Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Was nicht in eine der anderen Kategorien passt.

Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Umfrage endete am 05.03.2013, 17:26

Der Perry-Reflex, erklärt von Eddytwobows
13
31%
Der Perry-Reflex, erklärt von Deckelsmoog
1
2%
Der Perry-Reflex, erklärt von Neugier
11
26%
Der Perry-Reflex, erklärt von Felsenbirne
4
10%
Der Perry-Reflex, erklärt von Firestormmd
2
5%
Der Perry-Reflex, erklärt von Haithabu
2
5%
Der Perry-Reflex, erklärt von Sateless
9
21%
 
Abstimmungen insgesamt: 42

Benutzeravatar
Padma
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 954
Registriert: 27.08.2011, 16:40

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Padma » 06.03.2013, 15:58

und wer ist so fleißig, du Galli?
Der Weg ist das Ziel!

Benutzeravatar
skerm
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1466
Registriert: 20.03.2007, 14:37

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von skerm » 06.03.2013, 19:01

Das klingt viellleicht auf den ersten Blick schön, aber das verschiebt nur das Problem. Woher willst du denn die Gültigkeitsgrenzen dieses Modells kennen? Bis jetzt haben wir nur ein paar Hypothesen.

Gruß,
Daniel

Benutzeravatar
Galighenna
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 8835
Registriert: 19.07.2004, 21:59

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Galighenna » 06.03.2013, 19:48

Ganz einfach: Das Modell gilt immer dann, wenn die praktischen Ergebnisse ziemlich gut mit den theoretischen Vorhersagen übereinstimmen. So ist es ja in der Physik auch. Da weiß auch kein Mensch wie das tatsächlich ist. man baut immer Modelle und schaut mithilfe von Experimenten nach, unter welchen Bedingungen das Modell stimmt. Wenn es dann irgendwo nicht stimmt wird es spannend und man lernt was neues.

Z.B. erklärt unser Modell ziemlich gut, warum ein Perry-Reflex den Bauch entlastet. Es erklärt das damit das ein Teil der Spannungen weiter in das Volumen verlagert werden und sich die Spannungsrichtung im Bogen umkehrt. Daraus lässt sich folgern das ein solcher Bogen dünner sein kann und da er dünner ist wird der Bauch weniger belastet. Praktisch zeigt sich ja tatsächlich das ein solcher Bogen dünner ist. In diesem Bereich stimmt also die Theorie und darf als gültig angesehen werden.

Jetzt könnte man natürlich testen wie weit diese Theorie stimmt und ab wann man das Modell verändern oder verfeinern muss, oder ob sich nicht irgendwann zeigt, das das Modell gänzlich verworfen werden muss weil eine Grundannahme genaueren Praktischen Beobachtungen komplett widerspricht.
Das kann man z.B. durch Simulationen machen, oder durch eine Reihe von Messungen unter Normal- und Extremsituationen etc...
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

Wer das Forum unterstützen möchte, möge auf den Paypal-Button klicken, oder einen der Moderatoren um die Kontodaten bitten ;)

tomtux
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1671
Registriert: 16.03.2005, 12:35

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von tomtux » 06.03.2013, 22:18

Galighenna hat geschrieben: Daraus lässt sich folgern das ein solcher Bogen dünner sein kann und da er dünner ist wird der Bauch weniger belastet.


ich nehme jetzt beispielhaft nur diese eine behauptung heraus, und die ist einfach falsch!
der bogen wird auch dünner gegenüber einem geraden stave wenn ich mehr reflex habe, die randspannungen steigen dabei aber ganz definitiv an. ob die, durch die eingebrachte vorspannung, eingebrachte "negative druckbelastung" ausreicht um bei belastung dieses mehr an randspannung auszugleichen oder oder gar zu übertreffen ist völlig offen.

unsere blattfeder unterliegt immer noch dem hookschen gesetz; wenn ich bis zur standhöhe schon den doppelten weg zurücklegen muss habe ich dazu auch mehr kraft aufgewendet. in einer 2/100 mm starken klebefuge allein wird sie sicher nicht gespeichert.
die einfachen balkenbiegelinien, mit denen die diversen berechnungssheets aus dem netz arbeiten, gelten auch nicht mehr, weil unser frisch verleimter rohling alles andere als spannungsfrei ist.

