Kyudo zwischen Tradition und Kult

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benzi
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von benzi » 16.09.2010, 12:29

nur kurz:

ich finde es toll das hier wieder eine respektvolle Diskussion zwischen Kyudoka und "Laien" entsteht!

Ich wünsche mir, dass viele daran teilnehmen, ohne dass es zum Streit kommt!

erstmal liebe Grüße benzi
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skerm
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von skerm » 16.09.2010, 13:02

Hallo!

Markus hat geschrieben:UND es gibt (nicht auf jedem Wettkampf, aber immer mal wieder) den sog. "Stilpreis" bei dem der Schiessstil der Schützen bewertet wird. Ganz oft ist es dann so, dass der Gewinner des Wettkampfs und der Gewinner des Stilpreise NICHT ein und derselbe Schütze ist. Denn es menschelt überall und manch einer unterwirft seinen Schiessstil eben dem Treffen und nicht dem Anspruch auf Perfektion.


Wieso sind diejenigen, die auf die perfekte Technik achten, nicht auch die, die besser treffen? Oder anders, sollte nicht auch im Kyudo die besser durchgeführte Technik die besseren Resultate ergeben?
Wenn die Schützen, die näher an der perfekten Technik sind, nicht auch die besseren Ergebnisse einfahren, erscheinen mir die Überlegungen zu Treffen vs. Technik inkonsistent.

Gruß,
Daniel

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Markus
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Markus » 16.09.2010, 13:03

Galighenna hat geschrieben:Das schwierige daran ist dann wahrscheinlich, zu verstehen, das jeder seinen Weg im Kyudo selbst finden muss... Also ob ich meinen Schießstil nach dem Treffergebnis ausrichte, oder ob für mich die perfektion der Technik im Vordergrund steht und der Treffer "nur" das Sahnehäubchen des Schusses ist.


Der Weg im Kyudo innerhalb einer Stilrichtung ist vorgegeben und ich kann da nicht meinen eigenen Weg finden. Dass sich unterwegs die Sichtweise auf/über Kyudo verändern kann, ist logisch und auch wünschenswert (und sicherlich nicht nur im Kyudo der Fall). Und dass mir Kyudo heute noch was gibt und morgen vielleicht nicht mehr, kommt ebenfalls vor. Aber das Wie ist klar und deutlich und da kommt auch nix dazu und fällt nix weg. Es ist mir nur nicht möglich, das ganze Universum gleich am ersten Tag zu überblicken. Der Blick schärft sich im Laufe der Übung.

Markus

shortRec
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von shortRec » 16.09.2010, 13:08

Markus hat geschrieben:
Im Kyudo gibt es heutzutage Meisterschaften, an denen jeder teilnehmen darf, dessen Pfeile sicher in Richtung Ziel fliegen und nicht 3 m drüber oder 5 m daneben etc.pp. Das heißt aber nicht, dass diese Schützen perfekt sind. Dennoch geht es in diesen Meisterschaften oder besser Wettkämpfen um's Treffen. Wer die meisten Treffer hat, hat gewonnen.
ABER - es gibt auch Treffer, die aberkannt werden, wenn ein offensichtlicher Zielfehler vorliegt (das wird vom Wettkampfleiter, üblicherweise ein Kyudoerfahrener) festgestellt.



Dann lag ich mit meinem Vergleich also gar nicht so verkehrt. Auch wenn man das klassische Kyudo (was auch immer man im Detail darunter verstehen mag) natürlich nicht direkt mit dem versporteten westlichen Turnen oder ähnlichem vollständig vergleichen kann, gerade deshalb, weil beim Turnen die spirituelle Erfahrung keine Rolle (mehr) spielt. Es geht mir in dem Vergleich auch vielmehr darum, ein Beispiel aus unserem Kulturkreis zu finden, dass grundlegende Zusammenhänge für Außenstehenden verständlich machen kann, auch wenn es im Detail natürlich Abweichungen gibt.
Zurück zum Beispiel: Wer die schwierigste Übung zeigt mit der formvollendetsten Ausführung turnt, gewinnt. Darüber wacht eine erfahrene und sachkundige Jury. Schließlich können auch einfachere, aber eben perfekt ausgeführte Elemente, höher bewertet werden als schwierigere, die unsauber präsentiert werden.
Das heißt, es es zählt nicht nur das Ergebnis (Treffer), sondern auch, wie dieses zu Stande gekommen ist (möglichst formvollendete Ausführung der Technik).

