Kitab fi ilm an-Nuschab

Technik und praktische Umsetzung
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Kyujin
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Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Kyujin » 06.01.2008, 11:52

Steppenreiter hat geschrieben:Die Symmetrie der Handhaltungen und das gleichzeitige Lösen von Daumenund Zeigefingern in beiden Händen ist einzigartig!
Keine Ahnung ob es sowas im Kyudo auch gibt.


Ob es das gibt, will ich so generell gar nicht diskutieren - in der von mir geübten (soll heißen: angestrebten) Technik soll aber die Bogenhand im Abschuß keineswegs lösen, sondern fest zugreifen.  In der Standardtechnik haben Daumen und Zeigefinger keinen Kontakt - es gibt aber eine historische Schießtechnik mit kräftigem Kontakt, der dann durch den Abschuß hindurch beibehalten wird.

Ein balanciertes, nicht abgeknicktes Handgelenk (in anatomischer Nullstellung) ist bei uns Standard - und auch ohne ausgeformten Griff möglich.

Die rechte Hand greift auch bei uns mit geschlossener (aber nicht klammernder) Faust, ein Abspreizen des 4. und 5. Fingers führt zu Verkrampfungen. Im formellen Schießen halten diese Finger übrigens den 2. Pfeil, was genau diese geschlossene Haltung befördert.


Bild

(edit: tiff durch jpg erstattet)
Zuletzt geändert von Kyujin am 06.01.2008, 18:45, insgesamt 1-mal geändert.
Johannes Kolltveit Ibel
Oslo Kyūdō Kyōkai オスロ弓道協会

Steppenreiter

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Steppenreiter » 07.01.2008, 15:51

Niels ich habe mal deine Technikbeobachtung hier reingehängt, dieser Thread scheint mir ist eher der Beantwortung von Technikfragen gewidmet. 

Ansonsten habe ich die Fausthinweise zur Zughand auch mal ausprobiert und dabei eine deutliche Verbesserung des Pfeilflugs festgestellt. Allerdings habe auchich eine praktische Untermauerung des hier gegebenen Hinweises mit der nur lockeren Faustbildung erfahren, denn wenn ich die Faust zu fest schloss, löste sich der Kontakt zwischen Zeigenfinger und Pfeil ganz auf und der Pfeil bekam Druck nach rechts und marschierte mir vom Bogen weg.


Wenn ich richtig verstanden habe dann, verlierst du den Pfeil beim Einlegen.

Den Vorteil der Faust gegenüber der losen Fingerhaltung hat Kyujin schon beantwortet.

Niels

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Niels » 07.01.2008, 16:12

Nein nicht beim Einlegen. Benzi hatte mal vor einiger Zeit geschrieben, dass dieses hörbare Anschlagen der Pfeile am Bogen im Abschuss und dadurch bedingter unsauberer Flug durch einen zu starken Druck des Zeigefingers hervorgerufen worden sein könnte. In praktischer Umsetzung dieses Tipps kam es tatsächlich zu einer Verbesserung des Flugs und die Pfeile klackten nicht mehr so stark gegen den Bogen.

Wenn ich nun die drei nicht benötigten Finger zur Faust schließe, unterstütze ich wohl diese Druckreduzierung des Zeigefingers. Jedenfalls fliegen die Pfeile nahezu geräuschlos raus und noch gerader raus. Wenn man es allerdings übertreibt - und das war es, was ich meinte - und die drei Finger richtig fest schließt fehlt jeder Andruck an den Bogen und mir ist es dann ein paar mal so gegangen, dass mir der Pfeil beim Beginn des Auszugs vorn nach rechts vom Bogen wegdrehte. Es schein also - wie so oft - ein Frage des richtiges Maßes zu sein. Mein bisheriges Fazit ist daher: Diese Fausthaltung ist wirklich gut, wenn man sie nicht zu fest schließt.

Steppenreiter

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Steppenreiter » 07.01.2008, 16:19

Ich tippe mal darauf, dass es nicht an der festen Faust liegt, sondern am eindrehen des Daumens bzw. Einknicken des Handgelengs nach innen, ähnlich wie beim mediteranen Release wird dann die Sehne nach aussen gedreht und damit der Pfeil. (Ein Problem vieler Anfänger

Niels

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Niels » 07.01.2008, 16:41

Klar Steppi, wenn ich die Faust verkrampft und fest schließe, habe ich den positiven Effekt, dass der Druck des Zeigefingers gar nicht zu stark werden kann, weil ich ihn rausdrücke, aber den sehr negativen Effekt, dass dieser Druck, wenn er zu stark ist, mein Handgelenk fast zwangsläufig nach innen drückt und damit die Sehne verdreht. Da nun der Gegendruck des Zeigefingers nicht mehr da ist, wandert der Pfeil. So ähnlich hatte ich mir das auch erklärt.

