Messerbau aus Rentiergeweih

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
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bulletknives
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von bulletknives » 09.11.2014, 20:58

Ja, s'is scho lustig hier mit zu lesen ...
Gruß aus der Schmiede

Stoeckchendepp
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Stoeckchendepp » 09.11.2014, 23:02

@Rado:
Das mit dem Erwerb ist sicher kein Problem, wenn es Dich mal in die tiefste Brandenburger Provinz und damit in die Nähe meines gewerblichen Domizils verschlägt. Versandt ist doof, weil dann gewisse Gefahrguttransportvorschriften zuschlagen, die ein normaler Mensch kaum erfüllen / bezahlen kann. Nen ganzen Liter verhökere ich im Zweifelsfall lieber als Kleinstmengen, weil der dann zumindest in passender bruchsicherer Plastikflasche daher kommt, was die Sicherheit erhöht. Hatte früher genug Jäger, die H2O2 bei mir gekauft haben für Trophäen... Ist eingeschlafen, seit die Jagdpächter in letzter Zeit immer mehr von "ganz weit weg" anreisen...

Ach ja... Nicht jeder, der nicht so genau weiß, was er da vorhat, ist deswegen gleich ein Po mit Ohren. Aber auch nicht jeder ist ein ebensolcher nicht, auch wenn (oder eben weil) er weiß, was er macht... ;)

@bulletknives
Jo, sicher. Ich lese hier ja auch meist nur mit... >:)

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Rado
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 09.11.2014, 23:10

Ok ich frage dann weiter bei den hiesigen Apotheken.
Und ich verachte niemanden der Wissen hat. Ganz im Gegenteil.
Sondern nur jene die damit nicht rausrücken und statt es einem beizubringen, lieber den Zugriff verweigern.
Das hilft auch keinem weiter.
Danke für die Informationen zur Lagerung.

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shokunin
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von shokunin » 10.11.2014, 08:00

@stoeckchendepp

Jetzt muss ich doch mal was fragen…

aber zu allererst noch ein paar Worte zum Apotheker-Thema allgemein…

Ich mache da den Apothekern keinen Vorwurf, wenn dann evtl dem Gesetzgeber.

Klar, wenn der junge Herr Rado dann mit seinem bei Dir erworben H2O2 am Küchentisch herumplanscht, und die kleine Schwester kommt rein geschossen, rumpelt an den Tisch und ist den Rest ihrer Tage blind… dann richten sich alle Augen auf den Apotheker. Verantwortlich ist dann nicht Rado, der kann’s ja nicht besser wissen, sondern der verantwortungslose Apotheker. Der hat die Fachkenntnis… um nicht zu sagen Kohle und ‘ne Versicherung… verantwortlich ist gefälligst der, der zum Schluss dann auch zahlen kann... >:)
Unterm Strich haben wir als Gesellschaft von unserer Eigenverantwortung abgedankt und sie dem Staat und unseren Versicherungen usw übertragen. Die wiederum wälzen sie auf Fachleute ab. Du als Fachmann hast dann in dem System eben die A-Karte… und ich versteh’ da Deine Einstellung vollens, ich würd’ für ‘ne Marge von €3 meinen Kopf auch nicht in die Schlinge stecken.

Und klar, viele Leute haben keine Ahnung wie gefährlich manche dieser Allerwelts-Chemikalien sind…
Das gilt mitunter auch für mich, denke ich.
Ich spiele seit meiner Kindheit mit all-irgendwelchem Zeug herum. Ich hab’ hier von Ammoniak bis Zitrone, über Salz- und Salpetersäure, Lösemittel, Gase, Zyankali…
Das erste Gebinde Zyankali, das ich gekauft hatte (in UK) waren 0,5kg, ausreichend um 1000 Leut’ über den Jordan zu schicken, das war die kleinste Menge die zu haben war. Normal wird da 25kg geliefert… :o
Mich gruselt es zwar jedes Mal wenn ich den Deckel vom Zyankali-Bad aufmache und das rieche… aber dennoch,… man gewöhnt sich dran und irgendwann ist's halt: ja mei, hat man halt und braucht man halt… und man wird mitunter schon fahrlässig.
Es ist nicht verkehrt wenn einer überwacht was da an Gefahrstoffen abgegeben wird.


Das bringt mich dann aber zur eigentlichen Frage…

Ich hab’ als Kind Tierschädel gesammelt, die wurden nach Anleitung eines Jägers in H2O2 gebleicht.

