Ich stimme Dir da auf ganzer Linie zu.
Ich habe es in 15 Jahren genau bis Mu-Dan geschafft. Warum? Weil ich im Schnitt zwei Wochen Urlaub im Jahr mache. Eine mit den gesammelten Schwiegerleuten und eine mit der Mouselady alleine. Mir würde im Traum nicht einfallen, mir meine Zeit damit um die Ohren zu hauen, in Europa herum zu eiern um drei Tage irgendwo in einer Turnhalle auf dem Fussboden herum zu rutschen.
Dafür schiesse ich aber ca 300 Pfeile die Woche - früher sogar einiges mehr.
Klar, mehr geht immer... aber viele Kyudoka, die nur im Verein schiessen, kommen kaum auf 300 im Monat.
Wie lange man etwas macht, oder welchen Rang man hat, sagt hier also wirklich nicht genug über die Schiesspraxis aus.
Und in der Frage nach den besonderen Anforderungen, die der Bambusbogen stellt, geht es mir dann eben genau um diese eher amorphen Warnungen, die Du auch bekommen hast.
Dass der Bambusyumi für Kyudo und Heki-Technik taugt, zeigt die Geschichte. Das ist eh klar.
Aber jeder Kyudoka "weiss", dass man sehr sehr viel Erfahrung braucht den Bambusyumi zu schiessen.
Wenn man aber fragt, was genau man da tun oder lassen muss... dann wird es amorph.
Auf der anderen Seite hat Hieronymus hier gerade einen Bambus-laminierten 80-Pfünder gezeigt, den man auch ohne 4. Dan einfach ziehen und schiessen kann...
Der Bogen kann es, wie kann's dann der Schütze vermasseln, es sei denn, er tut Dinge, die er absolut bleiben lassen sollte.
So schwer kann's doch nicht sein, das präzise zu formulieren und ggF ab zu stellen.
Abgesehen von völligen Banalitäten bekommt man da aber keine praktische Hilfe.
Umschlagen soll er nicht...,
Vermeiden von Schrammen und sonstigen Beschädigungen ist wichtig...
Extreme Umwelteinflüssen (Hitze, Frost, Feuchte usw) sich gefährlich...
Und dann halt das pauschal-amorphe nicht zu viel Drehen/Biegen/Drücken...
Nachdem man den Bogen überhaupt nur verbiegen kann, wenn er noch nicht unter Last steht,... dann muss man wohl bei Tenouchi bis Sanbun-no-ni /Daisan aufpassen...
Gerade wenn ich den Bambusbogen frisch aufspanne, kann ich ihn in der Form verändern - besonders bei 12kg. Nach einer Stunde stehen und bei 18kg wird's schon schwerer.
Ich habe einen Bogen hier (ca 18kg), der will eigentlich deki sein. Den kann man vor jedem Schiessen in Form bringen und am Tag drauf ist er wieder wie vorher. Ich denke die Gefahr, dass man da in einer Stunde Training etwas grundlegend verändert ist schon eher gering. Da muss der Bogen extrem leicht sein und man muss richtig grob dran herum würgen, um das zu schaffen.
Ich stelle jedenfalls immer wieder fest, wie schwer es ist, den Bogen drastisch und bleibend zu verändern, wenn man ihm nicht mit Messer und Lötlampe zu Leibe rücken will.
Ich kann mir ehrlich nicht vorstellen, dass man da durch ein Bisschen zu viel Druck/Drehung im Uchi-Okoshi/Daisan leicht Schäden verursachen kann, die sich nicht über Nacht von selbst regenerieren.
Einzig das Umschlagen ist ein echtes Risiko. Das ist bei reinen Bambus Bögen natürlich höher, je nach Urazori mitunter sogar sehr hoch. Und nachdem man immer wieder totale Anfänger sieht, denen Glas/Carbonyumis umschlagen... klar, auf dem Level an Bogengefühl würde ich denen auch keinen Bambusyumi leihen wollen.
Und der Bambusbogen ist halt empfindlicher gegen Wärme, Beschädigung, Feuchte, Kälte,.. das liegt aber am Material und nicht an der Erfahrung des Schützen.
Wenn man das mal ohne den "jeder Kyudoka weiss" Filter betrachtet, dann sind das doch totale Banalitäten.
Alles sogar für den Mu-Dan leicht zu kapieren und zu beherzigen, denke ich. Brauche ich hierfür wirklich den 4. Dan oder gibt es sonst noch etwas?
Für mich ist das das selbe Thema wie mit Preis und Status... wenn was schief geht, ist einer schuld - und zwar Du, ist hier wieder mal die Nachricht.
Wer's (zu früh) probiert ist selbst schuld...
...aber wer's nie probiert hat's deswegen auch nicht richtiger gemacht. Der hat halt gar nix gemacht und nix gelernt.
Ich denke weder, dass jeder Schaden einen Schuldigen haben muss, noch dass Fehler zu machen verwerflich ist. Gleiche Fehler wiederholt zu machen ist etwas doof, und man muss nicht jeden Fehler selbst gemacht haben. Aber irgendwo wird man nie auf eigenen Beinen stehen, wenn man nicht lernt, seine eigenen Entscheidungen zu fällen und auch zu tragen.
Aber genau davon lebt der Guru ja...
Gruss,
Mark