Wie fest hält man den Bogen?

Yabusame
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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von Yabusame » 30.03.2010, 13:21

Noch ein Hinweis für unsere Selfmade-Kyudokas:

Der Griff der Bogenhand sollte wie der von einem Baby sein, entschlossen und unverkrampft.
Wer das noch nicht erlebt hat, kann ja mal in den nächsten Kinderwagen seinen Zeigefinger hineinhalten ( die Mutter bitte vorher fragen und nicht zu nah an den Mund halten).
Ein Baby kann man mit mit den Händen eine Wäscheleine anfassen lassen und loslassen, da passiert nicht viel (ohne Gewähr), der unverkrampfte Krafteinsatz lässt das Kind ziemlich lange hängen.

Ist auch für die rechte Hand ein schönes Beispiel, wenn die Hände des Babys sich von der Leine lösen geschieht das  völlig ruckfrei, wie von selbst.

Grüße
Yabusame
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Kyujin
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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von Kyujin » 30.03.2010, 13:36

himself hat geschrieben:Alle glauben es - keiner kann's erklären oder vormachen...


Es gibt gerade in der Tō Ryū reichlich Information zum Zusammenhang zwischen Bogenphysik, Biomechanik und traditioneller Schießtechnik. Nicht umsonst hat Prof. Inagaki das Fach im Rahmen der Sportwissenschaft gegründet, und nicht nur die Tsukuba Universität forscht dazu. Allerdings ist das meiste auf japanisch publiziert, und unsere japanischen Lehrer haben auf den Seminaren andere Prioritäten - einfach, weil die Praxis Vorrang hat.

Und es gibt natürlich auch Leute, die das schießtechnisch einlösen können. Wenn du das nicht weißt, bis du zu selten auf Seminaren.

benzi hat geschrieben:Nach 14 Jahren sehr aktivem Bogenschiessen und ein paar Jahren Reiten, ist meine Meinung dazu, zunächst mal es gibt nirgends nur einen richtigen Weg.


Ich habe mich schon mehrfach dazu ausgelassen, daß wir einem völlig anderem kulturellen Modell folgen als dem amerikanisch geprägten Individualismus. Hat man sich erst einmal ernsthaft für einen traditionellen japanischen Übungsweg entschieden, anerkennt man auch die Gültigkeit der dort gelehrten Lösungen. Ein Übungsweg ist eben nicht bloß durch die zu erlernenden Techniken gekennzeichnet, sondern auch durch die Lernweise, denn die ist nicht beliebig. Das spricht nicht jeden an, und es zwingt uns ja keiner.


Muetze hat geschrieben:Und wie erkenne ich, welche Tradition für mich die Richtige ist? Wenn ich für jeden Test 20 bis 30 Jahre brauchte ist mein Leben etwas zu kurz um zu einem schlüssigen Ergebnis zu kommen.


Wie sagt es ein Buchtitel: "Das Leben als letzte Gelegenheit". Klar gibt es das Risiko, falsch zu wählen oder etwas zu verpassen. Bei kulturell so entlegenen Nischen wie japanischen koryū ist es ohnehin weitestgehend dem Zufall überlassen, ob man Zugang bekommt.

Man kann aber sehr viel schneller herausfinden, ob der Weg der rechte ist, als man braucht, um dann technisch subtil zu werden. Wenn das Schießen mit "vorläufiger Qualität" nicht auch Freude machen würde, hätte ich schon längst aufgehört. Das hartnäckige Bemühen, die eigenen Grenzen zu verschieben, bei jedem Training, bei jedem Schuß, gehört dazu.
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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von the_Toaster (✝) » 30.03.2010, 13:54

Yabusame hat geschrieben:
Aber vorsicht, die Erfahrung kann Erschütterungen hervorrufen die lebensgefährlich sind, es besteht die Gefahr das man zu leben beginnt :o



Das und Dein weiterer Post beschreiben den Zustand, wenn der Pfeil im Ziel ist und man sich wundert was da gerade passiert ist.
Leider neigen wir zum "zu viel Bedenken".

Aber es bleibt boch die Frage:

Wie fest hält man den Bogen?

