YUGAERI - Sein oder Schein

Yabusame
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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Yabusame » 18.05.2011, 13:12

@Markus,
wir haben da immer noch ein paar Missverständnisse.

Kyudo ist in erster Linie eine Weg-Disziplin, an deren Anforderungen man sich messen lassen muss, die sportliche Komponente kann man fast vernachlässigen.
Eine Weg-Disziplin kennt keine Unterscheidung in Amateure und Profis, in Breitensport und Spitzensport, alle sind auf dem Weg, sie unterscheiden sich nur in der zurückgelegten Wegstrecke. Ausgenommen die, die sich auf einem der vielen Rastplätze an diesem Weg befinden - da wo das Sozial-Schießen, das Üben von Bewegungsformen, die Befriedigung gewisser Eitelkeiten u.a. stattfindet. Wenn man großzügiger ist als ich, kann man natürlich sagen, dass auch Rastplätze zu einem Weg gehören - einverstanden, wenn sie denn auch wieder verlassen werden.

Sport bedeutet körperliche Leistung und unterliegt sehr stark dem Zeit-Faktor, sowohl in Bezug auf die Leistung, als auch auf die Dauer, in der man Leistung erbringen kann.
Eine Weg-Disziplin bedeutet in erster Linie Beharrlichkeit, Ausdauer, Überwindung, letztendlich ein Kampf auf allen Ebenen der Persönlichkeit, insbesondere der Beugung des eigenen Egos und nicht dessen Befriedigung.

Es ist richtig, dass die Rastplatzbenutzer einen Beitrag leisten, sei es finanzieller oder organisatorischer Natur, von Ihnen geht aber auch die Gefahr der Verwässerung aus.


@Toxophil
wenn Du Dich in der von mir angesprochenen und von Dir verteidigten Schnittmenge wohlfühlst, dann ist das so.

Es gab Veränderungen in der Heki-Technik, die haben aber nichts mit einer Angleichung an den Shomen-Stil zu tun, bestenfalls optisch.
Den Unterschied wirklich zu begreifen ist nur möglich, wenn man die Technik halbwegs umgesetzt hat, insbesondere das Tsunomi No Hataraki, dann erst kann man die Wirkung eines technischen statt zelebrierenden Schießens sowohl im Schießergebnis, als auch in der Auswirkung auf den Schützen beurteilen. Bis es soweit ist, kann man eigentlich nur den Anweisungen seines Lehrer vertrauen - ohne dem ist kein Heki-Kyudo möglich. Manchmal muss man auch warten, bis man diesen Lehrer findet.
Herr Inagaki hat in seinen Texten die Unterschiede sehr deutlich gemacht, so deutlich, dass das für Shomen provozierend ist.
Wenn man zu den von Herrigel animierten Kyudokas im Heki-Lager gehört, ist eine Umstellung der Vorstellungen natürlich schwierig, statt ZEN-Philosophie harte Arbeit am Bogen, diese 180°-Kurve schafft nicht jeder.

Für Deine Einstellung mache ich Dich aber nicht verantwortlich.
Die eigentliche Ursache für Deine und ähnliche Ansichten liegt schon länger zurück. Herr Inagaki war sich des Einflusses des modernen Kyudo auf Heki bewusst und hat von einer Anbändelung an die ANKF abgeraten. Die damals Verantwortlichen (vielleicht war es auch nur einer) konnten oder wollten sich aber über die Anforderungen der Tradition einer Koryu nicht im Klaren sein und haben nicht auf ihn gehört - das ist übrigens ein Tabu-Thema im Deutschen Kyudo und wenn es mal hervorlugt, dann wird es mit sehr vielen Worten und intellektueller Geschicklichkeit platt gemacht.



Herrn Inagaki lag sehr viel daran, dass der Unterschied zu einem leicht gemachten Kyudo verstanden wurde, soviel, dass er das in seinem letzten Schreiben noch mal ausdrücklich herausgestellt hat - warum beruft man sich so gerne auf ihn, ohne ihm zu glauben und auch da zu folgen, wo der Weg unbequem wird?