Benutzeravatar
skerm
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1466
Registriert: 20.03.2007, 14:37

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von skerm » 07.03.2013, 08:22

Galighenna hat geschrieben:Z.B. erklärt unser Modell ziemlich gut, warum ein Perry-Reflex den Bauch entlastet. Es erklärt das damit das ein Teil der Spannungen weiter in das Volumen verlagert werden und sich die Spannungsrichtung im Bogen umkehrt. Daraus lässt sich folgern das ein solcher Bogen dünner sein kann und da er dünner ist wird der Bauch weniger belastet. Praktisch zeigt sich ja tatsächlich das ein solcher Bogen dünner ist.


Ich hab da auch meine Bedenken. Ist schon lange her und ich hab das ganze nicht mehr auf den Zentimeter parat, aber ich hab mal bei einem Langbogen, D-Querschnitt, Ulme unter Bambus mit ordentlich Perry-Reflex das Bambusbacking entfernt. Der Bogen war abgespannt quasi gerade, die Ulme zeigte nach der Entfernung des Backings brutalen Deflex. Entlastung heißt, dass die Randfaser weniger abkriegt als bei einem Bogen der bis auf die Dicke gleich ist. Diesen Vergleich hab ich nicht und es wär denkbar, dass die Ulme im Bogen ohne Perry-Reflex aufgrund der höheren Dicke genau irre viel Set zeigt. Meine Vermutung ist aber, dass das nicht so ist, weil die Randfaserdehnung linear mit der Dicke ansteigt, das Zuggewicht aber mit der dritten Potenz.

tomtux hat geschrieben:unsere blattfeder unterliegt immer noch dem hookschen gesetz; wenn ich bis zur standhöhe schon den doppelten weg zurücklegen muss habe ich dazu auch mehr kraft aufgewendet. in einer 2/100 mm starken klebefuge allein wird sie sicher nicht gespeichert.


Ich glaub im vorigen thread hat jemand an einem Beispiel gezeigt, dass sich der Verlauf über die Dicke ändert. Klassisch geht die Dehnung linear durch 0 in der neutralen Ebene von Randwert zu Randwert. Mit der überlagerten Dehnung durch das Vorbiegen ergibt sich ein Sprung in der neutralen Ebene und eine um die Vordehnung reduzierte Randfaserdehnung. Da man von der neutralen Ebene weg nicht bei 0 anfängt kann man sagen, dass in dem inneren Volumen mehr Energie gespeichert wird als ohne Vorspannung. Aber wie du dann selbst sagst, das ist nicht streng gültig und ich trau mich da nicht sagen, wie groß der Fehler ist.

Ich mach das mit der Simulation, aber ich muss erst mal rausfinden wie das geht. ABAQUS weigert sich anscheinend, deformierte Bauteile zu "verleimen", weshalb mein erster Zugang nicht funktioniert hat.

Gruß,
Daniel

tomtux
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1671
Registriert: 16.03.2005, 12:35

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von tomtux » 07.03.2013, 11:38

kein wunder, die "leimstelle" ist ja eine unstetigkeit ;)
kann man die beiden teile getrennt voneinander mit der randbedingung identer verformung an der leimstelle rechnen und von dort die neue gleichgewichtsform?
dann müsste man, wenn man die bernoulli-hypothese ebener querschnitte ansetzt, von dort aus die spannungen einfach überlagern können.

Gornarak
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 3476
Registriert: 22.03.2011, 21:23

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Gornarak » 07.03.2013, 13:56

Neugier hat geschrieben:Da steht nichts davon dass es unterschiedlich dicke Hölzer sein sollten sondern dass die Dicke der Hölzer im Verhältnis zu Ihrer relativen Stärke sein sollen.

