Messer aus alten Sägeblättern

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
Antworten
Benutzeravatar
fennek
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 297
Registriert: 16.05.2005, 21:47

Messer aus alten Sägeblättern

Beitrag von fennek » 20.09.2006, 21:38

Salve!
Kann mir von euch jemand sagen, in wie weit sich Messerklingen aus Werkzeugstahl eignen?
Könnte da nämlich in Form gesägte Stücke von Sägeblättern zum Metall sägen bekommen.

Gruß Benni
"Wie hat es sich angefühlt?" "Es klang wie der Geruch von Himbeergeschmack..."

Wittiko
Full Member
Full Member
Beiträge: 179
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Wittiko » 20.09.2006, 22:43

Hi Benni,

Werkzeugstahl ist ein so weiter Begriff, daß man wohl alle Messerstähle als Werkzeugstähle bezeichnen kann. Gibt also keine pauschale Antwort. Versuche herauszufinden, worum es sich genau handelt, vielleicht ist wo ein Hersteller vermerkt. Oder eine Produktbezeichnung, die man Googeln kann.

Wenn das Sägeblatt aus einem Stück ist, gute Chancen. Ist es Bimetall (Band und Zähne aus 2 Werkstoffen), sieht es weniger gut aus. Jüngstes Beispiel von mir: laut Hersteller ist das Band aus "Vergütungsstahl mit 4% Chrom". Gibt viele Vergütungsstähle, höchstwahrscheinlich ist der Kohlenstoffgehalt aber zu gering für eine gescheite Schneide.

Ist es HSS würde ich nach was anderem schauen, da die Wärmebehandlung bei anderen Stählen deutlich einfacher ist.

Versuch dem Hersteller Informationen über Kohlenstoffgehalt und die ersten beiden Legierungselemente zu entlocken. Wenn Du mehr weißt, neu posten ;).

Gruß
Maik

Harbardr
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1151
Registriert: 06.08.2003, 23:46

kein Problem ...

Beitrag von Harbardr » 21.09.2006, 12:39

...bis auf's Ausschneiden, bzw. Schleifen, denn da sollte das Material sowenig, wie möglich erhitzt werden.
Wenn (außer dem Material) die benötigtem Maschinen vorhanden, tut's, mal abgeseh'n vom "handwerklichen Können", recht einfach werden.

Klingen aus Sägeblättern brauchen auch nicht unbedingt (wenn, wie im ersten Satz verfahren) wärmebehandelt, o. nachgehärtet werden. Die Schnitthaltigkeit ist meist ausreichend.

Aber frag doch mal den Arcus, der hat solch Arbeit schon gemacht u. die Klingen seh'n super aus.

Benutzeravatar
fennek
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 297
Registriert: 16.05.2005, 21:47

Beitrag von fennek » 21.09.2006, 12:44

Erstmal danke für eure Antworten!
So weit weiß sind die Dinger aus HSS Stahl. Maschienen zum bearbeiten stellen kein Problem dar. Ich denke ich probiers einfach mal... Kann ja eigentlich nix verlieren. :tool

Gruß Benni
"Wie hat es sich angefühlt?" "Es klang wie der Geruch von Himbeergeschmack..."

Der Bootsbauer
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 58
Registriert: 27.07.2006, 11:31

Beitrag von Der Bootsbauer » 21.09.2006, 15:29

Wenn das HSS-Sägeblätter zum Metall sägen waren (wie Du schreibst), und Du sie beim in Form bringen nicht überhitzt sollte die Schnitthaltigkeit kein Problem darstellen. Im übrigen reagiert HSS nicht ganz so empfindlich auf höhere Temperaturen wie vergütete Stähle.

Benutzeravatar
fennek
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 297
Registriert: 16.05.2005, 21:47

Beitrag von fennek » 21.09.2006, 15:37

Hab mal eine Klinge grob in Form gebracht. Es sollen übrigens nur einfache "Arbeitsmesser" daraus werden.
Wie soll ich mir das mit dem überhitzen vorstellen? überhitzt=verfärbt???
Danke für die Antworten im Voraus.