Grüße
Yabusame

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Toxophil » 18.05.2011, 13:13

Benzi:

Heki Danjo Masatsugu ist ein Samurai des 15. Jahrhunderts, der als Urahn der Heki-Schule gilt.
Sein Stil war für das Schießen zu Fuße ausgelegt.
Ich kann Dir leider nicht genau beschreiben, wie damals geschossen wurde, ich bin mir nur sicher, dass damals nicht so wie heute geschossen wurde.

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von nihonto » 18.05.2011, 13:49

Yabusame, wie stehst du zu der Aussage Herrn Inagakis, dass wir, die Heki-Schützen, uns den Prüfungen bei der Bäckereiinnung (ANKF) stellen sollen? Laut Hörensagen hat ja auch Herr Inagaki die Unterschiede in den Prüfungsstandards am eigenen Leib erfahren und erduldet. Mich interessiert wirklich deine Meinung zu dieser Aussage.

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Toxophil » 18.05.2011, 13:54

@Yabusame,

nur fürs Notizbuch: Ich habe den Herrigel gelesen - nachdem ich fünf Jahre Heki geschossen habe und endlich mal wissen wollte, was der gute Mann denn geschrieben hat. Ich fand das Buch interessant und anregend, aber für mein Kyudo letztlich bedeutungslos. Meinst Du nicht, dass Du zuviel "Zen" in mein Geschriebenes hineininterpretierst? "Zen"-Bogenschießen oder technisch entleertes Bogenschießen war nie meine Motivation und ich habe es an keiner Stelle verteidigt. Im übrigen kenne ich keinen einzigen "Zen"-Bogenschützen in meinem Umfeld. Shomen oder Shamen. Insofern verstehe ich nicht ganz was Du mit "meiner Einstellung" meinst.

Ich habe geschrieben, dass der Kern des Heki-Stils und damit der große Unterschied zum Shomen-Stil im Hanare und dem Tenouchi liegen. Insofern teilen wir doch die Meinung?!

Du schreibst, dass Inagaki von einer Anbändelung mit der ANKF abgeraten hätte. Wo hat er das denn explizit gesagt oder geschrieben? Ich weiß nur, dass sowohl Urakami, als auch Inagaki aktiv in der ANKF mitgewirkt haben (z. B. beim Kyudo-Manual), und dass Inagaki das ANKF Taihai (auch in Deutschland) unterrichtet hat.

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von benzi » 18.05.2011, 14:52

Ich hab Herrigel nicht gelesen, in meiner Anfangszeit im Bogenschiessen mal ausgeliehen und nach ein paar Seiten zurück gebracht...

Yabusame hat geschrieben:... statt ZEN-Philosophie harte Arbeit am Bogen, ....
Grüße
Yabusame


sorry wenn ich ein so kurzes Zitat herausgreife!

Jede Art von Meditation ist harte Arbeit!!!

Jedenfalls dann wenn man sie täglich über lange Zeit in den Alltag "einbaut", für mich ist also Zen und harte Arbeit am Bogen kein Widerspruch, im Gegenteil!!!!

http://de.wikipedia.org/wiki/Zen

Grüße benzi
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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von RoLi » 18.05.2011, 17:23

Benzi,
ich glaube nicht, dass Du etwas von Heki Danjo findest. Es gibt ein Bild von ihm und wie man zu seiner Zeit schoss. Wie authentisch das ist ???
danjo_heki02.jpg

Auf jeden Fall hat sich seit damals einiges geändert.
Gruß
Rolf

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von RoLi » 18.05.2011, 17:41

Yabusame

[So was darf man mir gegenüber nicht mal im Ansatz erwähnen, da werden die Moderatoren gleich die Krise kriegen - aber keine Angst, ich versuche es mal ganz moderat ohne Spitzen-Technologie.]

