Ein kleiner Armbrustbogen

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Rizzar
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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Rizzar » 02.01.2013, 15:14

Frohes neues Jahr Euch allen!!

Nachdem ich mal ein wenig unproduktiv war, habe ich heute mal einen Bogen in Funktionszustand poliert und auf meine arme Tillerwand gehängt.

Hier mal ein Bild des 6mm starken Bogens, eventuelle Ungleichheiten sind eher auf die Perspektive des Bildes und einer eventuell leicht verschobenen Auflage entstanden, als durch den Bogen selbst.

Den Flaschenzug zu halten und gleichzeitig das Fotohandy zu bedienen war irgendwie nicht so pralle, ohne Flaschenzug wäre es allerdings überhaupt nicht möglich gewesen. ;)

Tiller 6mm.jpg


Zuggewicht ist noch moderat, ~95 kg bei ~32 cm Auszug liegen voll im Rahmen des gewünschten.
Errechnet war es höher, man sollte aber auch die Wirkrichtung der Kräfte nicht vollends ignorieren.
(Kräfteparallelogramm wäre echt toll, wenn es praktikabel wäre)

Gleich kommt noch eine Schutzwicklung drauf und dann mach ich mir Gedanken um Spann- und Abzugsmechanismus.
Hadere noch zwischen Klappen und Nussschloss...

Was soll ich sonst noch sagen: Set oder Stringfollow hat er natürlich nicht ;)

Gruß Rizzar

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Ritter Jos
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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Ritter Jos » 03.01.2013, 10:48

Wenn du keinen runden Sehnendaumen hast, hat es sich bei mir bewehrt ein dünnes Stück Leder
zwischen Sehne und Aufnahme zu legen. Die Sehne wird hier doch sehr stark belastet.

Hier habe ich mal eine Schutzwicklung ( Zopf ) gefilmt. Ohne Zopf würde ich nicht mehr mit einer Armbrust schießen.


www.youtube.com/watch?v=U0WFm2pdADM

Was nimmst du als Sehnenmaterial?

Jos
Zuletzt geändert von Ritter Jos am 03.01.2013, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.

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Idariod
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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Idariod » 03.01.2013, 12:17

Ritter Jos hat geschrieben: Ohne Zopf würde ich nicht mehr mit einer Armbrust schissen.


:'(
Teile dein Wissen und gib nicht vor zu wissen was du nicht weißt - ein guter Ratschlag von einem tüchtigen Tischler. Das steht hier um mich daran immer zu erinnern, und für alle denen der Schuh passt.

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Rizzar
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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Rizzar » 03.01.2013, 14:46

Hey Jos.

Das mit dem Leder hab ich auch im Kopf, werde aber erstmal die Sehnenwicklung beobachten und dann entscheiden.

Schon als ich das erste mal das Video von dir gesehen habe hab ich mich in die Schutzwicklung verguckt und gestern dann auch so aufgelegt.
2013-01-03 14.37.08.jpg


Die Sehne ist aus 70 Windungen B55 (Dacron B50 ähnlich), weil die Daumen so klein sind bleibt mir da nichts anderes als synthetikmaterial übrig.
Ist was das Zuggewicht angeht absolut überdimensioniert, schadet aber nicht und der Sehnendurchmesser im Mittelpunkt ist mit 8mm ganz OK.

Gruß Rizzar

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Ritter Jos » 03.01.2013, 19:17

Die Sehne so stark wie der Bolzen, ist doch genau richtig.


Bei den Alten geht der geflochtene Zopf immer durch bis ans Ende. Ich habe mal eine Zerreißprobe gemacht, hat aber keinen Unterschied ergeben, ob der Überschlag geflochten ist oder nicht.

Wichtig ist aber das der Zopf unter und über den Wicklungen am Bogenende liegt. Wird er nur überwickelt zieht es ihm beim Bruch einfach raus.

Jos

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Ravenheart » 05.01.2013, 18:00

...schönes Video, nur der Abschluss mit dem Bleistift ist unnötig fummelig... Das geht besser! Gleiches Vorgehen wie bei der Mittenwicklung, siehe Wiki...

Rabe

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Ritter Jos » 05.01.2013, 19:27

Ich war den ganzen Mittag in der Werkstadt und habe ein Video über den Einbund der Armbrust gedreht.
Ich weiß im Moment nicht was du meinst?

Jos

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Rizzar » 06.01.2013, 13:43

Der Rabe meint deine Methode mit dem Bleistift die Überwicklung des Fadens zu realisieren.
Die Variante die hier im Wiki steht ist etwas anders, ich sage, jedem so wie es ihm am besten passt ;)

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Rizzar » 28.03.2013, 19:35

So, hier mal wieder ein Update, geht etwas zäh voran, aber das liegt einfach an den vielen Baustellen...


3 neue Stahlbögen die bereit sind in die Härterei zu gehen.

1.jpg

2.jpg


Als Vergleich der 700x35x5mm der ersten Serie.