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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Markus » 16.09.2010, 13:27

skerm hat geschrieben:Wieso sind diejenigen, die auf die perfekte Technik achten, nicht auch die, die besser treffen? Oder anders, sollte nicht auch im Kyudo die besser durchgeführte Technik die besseren Resultate ergeben?
Wenn die Schützen, die näher an der perfekten Technik sind, nicht auch die besseren Ergebnisse einfahren, erscheinen mir die Überlegungen zu Treffen vs. Technik inkonsistent.


Grundsätzlich hast Du nicht unrecht und Schützen mit einer "guten" Technik haben meist auch die höheren Trefferergebnisse.
Aber wir sind nun mal ALLE auf dem Weg zur Perfektion, aber keiner ist es. Daher ist mein Stil vielleicht ganz gut, aber es fehlt eben noch ein Teil, um auch den Treffer zu landen.
Der Stilpreis bewertet ja auch nur diejenige Qualität zum Zeitpunkt des Wettkampfes.

Und wenn Du weiter oben aufmerksam gelesen hast, dann kann ein Treffer ja auch aus einer Kombination vieler Fehler heraus "passieren". Der gilt zwar dann vielleicht für den Wettkampf, ist aber eigentlich wertlos.
Das ist wie bei manch einem westlichen Bogenturnier - obwohl der Pfeil am Ast abprallte, zählt der Treffer im Kill. Hat der Schütze deswegen aber gut geschossen? Ich denke nicht. Er hatte nur Glück.


Und nochmals bitte - ich bin bereit, im Rahmen meiner Möglichkeiten über Kyudo zu diskutieren. Aber ich bin nicht bereit über "warum machen die das denn so, die könnten es doch auch anders machen" zu diskutieren. Das hatten wir hier schon und das führt u. U. zum Streit, den ich gerne vermeiden möchte.

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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von benzi » 16.09.2010, 13:35

Markus hat geschrieben:Der Weg im Kyudo innerhalb einer Stilrichtung ist vorgegeben und ich kann da nicht meinen eigenen Weg finden.
Markus


was nun hier in Deutschland vermutlich neu ist, oder zumindest hier übers Forum an die Öffentlichkeit kommt und daher diskutiert werden kann, ist, dass es eben Leute gibt, die sich außerhalb einer Stilrichtung oder außerhalb einer trad. Schule, dem Yumi und dem japanischen Bogenschiessen nähern wollen.

Viele Konflikte hier, sind meiner Meinung nach daraus entstanden, dass diese Wege, außerhalb der Schulen, mit negativen Attributen belegt wurden. Ich möchte einen Weg gehen, mich dem Yumi und dem Schiessen mit ihm zu nähern, OHNE dem Weg einer trad. Schule zu folgen und ich möchte mich dafür nicht jeden Tag rechtfertigen müssen oder deswegen angegriffen werden.

Je mehr ich mich mit der japanischen Geschichte beschäftige, was ich ja parallel tue, je mehr hab ich das Gefühl, das auch mein Weg seine Berechtigung hat......

Und je näher ich dem Yumi komme, je mehr sehe ich, dass es viele Wege gibt ihn zu schiessen, nahezu jedes Detailelement, kann so wie im heutigen Kyudo der Heki ryu ausgeführt werden, aber eben auch ganz anders! Und schwierig, sehr schwierig, wird es für mich dort, wo der Weg einer Schule als der einzig korrekte Weg dargestellt wird.

liebe Grüße benzi
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Markus » 16.09.2010, 13:36

Mir wurde via IM vorgeworfen, dass der folgende Satz so verstanden werden könnte, dass Beiträge von Nichtkyudoka bzw. Unerfahrenen unerwünscht seien.

Markus hat geschrieben:DAS muss der geneigte Leser verstehen und akzeptieren. Dann ist das Verständis für Kyudo schon ein ganzes Stück voran geschritten. Wer dies nicht verstehen kann oder will, sollte sich aus Diskussionen über Kyudo eher raushalten, denn das führt dann zu nix.

Markus


Meine Antwort auf die IM lautete
Markus hat geschrieben: Mein Satz war übrigends keine Ausladung sondern allenfalls eine Aufforderung, sich intensiv mit dem Thema zu befassen.


worauf ich wiederum die Antwort erhielt:
aber vielleicht kommt es bei einigen, mich eingeschlossen, als Ausladung an.............und die bleiben dann dem Thema fern, weil ihre Beiträge nicht erwünscht sind.........?

