Bau von Nuss- und Nussbrunnen aus Geweih, mit Verstärkungen

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Rizzar
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Bau von Nuss- und Nussbrunnen aus Geweih, mit Verstärkungen

Beitrag von Rizzar » 03.11.2012, 09:19

Guten Morgen

Über diesen Thread http://fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=34&t=18545 bin ich neulich auf Brisa.fi aufmerksam geworden.

Da ich mittlerweile genau weiß, dass es recht schwer ist ein für eine Armbrustnuss ausreichendes Geweihmaterial zu finden und viele danach suchen, habe ich mir mal gedacht eine Testbestellung zu tätigen.

Zugegeben, die Versandkosten sind happig (in meinem Fall ~15€ bei 30€ Mindestbestellmenge), das hat mich dann aber nicht davon abgehalten.

Bestellt habe ich Elchgeweihrosen (Alces Alces):
1x normale Größe
2x Durchmesser > 8cm

Wollte euch am Ergebnis teilhaben lassen.
Hier Bilder der Rohform, vieleicht gibt es Updates wenn ein Nussrohling entsteht.
IMG_5560.JPG
Links müsste vom Damwild sein, hier haben sich die Maße als unzureichend erwiesen.

Beurteilung der Substantia Compacta und Spongiosa scheint für den Anfang sehr gut.
Spongiosa ist wenn überhaupt vorhanden (Compacta ist sehr stark ausgebildet nehme ich an) sehr fein und fest.
IMG_5563.JPG
Man beachte die Spongiosa im Vergleich (beim Damwild bereits kurz nach der Rose)

Durchmesser der großen Stücke lässt mindestens einen Nussrohling im Großformat zu.

Ich weiß, dass hier bereits einige Erfahrung in diesem Bereich gesammelt haben, falls es hinsichtlich der Festigkeit, oder anderer bis jetzt unerkannter Dinge Probleme gibt/geben wird, dieses bitte anmerken.

Mein Fazit: bis jetzt hat sich die Bestellung gelohnt.

Gruß Rizzar
Zuletzt geändert von Rizzar am 03.11.2012, 10:26, insgesamt 1-mal geändert.

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Snake-Jo
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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Snake-Jo » 03.11.2012, 09:38

@Rizzar: Schön, dass du da mal konkret ran gehst. Zeigst du uns den weiteren Herstellungsprozess?

Noch eine Anmerkung zu den Stücken:
Das Teil ganz links ist aus dem Schädel herausgesägt, die beiden mittleren sind von Abwurfstangen, die mindestens schon 1 Jahr im Wald gelegen haben. Die Spongiosa sollte bei solchen Rosen kaum vorhanden sein.

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Genni » 03.11.2012, 09:46

Kommt mir das nur so vor oder hängt ganz rechts an der Hinteren Kante noch was Fell-Artiges :D ?
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Rizzar
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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Rizzar » 03.11.2012, 10:23

@Jo:
Also ich hatte schon vor den Herstellungsprozess zu zeigen, wird aber nicht unbedingt repräsentativ, da mir ein sehr guter Werkzeugpark zur Verfügung steht, den ich auch zugunsten von Genauigkeit und Zeit nutzen werde.

Bin unschlüssig ob ich neben der Rast die Nussfinger direkt mit Stahlstiften verstärke (mache es wohl vom Bogen abhängig).
Wird aber die nächsten Wochen noch nicht passieren.

Liegst richtig, die Rose links habe ich selbst mit der Bandsäge aus dem Schädel geschnitten.
War aber Damwild statt Rotwild (oben editiert).

Ja, Genni, da ist "Fell-artig" untertrieben, das ist Fell.
Die rechte ist offensichtlich vom Elch geschnitten, die anderen beiden sind Abwurfstangen.

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von klaus1962 » 03.11.2012, 17:31

Rizzar hat geschrieben: ...wird aber nicht unbedingt repräsentativ, da mir ein sehr guter Werkzeugpark zur Verfügung steht, den ich auch zugunsten von Genauigkeit und Zeit nutzen werde.
Das tut der Sache keinen Abbruch. Mich würd's trotzdem interessieren, da ja auch nicht gerade schlecht ausgestattet bin :) Schließlich kann man immer was dazulernen. Allein schon wie Du so unförmige Dinger in der Drehbank einspannst, wird ne spannende Sache.

Gruß
Klaus

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Snake-Jo » 04.11.2012, 10:16

Ich schließ mich Klaus an: Ich arbeite sowas auf der Drechselbank.

@Klaus: Zum Spannen: Erst die Bohrung setzen, dann über die Bohrung die Rohnuss auf ein konisches Walzenfutter packen, mit Körnerspitze vom Reitstock gegendrücken und dann abdrehen.

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Rizzar
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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Rizzar » 04.11.2012, 10:54

Werde das ganze auf einer Drehbank machen.