Der Ausweg besteht meiner Ansicht nach darin, entweder stark zuzumachen und bewusst das Handgelenk steif zu halten oder eben einfach nicht so stark zuzumachen. Da mir die erste Variante insgesamt zu einer sehr verkrampften Handhaltung bei Spannen zu führen scheint, die z.B. das Verreißen des Release fördern könnte, halte ich die von Kyujin beschriebene lockere Faust für günstiger. Aber ich probiere es unter dem Gescihtpunkt des starr gemachten Handgelenks auch nochmal mit fester Faust aus.

Polvarinho
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Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Polvarinho » 07.01.2008, 19:14

Niels hat geschrieben:Der Ausweg besteht meiner Ansicht nach darin, entweder stark zuzumachen und bewusst das Handgelenk steif zu halten oder eben einfach nicht so stark zuzumachen. Da mir die erste Variante insgesamt zu einer sehr verkrampften Handhaltung bei Spannen zu führen scheint, die z.B. das Verreißen des Release fördern könnte, halte ich die von Kyujin beschriebene lockere Faust für günstiger. Aber ich probiere es unter dem Gescihtpunkt des starr gemachten Handgelenks auch nochmal mit fester Faust aus.


Hi Niels,

ich kann hier ja leider nicht wirklich mitreden, da ich keine Daumentechnik praktiziere, möchte aber dennoch eine allgemeinere Anmerkung in bezug auf Körperspannung machen.

Ich denke wir sollten generell wirklich nur ausschließlich die Muskulatur in Anspruch nehmen, die notwendig ist den Bogen zu spannen und den Pfeil zum Abschuss zu bringen.

Alle anderen "Anspannungen" sind m.E. VERspannungen und müssen kontraproduktiv wirken.

Man braucht sich somit auch keine Gedanken darum zu machen, ob man etwas "stark zumachen", "steif halten" oder "starr gemachte Handgelenke" einsetzen will.

Aus genau diesem Grunde plädiere ich ebenso für (Zitat Kyujin:)
"Ein balanciertes, nicht abgeknicktes Handgelenk (in anatomischer Nullstellung)"

Ich finde -balanciert- ist daür ein sehr schöner Ausdruck, Kyujin (meine Gratulation dafür! :D) , denn balanciert kann niemals "verkrampft" oder "zu fest" oder "zu locker" sein, sondern immer nur adäquat und der jeweiligen Situation angepasst!

Weiter Kyujin: "ist bei uns Standard - und auch ohne ausgeformten Griff möglich."

Ich denke das sollte nach Möglichkeit aus den verschiedensten Gründen überall so sein.......- und zwar ohne Griff!

Die Verwendung eines (z.B. Pistolen-) Griffes würde m.E. die Handhabung des Bogens erheblich einschränken, echte Balance verhindern und zu VERkrampfungen mit allen Nachteilen in der Folge führen.

Ich bemühe mich "balanciert"  ;) zu schiessen..... !


Und daher muss ich auch noch schnell Steppis o.a. Hinweis darauf, das ich Pistolengriffe (o.ä.) verwenden soll, dementieren.

Völliger Quatsch !! Und ich frage mich, wem das hier Nutzen bringen soll...?!

So, und jetzt bin ich wieder raus aus der Daumendiskussion.....
Claus
Wo es nur um das Gewinnen geht, dort gibt es zu viele Verlierer.

Steppenreiter

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Steppenreiter » 09.01.2008, 14:29

Wo der Körper wie gespannt sein soll und wo er beim Bogenschiessen entspannt ist, steht in dem angegebenen Manuskript genau beschrieben.

Hier nocht etwas interessantes, ein indo-persisches Lehrbuch (18.Jhrdt), aus der British Library.

http://www.imagesonline.bl.uk

Man gebe "Archery" als Suchbegriff ein und freue sich über die Bilder. Registrieren nicht vergessen! Verwenden darf man sie nicht, es sei denn man zahlt, ob das Geld dann dem Land zukommt, dem man das Buch einst gestohlen hat, darf bezweifelt werden. 
Zuletzt geändert von Steppenreiter am 09.01.2008, 15:04, insgesamt 1-mal geändert.

Taubert
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Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Taubert » 10.01.2008, 10:19

ad Bilder aus British Library Stichwort Archery
Besonders die Bilder 028281 sowie 045757 zeigen wunderschön verschiedenste Ankerhöhen der Schützen.

Steppenreiter

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Steppenreiter » 10.01.2008, 10:55

Gut beobachtet, ich hatte es so gedeutet, "richtig" und "falsch", weil alle anderen Bilder immer einen am Bogenarm parallelen Pfeil zeigen.

Es könnte sich aber auch um Sonderschüsse handeln, immerhin waren diese Bücher zur Militärausbildung gemacht. Und die damaligen Bogenschützen hatten den lieben langen Tag nichts anderes zutun als Bogen zu schiessen.

Also haben sie sich sicher allerhand Spezereien für besondere Zwecke einfallen lassen, die wir heute in die Rubrik "nicht wirklich zielführend" einordnen.

