Releasetechnik beim Bogenreiten

Technik und praktische Umsetzung
Polvarinho
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Polvarinho » 14.02.2008, 15:25

jerryhill hat geschrieben:aber eigentlich müßte man damit auch sauberer lösen können, weil man einen minimalen Druckpunkt auf der Sehne hat.
lg, jerryhill


Hi jerryhill,

warum müssen Bögen, die mit dem Daumen geschossen werden anders getillert sein?

Und minimaler Druckpunkt auf der Sehne ist ja schön und gut.

Meiner Erfahrung nach hat man aber besser eine ganze Druck"strecke" auf der Sehne, denn das stabilisiert das System Bogen/Pfeil im Auszug zusätzlich. Und das wiederum ist um so wichtiger je wackliger Dein Bogen ist und je unruhiger die Position ist aus der man schiesst - gilt eben nicht für Schüsse vom Boden aus, aber was da gut funktioniert das klappt nicht immer auch vom Pferd... Schiesst Du vom Pferd?
Claus
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Snake-Jo
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Snake-Jo » 14.02.2008, 21:19

jerryhill hat geschrieben:Es ging ja um alternative Schießtechniken vom Pferd. Da mir Mediterranrelease nie gefiel, habe ich lange den unterstützten Primärrelease benutzt, der bei vielen Plains-Indianern üblich war. Pfeil zwischen Daumen und gekrümmtem Zeigefinger und die anderen Finger ziehen die Sehne.


@Jerry: Danke für den Rückfall ins Thema.  ;) Ja, es geht um alle Techniken, die man beim Schießen vom Pferd nutzen kann und da ist der unterstützte Primärablass sicher auch zu erwähnen.
Wer jetzt meint, das er mit dem ein oder anderen Release "sein Ding" gefunden hat, soll das auch so machen. Schließlich muss man sich mit seinem Release wohl fühlen, man muss damit schnell sein und man muss auch treffen.  8)

jerryhill
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von jerryhill » 14.02.2008, 22:44

Ja, da muß ich mich erstmal entschuldigen für meine Klugscheißerei, da ich nicht vom Pferd schieße. Würde ich gern, aber ein zerrupfter alter Bussard, der weitgehend als Outlaw lebt, hat eben auch weniger Möglichkeiten.
Ich habe aber von Anfang an immer auf "Guerilla-Bogen" hingearbeitet; kurz, handlich, schnell aus der Bewegung, fliegender Anker, Pfeile in der Bogenhand. Da hat der unterstützte Primärrelease was, zumindest auf kurze Entfernung und für die Büffeljagd vom Pferd war er bestimmt ideal, weil man den Pfeil so sicher auf der Sehne hält.
Die Theorie mit dem geringen Druckpunkt auf der Sehne ist eben eine solche, sonst nichts.
Meinte, da gerät die Sehne nicht so sehr in unkontrollierte Schwingungen.
Mein erster Bogen hatte bloß 30# und den habe ich mal mit Mongolianrelease geschossen. Da begann sich der untere Wurfarm stärker durchzubiegen. Wahrscheinlich, weil man halt nur mit dem Daumen auf der Sehne die ohnehin den unteren Wurfarm mehr belastende Hebelwirkung noch vergrößert, nehme ich an. War jedenfalls Tatsache. Ab da benutzte ich auf ein und dem selben Bogen nur noch eine Art zu lösen.
Wenn ich einen Bogen baue, ziehe ich ihn im Feintiller nur noch mit der Hand im gewünschten Release. Habe mal den Tillerstock auf dem Tillerbrett so versetzt, daß er nicht mehr mittig, sondern in Daumenposition saß. Seltsamerweise war das Ergebnis des Grobtillers, daß beim ersten Aufspannen der untere Wurfarm erheblich zu schwach war. Bei mittigem Tillerstock (Griffmitte) passiert das nicht oder viel weniger.
Für das Schießen mit Mongolianrelease halte ich längeren oberen Wurfarm (Relationen entspr. Dean Torges "Hunting the Osage Bow") und aufgespannt deulich sichtbaren positiven Tiller nach meinen Vergleichen für günstiger.
lg, jerryhill
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Niels

Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Niels » 15.02.2008, 09:57

Ach Blödsinn, jerryhill, das ist nicht als Klugscheißerei rübergekommen. Erstmal ein richtiges Willkommen in der Runde. Zerrupfter, alte Outlaw-Bussard mit I-Net-Zugang klingt ja spannend.

