Sehnenlängenbestimmung

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Ralph
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Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Ralph » 10.11.2021, 09:54

Es ist mir entfallen, ob wir das Thema hier schon irgendwo mal hatten…

Es geht um das Problem der Sehnenlängenbestimmung.

In der Regel darf man davon ausgehen, dass, wenn ein Hersteller zu einem Bogen eine bestimmte Standhöhe empfiehlt und eine Sehne mitliefert, diese Sehne von der Länge her auch derart lang bzw. kurz ist, dass nach gemeinem Aufspannen die Standhöhe erreicht wird bzw. sich diese in einem ggf. herstellerspezifisch angegebenen Toleranzbereich bewegt.

In der Regel...

Nun liegt aber der Fall vor, dass die gelieferte Sehne definitiv zu lang ist und sich aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine Endlossehne sowie eine aus FF handelt, eine wesentliche Verkürzung durch Eindrehen nicht wirklich erreichen läßt. Selbst wenn dieses der Fall wäre, würden sich aufgrund der hier vorliegenden, extrem langen Sehnenöhrchen diese derart verdrillen, dass dieses das Schießverhalten des Bogens negativ beeinflussen würde.

Es geht hier konkret darum, dass die mit der mitgelieferten Sehne erreichbare Standhöhe um 0,8 - 1 Zoll unter der empfohlenen Standhöhe liegt. Ich möchte diese Abweichung nicht einfach ignorieren, da ich eine negative Auswirkung auf das Schußverhalten des Bogens ausschließen möchte.

Der Ersatz der Endlossehne gegen eine flämische Gespleißte scheidet aus (Ich bitte, das als Fakt zu betrachten).

Natürlich wäre es ein Leichtes, den Hersteller anzugehen, um eine Ersatzsehne zu bekommen. Das würde aber länger dauern, als selbst eine neue Sehne zu wickeln.

Zwar liegt dem Bogen auch eine optionale Sehne bei, die in der Länge verstellbar ist. Jedoch traue ich dieser angesichts des verwendeten Materiales nicht wirklich über den Weg. Experimentell an mehreren Stelllschrauben gleichzeitig zu drehen, macht m. E. nicht wirklich einen Sinn.

Die Frage ist nun, wie man in einem solchen Falle die Sehnenlänge für eine kürzere Sehne am besten bestimmt.

Mir würde jetzt nur eine bloße Verhältnisrechnung (jetzige, tatsächlich Standhöhe zu jetziger Sehnenlänge im Verhältnis zu empfohlener Standhöhe zu unbekannter Sehnenlänge) einfallen.

Hatte jemand schon mal dieses Problem ?

Danke
Ralph
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kra
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von kra » 10.11.2021, 10:23

Ich würde die 2.Sehne aufziehen und so lange einzwirbeln, bis es passt. Dann hast du die benötigte Sehnenlänge und kannst die neue Sehne bauen. Mußt ja nicht damit schießen ;) , es geht nur um die Länge.
Rechnerei ist jetzt nicht so meine Sache, bin mehr der Experimentator, zudem wäre es eh nur eine Näherung, da die Art der Biegung mit eingeht und eine Rechnung verm. nur für einen Kreisbogen stimmen würde (Fachleute vor...).
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Dimachae » 10.11.2021, 10:54

Interessant wäre ja die Frage was für ein Bogentyp im "Spiel" ist.. Bei z. B. einem Recurve ist es "einfach".. Bogenlänge - 3" .. führt meist zum Erfolg zumindest bei meinen flämisch gespleißten Sehnen.. Da du von "extrem langen Sehnenöhrchen" schreibst gehe ich mal von einem Reflexbogen (Reiterbogen) mit Siyhas aus .. und der Sehnen- Führung über Sehnenbrücken..
Ein ähnliches Problem hatte ich mal bei einem "Manchu" Style Bogen, mit langen Siyhas (und entsprechend großen Ohren).. und der Tatsache, dass es eine flämische Sehne sein sollte.. Letztlich half da nur ein heran tasten... (Bogenlänge - X") und der Schrittweisen zu- Berechnung der verlängerten "Ohren"...