Ich beschränke es mal auf die Heki Technik. Nach der ja auch Himself fragte.
Gibt es einen gefühlsmäßigen Vergleich aus dem täglichen Leben?
Schraubendreher mit Schraube, die sich $&/($%"/%/&"- nochmal nicht lösen will? Besen? Schrubber? Fahrradlenker im Gelände? Alugusspfanne mit zwei Kilo Leckerchen drin? Moppedgasgriff? Fahrradhandbremse bei Vollbremsung damit man in diesen %/&§%& nicht reinfährt?
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.

himself

Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von himself » 30.03.2010, 14:04

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Zuletzt geändert von himself am 03.04.2010, 06:07, insgesamt 1-mal geändert.

himself

Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von himself » 30.03.2010, 14:07

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Zuletzt geändert von himself am 03.04.2010, 06:07, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von the_Toaster (✝) » 30.03.2010, 15:25

Määääht nix...

Genau das Video meinte ich.

---

Die Sache mit der Physik ist eine spannende Sache.
Ich denke, dass viele den Film mit der Takoma Narrow Bridge kennen, die vom Wind derart in Schwingungen versetzt wird, dass sie sich irgendwann selbst zerlegt.
http://www.youtube.com/watch?v=j-zczJXSxnw
Oder die Legende von den Soldaten, die im Gleichschritt über eine Brücke laufen und sie dadurch zerstören. Genau deshalb gibt es beim Bund eine Vorsschrift, dass man nicht im Gleichschritt Brücken überqueren darf.
Die Erfahrungen der Takoma Narrow Bridge sind in zukünftige Hängebrücken eingeflossen. So ist die Golden Gate Bridge mit einem Kastengerüst unterhalb der Fahrbahn nachgerüstet worden, das zwei Probleme löst. Die Fahrbahn wird gegen Verwindungen versteift und Windströme werden zu ungefährlichen Wirbeln zerteilt.

Ein auf Leistung und die korrekte Schießtechnik obtimierter Yumi ist derart massereduziert, dass er sehr schlechte Dämpfungseigenschaften hat. Man muss ihn also aktiv dämpfen, da er passiv (also von sich aus) sehr schlecht dämpft.
Ein Yumi hat einen sehr langen Wurfarm. Der Querschnitt des Wurfarms ändert sich über weite Bereiche kaum. Das bedeutet, dass er eine hohe und langanhaltende Schwingungsneigung hat.
Diese Schwingungsenergie muss irgendwo hin. Am Besten geht die Energie in den Pfeil. Das geht aber nicht zu 100% also muss die Restenergie irgendwo hin. Die drei cm längerer Pfeil-Sehnenkontakt durch die Drehung nehmen nochmal einen guten Teil der Energie aus dem Bogen. Ein weiterer Teil wird durch das Ausschwingen der Wurfarme nach vorne aus dem Bogen genommen, was aber nur geht, wenn der Bogen mit der richtigen Geschwindigkeit verdreht wird. Das können sie ohne Drehung nicht. Sie würden, wie beim mediterranen Release, von der Sehne ziemlich abrupt gestoppt werden.
Ein Leerschuss würde den Bogen noch weiter in Schwingungen bringen, was ihn dann ja auch zerstören kann.
Einem europäischen Bogen macht das nichts (außer dem Leerschuss). Seine Wurfarme sind recht kurz. Sie ändern auf ihrer Länge stetig ihren Querschnitt. Das bedeutet, dass jede Stelle im Wurfarm eine eigene Schwingungsfrequenz besitzt. Dadurch haben die Wurfarme eine hohe innere Dämpfung. Etwaige Schwingungen werden sehr schnell in Wärme umgewandelt. Weswegen ein guter Langbogen sehr leise ist.
Zusätzlich liegt die Hand genau im Zentrum des Bogens, also im Maximum der Schwingung. Die Hand kann dadurch einen großen Teil der Schwingungen aufnehmen. Das nennt sich dann Handschock.

Das schreibe ich ohne einen echten Yumi jeh geschossen zu haben. Es sind reine Erkenntnisse der Physik.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von benzi » 30.03.2010, 16:05

Kyujin hat geschrieben:
benzi hat geschrieben:Nach 14 Jahren sehr aktivem Bogenschiessen und ein paar Jahren Reiten, ist meine Meinung dazu, zunächst mal es gibt nirgends nur einen richtigen Weg.