Zudem waren diese Bücher alle ziemlich ähnlich aufgebaut.
1. Anrufung Gottes zur Unterstüzung ihres Vorhabens, Elogie auf den Propheten Mohammed und die Pirs der Bogenschiesskunst
2. Hadithe, die die Vorzüglichkeit des Bogenschiessens als Gottesdienst kenntlich machen
3. Hinweis auf die vier Hauptrichtungen der Bogenschiesskunst und ihre Schulen und Pirs
4. Erklärung Bogen und Pfeil und Begriffe
5. Der Stand
6. Den Bogen Spannen
7. Der Griff
8. Der Auszug
9. Das Lösen
10. Fehler beim Schuss

Alle Manuskripte die ich zum Thema gelesen habe waren so oder so ähnlich aufgebaut. Beim Bild 28281 könnte es sich tatsächlich um die Darstellung des Auszuges handeln, die beim offenen Beinstand üblich sind oder aber um die richtige Haltung oben von den beiden mangelhaften unten zu unterscheiden.

Das zweite Bild zeigt meiner Ansicht nahc eher die verschiedenen Beinhaltungen (Stand). 

Mir gefällt das Bild 032493 sehr gut, es zeigt wie der Bogen auf unterschiedliche Weisen gespannt werden kann und wie man das auf dem Pferd macht. (ziemlich cool!)
Zuletzt geändert von Steppenreiter am 10.01.2008, 11:02, insgesamt 1-mal geändert.

Niels

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Niels » 10.01.2008, 13:13

Das ist wirklich cool. Er scheint, den unteren Wurfarm am Steigbügel zu verklemmen. Das braucht sicher ordentlich Muckis im Arm aber auch im gegenhaltenden Bein (vielleicht kann  man auch über das Knie etwas hebeln), den Bogen so zu spannen. Und allzu oft sollte man es dem Bogen zu Liebe wohl auch nicht machen, oder?

Steppenreiter

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Steppenreiter » 10.01.2008, 14:10

Wir können ja ne neue Disziplin aufmachen:

Wer kriegt seinen Bogen auf der 90m Bahn innerhalb 16 Sekunden gespannt ::)

Hat was  ;D ;D ;D
Ob wir dafür wirklich neun Galopps("Versuche") zulassen sollten, ich wäre für drei  :P :P
Und wer das nicht schafft, kann auch nicht schiessen  ;)
Zuletzt geändert von Steppenreiter am 10.01.2008, 14:13, insgesamt 1-mal geändert.

Niels

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Niels » 10.01.2008, 14:59

Also das wage ich ja zu bezweifeln, dass man sowas im Galopp überhaupt hinbekommt. Lasse mich aber gern überraschen ...  :P ;) ;D

benz

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von benz » 10.01.2008, 15:53

nö, die Helfer geben einfach den Reitern beim nächsten Wettkampf die Bogen ungespannt aufs Pferd...... und zwar kurz vor dem ersten Galopp  ;D gemein gell

Taubert
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Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von Taubert » 11.01.2008, 09:42

@ Steppenreiter
Bei dem von mir genannten Bild (028281) glaube ich nicht an eine richtig/falsch-Differenzierung aus folgenden Gründen: 
1. Das Bild zeigt nach meinem Dafürhalten Ankertechniken für Distanzschüsse auf ungefähr festgelegte Entfernungen (militärisches Schießen).
2. Man sieht den Anker tendenziell nach unten wandernd bis fast zur Brustwarze. Eine entsprechende Ankertechnik wird in chinesischen Texten beschrieben und würde sich als physiologisch sinnvoll bei hohen Zuggewichten erweisen.
3. Ob beim damaligen Aufwand für Darstellung und Illustration der Luxus einer bildlichen richtig-falsch-Differenzierung in Kauf genommen wurde, wage ich zu bezweifeln.


Bild 045757
1. Zeigt nach meiner Einschätzung Ankerhöhen am Kopf (Kinn/Mundwinkel/Wange/Auge) mit denen bei gleicher Bogenarmhaltung Steilschüsse und eher kurze Distanzen bewältigt werden können.
2. Ausschlaggebend für diese Interpretation sind die sich verändernden Winkel in denen der Pfeil zur Waagrechten dargestellt wird.
3. Ob beim damaligen Aufwand für Darstellung und Illustration der Luxus einer bildlichen richtig-falsch-Differenzierung in Kauf genommen wurde, wage ich zu bezweifeln.

 

Gruß  Götz

P.S. : Kann hier jemand arabisch, um Texte zu übersetzen?   
Zuletzt geändert von Taubert am 04.04.2008, 00:05, insgesamt 1-mal geändert.

benz

Re: Kitab fi ilm an-Nuschab

Beitrag von benz » 11.01.2008, 11:00

tut es nicht schrecklich weh und ist enorm hinderlich beim Schiessen, die Sehne an der Stirn festzutackern?  ;) ;D
Zuletzt geändert von benz am 13.01.2008, 10:09, insgesamt 1-mal geändert.

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