Ich fände es schön den von Dir zitierten Satz oben im Forum lesen zu können?!


was ich hiermit mache.
Dennoch bleibt der Inhalt des ersten zitierten Satzes so stehen.

Markus

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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Markus » 16.09.2010, 13:44

benzi hat geschrieben:
Markus hat geschrieben:Der Weg im Kyudo innerhalb einer Stilrichtung ist vorgegeben und ich kann da nicht meinen eigenen Weg finden.
Markus


was nun hier in Deutschland vermutlich neu ist, oder zumindest hier übers Forum an die Öffentlichkeit kommt und daher diskutiert werden kann, ist, dass es eben Leute gibt, die sich außerhalb einer Stilrichtung oder außerhalb einer trad. Schule, dem Yumi und dem japanischen Bogenschiessen nähern wollen.

liebe Grüße benzi


Benzi, Du gibst Dir die Antwort bereits selbst - s. die fett hervorgehobenen Wörter.
Wenn ich mich innerhalb und Du Dich außerhalb bewegst, sprechen wir von zwei verschiedenen Dingen und damit können diese beiden Sichtweisen nicht verglichen werden.
Beide haben Ihre Berechtigung, aber sie müssen nebeneinander existieren und die gemeinsame Schnittmenge ist vermutlich sehr klein.

Um es mal etwas drastischer zu formulieren - wenn ich einer geladenen, scharfen Pistole von vorne in den Lauf schaue und dann selbst und aus freiem Willen den Abzugshebel ziehe, ist das mein Weg, dem Du nicht automatisch folgen musst, selbst wenn Du die gleiche Pistole mit der gleichen Munition in der Hand hälst. Du kannst meinem Tun folgen, musst aber dann mit allen Konsequenzen leben.

Markus

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SeKan
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von SeKan » 16.09.2010, 13:57

Hallo,
ich muß jetzt mal was erzählen, auch auf die Gefahr hin ausgelacht oder für einen Spinner gehalten zu werden.

Letzten Sommer hatte ich ein eigenartiges Erlebnis, welches mir immer noch sehr gegenwärtig ist und über das ich schon sehr viel nachgedacht habe.
Es war erst der 2. Sommer in dem ich die Gelegenheit nutzen konnte, auf einem richtigem Bogenplatz zu trainieren. Vorher hab ich immer nur im Garten und hin und wieder aufm Parcour rumgeballert. Autodidaktisch. Das heist, das ich von richtiger Schießtechnik noch weniger verstand als jetzt. Jetzt auch noch nicht so viel- bin also noch sehr laienhaft unterwegs.

In diesem Sommer hatte ich das Glück, sehr oft ganz alleine dort schießen zu können- mach ich gerne.
Normalerweise ist es ja so, das man vor dem Ziel steht und das Ziel vor einem. Man könnte auch sagen: Hier ich- da Ziel.
Also eben ganz normal.
Dann ist es passiert:
Im Augenblick des Lösens verschwand für mich die Grenze zwischen "hier ich, da Ziel" und ich hatte das Gefühl oder die Wahrnehmung, das ich gleichzeitig der Schütze und das Ziel bin. Ich war voll Da, konnte aber irgendwie fast körperlich fühlen, wie die Scheibe den Pfeil erwartet. Es war ein schönes Gefühl, etwa so, wie wenn man mit ausgebreiteten Armen dasteht und ein Kind auf einem zuläuft.
Es hat auch nur diesen einen Pfeilflug lang gedauert und ist danach nie wieder aufgetreten. War aber sehr intensiv und ich kann es mir heute noch vergegenwärtigen.
Ich hab an dem Tag noch ein paar Pfeile geschossen, dann aber aufgehört, weil ich erst mal in mich gehen musste.

Natürlich kenne ich die einschlägigen Aussagen über das Eins werden mit dem Ziel u.s.w..
Aber etwas Lesen oder etwas spürbar zu erfahren sind doch zwei Paar Schuhe.

Tut mir Leid das ich es nicht besser schildern kann, aber vieleicht versteht Ihr auch so was ich meine.
Für mich war es die Aufhebung von Dualität, Buddha lässt grüßen.

Hat Kyudo damit zu tun?
SeKan

@benzi: Danke für die Buchtipps, werde mich mal umtun.

