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Flachsverarbeitung? Ich nur Allgemeinbildung

Verfasst: 18.08.2006, 16:17
von BegineEva
Hallo Ihr Lieben, da ihr mir so toll bei meinem Schulprojekt Lehmofen geholfen habt, noch mal danke dafür, fraq ich nun mal für eine Kollegin.

Situation:
Anlässlich der Schulprojektwoche (Vorbereitung) wurde ich gefragt, ob ich mich im Thema Flachs auskenne. Da muss ich leider passen.
Wissensstand der Kollegen ist das Informationsblatt des Freilichtmuseums Kommern.
In der Projektwoche soll Flachs be- und verarbeitet werden. Am besten wär es, wenn hinterher ein Produkt herauskäme, dass man auch nutzen kann. Noch besser, wenn die Schüler es später auch mitnehmen könnten.
Ich weiß nur, dass man daraus Seile und z.B. Taschen machen kann.

Ich hab grad eine Idee:
Die könnten doch Springseilchen für die Pausengestaltung herstellen. Ich weiß nur das Seile geschlagen werden, aber wie keine Ahnung.

Ihr habt mit der Hilfe beim Ofenbau wirklich eine gute Werbung für unsere Hobbys (Bogenschießen mein Sohn, Mittelalter ich) gemacht. Leute, die mit uns nie was zu tun hatten, sind ja meist etwas voreingenommen. Das kennen wir wohl alle aus eigener Erfahrung sfg. Obwohl ich zugeben muss in meiner neuen Schule hatte man eigentlich eher keine Meinung, was eigentlich schon mal ein Plus ist.

Nun bin ich gespannt.

Verfasst: 18.08.2006, 16:55
von tipiHippie
Von Flachs selber hab ich auch keinen blassen Schimmer; was aber die Seilherstellung angeht da kann Dir wohl jeder Bogenschütze weiterhelfen der seine Sehnen selber im flämischen Spleiss herstellt. Anleitungen dazu gibts im Forum (hab leider grad keine Zeit zum Suchen) oder links oben bei den Bauanleitungen. Irgendwo gibts sogar ein Lernvideo.

Verfasst: 18.08.2006, 17:06
von shantam
das geheimniss beim seile drehen/reepen
ist erst in die eine richtung dann in die andere und so weiter.
immer abwechseln.
ob man/frau dann ein springseil dreht oder einen festmacher in oberarm stärke ist wurscht.

der einzige unterschied zum sehnendrehen ist die anzahl.
normalerweise 3,bei bogensehnen 2 litzen/kardellen.

gruss anch köln shantam

Verfasst: 18.08.2006, 17:29
von Bard
Im 2. Band der Bibel des traditionellen Bogenbaus ist ein ausführliches Kapitel über die Herstellung von Bogensehnen. Da wird auch haarklein auf die Verarbeitung von Flachs eingegangen. Vielleicht gibts ja in deiner Nähe jemand der das Buch hat und es dir leihen kann.


MfG Bard

Verfasst: 18.08.2006, 17:42
von gervase
Möchtest du die Verarbeitung von frisch geernteten Flachs ab machen?
Das kann etwas dauern, weil die Stängel erst etwas verrotten müssen, dann gedörrt und gebrochen und gekämmt werden. Das Endprodukt ist schliesslich Leinenfaden, aus dem na auch Seile und Sehnen drehen kann. Ab welcher Stufe wollt ihr das denn machen?

RE: Flachsverarbeitung? Ich nur Allgemeinbildung

Verfasst: 18.08.2006, 17:44
von thorstain
Original geschrieben von BegineEva
Anlässlich der Schulprojektwoche (Vorbereitung) wurde ich gefragt, ob ich mich im Thema Flachs auskenne. Da muss ich leider passen.
Wissensstand der Kollegen ist das Informationsblatt des Freilichtmuseums Kommern.

Generell ist das eine etwas langwierigere Angelegenheit. Die Stengel des Flachses müssen nach der Ernte erst einmal in einem Wasserbad anrotten. Das dauert einige Zeit. Der Rottungsvorgang wird dann gestoppt und die Stengel getrocknet. Dann werden die Flachsstengel gebrochen, d.h. durch Schlagen mit Knüppeln oder Dreschflegeln bearbeitet, um die innenliegende Flachsfaser freizulegen. Diese wird dann über Eisenkämme geschlagen bzw. gezogen und dadurch ausgekämmt.
Dann erst kann das Zeugs versponnen und weiterverarbeitet werden.
Der ganze Vorgang läßt sich aufgrund der Wartezeit nicht in einer Woche durchziehen. Wenn Du aber schon rottigen Flachs hast, dann ist Brechen, Kämmen, Spinnen, Weben etc. sicher kein Problem.