Machen wir doch mal Beispiele. Nehmen wir man einen Rücken aus Esche an. Der ist doch recht zugstark (und zugtolerant), oder? Dem verpasst man dem jetzt einen Bauch aus Rattan, was jetzt nicht besonders druckfest (aber drucktolerant) ist. Muss der Bauch für nen Perry in diesem Fall dicker als der Rücken gewählt werden?
Nimmt man für den Bauch statt Rattan Hainbuche, die ja doch recht druckfest (und zugtolerant?) ist, muss man den Bauch dann dünner machen? Müsste der Bauch sogar dünner als der Rücken sein?

Benutzeravatar
Galighenna
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 8835
Registriert: 19.07.2004, 21:59

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Galighenna » 07.03.2013, 19:49

skerm hat geschrieben:Ich hab da auch meine Bedenken. Ist schon lange her und ich hab das ganze nicht mehr auf den Zentimeter parat, aber ich hab mal bei einem Langbogen, D-Querschnitt, Ulme unter Bambus mit ordentlich Perry-Reflex das Bambusbacking entfernt. Der Bogen war abgespannt quasi gerade, die Ulme zeigte nach der Entfernung des Backings brutalen Deflex.

Naja nun, das zeig eigentlich, das der Bambus die Ulme ganz schön zusammengedrückt hat. Die Frage die man sich da meiner Meinung nach stellen kann ist: Wenn du exakt die gleichen Bambus und Ulme Dimensionen verwendet hättest, OHNE Perry-Reflex, hätte es dann vielleicht statt viel Set sogar Stauchbrüche gegeben?
Also ich denke, dieses Beispiel sagt nicht viel aus, es bleibt bei einem "hätte wäre wenn"

skerm hat geschrieben:Entlastung heißt, dass die Randfaser weniger abkriegt als bei einem Bogen der bis auf die Dicke gleich ist. Diesen Vergleich hab ich nicht und es wär denkbar, dass die Ulme im Bogen ohne Perry-Reflex aufgrund der höheren Dicke genau irre viel Set zeigt. Meine Vermutung ist aber, dass das nicht so ist, weil die Randfaserdehnung linear mit der Dicke ansteigt, das Zuggewicht aber mit der dritten Potenz.

Hmm ich sehe das ähnlich, aber mit einem kleinen Unterschied. Irgendwie ist mir "Randfaser" zu extrem. Die Biegung eines Bogens findet nicht nur in der Rücken- und Bauchoberfläche statt, sondern Dehnung und Stauchung finden im Volumen des Materials statt, mit abnehmender Intensität in Richtung Neutraler Faser. Deshalb passt mir "Randfaser" irgendwie nicht und ich weiß nicht genau was du damit sagen willst.
Ausserdem erscheint mir die Annahme, bzw besser gesagt der Gedanke, das ein dickerer Bogen weniger Kompression an der Oberfläche hat als ein leicht dünnerer Perry-Reflex Bogen ziemlich strange.
Ein paar Ideen hierzu:
Ein Bogen ohne Perry-Verleimung, mit natürlichem Reflex von 10cm und ein Perry-Reflex Bogen mit 10cm Reflex werden gebogen bis sie gerade sind. Wie sehen die Spannungen im Holz aus?

Bogen ohne Perry -> Die Rückenseite steht unter Zugspannung die zur Neutralen Faser hin abnimmt, der Bauch steht unter Druckspannung die von der neutralen Faser zum Bauch hin zu nimmt. Wir haben exakt das Verhalten wie bei jedem normalen Bogen. Ich würde sagen, es herrschen die gleichen Kräfte, wie bei einem ursprünglich geraden Bogen der auf 4" deflex gebogen wird. Ein solcher reflexer Stave könnte demnach 4" weniger weit ausgezogen werden bevor die gleichen Spannungen auftreten die zu Stauchbrüchen oder Rückenriss führen.