Ich würde von daher auch zu dem Vorschlag von @ kra raten und die originale Sehne als Maß nehmen..
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Ralph » 10.11.2021, 11:29

Ja, das dürfte beides passen. Kra´s Idee ist sicher besser als das Rechnen. Es geht um einen Testmandschu. Irgendwie hätte mir was gefehlt, wenn ich nichts zu basteln hätte anfangen müssen....
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Neumi » 10.11.2021, 12:27

Wenn die sehne sowieso verworfen wird, kannst Du mit Knoten verkürzen. 1 Knoten bringt beim Langbogen ca. 1-1,5 cm mehr Standhöhe.
Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von baxmann » 10.11.2021, 13:57

Neumi hat geschrieben:
10.11.2021, 12:27
Wenn die sehne sowieso verworfen wird, kannst Du mit Knoten verkürzen. 1 Knoten bringt beim Langbogen ca. 1-1,5 cm mehr Standhöhe.
Grüße - Neumi
Neumi,
eine Bogensehne mit Knoten, um eine notwendige Längenreduzierung vorzunehmen, geht gar nicht.
Leider fehlen in dem Beispiel einige wichtige Daten: die Bogenlänge, die genaue Sehnenlänge im vöölig ausgedrehten Zustand und die empfohlene Bandbreite der Standhöhe für den betreffenden Bogen.
Die bekannte Regel zur Längenbestimmung einer Bogensehne : Länge des Bogens in " (Zoll) abzgl. 3 " ergibt die eigentlich passende Sehnenlänge. Das setzt aber voraus, dass sich der Bogenbauer an die AMO Bestimmungen der Bpgenlänge gerichtet hat.
Eine Endlossehne über die Maßen zur Längenverkürzung einzudrehen, ist ebenfalls nicht zu empfehlen. bei diesem Sehnentyp geht man von ca 25 - 30 Eindrehungen aus. Hier gibt es auch Unterschiede hinsichtlich Strangzahl und Garngewicht des Sehnengarnes. Bei einer flämisch gespleißten kann dieses Eindrehen deutlich höher liegen.
Gruß

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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Neumi » 10.11.2021, 14:17

baxmann hat geschrieben:
10.11.2021, 13:57
eine Bogensehne mit Knoten, um eine notwendige Längenreduzierung vorzunehmen, geht gar nicht.
Lies halt mal richtig was ich geschrieben habe. ::)
Wenn die Sehne verworfen wird, also nicht benutzt, geht die Methode sehr wohl um eine kontrollierte Längenreduzierung zu erreichen und somit schnell zu checken wie lange eine passende Sehne sein muss. ;)
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Ralph » 10.11.2021, 16:04

@Neumi

Danke für den praxisnahen Rat mit dem Knoten.Ich dachte auch erst an provisorisches Eindrehen, aber dann dreht sich das Ganze vielleicht eher wieder auf, ehe man es vermessen oder auf den Sehnengalgen gespannt hat. Passt so.

Ralph
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von kra » 11.11.2021, 10:50

Das Einknoten gekoppelt mit Eindrehen, um die Knotenschrittweite zu überbrücken ist vermutlich der sicherste Weg. So schnell wickelt sich das Eingedrehte nicht wieder auf (wenn man etwas aufpasst).

@Baxmann, wie Neumi schon schrieb geht es hier alleine um die Bestimmung der Sehnenlänge, nicht das man mit der eingeknoteten Sehne auch schießt - was bei einer übermäßig eingedrehten Sehne durchaus möglich wäre.

Und mit dem AMO Rechnungen zu kommen ist nur begrenzt zielführend, weil wie oben geschrieben, Ralph einen Mandschu-Bogen, also eher KEINEN nach AMO gebautem Bogen. Zudem, auch der Weg nach AMO ist nur eine Näherung an die wirklich benötigte Sehnenlänge. Auch wenn AMO draufsteht ist das nicht der Weisheit letzter Schluss.

PS. Nochmal wg. Knoten - jeder Knoten setzt die Festigkeit der Sehne herab, der Alpenverein hat da ausführliche Untersuchungen zu gemacht, aber bei der üblichen 8 bis 10-fachen Sicherheitsreserve sind ein paar Probeschüsse zum Austesten durchaus möglich.
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Ralph » 11.11.2021, 13:34

Ich werd nochmal grübeln.

