reiten und Singen erzeugt Chi

Beitrag von Der Steppenreiter » 04.04.2006, 15:49

Das ist doch mal was Neues! Mach uns mal noch etwas schlauer Polvarinho. Habe einen mongolischen Freund, Spitzenmusiker, der sagt alle Mongolen singen wenn sie reiten, manche hätten sogar für bestimmte Pferde bestimmte Lieder.

Von den Arabern habe ich schon ähnliches gehört, kann es sein, dass uns im steifen Europa da etwas abgeht? Stell dir nur mal vor du trällerst dir einen bei 'ner Dressurprüfung... 8-)

Polvarinho
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RE: Reiten und Singen erzeugt Chi

Beitrag von Polvarinho » 04.04.2006, 16:16

Original geschrieben von Der Steppenreiter
.....der sagt alle Mongolen singen wenn sie reiten, manche hätten sogar für bestimmte Pferde bestimmte Lieder.


Steppi,

na was sollen denn die armen Mongolen auch sonst tun, wenn sie da stunden- und tagelang auf ihren gradrückigen Zottels unterwegs sind......?!?

Haste Dir mal die Gegend da angeschaut?

Nix. Gras und nix. Oder: Sand und nix. Oder Sand und Geröll und nix. Nur viel Gegend, die es zu durchqueren gilt.

Bevor die dann über die Zeit ramsdösig werden, wird halt gesungen....

Was bleibt denn auch? Doch lieben den Heli nehmen....? Oder den neuen Landrover?

Ne, Steppi.

Die MÜSSEN Reiten!

..und singen dann halt was dazu...
(und seit es Kofferradios gibt soll das auch weniger geworden sein)


:D

Steppengrüße

Polvarinho
Claus
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Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 04.04.2006, 22:01

@Zanabo u.@Pochi es ist weniger eine souveräne Reaktion als etwas was zuvor geübt wird und dann hilft, wenn's brenzlig wird.

Als ich vor zig Jahren als grünnasiger Student allein durch den Souk von Damaskus geschlendert bin und ganz 'mutig' ohne ein Wort arabisch zu handeln anfing, habe ich mir auch die fehlende Überzeugungskraft einfach angesungen und dann gute Geschäfte gemacht. :)

Catiari
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Singen macht fröhlich

Beitrag von Catiari » 04.04.2006, 23:02

An dieser Stelle will ich mich nun auch mal zu Wort melden.
Seid gegrüßt!!
Als erfahrene "Rennsemmel" Reiterin kann ich da von einem guten Trainingserfolg berichten.
Eigentlich habe ich es nicht bewusst getan, habe aber schnell bemerkt, das es nicht nur mich entspannt.
Und ausserdem ist es doch klar,das man so irgendwie ganz anders in der Natur umherwandelt, als so verkniffen mit sich und eventuellen Schwierigkeiten!
Laßt uns doch ruhig ab und zu mal ein Loblied anstimmen.
Die damit verbundene "Leichtigkeit" nimmt das Pferd auf und wenn einmal brenzlige Situationen entstehen, kriegt man die Rage schneller wieder runter.
Man muß ja nicht unbedingt singen.
Melodien summen geht auch.
Mittlerweile reicht zum Tempo rausnehmen sogar schon,wenn ich einen tiefen langen Pfeifton flöte. -Wo wir wieder bei der Atmung wären....

Und nicht nur Asiaten und Orientalen haben "Pferdelieder".Es gibt auch schöne Europäische,wenn man da an den Alten Norden denkt...

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zanabo
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RE:

Beitrag von zanabo » 05.04.2006, 08:23

Original geschrieben von Der Steppenreiter
es ist weniger eine souveräne Reaktion als etwas was zuvor geübt wird und dann hilft, wenn's brenzlig wird.

Das passt schon zusammen.Souverän kannst Du nur sein , wenn Du Plan A und für den Notfall Plan B hast.....und das hat man in der Regel vorher geübt ;-) und sei es durch gute oder schlechte Erfahrungen.

Cowboy
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Beitrag von Cowboy » 05.04.2006, 08:31

...ich stelle mir gerade vor, auf einem durchgehenden Pferd Richtung Bundesstraße zu düsen und dabei vergnüglich zu singen ;-)

Also dieses Thema war ja gerade in der Cavallo, und zwar nicht schlecht. Da hieß es: aktiv werden, zwischen die Beine klemmen und vorwärtsreiten.

Wenn man dabei noch singen kann, umso besser. :)

Thies
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Niels

Beitrag von Niels » 05.04.2006, 10:18

Ich schmeiß mich weg :) :) :) .

Aber genau die von Thies skizzierte Situation geistert mir zu diesem Thema auch schon die ganze Zeit durch den Kopf.

Ich denke auch, singen ist eine feine Sache, um sich selbst als Reiter zu beruhigen ud damit in der Folge dann vielleicht das Pferd. Soll ja bei ängstlichen Städtern auch im dunklen Wald klappen.

Ich brummel beim Reiten auch manchmal so vor mich hin, wenn ich gute Laune habe. Aus voller Kehle zu singen, habe ich aber bisher noch nicht ausprobiert. Ich habe aber Zweifel, dass das beruhigt.

Was singt ihr eigentlich so auf dem Pferd?

Catiari
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Beitrag von Catiari » 05.04.2006, 10:40

Ja aus vollem Hals zu singen bringt das Pferd warscheinlich nicht unbedingt immer in eine entspanntere Situation.
Wenn ich im stillen Wald allein reite und ohne jegliche Vorwarnung laut zu trellern beginne ist mein Pferd alles andere als entspannt...
Aber ein ruhiges Tönchen erklingen zu lassen, ohne das gleich alle Rehe und Vögel und Hasen die Flucht ergreifen ist ja was anderes.
Meistens kommen mir dabei mittelalterliche Melodien in den Sinn.
Die sind einfach und haben einen unterstützenden Rhytmus.
Wobei ich auch schon selbstgedichtete Alltags-Frust lieder gesungen hab,hilf ganz gut zum ablassen.
Ihr denkt jetzt bestimmt,das arme Pferd, ist bestimmt schon taub oder so, aber ich kann Euch beruhigen, ihr gefällts,und ich sing ja auch nicht permanent.
Und wenn ich auf dem Platz reite wo noch andere Menschen umher wandeln,bekommt man da schon ein paar seltsame Blicke zugeworfen...
Deshalb beschränke ich das auf die Wildnis, wobei es ja auch mal gut tut die Stille zu geniessen.
Aber es ist halt so, das die Pferde auf verschiedene Töne verschieden reagieren.
Und das kann man doch nutzen.

Pochifiore

RE: Singen macht fröhlich

Beitrag von Pochifiore » 05.04.2006, 10:42

Original geschrieben von Catiari
Mittlerweile reicht zum Tempo rausnehmen sogar schon,wenn ich einen tiefen langen Pfeifton flöte.


Hallo Catiari!
Willkommen hier!

Zu dem geschriebenen:
Das kann ich bestätigen - statt einem langezogen whoa oder so, pfeife ich lieber - das wird so ein pfüü-pfüüüüüüüüühhhhhh
(Pfeifen kann man schlecht schreiben! ;-) )
Das erste Pfü geht ein bisschen in die Höhe, das zweite in die Tiefe und ist eben sehr lang.

Hab ich von einer Islandreiterin übernommen. Funktioniert gut, aber ob das beim durchgehen hilft - keine Ahnung - hab ich zum Glück noch nie ausprobieren müssen.

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