Gerade relativ frisches Material hab ich dazu schon auch in verdünnter Peroxid-Lösung erwärmt. Kochen würde ich heute nicht mehr, habe ich aber... :-\

Ich lebe noch usw… das hat also soweit bei mir schon funktioniert… meine Frage ist aber nun:

Ist es ausgesprochen gefährlich z.B. 10% H2O2 warm zu machen… oder nur z.B. unsinnig weil es dann eben schneller degeneriert als es arbeitet?

Ich hab’ hier eben z.B. auch beheizte Bäder, eines läuft auf ca 70C. Ich gebe da alles rein (einzeln im Glas im Wasserbad) bei dem ich die Reaktion beschleunigen will - Säuren, Lösemittel, Farben und auch z.B. Bleiche,…
Sollte ich das bei H2O2 lassen…?
Dann editier’ ich nämlich auch meinen Kommentar oben entsprechend… :-X

Gruss,
Mark
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Stoeckchendepp
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Stoeckchendepp » 10.11.2014, 21:13

Jetzt wirds lustig - und umfangreich. Na ich versuche es mal häppchenweise...

shokunin hat geschrieben:Klar, wenn der junge Herr Rado dann mit seinem bei Dir erworben H2O2 am Küchentisch herumplanscht, und die kleine Schwester kommt rein geschossen, rumpelt an den Tisch und ist den Rest ihrer Tage blind…

Da braucht es nicht mal die kleine Schwester. Getreu dem Motto Links ist da, wo der Daumen rechts ist! habe ich z.B. je nach Werkzeug auch zwei rechte Daumen... ;)

Unterm Strich haben wir als Gesellschaft von unserer Eigenverantwortung abgedankt und sie dem Staat und unseren Versicherungen usw übertragen.

Nicht als Gesellschaft, als die Summe vieler Einzelpersonen! Hier gilt es ja, den "Gewinnern" des Systems nachzueifern, und von denen haben wir in zwei Finanzkrisen vorgelebt bekommen: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren! Das ist halt die typische Und nun verklage ich Dich!-Mentalität, die leider immer weiter um sich greift. Und wenn mir jeder Schritt in den Schuhen umgedreht werden kann, dann laufe ich eben nicht mehr. Und wenn die Richter dann dazu übergehen, die Rechte an meinem Rumgelaufe auch noch dem Schuhhersteller zuzusprechen, dann halte ich meine Füße bar in die Luft. Was bleibt mir übrig?

Und klar, viele Leute haben keine Ahnung wie gefährlich manche dieser Allerwelts-Chemikalien sind…

Und das geht schon beim Verdünnen (halbwegs) konzentrierter Säuren bzw. Laugen los. Schon folgender Spruch ist heutzutage nur noch den semiprofessionellen Amateuren bekannt: Erst das Wasser, dann die Säure - sonst passiert das ungeheure. Erst die Säure, dann das Wasser - so wird die Reaktion gleich krasser!

Mich gruselt es zwar jedes Mal wenn ich den Deckel vom Zyankali-Bad aufmache und das rieche…

Ich empfehle dringend, in einen Abzug zu investieren. Und in einen passenden Atemschutz. HCN ist eines der Gase, welches in tötlichen Dosen daher wabert, ohne dramatisch unangenehm zu riechen. H2S z.B. riecht erst mal bestialisch - bevor man sich innerhalb von Minuten dran gewöhnt hat... (Diese kurze Zeit sollte aber auch als Warnung reichen...)

[...] und man wird mitunter schon fahrlässig.

Ja. Das ist eines der Probleme. Gilt genauso fürs Bogenschießen. Meine 1,40m-PVC-Stöckchenschleuder hat man gerade 25# @28", meine Deppenstöckchen haben 3D-Spitzen und ca. 20gr/#. Und trotzdem stecken die Dinger auf 15m Entfernung ca. 10-20cm tief im Heu-Rundballen. (Nur derzeit nicht, der wurde von der Liebsten an ihr Pferd verfüttert... Trainungspause für mich.) Ich habe nicht wirklich Ahnung vom Bogenschießen. Ein guter Grund, sich jedes Mal klar zu machen, was so ein Projektil für Schaden anzurichten vermag. Gilt genauso für Chemikalien. [Und somit habe ich auch noch den Bogen zum Forum hinbekommen... hehe.]