Da waren unsere japanischen Vorbilder aber wesentlich offener. Wusstest Du, vielleicht willst Du es gar nicht wissen (ich schreib´s trotzdem) dass Herr Urakami in den 40iger Jahren lange Zeit bei der Familie Shibata in Kyoto, man kann sagte wohnte. Und zwar wegen Bogenschießen und Bogenbauen. Er lernte dort etwas. Und wenn man bedenkt, dass er sein Wissen an Herrn Inagaki weitergegeben hat, dann steckt auch ein bißchen in dem, was wir von Herrn Inagaki haben.
Dass ist doch schrecklich. Oder?

Und noch was. Ich habe 1991 den 20igsten Shibata kennengelernt und mich, knapp 1 1/2 Stunden, mit ihm unterhalten können. Was er sagte, habe ich sinngemäß auch von Herrn Inagaki gehört. Nur, die Familie Shibata war so konsequent, sich von der Renmei (jap. Dachverband Kyudo) fern zu halten.
Grüße
Rolf

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Yabusame » 19.05.2011, 08:42

@Nihonto
Yabusame, wie stehst du zu der Aussage Herrn Inagakis, dass wir, die Heki-Schützen, uns den Prüfungen bei der Bäckereiinnung (ANKF) stellen sollen?
Die scheinbare Gegensätzlichkeit ist leicht zu erklären, die Zustimmung von Herrn Inagaki ist politisch motiviert, meine Ablehnung ist rein schießtechnisch beeinflusst.

Nachdem die damaligen Verbandsverantwortlichen dem Wunsch von Herrn Inagaki, sich der ANKF nicht anzuschließen, nicht entsprochen haben, hat er sich dieser von ihm nicht gewollten Situation gestellt, er hat sich ihr politisch angepasst.
Ich vermute, dass es ihm klar geworden war, dass die Anforderungen einer Koryu nicht so ohne weiters auf die westliche Kultur übertragbar ist. Dass man ihm nicht gefolgt ist, hat auch damit zu tun, dass er einer maßgeblichen Person nicht die Anerkennung gegeben hat, die diese gerne gehabt hätte.

Man sollte seine Zustimmung auch als einen Vertrauensvorschuss an die deutschen Heki-Schützen sehen, sich als solche zu zeigen, auch dann, wenn sie merken, die Prüfer wollen was anderes sehen, wenn der Erfolg also gefährdet ist.

Meinen Beobachtungen zur Folge, wird aber genau diesem Vertrauensvorschuss überwiegend nicht entsprochen, es geht sogar soweit, dass die Anpassung in die Heki-Dojos hineingetragen wird und es dadurch schon zu der paradoxen Situation gekommen ist, dass ein Shomen-Prüfer, der die Heki-Technik respektierte, den Heki-Schützen gesagt hat, dass das kein Heki ist und von ihm der Vorwurf kam, dass die Botschaft von Herrn Inagaki nicht verstanden wurde.

Die italienischen Heki-Schützen, die ihm irgendwie nähergestanden sind als die Deutsche Heki-Szene, die haben seinen Wunsch mehr respektiert.

Meine Meinung ist frei von einer politischen Sichtweise, weil ich die auch nicht berücksichtigen muss, ich halte es an sich für wertlos meinen Entwicklungsstand von Leuten beurteilen zu lassen, denen ich eine Beurteilung nicht zutraue, weder fachlich noch objektiv. Mir reicht es, wenn die jap. Heki-Lehrer, die zu den Prüfungen nicht zugelassen sind, mir sagen, was ich zu verbessern habe, woran ich arbeiten soll.

Ich zolle aber jedem Respekt, für den die Prüfung in erster Linie eine Überprüfung seiner Reaktion auf eine Stresssituation ist, allerdings lässt sich das billiger in Wettkämpfen erleben.

@Toxophil,
Du schreibst, dass Inagaki von einer Anbändelung mit der ANKF abgeraten hätte. Wo hat er das denn explizit gesagt oder geschrieben?
Es gibt keine wortwörtliche Dokumentierung, der damaligen Diskussion oder Auseinandersetzung. Wenn Du eine Bestätigung meiner Aussage brauchst, so musst Du bei länger dienenden Schützen nachfragen, möglichst Leuten, die nicht dem hanseatischen Lager zugehören.
Vor einiger Zeit gab es mal ein Kyudo-Forum, da kam das Thema auch auf, inzwischen sind alle damaligen Forums- Beiträge nicht mehr zugänglich.