Werde auch zuerst die Bohrung setzen (4mm geplant, für eine Nuss im Faden bei 37mm Durchmesser).
Vermutlich mache ich mir dann soetwas wie Unterlegscheiben im Zieldurchmesser (wenn es sowas nicht zufällig im Handel gibt).
Diese dann auf jede vorher geplante Seite, eine Zylindrische Gewindeschraube durch und erstmal grob rundschleifen.

Wenn ich dann nah an den Zielmaßen bin geht es damit zur Drehbank (dort die Schraube ins futter und auf der anderen Seite im konischen "Gegenfutter" Zentriert) und die 10tel Feinarbeit wird gemacht.

Wenn der Rohling steht ist der Rest Arbeit für die Standfräse.

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klaus1962
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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von klaus1962 » 04.11.2012, 15:03

Na sag ich doch. Das MUSS interessant sein !
Momentan kann ich mir nämlich unter einem "konischen Walzenfutter" noch nichts vorstellen.
Hoffentlich gibts bald Bilder. ;)
Ich hab zwar schon Knochen und Geweih gedreht (funzt eigentlich super), aber meine größte Angst liegt immer darin, so ein empfindliches Material wie Horn oder Geweih schon beim Einspannen zu zerdrücken. ::)

Gruß
Klaus

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Alexander S. » 04.11.2012, 17:20

klaus1962 hat geschrieben:meine größte Angst liegt immer darin, so ein empfindliches Material wie Horn oder Geweih schon beim Einspannen zu zerdrücken.

ganz so empfintlich isses nun nich schließlich hauen sich die Hirsche ihr Gewei auch bei nem Kampf ordentlich inneinander und da geht meistens auh nichts kaputt

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Snake-Jo » 04.11.2012, 18:36

@Klaus: Ich spanne Geweihmaterial auch direkt ins Backenfutter, aber über eine Zentrierachse ist das natürlich besser. Die Idee von Rizzar mit dem Gewindebolzen setze ich auch öfter um, ist für kleine Bohrungen durchaus sehr gut. Ich mach mal Bilder, kommt demnächst.

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Ein Nussrohling aus Geweih entsteht

Beitrag von Rizzar » 09.11.2012, 19:22

So ihr lieben!

Wie versprochen habe ich mal ein wenig dukumentiert, als ich mir heute einen ersten Nussrohling aus der mittleren Elchgeweihrose gefertigt habe.
1.jpg

Die große mit dem Fell hab ich zurückgehalten, da sind jedenfalls ein paar Reservemilimeter drin.

Die Zielmaße der Rohlings waren 36mm Durchmesser bei 26mm Materialstärke und einer 4mm Mittelbohrung.

Zuallererst muss man sich klar werden, wie der Rohling überhaupt im Geweih liegen soll und ob dort überhaupt genügend Material zur Verfügung steht.
Auch die Geweihstruktur spielt eine Rolle, man unterscheidet von sehr festem Material (Substantia Compacta) und dem schwammartigen und dadurch eher schwachen Material (Substantia Spongiosa). Selbsterklärenderweise ist im Optimalfall keine Spongiosa im Nussrohling vorhanden, oder nur an später irrelevanten Stellen.

Die Nuss wird üblicherweise (anders, als man vermuten sollte) "um 90° verdreht" in die Geweihrose gelegt (sieht man rechts im Bild deutlich durch den Papierdummy).
2.jpg

Wenn man weiß, welche Seiten die Flanken bilden sollen, sollte man damit beginnen, die schwächer ausgeprägte Seite durch abschleifen zu planen um erstmal eine gerade Auflagefläche zu schaffen(links).

Jetzt kann man entweder mit einem vernünftigen Bandschleifer oder manuell die gegenüberliegende (gute) Seite soweit abtragen, dass die Fläche (mitte) genug platz für die geplante Nuss bietet. Zur Kontrolle habe ich mir einem Zirkel eine Papierschablone erstellt (rechts).

Ich nutze für solche Arbeiten natürlich gerne die mir zur Verfügung stehende Fräsmaschine. Dies ist natürlich eine sehr große Erleichterung, diese Arbeitsschritte kann man aber auch mit genügend Geduld und Sorgfalt manuell oder an der Schleifmaschine durchführen(alternativ kann man auch eine Bandäge benutzen und so Geweih für Intarsien o.Ä. sammeln).


2b.jpg

Jetzt, da die Grundvorraussetzungen an der guten, breiteren Seite erfüllt sind, setze ich mit der "schlechteren" Seite fort und trage dort so viel Material ab, dass auch dort der Papierdummy (mitte) unterkommt. In diesem Fall muss ich bis kurz vor das Zielmaß (rechts)abtragen, der Wuchs ließt einfach nicht mehr Reserve zu.

3.jpg

Da ich nun sehen kann, dass auf beiden Seiten der Dummy unterkommt, zeichne ich dieses mal mit dem Zirkel direkt das Zielmaß auf die "schlechtere" (dünnere) Seite (links). Wenn das umstehende Material abgetragen wird soll auf der gegenüberliegenden Seite die Fläche ebenso gleichmäßig ausgebildet sein.