1x 600x45x18x5 voraussichtlich ~100Kg bei 24-24,5cm Auszug und ~6cm Standhöhe und 726g

1x 600x45x17x5 voraussichtlich ~100Kg bei 24,5-25,5cm Auszug und ~6cm Standhöhe und 725g

1x 660x45x18x6 voraussichtlich ~130Kg bei 25,5-26,5cm Auszug und ~7cm Standhöhe und 912g

Die Sehnendaumen sind noch etwas schmal und werden bei den nächsten Versuchen etwas größer gemacht, die Schultern auch(und etwas mehr aufgeschwungen, das habe ich bei diesen verpasst hole ich vieleicht aber noch recht simpel nach).
Bei denen hier werde ich noch ein wenig durch Schleifen optimieren, aber vermutlich wird es wieder auf Dacronsehnen hinauslaufen, Gotische Knoten aus Naturmaterialien brauchen nunmal etwas Futter.

(Hmm, die Bildgrößenbeschränkung nach Pixeln geht irgendwie bei aneinandergereihten Bildern auf die Nerven)

Rizzar

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Aldur » 23.08.2014, 23:18

Hallo Rizzar!

Verzeih dass ich diesen Thread hervorkrame, aber es würde mich wirklich brennend interessieren wie du die Bögen so gleichmäßig gebogen hast, Schmiedeausrüstung und -erfahrung ist beides vorhanden. Ich bin gerade an der Planung einer Armbrust und würde den Bogen gerne selbst fertigen, erstens aus Geldproblemen (bin Student^^), zweitens (und weitaus wichtiger) weil ich eigentlich gar keinen kaufen will, weils selbstgemacht einfach feiner ist ;).
Hast du dir Biegeschablonen gefertigt und dann den vorgeschnittenen Flachstahl zurechtgebogen? Und falls du mehr geschmiedet hast (also auch nennenswerte Materialverformung), hast du da Bedenken bezüglich des Stahlgefüges, oder hast du in der Härterei den Stahl auch normalisieren lassen? In meiner Esse geht sich eine ordentliche Normalisierung bei diesen Längen nicht aus...

Vielen Dank schon im Voraus für eine Antwort!

Dominik

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Rizzar
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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Rizzar » 24.08.2014, 08:51

Hallo

Das mit dem Hervorkramen ist kein Problem. So bin ich wenigstens motiviert die Schreibfaulheit zu überwinden.

Mir war's auch immer wichtig, wenn ich die Möglichkeit habe etwas selbst zu bauen, dieses auch zu tun.
Es spielte die Herausforderung eine Rolle, andererseits halte ich es nicht für Negativ einen Bogen zu erwerben, besonders wenn es um hohe Energien geht, denn der Aufwand zur Fertigung, insbesondere des Ersten, ist in der Regel enorm.

Wenn schon Schmiedeerfahrung besteht, was bei deinem übrigens sehr schönen Messer doch zu vermuten ist, ist das schon ein großer Vorteil im Vergleich zum absolut Unerfahrenen.

Ich finde es wichtig das der Bogen eine möglichst gleichmäßige Biegung besitzt.

Auf Bedenken bezüglich des Stahlgefüges bei hoher Umformleistung hinzuweisen halte ich für besonders sinnvoll.

Daher habe ich mich damals entschlossen auf flachen Stahl zurückzugreifen. Diesen habe ich dann in Form geschnitten (bei einigen auch mit dem Laser, aber mit unbefriedigenden Ergebnissen), und die Enden nur leicht umformen müssen.

Eine Schablone zum Biegen ist eine sinnvolle Möglichkeit. Ich gehe davon aus, dass dieses die traditionelle Verfahrensweise ist, bzw. Gesenke genutzt wurden um relativ gleichmäßige Radien zu erzeugen.

Ich bin noch ein Stück weiter gegangen und habe mir eine Press Vorrichtung gebaut.

Diese Vorrichtung habe ich aus Baustahlblöcken (Konvex und konkav) angefertigt die ich an den Backen eines großen Schraubstockes befestigen konnte. Für die Warmverformung genügt der relativ geringe Druck vollkommen. Das Herstellen so einer Presse ist mit einfachen Mitteln natürlich umständlich. Mit Unterstützung von CNC dagegen sehr profan und über nen Kasten Bier, vorausgesetzt der Kontakt ist vorhanden, machbar. Ich habe den konvexen Radius mit der Schleifmaschine angefertigt, und den konkaven daraufhin angeglichen (unterschiedliche Radien wegen Materialstärke beachten).

Wie man sieht kann man alleine einen hohen Aufwand betreiben, wenn man die Werkzeuge zur Herstellung herstellen muss.
Dennoch kann ich so auf Dauer eine gleichbleibende, homogene Biegung gewährleisten, und dieses selbst bei unterschiedlichen Materialstärken.