Anuk
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Anuk » 16.09.2010, 14:06

Zum Gespräch zwischen Benzi und Markus: Sehe ich es richtig, dass Markus über Kyudo spricht und Benzi über das/sein Schießen mit dem Yumi?

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Galighenna
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Galighenna » 16.09.2010, 14:17

@Anuk ja das denke ich auch.. für mich kam es auch so rüber ;)

@Markus
Markus hat geschrieben:
Galighenna hat geschrieben:Das schwierige daran ist dann wahrscheinlich, zu verstehen, das jeder seinen Weg im Kyudo selbst finden muss... Also ob ich meinen Schießstil nach dem Treffergebnis ausrichte, oder ob für mich die perfektion der Technik im Vordergrund steht und der Treffer "nur" das Sahnehäubchen des Schusses ist.


Der Weg im Kyudo innerhalb einer Stilrichtung ist vorgegeben und ich kann da nicht meinen eigenen Weg finden. Dass sich unterwegs die Sichtweise auf/über Kyudo verändern kann, ist logisch und auch wünschenswert (und sicherlich nicht nur im Kyudo der Fall). Und dass mir Kyudo heute noch was gibt und morgen vielleicht nicht mehr, kommt ebenfalls vor. Aber das Wie ist klar und deutlich und da kommt auch nix dazu und fällt nix weg. Es ist mir nur nicht möglich, das ganze Universum gleich am ersten Tag zu überblicken. Der Blick schärft sich im Laufe der Übung.

Markus


Da gebe ich dir recht Markus. Das Regelwerk des Kyudo ist wohl sehr eindeutig und die Abläufe exakt vorgeschrieben.
Worauf ich hinaus wollte, war die Aussage, dass es bei Wettkämpfen Schützen gibt, die ihren Stil dem Trefferbild unterordnen und andere, die ihr Trefferbild der Perfektionierung ihres Stils unterordnen.
Das bedeutet ja nicht das dieser die Regeln des Kyudo verletzt. Denn dann würde er im Wettkampf nicht zugelassen etc...
Ich meinte damit eigentlich eher, das es einen gewissen Spielraum gibt, seinen Stil so zu "vermurksen" das man schneller zu besseren Trefferergebnissen kommen kann. Mit der Folge das darunter eben die perfektionierung des Stils leidet. Dies scheint also zumindest für Wettkämpfe zu gelten.
Ob es jetzt falsch oder richtig ist sein Augenmerk auf das eine oder das andere zu legen ist also in dem Moment dem Schützen überlassen.
Ich möchte damit nicht provozieren, aber ist dann nicht eigentlich auf einem Kyudoturnier eine Bewertung rein nach Trefferbild eher abträglich? Zumindest fördert eine solche Bewertung nicht die Ziele die losgelöst von Wettkämpfen eigentlich hinter Kyudo stecken oder?

Achja @SeKan
Naja deine Schilderung kann ich gut nachvolziehen. Ich habe sowas auch schonmal erlebt. Irgendwie verschwindet alles um einen herum und man trifft ohne nachzudenken einfach einen Pfeil nach dem anderen genau so wie man es vorher wusste. So als hätte man schon geschossen und würde sich selbst dabei zugucken, nur halt irgendwie "von innen" *gg* Sobald man dies aber bemerkt und daran denkt, löst sich dieser Zustand sofort auf... Was sehr schade ist
Zuletzt geändert von Galighenna am 16.09.2010, 14:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Markus » 16.09.2010, 14:19

Hallo Sekan,

Kyudo ist nix anderes als Bogenschiessen. Vielleicht mit einer andern Technik und etwas mehr drumrum, aber es ist einfach nur Bogenschiessen.
Ein Erlebnis, wie Du es gespürt hast, haben schon sehr viele Bogenschützen - zumindest dem Vernehmen nach - erleben dürfen und ja, es ist ein schönes Gefühl, das man gerne öfter hätte.
Aber Kyudo - so wie ich es verstehe - hat nix damit zu tun, eine wie auch immer geartete Sphäre betreten zu können, sondern einfach nur damit, eine anspruchsvolle Technik beherrschen zu lernen. Ganz profan und bodenständig und ohne Esoterik.

@Anuk - ja und darauf habe ich (und nicht nur ich) schon des öfteren auch an anderer Stelle hingewiesen.