Das erste Gebinde Zyankali, das ich gekauft hatte (in UK) waren 0,5kg...

Ganz ehrlich? Mir würde derzeit exakt ein guter Grund einfallen, welcher ein privater Erwerber vorbringen könnte, damit ich ihm Kleinstmengen KCN verhökern würde. Und den verrate ich nicht im Netz... ::) (Ach ja, bitte nicht nachfragen oder spekulieren - ich werde mich nicht dazu äußern.)

Ich hab’ als Kind Tierschädel gesammelt, die wurden nach Anleitung eines Jägers in H2O2 gebleicht.

Das Schlagwort hier lautet Anleitung. Damit ist zumindest bei den ersten Versuchen auch Aufsicht verbunden. Und Jäger kennen sich meines Wissens recht gut damit aus...

Gerade relativ frisches Material hab ich dazu schon auch in verdünnter Peroxid-Lösung erwärmt. Kochen würde ich heute nicht mehr, habe ich aber...

Ich denke mal "Wasserstoffperoxid-Lösung". Um so verdünnter, um so unproblematischer. (Hier sei mal der Vollständigkeit halber erwähnt, dass es noch nen Haufen anderer Peroxide gibt. Viele Jugendliche weichen z.B. ihre Akne mit Benzoylperoxid ein...)

Ist es ausgesprochen gefährlich z.B. 10% H2O2 warm zu machen…

Nö. Prinzipiell erstmal nicht. Wenn man Sicherheitsregeln beachtet. Einerseits keine offenen Feuer als Hitzequelle (wegen des freigesetztes Sauerstoffs als Brandbeschleuniger). Andererseits passend spritzgeschütze Gefäße, die aber einen Druckausgleich zulassen. Drittens wirklich ein "Arbeitsmaterial" in der Lösung, damit es nicht zu Siedeverzug kommt. Wenn man nicht so sicherheitsbewußt ist, kann man aber für seine Enkelkinder viele spannende Anekdoten sammeln...

oder nur z.B. unsinnig weil es dann eben schneller degeneriert als es arbeitet?

Das "degenerieren" ist ja eben das "arbeiten". Wasserstoffperoxid zerfällt zu Wasser und einen freien Sauerstoff-Radikal. Dieses Sauerstoff-Radikal oxidiert durch seinen unstillbaren Wunsch nach einem zusätzlichen Elektron alles, was nicht niet- und nagelfest (bzw. oxidationssicher) ist. Wenn "Farbstoffe" oxidiert werden, verlieren sie zu allermeist ihre Farbe - durch Zerstörung der chemischen Struktur. (Nicht anders funktioniert Bleichen durch Lichteinwirkung. Geht nur langsamer.) Da H2O2 prinzipiell nicht sehr stabil ist, da es sich rein chemisch betrachtet in einem "unglücklichen Übergangszustand" befindet - nichts halbes und nichts ganzes - nutzt es natürlich jeden sich anbietenden Reaktionspartner, um "glücklicher" zu werden.

Prinzipiell ist beim Erwärmen die Faustregel: 10°C (oder auch K, ist in dem Fall wurscht) mehr verdoppelt die Reaktionsgeschwindigkeit. Wenn Du die Temperatur also von 20°C auf 70°C erhöhst, hast Du also eine ca. 30x höhere Reaktionsgeschwindigkeit. (Oder statt 5 Stunden wartest Du nur 10 Minuten.)

Ich hab’ hier eben z.B. auch beheizte Bäder, eines läuft auf ca 70C. Ich gebe da alles rein (einzeln im Glas im Wasserbad) bei dem ich die Reaktion beschleunigen will

Du weißt also, was ein "Thermostat" ist. Du benutzt das Ding als "Wasserbad", um andere Dinge nicht nur schonend und ohne offene Flamme zu erwärmen, sondern auch eine Temperaturobergrenze einzuhalten. Herzlichen Glückwunsch - in Zeiten, wo eine durchschnittliche 30-jährige Peson noch nie was von einem "Milchkochtopf" gehört hat, bist Du auf Sicherheit bedacht. Könnte es sein, dass Du betreffend Deines Wissen teilweise etwas tief gestapelt hast? Keine Sorge, ist nicht schlimm...

Sollte ich das bei H2O2 lassen…?