Ich habe mich schon mehrfach dazu ausgelassen, daß wir einem völlig anderem kulturellen Modell folgen als dem amerikanisch geprägten Individualismus. Hat man sich erst einmal ernsthaft für einen traditionellen japanischen Übungsweg entschieden, anerkennt man auch die Gültigkeit der dort gelehrten Lösungen. Ein Übungsweg ist eben nicht bloß durch die zu erlernenden Techniken gekennzeichnet, sondern auch durch die Lernweise, denn die ist nicht beliebig. Das spricht nicht jeden an, und es zwingt uns ja keiner.




Allein die Tatsache, dass es innerhalb "Eures" kulturellen Modells unterschiedliche Schulen mit unterschiedlichen Techniken gibt, zeigt mir, dass es auch innerhalb dieses kulturellen Modells unterschiedliche Wege gibt.

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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von Yabusame » 30.03.2010, 16:52

the_Toaster hat geschrieben:
Aber es bleibt boch die Frage:

Wie fest hält man den Bogen?

Ich beschränke es mal auf die Heki Technik. Nach der ja auch Himself fragte.
Gibt es einen gefühlsmäßigen Vergleich aus dem täglichen Leben?
Schraubendreher mit Schraube, die sich $&/($%"/%/&"- nochmal nicht lösen will? Besen? Schrubber? Fahrradlenker im Gelände? Alugusspfanne mit zwei Kilo Leckerchen drin? Moppedgasgriff? Fahrradhandbremse bei Vollbremsung damit man in diesen %/&§%& nicht reinfährt?


Nicht nur der Griff, eigentlich die gesamte Technik ist rational nicht wirklich vermittelbar. Erst wenn Du in der Lage bist mit den Augen zu stehlen, hast Du eine Chance zu begreifen (im wahrsten Sinn des Wortes) wie es geht. Doch auch dann brauchst Du noch Hilfe von außen.

Trotzdem ein weiterer Erklärungsversuch:
Vielleicht kennst Du einen Spill-Antrieb, bei diesem Prinzip erfolgt die Kraftübertragung von einer sich drehenden Trommel mittels Seil-Umschlingung. So wie die Hand den Bogen umgreift, umschlingt hier das Seil die Trommel. Zieht man das freie Seilende straff, erfolgt durch die Umschlingungsreibung eine Kraftübertragung auf das mit z.B einer Ramme belastete andere Seilende. Je anpassungsfähiger das Seil ist, umso besser erfolgt die Kraftübertragung. Dabei ist es überhaupt nicht erforderlich, sehr fest am Seil zu ziehen, das System verfestigt sich selbst.
Das geschieht auch mit der Bogenhand, dabei muss man auch die richtige Lockerheit finden, damit sich die Handumschlingung bei zunehmender Bogen-Verwindungsarbeit vor dem Abschuss wie von selbst verfestigt. Im Abschuss muss dann haste was kannste zusätzlich so zugedrückt werden, wie Inagaki Sensei das im von mir oben genannten Video (ohne Bogen) vorführt.
Wobei der eigentliche Kraftimpuls von der Daumenwurzel auf die rechte vordere Bogenkante übertragen wird.
Als Anhaltspunkt: Wenn der Druck auf die Daumenwurzel im vollen Auszug punktförmig deutlich spürbar oder noch besser Schmerzen verursacht, bist Du in der richtigen Handspannung.

Voraussetzung ist natürlich, dass die Hand erstmal richtig angelegt wird, dazu musst Du Dir Videomaterial besorgen – himself hat da sicher was parat.

Grüße
Yabusame
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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von benzi » 30.03.2010, 17:39

der thread geht meiner Meinung nach in die Richtung: schau hier, es gibt nur diese Handhabe für den Griff.


Kyujin hat geschrieben:So gut wie alle anderen Schulen, vor allem der moderne shōmen-Stil und eben auch der Familienstil der Shibatas lehren das nicht (was wiederum mit der historischen Herkunft dieser Techniken zu tun hat).

Es gibt da so allgemein betrachtet nicht falsch/richtig, sondern nur "stilspezifisch". Der leichte Griff hatte ja auch seine historische Berechtigung


nachdem ich nochmal nachgelesen habe, und obiges Zitat von Kyujin gefunden habe, die Frage, was ist denn die historische Berechtigung für den leichten Griff?

Werden in allen anderen Schulen andere Yumis benutzt, ähnlich wie bei den Schiesshandschuhen?

lG benzi
Zuletzt geändert von benzi am 30.03.2010, 18:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von Yabusame » 30.03.2010, 21:47

Auf dem Schlachtfeld gab es keinen leichten Griff und wenn, dann nur für (sehr) kurze Zeit.