@benzi
Jede Art von Meditation ist harte Arbeit!!!
In Bezug auf Meditation gebe ich Dir recht, ich bezog mich aber auf philosophische Vorstellungen und die führen zu teilweise abartigen Meinungsbildungen über Kyudo.

@RoLi
Da waren unsere japanischen Vorbilder aber wesentlich offener.

Mein schräger Humor ist offensichtlich gut getarnt.
Da ich von Bogenbau nicht viel verstehe, muss ich meine Offenheit auf die Schießtechnik beschränken. Meiner Meinung nach müssen es aber gute Bögen sein, die so was aushalten. Ich kann mir noch nicht mal im Ansatz vorstellen, dass da schießtechnisch was übernommen wurde, was dann auch Herr Inagaki weitergegeben haben könnte.

Für mich ist das weiterhin ein Geschäftsmodel um Bögen zu verkaufen, vielleicht war das mal anders und für Leute, die die handwerkliche Geschicklichkeit zum Bogenbau haben, ist Shibata sicher eine gute Adresse - das sollte aber nicht dazu verführen die nötige Offenheit zu vernachlässigen um bei der Schießtechnik ein Auge zuzudrücken.

Grüße
Yabusame

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Markus » 19.05.2011, 09:15

Das ist die Sichtweise einer Seite. Gut verständlich und wer die Szene etwas kennt, zumindest nachvollziehbar.
Schön wäre es jetzt noch, wenn man auch mal andere Meinungen von damaligen oder heutigen Entscheidungsträgern hören könnte. Diese sind hier leider nicht aktiv und so kann keine wirkliche Diskussion stattfinden.

Yabusame (und alle anderen) - ich kenne mittlerweile Deinen Drang, über das Thema Kyudobund, Heki, ANKF, Koryu etc. pp. zu sprechen und habe da grundsätzlich auch nix dagegen, im Gegenteil. Dennoch möchte ich Dich bitten, dieses Thema hier nicht ständig wieder hochzukochen und die (angeblichen ?) Ursachen für die Situation heute wem auch immer in die Schuhe zu schieben. Die wenigsten, die hier mitlesen oder auch schreiben, haben Herrn Inagaki noch persönlich gekannt und noch weniger wissen von seiner Meinung zu diesem Thema. Von daher ist da auch viel Kaffeesatzleserei dabei.

Wenn Du oder wer auch immer etwas ändern willst, werde oder sei aktiv, Dein Ziel zu verfolgen. Im Internet Beiträge zum Thema zu schreiben ist ein erster Schritt, dem aber auch ein zweiter und dritter draußen im realen Leben folgen muss. Sonst sitzt man auf einem Rastplatz am Rande des Weges.

Einer meiner Lehrer (nicht Kyudo) meinte mal treffend: Leiden ist freiwillig.

Markus

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von benzi » 19.05.2011, 10:12

absolut OT:

Markus hat geschrieben:Einer meiner Lehrer (nicht Kyudo) meinte mal treffend: Leiden ist freiwillig.
Markus


auf den ersten Bilck eine schöne Weisheit, auf den zweiten Bilck sind mir dann solche Bilder eingefallen:

http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-12779.html

hat mit Kyudo nur das Land Japan gemeinsam, aber ist trotzdem akuell..........

Grüße benzi
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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Toxophil » 19.05.2011, 10:57

@Yabusame


Nachdem die damaligen Verbandsverantwortlichen dem Wunsch von Herrn Inagaki, sich der ANKF nicht anzuschließen, nicht entsprochen haben, hat er sich dieser von ihm nicht gewollten Situation gestellt, er hat sich ihr politisch angepasst.