Um so höher die Konzentration, um so vorsichtiger wäre ich. Thermostat ist ne gute Sache. H2O2 nie "ohne was drin" erhitzen, damit nicht ganz viel Sauerstoff auf einmal da raus will - und sich die Flüssigkeit gleichmäßig im Raum verteilt. Eine Art Deckel gegen anderweitige Spritzer - aber so, dass ein Druckausgleich vorhanden ist. Eventuell nen CO2-Feuerlöscher in der Nähe, wenn man sowas öfter bzw. in größerem Umfang macht. Und - ähäm - nen säurefester Abzug ist immer ne gute Idee, wenn man in die "Massenproduktion" geht... ;)

Und wie gesagt: Sich immer wieder vergegenwärtigen, was man da treibt und wie gefährlich das werden kann. ;D

Und alle, die bis hier durchgelesen und -gehalten haben, verdienen sich hiermit ein Fleiß-Bienchen! ;D

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 10.11.2014, 21:29

Wow, das sind mal handfeste Informationen.
Vielen Dank dafür.

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Neumi » 10.11.2014, 23:19

Naja, sag ich doch. Bitte schön vorsichtig mit so nem reaktiven Zeug. Und wie war das noch mit der Geduld beim Bogenbau. Macht Sinn, wenn man die hat - da muss man nix beschleunigen (+ schon gar nicht bei H2O2).
Grüsse Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 11.11.2014, 00:30

Eine Frage fällt mir noch ein zu: "wegen des freigesetztes Sauerstoffs als Brandbeschleuniger".
Sehe ich das richtig dass Leinöl und H2O2 eine heisse Mischung sind und Kontakt ganz unbedingt zu vermeiden ist?

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shokunin
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von shokunin » 11.11.2014, 09:52

@stoeckchendepp

danke für die ausführliche Antwort :)

Meine Chemiker-Karriere gipfelt in einem mittlerweile 27 (hab' ich gerade gerechnet) Jahre alten Chemie Abitur :-\
So wirklich viel versteh' ich davon nicht, bin aber eben technisch interessiert. Und als Goldschmied macht man doch immer noch vieles selbst in der Werkstatt. Es zahlt einem halt auch keiner wenn man jedes Ding wegschicken muss und in Spezialbetrieben bearbeiten lassen. Das ist auch der Grund für's KCN... damit wird z.B. angelaufener Gold und Silberschmuck gereinigt. Es ist das Einzige was wirklich gut geht und das sind eben genau die Prozesse, die man "schnell mal" zwischen Tür und Angel macht... :-[
Ich hab' hier (im Gegensatz zu UK) mittlerweile das Glück, dass es hier ein Fertigprodukt gibt, das ich lokal kaufen kann. Ich muss das Zeug also nicht mehr selbst mischen oder mehr lagern als ich brauche.
Naja,...

Aber nochmal zu meinem besseren Verständnis der H2O2-Geschichte...

Immer wenn ich mein 30% H2O2 aufmache, dann ist da etwas Druck auf der Flasche.
Ich dachte die Sauerstoff-Radikale reagieren da eben im Zweifelsfall auch mit einander zu 02, welches dann entweicht, und dass das der natürliche Degenerationsprozess ist. Und, nachdem der auch schon exotherm ist, wenn man den durch Erwärmen beschleunigt, er zum rasanten Selbstläufer werden kann... :o
Das entweichende O2 ist aber ja eigentlich ungewollt, denn es hat mit nix als "sich selbst" reagiert... da war eben die Frage nach dem Gleichgewicht zwischen Beschleunigung der gewünschten Reaktionen auf dem Werkstoff und der gleichermassen beschleunigten Reaktion der Radikale untereinander zu O2 und H2O...

@Rado
Du hattest ja die Londoner U-Bahn Anschläge angesprochen...
Wasserstoffperoxid und Aceton waren die Grundstoffe dafür. Daher eben auch die Verschärfung der Abgabe-Regeln. Das ist nicht unbedingt um Terroristen zu stoppen - wer das Zeug will kriegt es irgendwo, sondern weil derartige Aspekte der angewandten Chemie eine Faszination auf den pubertierenden männlichen Homo Sapiens ausüben... ich weiss das aus eigener Erfahrung. :P
Und heute kann eben jeder alles in 3 Minuten googeln und man will nicht, dass Kinder damit herum-zündeln...
Naja,...

