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Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 27.08.2020, 13:32
von Holzbieger
Hallo Messermacher

Im Beitrag Messer #8 kam neulich die Frage auf wir man lange Löcher bohrt und die Schlitze für Steckerlmesser macht. Mark hat dort seine Hartmetallbohrer gezeigt.

Ich mache mal diesen Beitrag hier auf und stelle einen Teil meiner Werkzeuge vor die bei mir Verwendung finden und zeige wie ich das mache.

Hier mal die Übersicht

Übersicht.JPG
1: Spitzbohrer
2 & 3: Stichsägeblätter
4, 5 & 6: Räumnadeln/haken

1 Spitzbohrer:

Die kenne ich schon seit meiner Lehrzeit als Werkzeugmacher. Mein Ausbilder war „alte Schule“ und hat uns viel Tricks beigebracht. Zum Beispiel: Du must ein Loch bohren und hast keinen passenden Bohrer, weder Durchmesser oder Länge. Mache Dir einen Spitzbohrer.

Das ist ein Rundmaterial das im Durchmesser kleiner sein sollte als der Durchmesser den man bohren will, idealerweise aus Stahl.
Dies wird an der Spitze flach geklopft, kann man je nach Werkstoff heiß oder auch kalt machen.
Dann wird die flachgeklopfte Spitze auf die Breite des Durchmessers den man bohren will geschliffen. Das kann man von Hand mit Feile machen, ich spanne das Teil meist in meinen Akku Bohrer und schleife das an meinem Bandschleifer auf Maß.
Dann wird die Spitze angespitzt und zwei Schneiden angeschliffen.
Das gezeigte Beispiel ist aus Silberstahl, ist gehärtet und hat einen Durchmesser von 4 mm.
Ich habe da schon alles genommen, Nägel, Fahrradspeichen etc. Wenn man Holz bohrt muss es auch nicht unbedingt gehärtet sein. Ein zwei Bohrungen gehen immer, dann muss man halt nachschärfen.
Ich mache meine Bohrer auch immer gerade so lang wir nötig.

Spitzbohrer 1.JPG
Spitzbohrer 2.JPG
Spitzbohrer 3.JPG

Ein paar Anmerkungen zur Anwendung:

Generell gilt bei Spitzbohrern, bohren mit langsamen Vorschub, wenig Druck und oft Späne räumen.
Mein gezeigtes Beispiel hat 4 mm an der Spitze und ist aus 3 mm Silberstahl. Da ist nicht viel Platz für die Späne, oft räumen.
Wenn man lange Bohrer sehr dünne Bohrer macht besteht die Gefahr dass dies beim Bohren ausknicken. Hier bohre ich immer mir meinen längsten Spiralbohren vor (ich habe einige Überlange Bohrer verschiedener Durchmesser) damit der Spitzbohrer schon eine Führung hat.
Spitzbohrer verlaufen gerne da sie wenig Führung haben, speziell bei langen, dünnen Bohrungen.


2 & 3 Stichsägeblätter

Diese Werkzeug sind eigentlich selbst erklärend, Q&D gemacht. Stichsägeblätter die in Rundstäbe geklebt habe. Die Sägeblätte kann man dann nach belieben umschleifen, Nummer 2 habe ich z.B. sehr dünn geschliffen.
Schön sind die beiden Teil nicht, sie erfüllen ihren Zweck. Ich will mir einen Wechselhalter zu bauen, aber mehr als eine Idee ist es bisher nicht.

Wann benutze ich diese Teile, da die Tiefe limitiert ist?
Wenn der Erl des Werkzeuge kurz ist. Die Räumwerkzeuge 4, 5, 6 haben einen Spitzerl der nur so lange ist wie ich mit 2 oder 3 tief komme.
Ich habe die Griffe mit 3, 5 mm auf die Tiefe vorgebohrt und dann quasi die Bohrung für den Erl ausgeräumt. Das dauert keine 5 Minuten je Griff und man kann das recht sauber machen.

Beispiel 1.JPG

4, 5 & 6: Räumnadeln/haken

Diese habe ich mir kürzlich aus Stahlresten gemacht, bis auf die Griffe quasi Abfallverwertung, aus 80CrV2 aber Stahl spielt eigentlich kein Rolle. Nur die Spitze / der Haken ist gehärtet.
Die Griffe dieser Werkzeuge sind Feilenhefte aus dem Baumarkt die ich etwas aufgehübscht habe (eingefärbt, geschliffen und eine Zwinge aus Kupfer)

Räumnadel Detail 1.JPG

Ich verwende diese für Steckerlmesser mit dickerer Klinge > 3 mm.

Messer mit durchgehendem Erl die ich entweder verschraube oder verniete (was ich nicht oft mache). Hier bohre ich mit eine Spitzbohrer längs durch das Griffholz. Diese Bohrung benutze ich als Führung um dann von beiden Seiten entsprechend aufzubohren.

Für Steckerlmesser ohne durchgehenden Erl bohre ich nur einer Seite auf.

In beiden Fällen passe ich den Erl nicht mehr in der genauen Dicke ein. Ich bohre meist mit 8 mm auf und räume dann mit den Haken das Material für den Erl aus.
Das ergibt dann eine Figur wie diese.