Ich habe zu der Zeit noch kein Kyudo trainiert, verstehe den Satz also nicht. Für mich stellt sich der Satz so dar, als meintest Du, dass die Heki Insai Ha in die ANKF hineingezwungen worden wäre? Was ja kaum sein kein, da die Mitgliedschaft in einem Verband eine freiwillige Sache ist.



Die italienischen Heki-Schützen, die ihm irgendwie nähergestanden sind als die Deutsche Heki-Szene, die haben seinen Wunsch mehr respektiert.



Was machen die Italiener Deiner Meinung nach anders als die Deutschen?



Es gibt keine wortwörtliche Dokumentierung, der damaligen Diskussion oder Auseinandersetzung. Wenn Du eine Bestätigung meiner Aussage brauchst, so musst Du bei länger dienenden Schützen nachfragen, möglichst Leuten, die nicht dem hanseatischen Lager zugehören.


Um welche Diskussion soll es sich dabei handeln? Du hast angedeutet, dass Inagaki von einer Anbändelung mit der ANKF abgeraten hätte. Was genau hat er denn gesagt und warum? Ich habe davon noch nichts gehört.

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Yabusame » 20.05.2011, 12:18

Wir verzetteln uns zu sehr, als Ursache des wiederkehrenden Diskussionsdilemmas sehe ich eine fehlende bzw. unscharfe Bewertungs-Basis.

Wenn es um die Bewertung von Entartungen in den verschiedensten Variationen geht, angefangen um die Entartung, die Herr Inagaki in Bezug auf das moderne Kyudo meint, bis zu Anmaßungen von Möchtegern-Meistern, die sich in selbstüberschätzender Art und Weise produzieren müssen/möchten, dann müssen wir so was wie einen Leitfaden als Referenz haben.

Ich versuche mal einen Leitfaden zu ziehen, auch um meine persönliche Sichtweise deutlich zu machen, an der sich einige ja gerne reiben:

Eine, wenn nicht sogar die wichtigste traditionelle Anforderung einer Koryu an den Schüler ist: "Seinem Lehrer zu folgen" ohne Wenn und Aber.
Da stellen sich jetzt bei einigen westlich geprägten Gemütern vermutlich die Nackenhaare auf und doch ist das eine ganz wichtige Forderung nach Hingebung seitens des Schülers, das unbedingte Vertrauen in den Lehrer.

Was gerne übersehen wird, man aber nicht übersehen sollte: Ein Lehrer ist nicht dazu da Objekt der Anbetung und Bewunderung zu sein, er hat mehr zu geben als der Schüler in der Lage ist zu geben, er hat Verantwortung zu übernehmen und die ist umso größer, je mehr sich ein Schüler in seine Abhängigkeit begibt.

Personen, die Ansprüche wie "Trete nie auf den Schatten Deines Sempai" haben und bei Verhaltens-Themen sehr gerne die Tradition zum eigenen Vorteil bemühen, können das nicht leisten, da ist höchste Vorsicht geboten.

Der, der die Lehrbefugnis einer Koryu hat, ist auf dem Weg soweit fortgeschritten, dass er in der Lage ist diese Verantwortung zu übernehmen - besser gesagt, sie wird ihm übertragen, nach vielen Jahren der Beobachtung durch seinen Lehrer.

Warum ist das so, welchen Sinn hat das?

Wenn man das Motto der Heki Ryu Insai Ha nimmt, "Treffen, durchschlagend Treffen, immer Treffen", so schein es sich hier in erster Linie um eine Kriegskunst zu handeln, bei der es um den effektiven Waffeneinsatz geht.
Was auch richtig ist, nur hat man festgestellt, dass ein technisch guter Krieger noch lange nicht ein im Kampf siegreicher Krieger sein muss, die Persönlichkeitsmerkmale des Kriegers spielen eine starke Rolle, insbesondere seine Reaktion, wenn es auf Leben und Tod geht.
Es gibt also einen weitern Aspekt, der von den alten Kampfkünsten mit einbezogen wurde - Angst und die Überwindung der Angst, ist das zentrale Thema in den alten Kampfkünsten und wird in den Koryu auch weiterhin im Auge behalten.
Wenn Herr Inagaki verlangt hat, dass so geschossen werden sollte, als wenn es bei jedem Schuss auf Leben und Tod geht, dann hat das einen tiefen Sinn, damit wird die Schwachstelle jedes Schützen aufgezeigt, jeder hat mehr oder weniger Angst, die sich in Körperreaktionen offenbart.