Trotzdem habe ich, um auch nur geringsten Eventualitäten vorzubeugen, das komplette Wärmebehandlungsfeuerwerk in der Härterei zünden lassen.
Das war für mich damals aber deutlich einfacher/günstiger, weil ich dort einen Mitarbeiter privat kannte.
Ich denke, dass dir die Bedeutung einer korrekten Wärmebehandlung durchaus bewusst ist, sonst hättest du nicht danach gefragt ;)
Wenn du es nicht 100%ig selbst machen kannst, sei es aus Mangel an Erfahrung oder Equipment, dann lass es!!

Ich kenne das Problem mit der Werkstückgröße, generell empfiehlt es sich beim Stahlbogenbau einen Ofen zur Verfügung zu haben, der auch die Behandlung von längeren Klingen erlaubt.

Bevor ich meinen nächsten Bogen selbst baue werde ich einen steuerbaren Härteofen fertigen, ungeachtet der hohen Energiekosten, reizt mich eben allein die Möglichkeit zu haben, zuverlässig und genau die Wärmebehandlung, auch bei längeren Klingen, durchführen zu können.


So, genug geschrieben, hoffe ich konnte deine Fragen hinreichend beantworten.

Gruß Martin

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Aldur » 26.08.2014, 12:03

Hallo!

Erstmal vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Es wäre nicht zwingend ein Problem für mich einen Bogen zu kaufen, aber bezüglich Händlern sieht es da ja ohnehin eher schlecht aus und da ich auch keinen Zeitstress habe dachte ich mir ich will es mal selbst versuchen. Ich will ja jetzt nicht in den nächsten Wochen eine fertige Armbrust in den Händen halten, es kommt ja eh bald wieder die Zeit mit den langen Nächten wo man viiel Zeit zum Basteln hat ;)

hmm, die Idee mit der Presse gefällt mir sehr gut, jemanden mit Zugang zu einer CNC-fräse würd ich auch kennen... ich denke das ist wohl der beste Weg, danke für die Idee! ich bin mal so frei und werd mich da dran halten...

Also die Wärmebehandkung hätte ich ohnehin nicht selbst gemacht, das ist ohne steuerbarem Ofen einfach ein unkalkulierbares Risiko (auch mit Ofen, wenn man nicht die nötigen Kenntnisse hat). Messerklingen und ähnliches härten ok, aber da bricht halt schlimmstenfalls das Messer ab. Bei einem Armbrustbogen ist die Verletzungsgefahr ja doch immens. Also die Dinger gehen auf jeden Fall in die professionelle Härterei, da lass ich die Finger davon.

Ich hätte noch eine Frage, wie bist du zu den Dimensionen des Bogens gekommen, gibt es da Formeln zum Berechnen? Und bezüglich Bogenformen, kannst du da irgendwelche Lektüre empfehlen oder hast du da einfach probiert?

Vielen Dank nochmals,

Dominik

(der viele Fragen hat^^)

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Re: Ein kleiner Armbrustbogen

Beitrag von Rizzar » 27.08.2014, 12:08

Hallo

Zur Bogendimensionierung:

Ja, ich habe Formeln. Aber die sind eher ein persönlicher, genäherter Anhalt und ich möchte sie auch derzeit nicht eröffnen.
Habe allerdings nichts gegen die ein oder andere Rechnung zur Unterstützung "Hilfsbedürftiger"...

Bogenform ist auch so eine Sache, ich denke du gehst damit von der deflex/reflex Geschichte aus.
Beim Stahlbogen erübrigt sich der Reflex eh meist und nutzt hauptsächlich bei der geometrischen Korrektur der Sehnenaufnahme, der Rest hält sich in Grenzen, jedenfalls wenn man es mit Handbögen vergleicht.
Der Abrollfaktor beim Stahlbogen ist einfach sehr gering begrenzt, da der Federweg i.d.R. klein ist.

Grundsätzlich soll man einen linearen Taper erreichen. Historische Vorlagen weisen meist eine Querschittsverjüngung auf 35-40% auf, ist aber nicht limitiert.

Erhöhung der Sehnenlinie ist auch bis zu einem gewissen Zuggewicht (eventuell kontraproduktive Hebelwirkung auf die Säule) möglich, erschwert aber das Taperverhalten.

Lektüre gibt es Verschiedenes: Standard Nachschlagewerke sind Harmuths "Die Armbrust" und "Jahrblatt der Interessensgemeinschaft historische Armbrust" (hier 2008 Stellamanns Artikel "Dimensionierung von Stahlbögen") von Jens Sensfelder ( 2008 derzeit nur über Direktvertrieb) herausgegeben.
Die persönliche Einschätzung zu den Jahrblättern ist überaus positiv und hätte mir persönlich viele Stunden Eigenarbeit erspart, wenn ich früher (habe sie mir letzten Dezember nach meinen Bogenbauerfahrungen geholt) über sie verfügt hätte, Harmuth als Überblick eher ein nice to have, nicht nur der geringen und teuren Verfügbarkeit geschuldet.

Martin

(der die Sesam´sche These: "wer nicht fragt bleibt dumm" unterstützt ;) )

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