Reiterbogen richtig schiessen

Technik und praktische Umsetzung
Niels

Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von Niels » 12.06.2003, 15:45

Im thread "langbogen richtig schiessen" wurde u.a. von den Reiterbogenschützen eine interessante Diskussion zum Ankerpunkt ("flying anchor") begonnen. Es wurde dort (wahrscheinlich zu recht) darauf hingewiesen, dass es nicht zum Thema Langbogenschiessen passt. Deshalb meine Frage hier gesondert:

Wie trainiere ich das Reiterbogenschiessen, wenn ich vorhabe, demnächst tatsächlich vom Pferd aus zu schiessen?

Beginne ich erstmal mit einem festen Ankerpunkt und gehe, erst wenn ich damit Erfolg habe (in welchem Masse?), zum Erlernen des "flying anchor" über oder ist es besser gleich ohne festen Ankerpunkt zu üben (nach dem Buch von Lajos Kassai letzteres und Ankerpunkt = Zusammenstossen der Schulterblätter)?

Da sich hier im Forum offensichtlich diverse erfahrene Reiterbogenschützen tummeln und ich ein ziemliches "greenhorn" bin, hoffe ich auf gute Trainingstipps.

Niels  

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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von Hunbow » 12.06.2003, 18:49

guck mal unter folgendem link http://www.lajoskassai.de

pettra ist eine der (noch) wenigen menschen in deutschland die dir das kassai-bogenreiten beibringen kann. unter http://www.steppenreiter.de findest du den christian schrade aus süddeutschland. der lehrt das auch.  

das wesentliche merkmal ist das ankern vor der brust mit langem auszug. ich habe mir als hilfsmittel immer mit dem daumen auf die brust getippt. und das immer an der gleichen stelle. bei mir ist der punkt direkt über dem herzen. (bin linksschütze!)ich glaube ich bin so ziemlich der einzige hier beim fc der so schiesst. (falls es noch andere gibt , können die sich ja melden!)
ich trainiere aber auch bei pettra und werde irgendwann vielleicht, auch vom pferde schiessen.

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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von Netzwanze » 12.06.2003, 19:14

@Niels
Ich empfehle Dir für das berittene Schiessen auch, Dich an Pettra zu wenden.
Dort lernst Du aber lediglich eine Variante des mongolischen Schiessstils. Sicherlich gibt es noch viele andere. Reiterbogenschützen gibt es ja schon seit ca 1500 v.Chr. Da haben sich viele Stile entwickelt. Leider gibt es nicht viele, die einem sowas beibringen.

Ich selber schiesse zwar einen RB, jedoch eher im abendländischen Stil mit teilweise asiatischen und orientalischen Einflüssen (mit letzteren beiden experimentiere ich von zeit zu zeit rum; speziell mit dem Daumen zu ziehen, oder auch fliegende Anker). Vom Pferd habe ich bisher noch nicht geschossen (lediglich von einem Holztier).
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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von magyara » 12.06.2003, 21:05

@hunbow
hier ist noch jemand, der so schiesst wie du und sogar noch als linksschützin. ;-)

Taubert
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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von Taubert » 12.06.2003, 22:42

@ Niels
also trotz Reiterbogen steuere ich lieber keine Trainigstips bei, weil mein fliegender Anker wohl zu hoch fürs Pferd ist und ich momentan mit meinem Daumenring auch noch keine Technik entwickeln konnte, um - später mal auf dem Pferd - sicher einen Pfeil zu nocken.
Soviel meine ich jedoch sagen zu können: Techniken, die irgendwie am Pfeil entlangzielen dürften eher versagen. Ebenso ein Ankerpunkt mit deutlichem Körperkontakt, da Bogen- und Zughand frei schwingen können müssen, um die Bewegung des Pferdes etwas zu mildern. Also viel Erfolg beim Schulternlockern!  

Noch ein Tipp fürs Auge:
www.chunghondang.com/movies
lade dir dort die Media-Player-Dateien gimu.*, gisa.* und gisadae.* runter und schau sie einfach mal an.