Wenn man Kyudo allerdings liberal sieht, kann man letztendlich es auch als "Weg mit dem Bogen" ansehen, wenn einer mit dem Bogen auf der Nasenspitze balancierend spazieren geht - ist auch sehr schwierig.

Die in der Exstremsituation von Leben und Tod entstandene Heki-Technik hat zwei Zielrichtungen, durchlagend sicher zu treffen und in der Schlachtfeldsituation phsychisch zu bestehen oder noch deutlicher, sich von seiner Psyche (Angst) nicht beeinflussen zu lassen.

Deutlicher kann ich hier nicht werden.

Grüße
Yabusame
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himself

Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von himself » 30.03.2010, 22:34

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Zuletzt geändert von himself am 03.04.2010, 06:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von Yabusame » 30.03.2010, 22:45

himself hat geschrieben:@ Yabusame

Wann ging's denn bei Dir das letzte Mal um Leben und Tod...?

Ist doch heute nur noch Spiel.



Es gibt diesbezüglich eine ganz klare und sogar eindringliche Anweisung  von Inagaki Sensei: So schießen, als hinge das eigene Leben daran!!!!!!!!

Wer das nicht versteht und Kyudo nur  3 oder 4 X die Woche übt, der wird nicht mehr erreichen, als auf mehr oder weniger elegante Weise Pfeile fliegen zu lassen und sollte sich nicht Heki-Schütze nennen.


Grüße
Yabusame
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himself

Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von himself » 30.03.2010, 23:10

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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von the_Toaster (✝) » 30.03.2010, 23:34

Also Leute...

Ich finde die Komentare, die Yabusame in diesem Thread abgibt gar nicht schlimm. Sie sind markant und gerade heraus.
Aber deshalb braucht man meiner Meinung nach nicht angenervt zu sein.
Wenn einer trotzdem meint das löschen zu müssen. Bitteschön. Ich kann ihn nicht dran hindern. Für mich ist das allerdings Zensur!
Genau deshalb habe ich das Zitat weiter oben auch stehen lassen.

Zurück zum Thema!

himself hat geschrieben:
@Toaster
Danke für die Erklärung... dass ein sehr leichter, langer und schlanker Bogen eine Tendenz zum "Schlackern" hat ist einleuchtend... das ist auch so das was gelehrt wird. Wie es genau von Statten geht wäre interessant...

Wenn tatsächlich Videos gebraucht werden... ich hab ein paar japanische...



Ich denke da werden Hochgeschwindigkeitsaufnahmen sehr hilfreich sein. Das Video, das Du hier bereits verlinkt hast ist da schon sehr hilfreich. Vor allem wenn man es sich Fullscreen und Bild für Bild anguckt. Man kann da gut sehen, wie der Bogen verwunden wird und eine Schwingungswelle durch ihn und die Sehne hindurchläuft, sobald sich der Pfeil von der Sehne löst und die Sehne die Vorwärtsbewegung der Wurfarme stoppt.
Diese Schwingung wird durch die Drehung teilweise aufgezehrt.
Bei der Aufnahme ohne Drehung kann man gut sehen, wie das obere Drittel des Wurfarmes, also der, der eh schon eine starke Biegung hat, stark nach vorne durchbeschleunigt wird und dann zurückschwingt. Das wird der Bereich sein, in dem der Wurfarm am wahrscheilichsten brechen wird. Zusätzlich schwingt die Sehne ebenfalls wesentlich unruhiger als beim Drehschuss.
Der gezeigte Bogen wird wohl nur deshalb nicht brechen, weil es sich bei ihm um einen Carbonbogen handelt.

Der nette Schüler, der die Technik am Mann demonstiert scheint die Technik für meinen Geschmack dann falsch durchzuführen, weil er erst loslässt und erst DANN den Bogen verdreht. Die Drehung geschieht erst, wenn der Pfeil die Sehne bereits verlassen hat. Ihm entgeht also der zusätzliche Vortriebsgewinn. Trotzdem wird die entstandene Drehung den Bogen bereits so vor Bruch schützen, aber nicht perfekt.

