Komposit und Klima

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the_Toaster (✝)
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Komposit und Klima

Beitrag von the_Toaster (✝) » 24.11.2007, 17:53

Seit ich das Forum hier verfolge habe ich immer wieder Diskussionen mitbekommen, dass Kompositbögen in Europa nicht üblich waren, weil das Klima dafür nicht geeignet war.
Als Beispiele werden unter anderem die Ungarn oder die Türken genannt, die nach anfänglichen großen Erfolgen wieder verschanden, weil ihre Bögen den vorherrschenden Klima auf Dauer nicht gewachsen waren.
Es kommen auch diverse Gegenargumente oder zusätzliche Argumente, wie die, dass die Ungarn einfach irgendwann sesshaft wurden und daher mit ihren Überfällen aufhörten.

Aber EIN Argument scheint mir übersehen zu werden.

Was ist mit den Armbrüsten?
So weit ich weiß wurden deren Bögen zum Teil auch in Kompositbauweise erstellt. Aber wie kann das sein, wenn die Leute doch angeblich wussten, dass sich ein Komposit auf Dauer wegen des Klimas zerlegt.
Die Gefahr des Ausfalls muss bei einer Armbrust doch noch größer gewesen sein, weil deren Bogen viel mehr Zugkraft hatte als ein Reiterbogen.

Dies als kleiner Diskussionsanreiz.
Mal sehen was Ihr dazu denkt.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.

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Squid (✝)
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Re: Komposit und Klima

Beitrag von Squid (✝) » 24.11.2007, 19:21

Ich denke da gibt es zumindest 2 Gründe:
1. Eine Armbrust bzw. deren Bogen konnte man mit ner dicken Schicht Seil, geöltem Stoff etc. umwickeln, ohne dass sie bemerkenswert Leistung verlor. Beim Bogen geht das nicht. So war zumindest ein gewisser Schutz gegen Feuchtigkeit gegeben.

2. Es kommt auf die Art des Einsatzes an. Wegen ihrer relativ langsamen Schussfolge wurden Armbrüste bevorzugt als Anti-Belagerungswaffen benutzt. Da wurden sie aber meist trocken im Gebäude untergebracht und benutzt.
Auch Armbrust-Scharfschützen die auf Seiten der Belagerer standen, hatten meist halbwegs schussfeste Unterstände in denen es ebenfalls nicht regnete.

Auf der anderen Seite haben sich Armbrüste in der Feldschlacht wenig bewährt - ein gutes Beispiel ist Crecy 1346.
Die genueser Armbrustschützen hatten keine Chance gegen die engl. Bogenschützen mit deutlich mehr Reichweite.
Abgesehen von der Reichweitenerklärung gibt es aber eben genau die Theorie, dass die Leistung der Armbrüste auch deshalb so mieserabel war, WEIL die Dinger durch das dauerhaft feuchte Wetter aufgeweicht waren.
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 24.11.2007, 20:22, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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locksley
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Re: Komposit und Klima

Beitrag von locksley » 24.11.2007, 19:56

Wie Sqid schon richtig geschrieben hat, waren die Armbrüste mit Kompositbögen auch sehr störanfällig sobald diese bei offener Feldschlacht und Regen eingesetzt wurden.

Die damals üblichen Naturleime, waren unter den Belastungen denen Sie imGebrauch ausgesetzt waren, verbunden mit feuchtem Klima einfach nicht gewachsen.

Aus diesem Grund wurden ja auch die Pfeile durchgewickelt, da sie bei den Engländern ja in großen Mengen auf Vorrat eingelagert wurden und sich der Kleber bei langer Lagerzeit nicht mehr gehalten hat.
Ein grosser Mann wird weder vor dem Kaiser kriechen, noch einen Wurm zertreten (Benjamin Franklin)

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Re: Komposit und Klima

Beitrag von sundancewoman » 24.11.2007, 20:16

Kompositbögen waren in dem ungarischen Heer in den Jahren 1290 und darüber hinaus noch eine Weile vorhanden.  
Vertreten durch die Kumanische Leichtkavallerie.
Trotz kontinentalem Klima.
Später, z.B.bei Mühldorf, Oberbayern, am 28.Sept. 1322,  der Kampf wurde mit einem Pfeilhagel der ung. Leichtkavallerie eröffnet.
Armbrust wurde auch als Holz-Horn Sehnen-Komposit gebaut. Genau, wie bei den  Bögen,kann man auch bei der Armbrust  die Kompositeigenschaften gut brauchen, nicht wahr??
Sie verschwanden aber auch langsam, wo die ersten Feuerschusswaffen kamen.
Grüße: SW
Es komt nicht darauf an, den bequemsten Weg zu finden, sondern den Richtigen zu gehen

Christopher
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Re: Komposit und Klima

Beitrag von Christopher » 24.11.2007, 20:47

1. Eine Armbrust bzw. deren Bogen konnte man mit ner dicken Schicht Seil, geöltem Stoff etc. umwickeln, ohne dass sie bemerkenswert Leistung verlor. Beim Bogen geht das nicht. So war zumindest ein gewisser Schutz gegen Feuchtigkeit gegeben.



Da stimme ich dir nicht zu...

Auch Bögen können mit Rohhaut, Leder, o.ä. umwickelt werden, z.B. beim Mingfeng Bogen, der wurde mit Ziegenrohhaut umwickelt, um ihn gegen Näösse zu schützen.
Du hast die Macht, missbrauche sie!!!

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Squid (✝)
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Re: Komposit und Klima

Beitrag von Squid (✝) » 24.11.2007, 22:55

Dann frag mal unsere Reterbogenschützen, was sie zu einer zusätzlichen dicken Schicht gewachsten leders auf ihren Bögen sagen würden...
Der Leistungsverlust ist im Vergleich zu einem mehrere hundert Pfund starken Armbrustbogen enorm.

Es mag sein, dass auch Ziegenhaut verwendet wurde, um Bögen wasserdicht zu machen. Traditioneller waren aber wohl Birkenrinde und Weidenrinde, die nach dem Durchtrocknen des Bogens geölt wurde.

Das Problem bei der Klimadebatte ist aber auch nicht vordringlich der plötzliche Regen - dagegen gibt es Mittel.
Das Problem ist vielmehr die Kombination aus häufigen Regenfällen und regelmäßig hoher Luftfeuchtigkeit. Und damit kamen die damaligen Naturleime nicht besonders gut klar - was zu schlechterer Leistung der Bögen führte.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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Re: Komposit und Klima

Beitrag von rübchen » 02.12.2007, 19:20

die kompositbögen bei armbrüsten wurden für leichtere zugkräfte genommen als die späteren eisenbögen. die eisenbögen hatten aber auch das problem des plötzlichen brechens  des bogens. erst die späteren modelle kriegen das in den griff.

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