Bogen mit Perry ->
Da das Backing üblicherweise deutlich dünner ist als der Bauch können wir annehmen das das Backing vollständig unter Zugspannung steht. Im Bauch tut sich aber ein Unterschied auf. Das vorher an der Klebefläche unter Kompression stehende Holz wird vom Kleber daran gehindert an der Klebefläche des Backings entlang zu gleiten, und so lange sich das Backing weniger gedehnt hat als das Bauchlaminat an der Klebefläche komprimiert wurde, steht das Bauchlaminat von der Klebefläche an Richtung Bauch unter Druckspannung. Die Oberfläche des Bauches war gestreckt und befindet sich jetzt eigentlich in der ursprünglichen Lage von vor dem verleimen und sollte daher Spannungsfrei sein. Da sich das Material aber von der Leimfuge nach Außen hin abnehmend durch das Backing komprimiert gibt es auch hier eine kleine Druckspannung. [Anm. An dieser Stelle muss ich zugeben das ich dies vorher so nicht erkannt habe und muss mich daher korrigieren. Es herrscht in gerade Stellung NICHT Spannungsfreiheit sondern eine leichte Druckspannung]
Wir haben hier eine astreine Umkehr der Spannungsverhältnisse auf der Bauchseite des Bogens, vergleichen mit dem reflex gewachsenen Stave. Ausserdem haben wir an der Leimfuge eine künstlich erzeugte Unstetigkeit, wie tomtux es so schön treffend ausgedrückt hat, um Verlauf der Druck und Zugspannungen. Das hatte ich in den Beiträgen weiter vorher auch schon gesagt.

Ich frage mich jetzt, was das für Folgen hat. Die leichte Druckspannung addiert sich natürlich bei weiterem Biegen auf die dann auftretende Druckspannung am Bauch. Gleichzeitig sehe ich aber auch, das der Bogen durch die Umkehr des Spannungsverlaufs mehr Kraft hat und deshalb halt dünner sein muss um das gleiche Zuggewicht zu erreichen. Ein Teil der Kraft ist ja nämlich jetzt in Richtung der Leimfuge ausgelagert.
Hier gibt es nun 3 mögliche Ergebnisse.
1.) die leichte Druckspannung in Geradstellung ist größer als die Entlastung die durch den kleineren Querschnitt des Bogens erreicht wird. Dadurch würde die Belastung des Belly steigen
2.) Die leichte Druckspannung in Geradstellung ist gleich groß wie die Entlastung die durch den kleineren Querschnitt erreicht wird. Dadurch bekäme man weder eine zusätzliche Be- noch eine Entlastung des Belly
3.) Die die leichte Druckspannung in Geradstellung ist kleiner als die Entlastung die durch den kleineren Querschnitt des Bogens erreicht wird. Das bedeutet das der Belly um den Betrag entlastet wird, wie die Druck-vorspannung in Geradstellung kleiner ist als die Entlastung. Es fände dann eine echte Entlastung statt. Wie groß die dann ist -> Keine Ahnung

tomtux hat geschrieben:unsere blattfeder unterliegt immer noch dem hookschen gesetz; wenn ich bis zur standhöhe schon den doppelten weg zurücklegen muss habe ich dazu auch mehr kraft aufgewendet. in einer 2/100 mm starken klebefuge allein wird sie sicher nicht gespeichert.

Das stimmt, in der Leimfuge wird das nicht gespeichert, sondern im Material das direkt an die Leimfuge angrenzt. Während bei einem normalen Bogen die Stauchung vom Bauch zur neutralen Faser abnimmt, nimmt sie hier von der Klebefuge zum Bauch hin ab, so lange der Bogen noch nicht weit genug gezogen wurde. An der neutralen Faser wird deshalb ziemlich wenig Energie gespeichert. An der Leimfuge dagegen wird die meiste Energie gespeichert, bis zu einem gewissen Auszug (da gibt es irgendwo eine Gleichgewichtsstellung)
Man bedenke das plötzliche "weichwerden und "zahmwerden" eines reflexen Bogens den man beim Tillern Richtung Standhöhe gebracht hat. Da kehren sich meiner Meinung nach die Druckverteilungsverhältnisse aus dem Perry-Reflex wieder um zu einem normalen Bogen hin, heißt: durch die Biegung um etwa Standhöhe entsteht am Bauch so viel, oder mehr Druckspannung wie an der Leimfuge. Zieht man weiter verhält sich das System wie ein normaler Bogen. Das fühlt man dann als "weichwerden"