Wenn der Bogen im Idealfall nun komplett um die Bogenhand herumdreht, schlägt die Sehne ja an den Unterarm an. Dadurch wird die restliche Schwingung final gedämpft werden.

Alles nur Beobachtung auf Basis physikalischer Gesetzmäßigkeiten.
Da brauchts nix esoterisches.

@ Yabusame:

Irgendwie hast Du mit Deinen Ansichten über Kyudo nicht ganz unrecht, wenn man das um sein Leben schießen so verstehen möchte, dass man sich voll auf die gestellte Aufgabe konzentirert und sich durch nichts, nichtmal durch eigene Gedanken, ablenken läßt.
Dabei handelt es sich um einen Zustand, den Kinder ganz selbstverständlich erreichen, den wir uns als Erwachsene aber lengwierig wieder erarbeiten müssen.

@ Himself:

Ich glaube, dass "spielen" eine durchaus sehr ernsthafte Angelegenheit ist. Spielen bedeutet nicht, dass man sich nur so zum Spass und Langeweile mit etwas auseinander setzt. Sondern man versucht sich in einen kindlichen Zustand zurück zu versetzen, in dem man sich mit voller Aufmerksamkeit einer Aufgabe widmet ohne sich ablenken zu lassen.
Erzieher nennen das nach dem Leuvener Modell den fünften Grad der Engagiertheit.

Nachtrag:

Samy Molcho sagt zu dem Thema übrigens, dass Kinder nicht spielen.
Wenn sich zwei Jungs im Sandkasten um die Schaufel streiten ist das kein Spiel, da gehts um Leben und Tod!
Zuletzt geändert von the_Toaster (✝) am 30.03.2010, 23:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie fest hält man den Bogen?

Beitrag von Kyujin » 30.03.2010, 23:47

benzi hat geschrieben:Allein die Tatsache, dass es innerhalb "Eures" kulturellen Modells unterschiedliche Schulen mit unterschiedlichen Techniken gibt, zeigt mir, dass es auch innerhalb dieses kulturellen Modells unterschiedliche Wege gibt.


Latürnich gibt und vor allem gab es unterschiedliche "Strömungen" (genau das heißt nämlich ryū) innerhalb des kyūjutsu. Um sich darauf einzulassen, muß man aber einer bestimmten folgen. Und damit verpflichtet man sich (in unserer Situation höchst freiwillig) auf höchst spezifische Lösungen. Nicht weil sie "die besten" wären, sondern weil sie die Tradition definieren, der man folgt. Innerhalb einer Tradition kann es übrigens verschiedene Techniken für verschiedene Aufgabenstellungen geben.

benzi hat geschrieben:der thread geht meiner Meinung nach in die Richtung: schau hier, es gibt nur diese Handhabe für den Griff.


Innerhalb der hier aussschließlich diskutierten Schule: Ja.

benzi hat geschrieben:nachdem ich nochmal nachgelesen habe, und obiges Zitat von Kyujin gefunden habe, die Frage, was ist denn die historische Berechtigung für den leichten Griff?

Werden in allen anderen Schulen andere Yumis benutzt, ähnlich wie bei den Schiesshandschuhen?


Der leichte Griff kommt aus dem dōsha, dem historischen leistungssportlichen 24-Stundenschießen am Sanjūsangendō. Über 10000 Pfeile nacheinander zu schießen, erfordert eine höchst spezialisierte, kraftschonende Schießtechnik. Hier war oshidegake, der Handschuh für die linke Hand, notwendig. Der wurde mit Harz förmlich um den Bogengriff geklebt, was sehr geringe Haltekräfte notwenig machte. Die Technik bestand dann ausschließlich im Drücken des Bogens in Richtung Ziel. Der Vierfingerhandschuh mit versteiftem Daumen für die rechte Hand erleichterte das kraftsparende Ziehen der Sehne. Auch die Bögen wurden für die Aufgabe verändert: Der untere Bogenarm war zusätzlich verkürzt.

Mit dem ursprünglichen Schießen auf dem Schlachtfeld hat diese hochspezialisierte Technik kaum noch etwas gemein.

Würdest du dōsha üben wollen, bekämst du aber Probleme: Dieser Wettbewerb starb mit der Klasse der bushi in der Meiji-Restauration aus.
Zuletzt geändert von Kyujin am 30.03.2010, 23:52, insgesamt 1-mal geändert.
Johannes Kolltveit Ibel
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