Es ist ja bekannt, dass man über die Veränderung von Muskelspannungen herausfinden kann, ob ein Mensch lügt oder nicht.
Diese Veränderungen geschehen auch in Zuständen der Angst, auch da gibt es Veränderungen im Muskeltonus und das kann soweit gehen, dass man bestimmte Bewegungen nicht mehr durchführen kann, insbesondere dann, wenn diese Bewegungen feinmotorischer Art sind.
In heutiger Zeit wird das durch Stresssituationen wie Wettkämpfe provoziert, man kann es auch selbst provozieren, das tut weniger weh.

Die Heki-Technik verlangt den starken, hochdynamischen Einsatz von feinmotorischen Bewegungen. Die Art und Weise wie diese Bewegungen durchgeführt werden, verraten einem erfahrenen Lehrer alles über den Schützen, auch das was er selbst nicht weiß oder wissen will.
Es gibt Rückschlüsse, die man aus bestimmten Fehlern ziehen kann, z.B. eine schwere Kindheit.
Eine Analyse oder Bewertung der Persönlichkeit spielt im Kyudo aber überhaupt keine Rolle, man wird nie hören, welche Charakter- Schwächen sich offenbaren - alles was ein Lehrer zu tun hat, ist seinem Schüler zu helfen.
Diese Hilfe geschieht einerseits über den Körper, indem er aufgefordert wird bestimmte Bewegungen zu korrigieren oder er wird irgendwann aufgefordert Bewegungen durchzuführen, die er nicht durchführen kann.
Letzteres ist nicht ganz einfach zu erklären, man stelle sich vor, man wird aufgefordert seine Hand an eine Betonwand zu legen und es wird verlangt, dass man die Hand durch die Wand drücken soll.
Klar, das geht nicht - aber geht es nicht, weil es physikalisch nicht geht oder weil der Kopf bereits sagt es geht nicht und es nie zu einem vollen körperlichen Einsatz des Durchdrückens kommen wird?

Diese Gefühl, dass man eine Betonwand durchdrücken soll, das stellt sich bei der Heki-Technik ein, insbesondere bei der Auslösung des Schusses. Da spürt man im vollen Auszug Kräfte auf die Bogenhand wirken, die grenzwertig sind und dann wird verlangt, die rechte Hand geschlossen zu halten und den Schuss über eine reine Drehung der Bogenhand auszulösen.
Das ist wie eine Hand durch eine Betonwand zu drücken mit dem Unterschied, dass es geht - der Kopf denkt aber, das ist wie Beton und blockiert die Bemühungen es zu tun.

Dem sich bemühenden Schüler bleiben jetzt drei Möglichkeiten, Kopf ab, tun was gefordert ist oder Trick 17.
Trick 17 ist der leichteste Weg, der wird erstmal eingeschlagen, je nach Charakter des Schülers wird der Lehrer nachsichtig schmunzeln oder ihn hart zurechtweisen.
Trick 17 wird nicht bewusst durchgeführt, das Bewusstsein des Schülers kann die reflexartigen Not-Lösungen, die sich seine Körperintelligenz ausdenkt nicht auflösen, er muss sich sagen lassen, was er da gerade gemacht hat.

Bzw. der Lehrer muss ihm die Anweisungen geben, die dem Schüler helfen sich zu überwindet - das dauert und dauert und dauert, bis alle persönlichen Schwächen, mit denen der Schüler sich ans Leben klammert, zurückgelassen worden sind und der Lehrer dem Schüler irgendwann sagt: Gut, jetzt geh, ich will dich nie mehr sehen.