Flachs ? keine Ahnung

Verfasst: 18.08.2006, 17:50
von BegineEva
leider hab ich keine Ahnung wer so das besagte Bogenbuch hat, wär ne prima Idee als Weihnachstgeschenk für meinen Sohn, sein Geburtstagsgeschenk war nämlich ein eigenes Zelt und alles auf einmal, das sprengt meinen Geldbeutel.

Ich weiß, dass manche Kinder in seinem Alter Geld verdienen. Darunter darf aber die Schule nicht leiden und Jan ist Legastheniker und muss deshalb mehr arbeiten als andere, wenn er Sein Ziel erreichen will. ER möchte Restaurator werden.

Aber vielleicht gibt etwas im Netz über Flachs. Wo ich was über Seile schlagen finde, das hab ich ja jetzt erfahren. Dafür erst mal danke.

Ich kann leider nichts dafür, dass gute Lehrer kreative Ideen haben, dabei sollten wir sie unterstützen. Davon haben dann viele was :o

Verfasst: 20.08.2006, 22:19
von Lord Bane
Im brandenburgischen Fürstenwalde (naha Storkow sowie der Spree) gibt es im Dachgeschoss des Heimatmuseums nahe der Kirche eine ausführliche Erläuterung aller Arbeitsschritte von der Flachsherstellung mit Bildern und einem Mitnehmblatt sowie diversen Spinngerätschaften.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann bist du Lehrerin? Finde ich cool, dass soetwas mal mit Schülern gemacht wird.
Falls das mit dem Flachs nix werden sollte, dann amchdoch "Experimentalarchäologie" mit den Kleinen und fange an mit Speerschleudern (preisgünstiger als Bogenschießen, siehe auch "Steinzeit" hier bei FC).

Exkursion nach Kommern mit Kindern zwischen 8 und 15 Jahren

Verfasst: 29.09.2006, 18:11
von BegineEva
Oh Gott, das war eine Schnaps-Idee!!!! Nicht der Ausflug an sich aber der Workshop.

Hier die ehrliche Manöverkritik:
- Eine Gruppe von 1o Kindern in dieser Altersbreite, aus der gleichen Schule aber aus unterschiedlichen Klassen, ist gelinde gesagt nicht machbar.
- Der Workshop dauerte 2 Stunden. Davon war die 1. Stunde Theorie. So lange sitzen auch die bravsten Kinder nicht still und hören nur zu.
- Es ging hier nur um die Flachsbearbeitung (weil die Zeit nicht reichte so die Moderatorin), leider nicht auch um die Verarbeitung zu einem Faden oder zu einer Schnur. Damit fehlte ihnen trotz der Demonstration von fertigen Teilen aus Leinenstoff und einem Seil die Verbindung, die sie auch nicht anfassen durften.

Für dieses Chaos war aber wohl weniger das Museum als die Buchungsorganisation in Bonn verantwortlich.

Statt 2 Moderatorinnen war nur 1 Moderatorin da.
Die Moderatorin war von einer homogenen Altsgruppe um 12 Jahre ausgegangen.

Der Anteil der praktischen eigenen Erfahrung blieb weit hinter dem theoretischen Anteil zurück.

Die Vorinformationsbroschüre für den Lehrer war auf dem Niveau des Allgemeinwissens. Da findet man mehr bei Wikepedia, geschweiger denn hier, wenn man fragt.

Ein Ausflug in das Freilichtmuseum ist sehr zu empfehlen!!!!!
Workshops sollte man nur dann buchen, wenn das Thema umfänglich, handlungsorientiert vorher im Unterricht vorbereitet wurde. So im Sinne "Das Ganze noch mal in einer autentischeren Umgebung".

Ups ich hoffe jetzt werd ich nicht gleich verbrannt, erschossen oder verhauen!!!! :bash

Was ich gelernt habe

Verfasst: 02.10.2006, 16:51
von BegineEva
Original geschrieben von TipiHippie

Von Flachs selber hab ich auch keinen blassen Schimmer;



Ich hab was gelernt!

Flachs ist eine ziemlich anspruchsvolle Pflanze, was den Boden an belangt.
Deshalb haben die Bauern den Boden dann immer wieder mehrere Jahre brach liegen lassen, damit er sich erholt.

Die Pflanze wird ca. 100 cm hoch und trägt viele kleine hell blaue Blümchen.

Zum Keimen braucht er 100 Stunden. Zum wachsen 100 Tage.

Die Blüten vertrocknen schon nach einem Tag.

Aus den Blüten wachsen dann kleine runde Fruchstände. Etwa so groß wie ein Stecknadelkopf. Darin befinden sich bis zu 10 Samen. Die, wenn sie reif sind, in ihren Kapseln rasseln.

Die Stengel sind sehr stabil und lassen sich nur schwer mit einer Sense schneiden.