Leinöl und H2O2 in wässriger Lösung halte ich zunächst mal für einigermassen unbedenklich. Ich habe auch gelesen, dass Leinöl mit H2O2 gebleicht werden kann...
Das ist aber eben genau der Punkt dessen was Neumi und Andere hier schon geschrieben haben... wenn man es nicht weiss, dann am besten einfach lassen.
Gerade wenn man irgend so ein System erhitzt, dann weiss man oft nicht wo es endet.
Das ist ja der Fall beim Leinöl... wenn das "trocknet" dann reagiert es eben mit dem Luftsauerstoff. Diese Reaktion setzt Wärme frei. Läuft sie langsam ab, dann entweicht die Wärme halt in die Umgebung und alles ist gut.
Wird das ganze aber ein wenig zu warm, dann steigt die Temperatur und die Reaktion beschleunigt sich... 10 Grad mehr und die Reaktion läuft mit doppelter Geschwindigkeit... da wird auch das doppelte an Wärme frei... und ab geht die Post... das System erhitzt sich rasant weil immer mehr Wärme frei wird und die Reaktion so immer mehr angekurbelt wird.
Das kann zum Brand führen oder auch zur Explosion je nachdem was es ist.
Ich würd's bei Leinöl-H2O2 nicht erwarten, würde es aber auch nicht einfach mal probieren... höchstens kontrolliert mit je 3 Tropfen...

Naja, hier mal ein beeindruckendes Filmchen... das ist nur 3% H2O2 wie es hier bei uns im Drogeriemarkt auf dem Regal steht.
Im dicht verschlossenen Fläschchen und mit der Flamme direkt draufhalten, dann passiert das...
http://www.youtube.com/watch?v=1Kl3CCgRpP0

Stoeckchendepp hatte es ja auch angesprochen... Anleitung...
Anleitungen zu grobem Unfug gibt es im Netz zuhauf. Wenn man irgend etwas in der Richtung (bleichen z.B. meine ich, nicht groben Unfug) machen will, dann muss man unbedingt eine wirklich verlässliche Anleitung finden und dieser mit Sorgfalt und Vorsicht folgen - und Hirn einschalten.

Gruss,
Mark
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Roby-Nie » 11.11.2014, 10:57

Hallo,
ob das mit reinem Wasser so viel anders ausgesehen hätte ... ich bin mir da nicht so sicher ???
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Stoeckchendepp » 11.11.2014, 11:10

shokunin hat geschrieben:Und als Goldschmied macht man doch immer noch vieles selbst in der Werkstatt.

Dann wird der Erwerb aber gewerblich, und da kann ich dann andere Maßstäbe als für den privaten Endverbraucher anlegen. Gewerbeschein abgeheftet, Empfang bestätigt, fertich. ;) Ne Maske - in alten BW-Kreisen auch Schnuffi genannt - mit nem passenden Cyanid-Filter würde ich mir aber trotzdem hinlegen... Gegebenenfalls sollte bei solchen Arbeiten auch ne zweite Person im Raum nebenan anwesend sein, die ab und an mal schaut, ob Person 1 noch senkrecht oder schon waagerecht vor sich hin oxidiert.

...dass es hier ein Fertigprodukt gibt, das ich lokal kaufen kann.

Habe mich selber noch nicht damit auseinander gesetzt, aber ich vermute mal stark, sowas gibt es in D in der Zwischenzeit auch. Zumindest für passende Fachkreise.

Immer wenn ich mein 30% H2O2 aufmache, dann ist da etwas Druck auf der Flasche.

AUA! Genau dafür gibt es Verschlüsse mit Druckausgleichsfunktion, die den entstandenen Überdruck raus lassen, aber alle Flüsigkeit drin behalten. Dringend empfohlen! Solch Cent-Artikel verhindert schwerste Unfälle. (Diese Verschlüsse sind in D zumeist GELB. Für Medizinflaschen mit GL28-Gewinde sehen die dann z.B. so aus.)

Ich dachte die Sauerstoff-Radikale reagieren da eben im Zweifelsfall auch mit einander zu 02, welches dann entweicht, und dass das der natürliche Degenerationsprozess ist.

Genau. So, deucht mir, hatte ich das auch weiter oben beschrieben.

Und, nachdem der auch schon exotherm ist, wenn man den durch Erwärmen beschleunigt, er zum rasanten Selbstläufer werden kann...