skerm hat geschrieben:Ich glaub im vorigen thread hat jemand an einem Beispiel gezeigt, dass sich der Verlauf über die Dicke ändert. Klassisch geht die Dehnung linear durch 0 in der neutralen Ebene von Randwert zu Randwert. Mit der überlagerten Dehnung durch das Vorbiegen ergibt sich ein Sprung in der neutralen Ebene und eine um die Vordehnung reduzierte Randfaserdehnung. Da man von der neutralen Ebene weg nicht bei 0 anfängt kann man sagen, dass in dem inneren Volumen mehr Energie gespeichert wird als ohne Vorspannung. Aber wie du dann selbst sagst, das ist nicht streng gültig und ich trau mich da nicht sagen, wie groß der Fehler ist.

Ich mach das mit der Simulation, aber ich muss erst mal rausfinden wie das geht. ABAQUS weigert sich anscheinend, deformierte Bauteile zu "verleimen", weshalb mein erster Zugang nicht funktioniert hat.

Gruß,
Daniel

Das kann ich so nachvollziehen und dem stimme ich wohl zu, siehe oben. ;) Ich bin gespannt ob das mit der Simulation klappt. Viel Erfolg dabei!
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

Wer das Forum unterstützen möchte, möge auf den Paypal-Button klicken, oder einen der Moderatoren um die Kontodaten bitten ;)

Benutzeravatar
Neugier
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 884
Registriert: 26.08.2012, 19:54

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Neugier » 07.03.2013, 21:04

Ich verstehe nicht so ganz warum die Betrachtungsweise am Anfang des Auszugs so wichtig ist.
Reicht es nicht zu sagen bei Vollauszug versuche ich mich einer rechteckigen Kraftverteilung zu nähern.
Das erinnert mich an das Kraft Weg Auszugsdiagramm. Je größer die Fläche unter der Linie ist desto mehr Energie ist im Bogen gespeichert.
Also ein Rechteck mit der maximalen Kraft die das Holz sinnvoll aufbringen kann genau bis zur neutralen Faser. Auf der anderen Seite das gleiche in die andere Richtung.
Damit hätten wir die meiste Energie/Masse gespeichert.

@ Gonarak.
Die tatsächliche Dimensionierung hängt vom maximal sinnvollen Druck/Zugbelastung ab.
Da ich keine Erfahrung mit Esche / Rattan habe kann ich dazu keine sinnvolle Auskunft geben.Man könnte jetzt irgendwelche Tabellen suchen. Oft steht darin aber nur die zulässige Belastbarkeit als Bauholz. Dort braucht der Statiker Werte. Aber unsere Bögen sind wesentlich ausgesuchter als Bauholz und brauchen nicht annähernd ähnliche Sicherheiten. Da kann man nur Größenordnungen abschätzen
Das ganze wird dadurch erschwert dass die Unterschiede innerhalb einer Holzart oftmals größer sind als die zwischen verschiedenen Hölzern.
Ein Holz das wir alle kennen hat ja bekantermaßen ähnliche ZUG Druckeigenschafen.Eibe. also müsste ein Eibenperry eine Trennlinie genau in der Mitte des Wufarms haben. Wenn man jetzt einen Bogen baut der die gleichen Abmaße eines normalen Eibenbogens hat müsste er ein höheres Zuggewicht haben und etwas kürzer gebaut werden können.
Die besonderen Hölzer wie Ratan oder Bambus sind vom Aufbau so inhomogen,dass es schwer ist ob und wieviel Spannung in die tieferen Schichten verlegt werden kann.
Esche/Esche Hasel/Hasel Robinie/ Robinie wären auch gute Kandidaten. Wenn man gegenüber einem einfachen Stave einmal das Set reduzieren kann und das Holz etwas gleichmäßiger belasten kann. Wäre damit sehr viel erreicht was die Leistung des Bogens angeht.
Grüße
Ng.