Die Tilleranmerkungen sind sehr interessant und erscheinen mir nachvollziehbar. Muss ich mal drauf achten, wie sich der unterer Wurfarm bei meinem TRH-Türken biegt. Der Hersteller (Grozer) beschreibt diesen Bogen jedenfalls als daumentechnikgeeignet.

Hat jemand mal ein Bild von diesem "untertützten Primärablass" zur Hand. Ich habe zwar eine Ahnung, was das sein könnte. Gewissheit wäre mir aber lieber . ;-)

Polvarinho
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Polvarinho » 15.02.2008, 11:40

Niels hat geschrieben:Ach Blödsinn, jerryhill, das ist nicht als Klugscheißerei rübergekommen.


Quatsch!

Wie Niels sagt: da ist nix klugscheisserisch rübergekommen! Wir haben wohl nur fast gleichzeitig gefragt, weil viele Dinge vom Pferd her eben anderes eingeschätzt werden als ausschliesslich vom Boden aus und so kann ich Beiträge eben besser einordnen.

Aber zum unterschiedlichen Tiller:

Ich habe bei meinen (gekauften) Bögen nie wirklich auf den Tiller geachtet sondern mich auf den Bogenbauer verlassen. Allerdings versuche ich auch nicht dort zu ziehen, wo das Handstück meine Hand automatisch positioniert, sondern dort, wo ich die geometrische Mitte des Bogens während eines langsamen Auszuges mit minimalem Handdruckpunkt fühle. Danach richte ich die Lage meiner Bogenhand und meines Griffes aus und entsprechend auch die Lage des Nockpunktes auf der Sehne.

Beim Türken von Grozer kommt man so umweigerlich mit der linken Hand tiefer an den Bogen als der ausgeformte Griff das vorsieht. Muss man sich halt dran gewöhnen, aber dann ist das schon kein Problem mehr.

Zugleich wandert der Pfeil (bedingt durch die Griffform die oben und unten breiter ist, den Pfeil also weiter weg von der Mitte der Bogenlängsachse bewegt) näher an die Mittellängsachse des Bogens, was durch Milderung des Paradoxons die Spine-Abstimmung vereinfacht.
Claus
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Niels

Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Niels » 15.02.2008, 12:12

Danke Benzi, mir war doch so als ob das schon mal irgendwo eingestellt wurde, aber ich wusste nicht mehr wo.

Wenn ich das jetzt richtig kapiere, ist Primärspannung einfach das, was jeder zweite Anfänger macht, der den Bogen in die Hand nimmt, also der Pinzettengriff am Pfeil. Die unterstütze Primarspannung ist dann wohl etweder die Sekundärspannung (Zeige und Mittelfinger ziehen dabei zusätzlich die Sehne) oder die Tertiärspannung (der Ringfinger kommt an der Sehne noch dazu)??
Zuletzt geändert von Niels am 15.02.2008, 12:14, insgesamt 1-mal geändert.

jerryhill
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von jerryhill » 15.02.2008, 13:22