Das ist tatsächlich meist weniger das Problem. Meist findet die Erwärmung von außen statt (z.B. das Behältnis steht regelmäßig in der Sonne, sowieso vorhandener (Schwel)Brand), dann steigt der Druck in der Flasche (mit falschem Deckel), die Flasche explodiert (oder schmilzt bei Plastflaschen und punktueller Erwärmung), ätzende Lösung wird quer im Raum und auf gegebenenfalls anwesenden Lebewesen verteilt, so ein Brandherd existiert wird der durch den freigesetzten Sauerstoff noch dramatisch beschleunigt... Die anwesenden Lebewesen - im Zweifelsfall verätzt, geblendet und glassplitterperforiert - verfallen in Panik und richten beim Versuch, die Flucht zu ergreifen, noch mehr Schaden an -> noch bessere Brandmöglichkeiten...

Das entweichende O2 ist aber ja eigentlich ungewollt, denn es hat mit nix als "sich selbst" reagiert... da war eben die Frage nach dem Gleichgewicht zwischen Beschleunigung der gewünschten Reaktionen auf dem Werkstoff und der gleichermassen beschleunigten Reaktion der Radikale untereinander zu O2 und H2O...

Naja, so ganz stimmt das nicht. Unter Anwesenheit von Protonen (=Wasserstoff-Ionen = H+; also im sauren Milieu) kann eine Oxidation auch stattfinden mit anschließendem Freisetzen von Sauerstoff. Will meinen, ich habe die oxidierende Wirkung und anschließend auch noch Sauerstoff. Da kommt es sehr auf die spezielle Reaktion und das fragliche Reaktionsumfeld an. (siehe auch Wiki -> Redoxtitration mit KMnO4) Chemie ist halt verzwickt... ;)


In Deutschland gabs übrigens auch mal nen Deppen, der nen Bahnhof mit H2O2 in die Luft sprengen wollte. Hat aber nicht geklappt, und der Typ wurde noch halbwegs VOR dem Anschlag festgenommen. Oder war das Ziel ne Kaserne? Fakt ist, es ging um die Sauerland-Gruppe, die 550kg vermeintliches H2O2 30% in einem Ferienhaus hortete zwecks späterer exothermer Chemieexperimente... Hier wurde der Terror übrigens nicht etwa durch I-Net-Überwachung verhindert, sondern hauptsächlich durch monatelange klassische Ermittlungsarbeit der Polizei.

Rado hat geschrieben:Sehe ich das richtig dass Leinöl und H2O2 eine heisse Mischung sind und Kontakt ganz unbedingt zu vermeiden ist?

Ich sehe das so wie @shokunin. H2O2 wird bein Leinöl vor allem erst mal die gesunden Doppelbindungen in den Fettsäuren oxidieren. (Industriell nennt sich so etwas "Härtung". Ungefähr so macht man Margarine.) Könnte aber sein, dass dann an den Doppelbindungen zu einem gewissen Anteil alkoholische Gruppen entstehen oder die Bindung aufgebrochen wird und kurzkettige Aldehyde oder auch kurzkettige Carbonsäuren entstehen. Alles nicht so lecker - ich würds nicht kosten! ;D

Die Selbstentzündung des Leinöls samt Lappen ist noch etwas anderes. Das funktioniert so, dass das "selbst aushärten" des Öls in einem brennbaren Tuch/Lappen exotherm (unter Verbrauch von Luft-Sauerstoff) verläuft. Kommt es dabei zu einem Wärmestau, wenn und weil (viele) zusammengeknüllte Lappen zusammenliegen - am besten in einem brennbaren und wärmeisolierendem Gefäß wie einem Pappkarton - dann entzündet sich der brennbare Stoff, der meist einen halbwegs niedrigen Flammpunkt hat. Dies läßt sich mittels 2 Sicherheitsregeln ausschließen:
a) Gebrauchte Lappen ausbreiten (kein Wärmestau!) und im Freien auf brandsicherem Untergrund trocknen lassen.
b) Gebrauchte Lappen in einem gasdichten und brandsicheren, dicht verschlossenem Gefäß (z.B. aus Glas mit Metalldeckel, Metallfass) lagern.
Das Problem ist vor allem, dass diese Brände aufgrund der relativ langen Zeit bis zum (Schwehl)Brandausbruch vor allem dann ausbrechen, wenn niemand mehr als "Aufsicht" da ist. Ein paar schwelende Lappen ließen sich einfach mittels Löschdecke oder CO2-Löscher in den Griff bekommen. Aber wenn der Brand halt im Keller / in der Abstellkammer / im Betrieb um 0300 Nachts ausbricht, bekommt das einfach niemand rechtzeitig mit.