Gruss Götz

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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von Hunbow » 13.06.2003, 07:15

vielleicht sollte man sich bei der benutzung eines traditionellen bogens egal ob lang- oder reiterbogen das attribut "richtig" schenken.

netzwanze hats auch schon gesagt. im laufe der menschheitsgeschichte haben viele kulturen die mit/durch den bogen überleben konnten irgendwie "richtig" geschossen. sie haben voneinander und miteinander gelernt. techniken haben sich entwickelt und sind wieder verloren gegangen.
tipps zu geben ist nach meinem gefühl wichtig, aber ich zumindestens glaube nicht daran etwas "richtig" im sinne von allgemeingültig, von regelhaft zu machen.
ich schiesse im kassai-stil, weil das zu meinem gefühl, zu meiner zielvorstellung und zum bogen passt. wenn ich dann noch meine innere mitte treffe ist mir das wichtiger als den pfeil im ziele stecken zu haben.auf dieser grundlage gebe ich meine tipps ab.
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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von Mongol » 13.06.2003, 08:55

@Niels

Ein "schwebender" Anker ist auf dem Pferd unumgänglich - der wichtige Punkt dabei ist lediglich, dass du immer alles schön gleich machst. Dann ist es egal, ob du einen festen Punkt im Gesicht oder in der Luft hast.

wenn man mediteran auszieht, ist ein Zweifingerauszug (Zeige- & Mittelfinger) bei einem RB meist am besten: günstiger Sehnenwinkel.

Schiesst Du mit Daumenring wie Taubert, brauch es sehr viel Übung, bis du da von Pferd aus schiessen kannst - allerdings ist der Release sauberer ;D
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Niels

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Beitrag von Niels » 13.06.2003, 13:45

@ alle
Erstmal vielen Dank für die guten Ratschläge.

Danach ist es also wirklich besser, auch am Boden gleich mit "schwebendem" Anker zu üben, wobei ich das von hunbow empfohlene Hilfmittel des "An-Die-Brust-Tippens" mal ausprobieren werde. Diesen geringfügigen Körperkontakt kann ich später ja wieder weglassen (wegen der lockeren Schultern :-)).

Dass es das "richtige" traditionelle Bogenschiessen sicher nicht gibt, hat aber vielleicht auch Vorteile. Da muss ich wenigstens kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich mich dem Bogenschiessen mit angelesener Theorie und Euren netten Empfehlungen eher experimentell nähere.

@ hunbow
Ich würde schon sehr gern bei pettra oder christian regelmässig trainieren. Ich wohne aber sehr weit im Osten (fast schon Polen), sodass sich das Training wohl leider doch nur auf einen Wochenendkurs oder dgl. (ohne Mitnahme des eigenen Pferdes) beschränken kann. Ich werde deshalb also eher ein Einzelkämpfer bleiben (müssen), falls sich nicht in der näheren Umgebung noch Mitstreiter finden.

@ Mongol
Warum ist der Zweifingerauszug günstiger? Deinen kurzen Hinweis auf den günstigeren Sehnenwinkel habe ich ehrlich gesagt noch nicht so recht verstanden. Obwohl ich meinen Bogen (Kassai-Magyar; 35#) sicher auch problemlos mit zwei Fingern ziehen könnte, habe ich bisher immer mit drei Fingern ausgezogen, um mich im Hinblick auf später vielleicht zu schiessende stärkere Bögen gleich daran zu gewöhnen.

Und zum Schluss noch eine (hoffentlich nicht allzu dumme) Frage: Gibt es bei meinem Reiterbogen ein Oben und Unten? Falls ja, wie erkenne ich das? Ich habe - abgesehen von der #-Angabe auf dem einen Wurfarm - noch keine entsprechenden Markierungen gefunden.

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Beitrag von Hunbow » 13.06.2003, 15:03

der magyar von kassai sieht zwar symetrisch aus, aber du solltest dich einmal entscheiden wo oben sein soll und dabei bleiben.

ich bin auch (auf pettras anraten hin) dabei, mich von zwei auf drei finger umzugewöhnen, auch wenn ich locker mit zweien schiessen könnte. die kräfte die beim reiten auf die hände (bzw. den ganzen körper) einwirken sind erheblich. mach einfach mal mit voll ausgezogenem bogen ein paar kniebeugen, dann merkst du das. mein bogen hat 45# und ich habe bei dieser übung doch sehr gestaunt.  
wenn ich tatsächlich irgendwann vom pferd schiessen sollte werde ich auf jeden fall einen schwächeren bogen nehmen. selbst 35# sind schon viel. kassai selbst schiesst maximal 40# und er macht seit unzähligen jahren fast nix anderes als seine schiesskunst zu verbessern.


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Beitrag von Taran » 13.06.2003, 19:26

@hunbow
Bei allen Bogenbauern, die ich kenne, ist die lbs-Markierung auf dem als unterem Wurfarm gedachten Bogenteil.
Taran von Caer Dallben

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Beitrag von Hunbow » 14.06.2003, 08:05

@ taran
jetzt weiss ich tatsächlich mehr als vorher.