Benutzeravatar
Galighenna
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 8835
Registriert: 19.07.2004, 21:59

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Galighenna » 07.03.2013, 21:39

Nun, es gibt 3-4 Wichtige Punkte der Bogen-Biegung

1. Der Bogen ist völlig entspannt, also ohne Sehne

2. Der Bogen wurde genau so weit gerade gebogen das auf der Bauchseite die Zugspannung durch den Perry-Reflex gerade wieder aufgehoben ist (das ist nahe an der Gerade-Stellung)

3. Der Bogen wurde so weit ausgezogen das die Druckspannung am Bauch genau so groß ist wie die Druckspannung an der Leimfuge (Ich vermute das das dann ist wenn der Bogen beim Tillern beim Auszug gerade "weich" wird)

4. Vollauszug

An diesen Punkten kann man bestimmte Kraft und Spannungsverhältnisse abschätzen. Um den Perry-reflex nun gesondert zu betrachten ist es ja einfacher wenn man andere Einflüsse wie z.B. die Krafteinwirkung durch den Auszug des Schützen, ausschließt und das ist nun mal zwischen der entspannten und der gerade-Position. Deshalb betrachte ich hauptsächlich das...
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

Wer das Forum unterstützen möchte, möge auf den Paypal-Button klicken, oder einen der Moderatoren um die Kontodaten bitten ;)

Benutzeravatar
Morten
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 738
Registriert: 02.06.2010, 20:09

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Morten » 07.03.2013, 22:46

Galighenna hat geschrieben:Man bedenke das plötzliche "weichwerden und "zahmwerden" eines reflexen Bogens den man beim Tillern Richtung Standhöhe gebracht hat. Da kehren sich meiner Meinung nach die Druckverteilungsverhältnisse aus dem Perry-Reflex wieder um zu einem normalen Bogen hin, heißt: durch die Biegung um etwa Standhöhe entsteht am Bauch so viel, oder mehr Druckspannung wie an der Leimfuge. Zieht man weiter verhält sich das System wie ein normaler Bogen. Das fühlt man dann als "weichwerden"

Galli, ich lese hier alles mit und finde das sehr interessant.
Was dieser Perry- Reflex ist, kann ich mir geistig gut vorstellen.
Was aber genau im Holz geschieht in Worte zu fassen fällt mir schwer.

Aber Dein beschriebenes "Weichwerden" kenne ich, und glaube mir:
Das hat einen simplen, meschanischen Grund.
Es ist einfach der Sehnenwinkel, der sich ändert und einen besseren Hebel auf den WA bildet.
Ähnlich Recurve oder Siyah.

Morten

Benutzeravatar
Galighenna
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 8835
Registriert: 19.07.2004, 21:59

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Galighenna » 07.03.2013, 23:03

Naja... dieses Weichwerden kommt doch ziemlich "plötzlich", der Sehnenwinkel ändert sich aber ja kontinuierlich. Aber naja diese Idee ist auch nur eine Vermutung. Es muss keineswegs so sein das das Weichwerden vom Perry-Reflex kommt.
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

Wer das Forum unterstützen möchte, möge auf den Paypal-Button klicken, oder einen der Moderatoren um die Kontodaten bitten ;)

Benutzeravatar
Morten
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 738
Registriert: 02.06.2010, 20:09

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Morten » 07.03.2013, 23:16

Ja es fühlt sich an wie ein "umstülpen".
Ich würde darum kein "HokusPokus" machen, da ist ja schon genug beim Perry- Reflex.