Mit der Überwindung der Angst, ist eine Veränderung eingetreten, die gleichzeitig eine Überwindung der Persönlichkeit bedeutet.

An Hand dieser kurzen Wegbeschreibung, die ich mit etwas Bauchschmerzen gewagt habe, möge jeder selbst überprüfen, was mit seinen Vorstellungen korreliert.
Wenn überwiegend keine Übereinstimmung erkennbar ist, können wir über abweichende Vorstellungen sprechen. Ich denke, dass auf diesem Weg weniger Missverständnisse und mehr Verständnis füreinander entstehen kann.
Wenn wir auf einen Nenner kommen, dürfte es auch einfach sein, in Fragen der Entartung, ob technisch oder im Verhalten, Übereinstimmung zu finden.

Grüße
Yabusame

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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von benzi » 20.05.2011, 13:46

Danke!!! schöner Beitrag!

Grüße benzi
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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von Toxophil » 20.05.2011, 14:13

Ja, guter Beitrag, nur hätte ich mir gewünscht, dass Du mal konkret auf meine Fragen eingehst.
Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.

RoLi
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Re: YUGAERI - Sein oder Schein

Beitrag von RoLi » 20.05.2011, 15:36

Bei mir haut es irgendwie mit dem Zitieren nicht so hin.


@Yabusame
Ob und eventuell was Herr Urakami übernommen hat kann wohl niemand sagen. Vielleicht war es auch nur die Idee „Geschäftsmodell Kyudo“.
Kyudo, oder anderes Budo, in einer Koryu zu lernen und zu üben war/ ist teuer, für den Schüler. Der Lehrer lebt davon. Auch Herr Urakami lebte wohl davon.
Herr Inagaki hat in den 80iger Jahren mehreren Deutschen Kyujin das Mokuroku verliehen, quasi die Lehrbefähigung erteilt. Das verträgt sich irgendwie nicht damit, dass „ er einer maßgeblichen Person nicht die Anerkennung gegeben hat, die diese gern gehabt hätte.“
Zitat:
„Der, der die Lehrbefugnis einer Koryu hat, ist auf dem Weg soweit fortgeschritten, dass er in der Lage ist diese Verantwortung zu übernehmen - besser gesagt, sie wird ihm übertragen, nach vielen Jahren der Beobachtung durch seinen Lehrer.“

Hat Herr Inagaki sich vielleicht geirrt??
Wir wissen, dass das Mokuroku nach eingehender und förmlicher Unterrichtung, des als fähig Erkannten, durch den „Meister“ verliehen wurde. Ich bin sicher, dass es mit den deutschen Mokurokuempfängern anders gelaufen ist. Wurde nicht hier schon ein Grundstein für ein Aufweichen gelegt?
Mir liegt es fern, an Herrn Inagaki Kritik zu üben, aber Gedanken mache ich mir, schon lange.

@Toxophil
Wie wir in die ANKF kamen weis ich auch nicht sicher. Zu Beginn meiner Kyudozeit waren wir Mitglied im „Urakami Domonkai„. Soweit ich mich erinnere, hieß es nach ein paar Jahren, dass es diesen „Verband“ nicht mehr gäbe, und wir wurden Mitglied in der ANKF.
Dass Herr Inagaki und auch Herr Mori, einen besonderen Bezug zu den Italienern hatten/haben ist bekannt. Herr Inagaki sagte einmal, dass die Italiener das Te no uchi besser machen würden als wir Deutschen. Es kam die Idee auf, dass es vielleicht an den Größen-u. Längenverhältnissen der Hände liegt. Ich glaube es war Herr Sato, der damals den Auftrag bekam, deutsche und italienische Hände zu vermessen. Soweit ich mich erinner hat es nicht an den Händen gelegen. Die „Makaroni-Samurai“ haben sich einfach mehr bemüht.
Da muss ich Yabusame recht geben. Viele deutsche Kyujin kommen mit der rechten Hand nicht mal in die Nähe der Betonwand.
Grüße
Rolf

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