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Beitrag von Archiv » 14.06.2003, 08:08

@hunbow
Da muss ich Taran zustimmen.
Laut diverser Wettkampf-/Turnierbestimmungen darf am oberen Wurfarm (in einem bestimmten Bereich, der zum Zielen benuzt werden könnte) keine Markierung sein.

Gruss Howie

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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von Hunbow » 14.06.2003, 18:10

@howie und taran

wahrscheinlich fällt die markierung am magyaren dann sowieso aus dem reglement. howie schreibt von einem bestimmten bereich, der vermutlich irgendwo mittig liegen wird. die markierung befindet sich nämlich am sijah, fast am wurfarmende. wer versuchen sollte diesen punkt als zielmarkierung zu benutzen wird sich seinen pfeil sicherlich eher in den eigenen fuss schiessen als die scheibe zu treffen. :-)


hab beim magyren gerade mal die mitte ausgemessen und dann den bogen in waage gebracht. der ist tatsächlich komplett symetrisch. bis auf die einseitige markierung am siyah gibt es keinen erkennbaren unterschied.
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Beitrag von Mongol » 16.06.2003, 08:48

@Hunbow
Dein Bogen ist allerdings auch SEHR gross für einen Hunnen ;D Und was den Auszug anbelangt so schaffen es die Asiaten auch vom Pferd aus mit Daumenring zu schiessen. Was Pettra da vorschlägt ist, halt nur eine mögliche Variante ;D

@Niels
Günstigere Sehnenwinkel = Finger werden gleichmässiger belastet und man drückt den Nock nicht so leicht von der Sehne... Teste es am besten mal aus...;)
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Reiterbogen richtig schiessen

Beitrag von jo » 16.06.2003, 10:00

frank (keine ahnung, wie und ob er in diesem forum auftaucht) hat per mail einige fragen über das bogenschiessen vom pferd gestellt, die ich als einer der (noch) wenigen praktizierenden wettkampfschützen versuchen will, zu beantworten:
1. spielt das eigengewicht des bogens beim schiessen vom pferd eine wichtige rolle? ist ein schwerer bogen vielleicht fehlerverzeihender als ein leichter und somit besser geeignet? lajos und pettra schiessen den laminierten hunnenbogen.

das bogengewicht ist deshalb von bedeutung, weil wir im training und im wettkampf sehr viele schüsse abgeben und ein leichter bogen eben auf dauer erträglicher ist. es gibt aber durchaus recht viele wettkämpfer, die fiberglasbögen schiessen - ist auch eine frage des preises. der laminierte hunnenbogen ("falke") ist nicht nur leichter als sein fiberglasbruder, sondern auch schneller und hat (obwohl von derselben form) ein ganz anderes schussverhalten.
wer sich das anschauen will, surfe auf www.kassai.at. da gibts ein paar (ziemlich grosse) videos zum download. weiters habe ich gerade eine DVD vom diesjährigen frühjahrswettkampf erstellt, die ihr bestellen könnt.

2. glaubst ihr, dass man einen bogen mit 75# vom galoppierenden pferd noch gut und sicher schiessen kann? angeblich hätten mongolische bögen derartige zuggewichte gehabt.  

auch die türken haben im kampf mit extrem starken bögen geschossen. nur waren die krieger auf den kampf von klein auf trainiert und dem entsprechend körperlich ausgestattet (und vermutlich recht früh pensionsreif, wenns sies denn erlebten). bei der anzahl von schüssen, die nötig sind, um ein wettkampfniveau zu erreichen und sich danach zu steigern, halte ich einen bogen mit mehr als 32-34 lbs für absolut selbstschädigend und gesundheitsgefährdend.

3. welche bögen sind (hoffentlich habt ihr den vergleich!) zum bogenreitenreiten besser geeignet kassai- oder grözerbögen?

schon aus geschäftsgründen habe ich mich auch für grozer-bögen interessiert und schon einige in der hand gehabt und auch geschossen. kein vergleich zu kassai-bögen! grozers bögen verhalten sich dazu wie schlechtgemachtes kinderspielzeug: sie sind hässlich, haben einen zu kurzen auszug (they stack!) und sind alles in allem unrund. niemand, der einen kassai-bogen besitzt, wird je wieder einen von grozer kaufen.

jo

http://www.kassai.at
johannes fischnaller
http://www.horsebackarchery.net

der grundlegende unterschied zwischen einem gewöhnlichen menschen und einem krieger ist, dass der krieger alles als eine herausforderung nimmt, während der gewöhnliche mensch alles entweder als einen fluch oder einen segen nimmt.
juan matus

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