Und hier setzt dann der Erkenntnisgewinn ein: Wenn ich mit oxidierenden Chemikalen arbeite, sollte ich das beaufsichtigen. Insbesondere dann, wenn ich diesen Prozess auch noch via Wärmezuführung beschleunige. Des weiteren sollte ich feuergefährliche (=oxidationsempfindliche) Gegenstände möglichst weit weg lagern. Und natürlich Arbeitsschutz -> Schutzbrille (eventuell nen Gesichtsschutz), Handschuhe (hier bietet sich "Nitril" an), passende Arbeitskleidung. Je nach Umfang der Arbeiten (und Auswahl der Chemikalien) jemanden dritten, der ab und an mal nachschaut, ob ich noch antwortfähig bin.

Tante Edith hat die Orthographie verbessert...
Zuletzt geändert von Stoeckchendepp am 11.11.2014, 11:40, insgesamt 6-mal geändert.

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 11.11.2014, 11:20

Ok, danke. Ich hatte an aushärtende Lappen gedacht und dass ein Kontakt, aus welchem Grund auch immer, mit H2O2 wie ein chemisches Feuerzeug reagieren könnte.

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 11.11.2014, 16:41

Morgen werde ich mein 30%iges bekommen!
Gegen Unterschrift, Vorlage des Personalausweises und gleich satte 50ml. Mehr is nicht.
Ich bin in Arbeitsklamotten reinmarschiert, mit demonstrativ raushängendem Zollstock in der Hose und hab geredet als würde ich das zum hundertsten Mal machen. ::) Meine Güte...
Also die Taschentuchmethode, die mir eine gleichmäßige Benetzung über einen längeren Zeitraum garantiert hätte, kann ich wohl vergessen und werde mit einem kleinen Pinselchen zur Tat schreiten müssen.
Ob es für alles reicht was ich vorhabe, bezweifle ich.
Hier aber mal ein paar Bilder vom Material:
Bild
Sorry, die Kamera wollte es nicht richtig fokussieren.
Bild
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Heidjer » 11.11.2014, 18:35

Da ich jetzt neugierig war, habe ich Heute auf der Heimfahrt mal bei 3 Baumärkten einen Stop eingelegt und nach Aceton und Wasserstoffperoxid geschaut. ;)
Markt 1, alles ganz normal bekannt, Aceton steht im Regal.
Aceton 1.jpg

Markt 2, auch genügend vorhanden.
Aceton 2.jpg

Nur im dritten Markt, einen Restpostenmarkt wo ich sonst immer Aceton kaufe für 4,99 den Liter, da gab es nichts. :o

Reines Wasserstoffperoxid egal in welcher Verdünnung gab es übrigens auch in keinen Markt, man hat mich auf verschiedene Reiniger und Bleichmittel verwiesen. Zum Beispiel einen Braunsteinentferner mit 5%-15% Wasserstoffperoxid, der Gehalt richtet sich wohl nach der Lagerzeit im Laden?
Auch wenn es unter anderen auf der Flasche steht, dass es nicht in Kinderhände gehört, bin ich überzeugt, dass damit jeder 12jährige ungefragt aus dem Laden gehen kann. :o
Aceton 3.jpg



Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 11.11.2014, 18:48

Nicht schlecht. Irgendwie scheint Hamburg dann besonders ´beschützt´ zu werden.
In meinem Bauhaus um die Ecke kriege ich keins mehr und man sagte mir "Weil es so verdammt giftig ist.", nicht "weil Bombe".
Und in den Suchfunktionen der webseiten dieser Baumärke findet man es nicht mehr. es war jetzt irgendein Mitarbeiter und nicht der Abteilungsleiter. Aber ich habs für bare Münze genommen dass Aceton wohl bald verschwinden wird.

H2O2 wollte ich bisher noch nie kaufen und am liebsten ist mir das Reine. Schließlich sind das keine für meinen Zweck hergestellten Produkte dort und ich mag von dem Geweih lieber nichts durch Experimente riskieren, wenn ichs klassisch haben kann.
Sonst muss ich im Messermacherfachhandel 18€ für 12 cm Stücke hinlegen. Das hier war ein Schnäppchen.
Zuletzt geändert von Rado am 11.11.2014, 19:03, insgesamt 1-mal geändert.

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