Ja, vielen Dank für Eure Einstellung. Man schwatzt eben gern mal über seine Erfahrungen, aber natürlich will ich unberitten keinem Reiterbogenschützen was über seine Metier erzählen.
Wollte nur noch sagen, unterstützter Primärreleas entspricht der Tertiärspannung. Ich nahm allerdings noch den kleinen Finger dazu, sonst hatte ich Schwierigkeiten sauber zu lösen.
Wenn ein Bogen, der sonst mediterran geschossen wird für Mongolianrelease benutzt wird, kann es sein, daß das nicht schadet, da die Mitte des Druckpunktes etwa an der gleichen Stelle liegt.  Beim unterstützten Primärrelaise liegt die Druckpunktmitte allerdings eher noch etwas tiefer als beim Untergriff, da man den Mittelfinger nicht direkt unter den Pfeil bekommt.
Da entspricht so ein Wechsel ja schon dem Stringwalking.
Übrigens bevorzuge ich es, beim Mongolianrelease den Daumen mit dem Mittelfinger zu unterstützen und mit dem Zeigefinger unter Vermeidung jeglichen Drucks den Pfeil zu halten.  Mein Nockpunkt liegt unter dem Pfeil.
So und jetzt bin ich still.
lg, jerryhill
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Steppenreiter

Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Steppenreiter » 15.02.2008, 14:06

Nockpunkt drunter find ich komisch, ich habs irgendwie immer nur mit drüber ordentlich geschafft und als ich dann die Koreaner kennenlernte, die es auch so machten, fühlte ich mich mehr als nur bestätigt.

Wozu soll denn ein Nockpunkt unten dienen, ausser dass er uU auf den Daumen drückt?

Niels

Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Niels » 15.02.2008, 16:17

Hey jerryhill, wieso willst Du denn still sein.

Ich habe noch ein Frage zu dieser untertützten Primarspannung. Nach Benzis Abbildungen zieht der Zeigefinger mit an der Sehne und Du sprichts davon, dass man den "Mittelfinger nicht direkt unter den Pfeil bekommt", was mich vermuten lässt, dass Du den Zeigefinger gar nicht mit auf die Sehne nimmst. Ist das so?

Und das mit dem Nockpunkt unten bei der Daumentechnik verstehe ich auch nicht. Das muss doch wirklich am Daumen drücken. Wohingegen ich mir den angelegten Zeigefinger beim Verriegln mit dem Mittefinger ganz gut vorstellen kann.

Da muss ich am Wochenende direkt mal wieder experimentieren. Danke für Deine interessanten Hinweise.

jerryhill
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von jerryhill » 15.02.2008, 19:16

OK, danke für die weitere Einladung zum Thread. Ja, ich habe den Zeigefinger nicht mit auf der Sehne. Versuchte es, aber da fühlte ich mich sehr verkrampft und hielt auch den Pfeil nicht so sicher.
Der Nockpunkt unter der Sehne hat vor allem den Grund, daß ich Pfeile in der Bogenhand habe, Nock nach oben zeigend. Die klappe ich dann sozusagen mit der Sehnenhand runter, zwischen Zeige und Mittelfinger auf den Nockpunkt, Daumen zeigt nach oben, greift um die Sehne und der Mittelfinger legt sich mit dem letzten Gelenk über das letzte Segment des Daumens. Zeigefinger wird gekrümmt und hält den Pfeil von schräg oben auf dem Nockpunkt. Hoffentlich nicht zu umständlich beschrieben!
Ich freue mich über Euer Interesse, denn ich bin halt ein Zweifler, der oft nicht so recht glauben kann, daß das Optimale in jedem Fall längst Standart ist. Dieser Ablauf erscheint zuerst recht schwierig, aber ich halte ihn, erstmal flüssig erlernt, für sehr schnell und effizient.
Netzzugang habe ich übrigens bei `nem Kumpel, wo ich mich z.Zt. aufhalte für ein Stück des unsteten Lebens. Da habe ich mir ein paar Userfähigkeiten beibringen lassen, um meinen Interessen im Netz nachspüren zu können.
lg, jerryhill
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Niels

Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Niels » 15.02.2008, 22:39

jerryhill hat geschrieben:Ich freue mich über Euer Interesse, denn ich bin halt ein Zweifler, der oft nicht so recht glauben kann, daß das Optimale in jedem Fall längst Standart ist.