Markus

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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Markus » 16.09.2010, 14:30

Schon verrückt, was man innerhalb einer Stunde so alles über Kyudo schreiben kann ..... ;)

Galighenna hat geschrieben:Ich möchte damit nicht provozieren, aber ist dann nicht eigentlich auf einem Kyudoturnier eine Bewertung rein nach Trefferbild eher abträglich? Zumindest fördert eine solche Bewertung nicht die Ziele die losgelöst von Wettkämpfen eigentlich hinter Kyudo stecken oder?


Nochmal - es geht auch ums Treffen und daher darf und muss man auch schauen, wer denn überhaupt trifft! Und treffen unter Wettkampfbedingungen ist nochmal eine andere Situation als Treffen im normalen Training. Da erst zeigt es sich, wie gut ein Schütze seine Technik wirklich beherrscht - auch im westlichen Bogenschiessen.
Und was heißt "losgelöst von Wettkämpfen" - wenn man Kyudo mal auf seine Ursprünge hin anschaut, ging es sehr wohl ums Treffen - Leben oder Tod. Die Sache ist doch die - ein perfekter Schütze trifft immer, egal in welcher Situation er steckt. Der weniger perfekte Schütze muss halt noch ein wenig üben. Und - siehe oben - es kann auch vorkommen, dass Dir im Wettkampf ein Treffer aberkannt wird.

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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von the_Toaster (✝) » 16.09.2010, 14:39

SeKan hat geschrieben:
Hat Kyudo damit zu tun?
SeKan


Ja. Kyudo hat AUCH damit zu tun. Aber nicht NUR.

Im Prinzip kann man mit JEDER stupiden (damit meine ich sich ständig wiederholender) Tätigkeit, bei der man sich aber trotzdem voll drauf konzentrieren muss (zum Beispiel am Fließband um Verletzungen oder Qualitätsmängel des Produktes zu vermeiden) diesem Effekt erreichen. Dieser Effekt nennt sich gemeinhin Trance.
Diesen Zustand mit Absicht und mit voller Aufmerksamkeit herbei zu führen ist sehr schwer. Meist geschieht es, wie bei Dir, spontan. Wenn Du diesen Zustand einmal spontan erreicht hast kann zweierlei passieren. Entweder es wird leichter diesen Effekt in Zukunft absichtlich herbei zu führen, weil Du gelernt hast welche Bedingungen du benötigst. Oder es wird schwieriger weil du mit zu großer Anstrengung versuchst ihn wieder zu erreichen. Und an diesem Punkt kann es problematisch werden. Nämlich dann, wenn sich jemand zum Lehrer/Guru aufschwingt und versucht dir einzureden, er könne dir helfen diesen Zustand wieder zu erreichen, wenn du ihm... usw. usf.
Da fangen bei mir alle roten Lampen aufzuleuchten und Alarmglocken zu schrillen.

Ich stelle mich ganz gerne mal drei Meter vor die Scheibe und schieße mit einem schwachen Bogen und ohne jeden Schutz mit geschlossenen Augen. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers wird dabei sehr intensiv. Ich kann mich dabei regelrecht selbst schießen sehen, wenn ich das ein paar mal gemacht habe. Dabei kann ich den "Blick" regelrecht auf jedes einzelnes Körperteil und Muskelgruppe richten. Am intensivsten ist es dann, wenn ich eine komplette Passe mit geschlossenen Augen durchführe. Also beim Pfeile aus dem Köcher nehmen und einnocken die Augen auch geschlossen halte. Ein faszinierender Zustand. Aber Trance würde ich das noch nicht nennen.

---

Anuk: Richtig erkannt. Ein Mißverständnis mit dem ich hier auch gekämpft habe.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.

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Re: Kyudo zwischen Tradition und Kult

Beitrag von Galighenna » 16.09.2010, 14:49

OK ich glaube dann hab ichs nun ;)
Es ist zugegeben manchmal etwas schwierig und verwirrend wenn einerseits eben das genaue befolgen der Technik im Vordergrund steht und der Schütze dann halt auch teilweise weniger gut trifft, als ein Schütze der es mit der Technik nicht sooo genau nimmt, dafür aber irgendwie doch besser trifft.
Da steckt auch viel "Halbwissen" Hörensagen und "Vorurteil" drin, weil man bei japanischen Traditionen oft einfach erstaunt ist wie perfektionistisch auch die kleinsten Details manchmal durchorganisiert und vorgeschrieben sind.
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