Bsp.:
Wie kannst Du einen Stab leichter brechen/ biegen:
1. Indem Du von oben linear zum Stab draufdrückst (Wie die Sehne beim noch reflexen WA von unten zieht)
2. Oder indem Du im 90°Winkel seitlich dagegendrückst... ::)
CIMG9588.JPG
Bambus- Reflex vorm einbiegen
CIMG9593.JPG
ab hier lässt der vorher so wieterporstige Pogen ganz leicht ziehen...


Morten
(Besseres Bsp. viel mir grad nicht ein ;) )

tomtux
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1671
Registriert: 16.03.2005, 12:35

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von tomtux » 08.03.2013, 01:43

@neugier
die erste gleichgewichtslage ist wichtig, also wo der verleimte rohling dann mit welcher spannungsverteilung zur ruhe kommt.
dann kann ich nämlich zumindest einmal mit den bekannten gleichungen der biegelinien für die belastungsgrenzen der randspannungen weiterrechnen und, unter vernachlässigung der schubspannungen, die mindestdimensionierung festlegen; mit sigma_max für den elastischen bereich minus vorbe(ent)lastung durch den perry als spannungsmaxima.
der rest, die auszugskurve und damit die energiespeicherung, ist vor allem eine geometrische funktion. das unterscheidet sich nicht von einem normalen reflexen rohling, jedenfalls solange wir uns im rein elastischen bereich bewegen.

das spannende an perry ist ja, wie weit ich die materialkennwerte "austricksen" kann, indem ich mehr holz näher an die belastungsgrenzen bringe.

@galli
ob im vollauszug oder auf standhöhe ist im gültigkeitsbereich des hookschen gesetzes völlig egal, für den perry-rohling werden aber die partiellen ableitungen interessant. die federgleichungen gelten ja nicht nur in einer dimension, das sind integrale über die ganze (mathematische, damit mir keiner mit verbundwerkstoffen kommt) matrix aller 6 freiheitsgrade (torsion um 3 achsen, längenänderung um 3 achsen). da kommt dann auch über die krafteinleitung (geometrie!) dein "weichwerden" her.
für die längsspannungen gibt es absolut keinen grund einer nichtlinearen verteilung, mit der schon erwähnten unstetigkeit an der leimstelle. auch im auszug bleibt der lastsprung und verteilung gleich, nur die beträge über den querschnitt ändern sich.
die partiellen ableitungen sagen mir aber etwas darüber, wie wahrscheinlich mir der prügel delaminiert.

Gornarak
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 3476
Registriert: 22.03.2011, 21:23

Re: Abstimmung: Wer erklärt den Perry-Reflex am besten?

Beitrag von Gornarak » 08.03.2013, 08:15

Neugier hat geschrieben:Die tatsächliche Dimensionierung hängt vom maximal sinnvollen Druck/Zugbelastung ab.
Da ich keine Erfahrung mit Esche / Rattan habe kann ich dazu keine sinnvolle Auskunft geben.

Das sollten ja auch nur Beispiele und keine sinnvollen Kombinationen sein. Wir können auch ausgedachte Hölzer nehmen.

Holz "Gring" ist der Rücken mit einer Zugfestigkeit von (einem komplett frei ausgedachten Fantasiewert) 5. Darauf kommt jetzt ein Bauch aus "Höpf", der nur 1 druckfest ist. (Es geht doch um Festigkeit und nicht um Toleranz, ja?). Damit haben wir ein Zug-Druck-Verhältnis von 5:1. Heißt das, ich muss für den Perry den Bauch dicker machen, als den Rücken?

Jetzt nehmen wir einen Bauch aus "Promm", der eine Druckfestigkeit von 5 hat. Das ergibt ein Verhältnis von 1:1 und ich machen Rücken und Bauch im Perry gleich dick.

Wenn ich jetzt aber "Murl" mit einer Druckfestigkeit von 10 nehme ist das Zug-Druck-Verhältnis 1:2 und ich muss den Rücken dicker als den Bauch machen,ja?

Antworten

Zurück zu „Vermischtes“