Och, da kenne ich aber noch ein paar solcher Zweifler hier. Ich will jetzt keine Namen nennen.  ;) ;D

Jedenfalls wirklich sehr interessant Deine Tüfteleien. Und so wie Du das mit dem Nockpunkt erklärst, ergibt es für mich auch Sinn. Beim Unternocken gibt es nämlich bei vielen einen kurzen sehr wabbeligen und unsicheren Moment beim Umgreifen mit dem Daumen. Deswegen hatten ja Tsa-Wa-Ke und Melanie diese neue (aber doch offenbar alte) Technik fürs schnelle Pferd "erfunden".

Für die Nockgeschwindigkeit erschien mir das Drübernocken immer schon günstiger (nachdem ich angefangen hatte, überhaupt einen Nockpunkt zu benutzen). Nur besteht dann beim untergelegten Daumen bei diesem Release das Problem, dass der nach oben ja durch nichts mehr gehaltene Pfeil einfach die Sehne hoch- und von Nockpunkt wegrutscht. Dieses Problem scheinst Du ja offenbar gelöst zu haben, indem Du mit dem Mittelfinger verriegelst und den Zeigefinger zur Stabilisation einsetzt. Klingt nicht uninteressant und - mal laut gedacht - wenn das so funktionieren sollte, da könnte ich den ollen Nockpunkt (der ja auch am Daumen drücken könnte) eigentlich auch wieder ganz weglassen .....  ;) ;D
Zuletzt geändert von Niels am 15.02.2008, 22:42, insgesamt 1-mal geändert.

jerryhill
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von jerryhill » 15.02.2008, 23:07

Nockpunkt hat mich eigentlich nie gedrückt. Vielleicht auch deshalb, weil ich selbstgebaute, gut abgerundete Nockpunkte aus Horn benutze. Nockpunkt drunter hatte ich schon beim unterstützen Primärrelease. Da hält man den Pfeil ohnehin mit Daumen und Mittelfinger fest und ich fand es einfacher, die Pfeile von oben einzunocken.
Die beschriebene Art des Mongolianrelease habe ich nach einer Beschreibung der Schießtechnik des letzten freien Indianers Ishi übernommen. Die Art des Pfeileinnockens habe ich eben durch Versuch und Irrtum als bisher günstigste empfunden.
Wenn Du sowas mal probierst und auf dem Pferd gibt es damit Schwierigkeiten, würde ich mich über einen Bericht freuen und ggf. andere Vorschläge (sonst natürlich auch).
lg, jerryhill
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Polvarinho
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Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von Polvarinho » 16.02.2008, 10:13

jerryhill hat geschrieben:....Schießtechnik des letzten freien Indianers Ishi....... lg, jerryhill


Hab ich mir doch gleich gedacht, das Du irgendwie mit Howard verwandt bist..

;) ;D
Claus
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benz

Re: Releasetechnik beim Bogenreiten

Beitrag von benz » 16.02.2008, 10:30

nochmal zum thema Nockpunkt:

ein Nockpunkt ist nie notwendig um den Pfeil auf der Sehne zu halten WENN dieser leicht auf der Sehne klemmt, egal ob Daumen Medi oder eine andere Variante. Er kann aber gut sein um immer die selbe Position auf der Sehne zu finden.

Ein Nockpunkt unter dem Pfeil beim Daumenreöease sollte nicht drücken, da wir ohnehin etwas abstand zum pfeil haben sollt, auf jedenfall aber keinen Druck gegen den Pfeil mit dem Daumen, also auch kein Druck des Nockpunktes auf den Daumen.

@Jerryhill, Nockpunkt aus Horn? Wie geht das?

Ich verwende Garnwicklungen als Nockpunkt, da bin ich recht flexibel in der Größe und sie sind auch schnell mal weg und ein paar Milimeter woanders neu angebracht.

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