Ralph hat geschrieben:Galighenna hat geschrieben:...
Ich glaube, das ist eine gute Zusammenfassung - und entzaubert auch das "unterbewußte/intuitive/instinktive Schießen" vorteilhaft in der Art und Weise, dass es nicht mehr als eine mystische Wunderfähigkeit angesehen wird, sondern als etwas Erlernbares (antiziprer und konditienierbares).
Mich stört das Fangen des Balles, wie Galighenna es als Argument verwendet. Wenn er das wiederholte Fangen von Bällen nähme, könnte er nämlich seine Beschreibung so nicht stehen lassen, denn sie ist nicht ganz vollständig.
Im übrigen finde ich nicht, dass er intuitives Schießen entzaubert, sondern dass er wichtige Wirkmechanismen aufzeigt, die aber, wie er selbst auch sagt, immer noch unbewusst ablaufen. Damit aber nähern wir uns dem für mich Entscheidenden.
Dadurch, dass diese Prozesse unbewusst/unterbewusst ablaufen, entziehen sie sich in gewissem Maße unserer Kontrolle, die wir durch Konditionierung und Antizipation wiederzuerlangen suchen.
@Galighenna
Wer Bogenschießen wettkampfmäßig ausübt, der wird ein Lied davon singen, wie ihm die Kontrolle immer wieder zwischen den Händen wie Sand zerrinnt. Gerade heute Morgen ist mir das wieder widerfahren.
FITA-Halle-18-Meter: Die erste Runde lief hervorragend: War im Flow, ließ die Sehne summen und die Pfeile fanden gemäß der Konditionierung und der jeweiligen Antizipation (hier liegst du falsch, Galighenna: jedes neue an die Ziellinie-Treten bedeutet einen erneuten Antizipationsvorgang, auch wenn die Scheibe unveränderlich steht. Du als Schütze hast dich aber verändert - das heißt, ein völlig neuer Schussaufbau muss antizipiert werden ...) und kam auf 219/300 Ringen. Ein für mich hervorragendes Ergebnis.
In der zweiten Runde jedoch ging es den Bach runter. Ich kam nicht in den Flow, es wollte kaum etwas funktionieren - die Konditionierung griff nicht. 186 wurden es noch und meine Zielvorgabe, die 400, konnte ich treffen.
Was ich damit zeigen möchte: Wenn du beim Schießen dazu gezwungen bist, kontinuierlich dieselbe Bewegung auszuführen (60 Pfeile auf 18 Meter; 72 Pfeile im Feld auf unterschiedliche Entfernungen), spielen neben den von dir genannten Mechanismen noch ganz andere eine Rolle.
Das singuläre und spontane Fangen eines Balles (wie du es anführst) ist schön und gelingt immer wieder. Beeindruckend ist auch die Schnelligkeit, mit der unser menschliches System reagieren kann. Wenn du aber den Ball 60 Mal nacheinander auf 30-50 cm fangen musst, wird es dir kaum gelingen.
Genauso schön ist das singuläre Treffen eines Schützen, der "mal eben draufhält".
Wenn du das kontiuierliche, wiederholbare Schießen beschreiben willst, braucht es sehr wohl eine bewusste Antizipation (wie ich oben schrieb, weiß das der Spitzensport schon lange). Zudem bedarf es einer bewussten Kontrolle des eigenen Denkens. Es bedarf auch eines Wahrnehmens der eigenen Gestimmtheit und eines Umgehens mit dieser Gestimmtheit.
Denn nicht eine fehlerhafte oder schlampige Konditionierung oder eine falsche Antizipation sind das Problem, sondern die genannten anderen Faktoren, die den Mensch aus dem Flow geraten lassen.
Fazit: Was du geschrieben hast, ist sicher nicht falsch. Aber es ist unvollständig.
... KEEP FLYING!