Bohrung Erl 2.jpg
Beispiel 4.JPG
Ich muss dazu sagen dass ich eine Steckerl zum Ricasso hin so breit als möglich mache und meist spitz auf 8 bis 10 mm zulaufen lasse.
Diese Methode geht schnell und ich kann damit eine Länge des eigentlichen Erls von ca. 100 mm realisieren, was meines Erachtens vollkommen ausreicht.

Die verbleibenden Bohrungssegmente fülle ich mit Zylindersegmenten aus 8 mm Dübelstäben auf die ich mit Epoxy einklebe.

Danke für Schauen. Auch hier sind Anmerkungen gerne erwünscht. Wie gesagt, das ist meine Methode die für mich funktioniert.

Gruß
Roland

P.S. Nummer 5 geht als Geschenk zu einem befreundeten Messermache in die USA.

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 27.08.2020, 13:42
von apaloosa
Hallo Roland,
....Ich will mir einen Wechselhalter zu bauen, aber mehr als eine Idee ist es bisher nicht.
Schau mal nach Ahlen, sofern sie ein 4-Backen Futter haben sollte das funktionieren.

VG
Harald

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 27.08.2020, 14:59
von Holzbieger
Danke Harald,

Gute Idee. Ich schau mal, tendiere aber zum Selbstbau zwengs der Herausforderung.

Gruß

Roland

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 27.08.2020, 19:03
von Becknbauer
Interessante, Auswahl an Werkzeugen.
Schön dass du die hier zeigst.
Da stecken sehr viele Anregungen drin.

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 28.08.2020, 11:36
von shokunin
Immer spannend Eigenbau-Werkzeuge zu sehen :)

Und da sieht man auch den Werkzeugbauer... der ganze Prozess schön sauber und präzise.
Bei mir wird das mit viel Staub und Rauch rausgewurxelt und dann stopf' ich den glühenden Erl rein bis er "passt" :-\

Danke für's Zeigen.

Gruss,
Mark

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 02.09.2020, 08:52
von vogelflug
Super, dass du dein Wissen teilst. Ich träume schon seit einiger Zeit von einem Selbstbau. Im Moment mache ich viel mit Leder, aber dann....

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 02.09.2020, 09:19
von kra
Vielen Dank für das Teilen deiner Ideen und Werkzeuge.
Die Räumhaken sind eine tolle Idee! Danke, die werden nachgebaut. Das war bei mir immer ein Gewürge beim Einsetzen der Klinge in den Griff. Lief bei mir meist ab wie bei Mark...

Ich mache etwas ähnliches wie du mit den Stichsägeblättern mit Bohrern, mit denen ich die Seele in Bambusschäften aufbohre, um einen Holzstift einzusetzen. Von Hand geht vieles sehr viel besser und feinfühliger.

Die Spitzbohrer muß ich mal ausprobieren wenn ich Bambusschäfte der Länge nach durchbohren möchte.

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 10.09.2020, 18:07
von Holzbieger
Hallo,

ich war die Tage fleißig und habe mir den Halter für Stichsägeblätter gebaut. Der Griff besteht aus 4 Teilen.
- Der Griff: den habe ich vor 2 Jahren bei meinem Freund in Brasilien in seiner Werkstatt gedrechselt. Keine Ahnung mehr was für ein Holz das ist.
- Ein Stück Edelstahl Rundmaterial 8 mm Durchmesser welches ich geschlitzt habe um ein Stichsägeblatt einzustecken.
- Eine Messinghülse 8 mm Innendurchmesser und den Schlitz abzudecken und das Blatt zu führen
- Ein M4 Madensschraube zum festklemmen.

Edelstahl und Hülse sind am unteren Ende verlötet (könnte man auch kleben) und dann mit Epoxy in den Griff geklebt. Ich hätte ja gerne etwas gebaut um die Blattbefestigung ohne Inbusschlüssel zu machen, aber rein von Hand konnte ich meine Idee nicht umsetzten. Vor drei Monaten habe ich eine alte durchgebrannte Stichsäge auf den Schrott geworfen. Da hätte nur den Sägeblatthalter ausbauen müssen und in den Griff kleben. (Mann soll halt nicht alles schon nach 5 Jahren zum Schrott bringen)

Ich hoffe es gefällt.

Gruß

Roland

Sägeblatthalter_5.JPG
Sägeblatthalter_4.JPG

Hier noch ein Detail von der Bauphase

Sägeblatthalter_1.JPG

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 10.09.2020, 22:32
von locksley
Sehr schönes und elegantes Werkzeug, Roland. Bei Dir werde sogar simple Gebrauchsgegenstände zum Augenschmaus.

Re: Lange Bohrungen für Steckerlmesser

Verfasst: 14.09.2020, 08:54
von klaus1962
Sehr gelungene Umsetzung, Roland.
Vor allem die Schlitz-Hülse-Kombination, finde ich top.
Als bekennender Werkzeugfetischist habe ich mir das gleich für einen gelegentlichen Nachbau abgespeichert.
:)
Gruß
Klaus