Um mir nachher das Einspannen zu erleichtern fertige ich jetzt die kleine Mittenbohrung an (4mm Durchmesser, rechts).
Wenn man so knapp arbeiten muss wie ich jetzt, sollte man sichergehen und vorher Zentrieren (mitte).

4.jpg

Jetzt wo die Bohrung steht und die Grundmaße eingezeichnet sind kann ich den Rest des Geweihs mit der Bandsäge abtrennen.
Danach schleife ich mit dem Bandschleifer grob die Überstände beiseite.

Jetzt wird an der Dreh oder Drechselbank weitergearbeitet, manuelles arbeiten wird wohl sehr schwer und Zeitraubend

5.jpg

Die Einspannung ist wohl etwas unorthodox, auf Futterseite ist ein Plättchen grobes Schleifpapier zwischen Backen und Rohling geklemmt, der Zentrierdorn drückt auf der anderen Seite in die Bohrung und erzeugt so genug Anpressdruck das Werkstück ohne Umschließung zu halten.
Dadurch kann ich ohne extra eine Spannvorrichtung anzufertigen und ohne zu Umschließen den kompletten Durchmesser in einem Durchgang bearbeiten (automatischen Vorschub zugunsten der Oberflächengüte nutzen!).
Zum Schluss noch den Grat entfernt und die 0,5mm auf einer Seite abgenommen.

Hier das Ergebnis!
6.jpg

Die Maße sprechen wohl für sich, wiegen tut er 45g (vgl. eine 34*24mm fertige Nuss aus Messing 120g), ein wenig Material kommt noch runter, ein bisschen Metall als Rast und Fingerverstärkung dazu. Aus dem Rest des Geweihs werden noch die Lagerblöcke gebaut.

Ich hoffe diese kleine, begleitende Doku war informativ!!

Gruß Rizzar

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von MoeM » 09.11.2012, 22:10

Gibt es diese "Drechseldorne" nicht auch für Drehmaschinen passend?
Ein interessanter Einblick und eine weitere Demonstration, dass gutes Werkzeug nur durch bessere Maschinen zu ersetzen ist^^

Gibt es eig. "vergleichbare" Synthetische Materialien für Nüsse- Micarta, POM etc?
Grüße Moe

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Rizzar » 10.11.2012, 07:29

Ich kenn mich nicht 100%ig mit Drechselmaschinen und deren Einspannung aus, gut möglich, dass es soetwas gibt. Allerdings muss ich eben sagen, dass die Variante, die ich genutzt habe, sehr gut funktionierte.
Der Rohling wird allein durch den Anpressdruck gehalten, der Kraftschluss durch das Schmiergelpapier an der Antriebsachse war auch hervorragend. Ich denke ich werde diese Technik wieder benutzen.

POM ist relativ beliebt als synthetisches Material und funktioniert auch in gewissen Zuggewichtsbereichen recht gut, mit Verstärkung vieleicht auch in hohen. Aber man erkennt es eben doch durch die fehlende Struktur.
Gibt noch ein paar andere mögliche Ersatzstoffe (Corian z.b.), aber hab von keinem gehört was so richtig der Bringer im Verhältnis zu POM sein soll.

Werde mir vieleicht noch Elforyn ansehen, vieleicht ist das etwas Alternatives (obwohl ich meine, im Messerforum, schon Nachteile in Bezug auf mechanische Belastbarkeit identifiziert zu haben).

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von Snake-Jo » 10.11.2012, 09:43

@Rizzar: Sehr schön! Genau so! Gute Bilder!
Bild

Der Unterschied von Drechselmaschinen zu Drehbänken (ich kann beides) ist in der Werkzeugführung: An der Drehbank läuft das über den Support, der Drechsler macht das Freihand. Spannvorrichtungen sind die gleichen, sofern man sie hat.
Ich habe mir im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Spannvorrichtungen selbst gebaut, sodass ich alles spannen kann, selbst Kugeln ("fliegendes Futter").
Ich mache heute von dem konischen Spanndorn ein Foto. :)
Ein Ersatzstoff aus der Feinmechanik: Delrin = POM (Polyoxymethylen)

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Re: Nussmaterial (Geweih)

Beitrag von MoeM » 10.11.2012, 10:13

Echt? Eine Drehbank besitzt ja für gewöhnlich oben gezeigtes Futter um Wellen/Rundstähle aufzunehmen. Bei den Drechselbänken die ich bislang gesehen habe (ja ich weiß, spricht für endlose Erfahrung^^) ist am Antrieb ebenfalls ein Dorn jedock mit drei bis fünf radialen Mitnehmerklauen befestigt um eben auch Kanthölzer und ähnliche WS mir nicht drehrunder Vorform bearbeiten zu können.
Ich wollt das nur erwähnen, da Rizzar eig nicht den Eindruck erweckt gern mit unorthodoxen Mitteln, so seine eigenen Worte, zu arbeiten ;)
Grüße Moe

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