Schießen werd ich mit der durch Konten oder Eindrehen gekürzten Sehne eh nicht, vielleicht nur ein paar mal Ausziehen und sehen, wie es sich von der Standhöhe verhält.

Die Problematik mit dem unkomfortablem Schußverhalten bei unpassender Standhöhe hatte ich schonmal: Damals wars auch zuwenig an Standhöhe und ich hab mir einen abgekrampft, um den Pfeilflug gut hinzubekommen. Nach Erhöhung wars dann besser.

Dann auf den Sehnengalgen und Wickeln - und dabei wie immer - und schon andersnorts beschrieben), hoffen, dass im Ergebnis die korrekte Länge des Originales rauskommt. Im Hinbklick auf das letztere bin ich aber zuversichtlich, dass es bei einem herstellerseits angegebenemToleranzbereich von 2 Zoll der Standhöhe selbst bei etwas kürzer geratener Sehne noch ausreichen wird.
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Ralph » 12.11.2021, 15:17

Ähm...,

...ja....

Ich habe es nun dochmal auf dem Weg von Kra versuchen wollen:

Sprich die Längenfindung mit der mitgelieferten Sehne versuchen wollen, der ich nicht traue.

Das hat sich bisher auch noch nicht geändert:

Dabei handelt es sich um eine dreiteilige Sehne in mutmaßlich traditioneller Knotungsweise. Im Thread "endloses Endlossehnenproblem " hatte man schon mal darüber diskutiert, wie erfolgversprechend das Verknoten von mehreren Sehnen aus modernen Materialien wie FF ist - nämlich so gut wie nicht.

Anbei nun die Lösung des Herstellers.

Abgesehen mal davon, dass diese Sehne angesichts der empfohlenen Standhöhe zu kurz wäre, würde mich interessieren, wie die Meinungen zu dieser Ausführung sind:

Die Öhrchen bestehen aus einer Art dicken Gardinenkordel, die kaum in die Sehnenkerben passt. Mir wäre beim Gedanken, mit der Konstruktion wirklich mal zu schießen zu versuchen, sonst als Vorsichtsmaßnahme eingefallen, die betreffenden Bereiche sicherheitshalber mit dem gängigen Garn für Öhrchenwicklungen zu umwickeln.

Bild folgt !
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Ralph » 13.11.2021, 11:30

Jetzt hier das Bild, der Sehne, der ich nicht so recht traue:
dreiteilige_Sehne_bearbeitet.jpg
Leider passt diese Sehne von der Länge her auch nicht. Insbesondere die Verstellbarkeit der Sehnenlänge über die Öhrchenlänge funktioniert zwar an sich. Dann kommt der Knoten aber nicht mehr auf der Sehnenbrücke zu liegen, wo er funktionell gesehen eher hingehören würde. Zudem liegt er dort aufgrund einer eingefrästen Kerbe für den Verlauf einer knotenlosen Sehne auch nicht sicher.

Das ist deswegen Schade, da ich ansonsten doch gern mal versucht hätte, ob das Ganze schießtechnisch hält - also den versuch, den Kra auch angesprochen durchgeführt hätte.

Zumindest konnte ich die Sehne statisch zur Sehnenlängenermittlung verwenden.

Im Endeffekt war die gelieferte Sehne um gut 3 cm zu lang. Habe jetzt eine Kürzere gewickelt.
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Neumi » 13.11.2021, 18:02

Ob dieses Konstrukt hält, kann ich nicht beurteilen. Der Knoten und wie das Sehnengarn in das Seil eingeknotet ist, ist nicht gut erkennbar.
Aber was so manche Händler zusammen basteln - Respekt 🙄🤣
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von kra » 13.11.2021, 18:30

So ein ähnliche Konstrukt ist durchaus nach historischen Vorlagen korrekt, wobei ich den Knoten hier nicht erkennen kann.
Diese Art Sehne ist bei Karpowitz , s. 145 dt. Ausgabe, (oder in einem der Bände der Bibel oder auf Atarn) beschrieben. Das geht schon in Ordnung. Ob der hier verwendete Knoten was taucht kann ich aber nicht sagen.
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Re: Sehnenlängenbestimmung

Beitrag von Hieronymus » 13.11.2021, 18:43

Von welchem Zuggewicht reden wir denn hier?


Gruß Markus
«Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, daß das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes.»
Salvador Dalí

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