Die Bauern rissen die Pflanzen samt Wurzeln aus.

Dann wurden sie in dünnen Bündeln aufgestellt und getrocknet.

Dann kam die Flachsverarbeitung. Fast alle Teile wurden benutzt.

Die Samenkapseln wurden gesammelt. Die enthaltenen Leinsamen (Achtung Namensänderung nur im Deutschen) wurden für die nächste Saat aber auch zum Essen genutzt als Leinsamen und als Leinöl, wie heute noch.
Leinöl kann man nicht nur in der Küche verwenden, sondern wenn man es Farben beimischt, werden die wetterfest.
Die Samen wurden abgekämmt und dann weiter verarbeitet.

Die Stengel wurden erst dann geschlagen. Dabei fiel der äußere Spreu ab und innen blieben sehr reißfeste Fasern. Die dann dann durch mehraches kämmen und Schlagen weich gemacht wurden.

Daraus wurden dann Garne gesponnen für Leinenstoff und Taue.

Eine Schwierigkeit hatten die Bauern. Flachs reagiert sehr intensiv aufsaugend auf Feuchtigkeit. Schon bei hoher Luftfeuchtigkeit ließ sich der Flachs nicht mehr bearbeiten.

Das ist ja auch ein beliebter Vorteil von Leinenstoff. Er saugt Feuchtigkeit sehr gut auf.

Ups ich hoff, ich hab nix vergessen und alles richtig wiedergegeben.

Verfasst: 15.10.2006, 18:04
von Thorus
Ich will das jetzt mal mit Brennnesseln ausprobieren, da sie auch sehr starke Fasern haben :D

Meint ihr, dass das machbar ist und man es auf die gleiche Art und Weise, wie das Flachs herstellen macht?!

Brennesseln

Verfasst: 16.10.2006, 15:45
von BegineEva
Mit Brennesseln kann man eine ganze Menge anstellen, besonders koche, Tee, Salat, medizinisch nutzen, aber es handelt sich um ein sog. Milchgewächs. Die Fasern sind für die Herstellung von Leinen o. Garnen sicher nicht stabil genug.
Da Brennesseln als Unkraut überall wachsen, auch da, wo man sie nicht haben will, und im Gegensatz zum Raps kaum Ansprüche an den Boden stellen, wären unsere Vorfahren garantiert schon drauf gekommen, ihn auch zu nutzen, wenn das funktionieren würde.
Deine Erfahrung mit der Widerspenstigkeit hast du bestimmt beim Jäten gesammelt, weil sich die Brennessel ungerne ausrupfen lässt und sich vehement dagegen wehrt.

Also ich kann mir das nicht vorstellen, dass dein Versuch erfolgreich ist, aber ich bin sehr neugierig zu erfahren, was dabei herausgekommen ist.

RE: Brennesseln

Verfasst: 16.10.2006, 16:35
von thorstain
Original geschrieben von BegineEva
Die Fasern sind für die Herstellung von Leinen o. Garnen sicher nicht stabil genug.

Das ist leider definitiv falsch. Der Begriff "Nesselstoff" kommt nämlich genau aus dieser Ecke, d.h. es handelte sich ursprünglich um Stoff, der aus versponnenen Fasern der Brennnessel gewebt wurde.
Heutzutage bezeichnet es (ähnlich wie "Leinwand") meist nur noch eine Webart bzw. Stoffqualität und der als Nessel bezeichnete Stoff ist meist aus Baumwolle (d.h. korrekterweise muß er "Baumwollnessel" heißen).
Das echter Nessel so rar ist liegt aber nicht an der Qualität des Stoffes, sondern - ähnlich wie bei Leinen - am Aufwand bei der Verarbeitung der Pflanze. Dabei kommt noch zusätzlich zum Tragen, daß Brennnessel - anders als Flachs - weniger als Nutzpflanze, sondern eher als Unkraut betrachtet wird.

Wieder was gelernt

Verfasst: 16.10.2006, 16:53
von BegineEva
Danke, das ist nicht leider, sondern toll, wenn mich wer korrigíert. Danke :knuddel

Bei Nesse wär ich nur auf Grund der etymologischen Entstehung auf den Begriff nessel im Sinn von zwischen den Fingern reiben gekommen und wäre nur auf und auf die Oberflächenstruktur des Stoffes gekommen.

Schön, dass auch Lehrer nicht alles wissen und immer Neues lernen.

Verfasst: 17.10.2006, 11:07
von LaCroix
Noch nie gehört von dem Märchen von dem Mädchen, das seinen in Schwäne verwandelten Brüdern Hemden aus Brennessel machen muß, damit diese wieder zu Menschen werden?

Wurde wie Leinen benutzt. Wächst ja überall, man muß es nur ernten.