Gruß Benni
"Wie hat es sich angefühlt?" "Es klang wie der Geruch von Himbeergeschmack..."

Benutzeravatar
killerkarpfen
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 2855
Registriert: 06.02.2005, 17:15

Beitrag von killerkarpfen » 21.09.2006, 16:38

Überhitzt, das sind die schönen "Anlassfarben" wie im Regenbogen und natürlich nur auf dem blanken Material sichtbar. Es handelt sich dabei um Oberflächenoxydation. Wenn Dein Material blau wird dann ist es überhitzt. Kohlenstoffstahl wird sich etwa ab 400°C verfärben.
Trick nimm eine Schale kaltes Wasser neben die Schleifmaschine und tauche nach kurzer Zeit das Werkstück immer wieder zum kühlen. Arbeite ohne Handschuhe, wenn das Stück warm wird sofort kühlen.
Kreissägeblätter und die von grossen Bügelsägen sind heute fast ausschliesslich aus HSS. Das eignet sich bestens für Arbeitsmesser, sind aber nicht rostfrei.
Kreissägeblätter sind durch und durch hart bis ins Zentrum. Bügelsägeblätter können am Rücken weicher sein als an der verzahnten Seite. Desshalb bring auch die Messerschneide auf der Zahnseite an.
Machst Du eine Angel, dann wärme diese bis sich diese Anlassfarben ein paar MM in die Klinge ziehen. Die Angel darf auch schwach glühen. Danach tauchst Du die Schneide bis 10mm vor dem Griff kurz in Wasser. Die Angel bleibt warm, und legse die Klinge in Buchenasche, oder wickle sie in ein altes Tuch damit sie langsam und spannungsfrei (weich) auskühlen kann. Grund: die Gefahr eines Bruchs der Klinge im Übergang zum Griff ist recht gross, wird aber so praktisch elliminiert.
Eppur si muove

Benutzeravatar
fennek
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 297
Registriert: 16.05.2005, 21:47

Beitrag von fennek » 21.09.2006, 17:04

Servus Killerkarpfen!
Danke für diese geniale Antwort! Wenn ich das nun richtig verstanden habe bedeutet das also, dass das Stahl an sich recht spröde ist, durch das erhitzen (Angel) jedoch weicher wird??
"Wie hat es sich angefühlt?" "Es klang wie der Geruch von Himbeergeschmack..."

Benutzeravatar
killerkarpfen
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 2855
Registriert: 06.02.2005, 17:15

Beitrag von killerkarpfen » 21.09.2006, 18:21

Genau; und der Übergang von der Klinge zum Griff ist die am meisten beanspruchte Stelle. Da ist mir auch schon ein (gekauftes) Messer gebrochen.
Wenn es weich gemacht wird kann es zwar verbiegen, aber man kann es auch wieder richten.
Eppur si muove

Wittiko
Full Member
Full Member
Beiträge: 179
Registriert: 06.08.2003, 23:46

ohje...

Beitrag von Wittiko » 21.09.2006, 18:56

Will ein paar Korrekturen anbringen:

Auftretende Anlassfarben bedeutet nicht automatisch "überhitzt" (<- was heißt das?).

Anlassfarbe Blau muß nicht schädlich sein, bedeutet lediglich, das 300°C erreicht sind. War Dein Werkstoff zuvor bereits höher angelassen, macht das gar nix.

Ab 400°C ist es mit Anlassfarben vorbei, geht von 200°C "weißgelb" bis 360°C "grau". Farben und zugehörige Temperatur variieren deutlich je nach Legierung, sie gelten im allgemeinen für unlegierten Werkzeugstahl = Kohlenstoffstahl.

Benni,

"Stahl an sich" ist nicht spröde, sonst würde man keine Autobahnbrücken dran aufhängen ;). immer eine Frage des Werkstoffes und der Wärmebehandlung. Wenn Du die Angel glühst und es übertreibst, kann es Dir passieren, das sie auch ohne Abschrecken wieder Härte annimmt und schneller bricht als zuvor.

Daher oben meine Frage nach dem Werkstoff. Die Unterschiede sind groß. Aber vielleicht habe ich einfach zu hohe Ansprüche an die Schneidleistung meines Messers ;).

Gruß
Maik

Benutzeravatar
fennek
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 297
Registriert: 16.05.2005, 21:47

Beitrag von fennek » 22.09.2006, 13:49

Naja, ich werds einfach ausprobieren und sehen was dabei rauskommt....
Die Klinge ist soweit eh schon fertig. Hat von euch einer Ahnung davon wie man diese schwärzen kann? Hab da irgendwann mal was von Leinöl einbrennen gehört..!?

Gruß Benni
"Wie hat es sich angefühlt?" "Es klang wie der Geruch von Himbeergeschmack..."

Der Bootsbauer
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 58
Registriert: 27.07.2006, 11:31

Leinöl einbrennen

Beitrag von Der Bootsbauer » 22.09.2006, 14:28

Ja, zum glühen bringen und in Leinöl tauchen. Dabei geht aber garantiert die Vergütung verloren!
Was auch geht, aber nicht so dunkel wird ist Säure, also Zitronen, Zwiebeln.... schneiden.

Wittiko
Full Member
Full Member
Beiträge: 179
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Schwärzen

Beitrag von Wittiko » 22.09.2006, 19:53

Habe noch ein anderes Rezept, aber noch nicht selbst probiert:

Blanke Oberfläche hauchdünn mit Leinöl anstreichen und über einer Flamme erhitzen, bis das Öl verkohlt ist, soll aber nicht brennen. Vielleicht wird der Stahl dabei nicht so heiß, das er an Härte verliert. Vielleicht an einem Rest testen.

Oder 100g Talg mit 5g Schwefel vermischen, Klinge bestreichen und sachte mit der Flamme abrauchen.

Oder Schwefel in Terpentin lösen, auftragen und ebenfalls langsam erwärmen, bis es schwarz ist.

Habe noch eine naßchemische Variante, aber die ist noch aufwändiger, die will ich selbst bald testen.

Alles ungetestet, wenn Du davon was ausprobierst, bitte berichten. Einiges davon wird stinken. ;)

Benutzeravatar
kra
Global Moderator
Global Moderator
Beiträge: 6746
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von kra » 22.09.2006, 21:04

etwas aus der Praxis. Vor ca. 20 Jahren habe ich mir ein Messer aus einem Sägeblatt einer Maschinensäge ge"baut". Hat ca. 1/2 Schleifstein gekostet, mich beinahe das Leben und viele Stunden Arbeit.
Schmankerl war das bohren der Löcher für die beiden Kupfernieten (nix hohlnieten, so richtig massiv!!). Versuchtes weichglühen brachte nicht viel, ich habs dann mit nem
angeschliffenen Steinbohrern "durchgezwungen". Insgesamt ein Beispiel von Dilletantismus :D .
Die Klinge ist ca. 1,9mm stark und das Messer hat bisher so alles mitgemacht. Sehr hart und doch gut biegsam. Im Moment ist es Küchenmesser und kommt auch in die Geschirrspülmaschine. Färbung durch Fruchtsäuren (Obstschälen). Durch das glühen wurde der Stahl grobkörnig, was der Schärfe nicht gut tut.

Klinge:
[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10187/Klinge.jpg]
Bild[/url]

Seitenansicht:
[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10187/Seitenansicht.jpg]
Bild[/url]


Übergang Klinge/Griff:
[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10187/Uebergang.jpg]
Bild[/url]

Griffholz ist Buche, die ich von einem Schreiner bekommen hatte. Machte bisher alles mit.

Aber wie gesagt, eine Sauarbeit
“Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.”
– George Bernard Shaw

Antworten

Zurück zu „Messer“