Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Hier kann man seine selbstgebauten Sachen zeigen. Nicht für Händler zum Vorstellen neuer Artikel gedacht.
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Putzi2610!
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Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von Putzi2610! » 04.03.2023, 18:56

Moin zusammen,

es ist mal wieder Zeit für eine Präsentation.

Habe im November 2022 bei einer Flurbereinigung auf einem Grundstück in unserem Ort einige Stücke potentielles Bogenholz vor dem Verfall bzw. der thermischen Verwertung gerettet.

Darunter war unter anderem auch der auf den Bildern zu sehende ca. 180 cm lange Ast aus Esskastanie (Castanea sativa).
Stave Draufsicht.JPG
Stave Draufsicht
Stave Seitenansicht.JPG
Stave Seitenansicht
Griffbereich mit Ast und Gammelstellen.JPG
zukünftige Bogenmitte und Griffbereich
Aus diesem Stück Holz ließ sich mit einiger Unterstützung von Nutzern dieses Forums (vielen Dank noch einmal dafür!) ein etwas ungewöhnlicher Bogen schnitzen.
Ungewöhnlich deshalb, weil die natürliche Form den Schwingen eines Vogels ähnelt, der dann natürlich auch als Namensgeber herhalten musste... ;)
Darüber hinaus war der Griffbereich etwas "herausfordernd", mehrere Ast- und Totaststellen und ein natürlicher Reflex, wodurch der Griff schief gewachsen war.

Trotzdem ist daraus ein halbwegs anständiger Bogen mit ordentlich Charakter geworden.

Zu den Daten:
Holzart: siehe oben
Länge: 177,5 cm (ca. 70''), NTN: 175,26 cm (69'')
Bogenform: vollpyramidal
Dickenmaße (BxD): Griff 25x40 mm, WA 40x22 mm an den FA, verjüngend auf 7x11 mm an den Tips
Griff: Hickory und gewickelter 0,5 mm starker Leinenzwirn, versiegelt mit wasserfestem Holzleim
Arrowpass: Wasserbüffelhorn und Perlmutt
Overlays: Wasserbüffelhorn
Wicklungen: 0,5 mm starker Leinenzwirn, versiegelt mit wasserfestem Holzleim
Finish: Schliff bis 1000'er Körnung, anschließend gebeizt (Mahagoni), Zwischenschliff mit 1000'er Körnung und 2x Holzbalsam
Standhöhe: 6,5''
Zuggewicht: 56#@30'' (AMO)
Gewicht 610g incl. Sehne

Der Bogen zieht sich sehr weich und wirft sehr sauber.

Das Holz ließ sich nach insgesamt 3 Monaten Trocknungszeit (davon 2 in der unbeheizten Werkstatt und 1 Monat als bereits grob herausgearbeiteter Rohling in der Wohnung) sehr gut mit der Raspel bearbeiten, bei der Bearbeitung mit dem Ziehmesser neigt es jedoch zum Reißen (das Holz ist eher faserig).

Richten oder Flippen des Griffs bzw. der Wurfarme mit trockener Hitze ist ebenfalls möglich, allerdings sollte man dabei sehr vorsichtig zu Werke gehen, da auch hier die Rissfreudigkeit deutlich zu Tage tritt.

Trotzdem ist das Holz im Verhältnis zur Leistung vergleichsweise schwer, rückblickend betrachtet würde ich deshalb einen ordentlichen Prügel aus Hartriegel jederzeit vorziehen.

Und nun noch das Wichtigste, die Bilder:
Präsi-Bauch komplett (2).JPG
Bauchansicht gesamt
Präsi-Bauch oben (2).JPG
Bauchansicht oberer Wurfarm
Präsi-Bauch unten (2).JPG
Bauchansicht unterer Wurfarm
Präsi-Rücken komplett (2).JPG
Rückenansicht gesamt
Präsi-Rücken oben (2).JPG
Rückenansicht oberer Wurfarm
Präsi-Rücken unten (2).JPG
Rückenansicht unterer Wurfarm
Präsi-Griffbereich Bauch.JPG
Griffbereich Bauchansicht
Präsi-Griffbereich Rücken.JPG
Griffbereich Rückenansicht
Präsi-Griffbereich seitlich.JPG
Griffbereich seitlich mit Arrowpass
Präsi-Nocke oben seitlich.JPG
Nocke oben Seitenansicht
Präsi-Nocke unten seitlich.JPG
Nocke unten Seitenansicht
Präsi-Nocke Draufsicht.JPG
Nocke Draufsicht
Präsi-Standhöhe.JPG
Standhöhe
Präsi-Vollauszug links.JPG
Auszug 28'' von links
Präsi-Vollauszug rechts.JPG
Auszug 28'' von rechts
Präsi-Vollauszug rechts (2).JPG
und noch einmal Auszug
Präsi-abgespannt (3).JPG
abgespannt
Ich hoffe er gefällt...

Grüße,
Heiko
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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von locksley » 05.03.2023, 00:34

Ist doch was ordentliches draus geworden. Biegt auch harmonisch.
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Wenn das Atmen schwieriger waere, haetten wir weniger Zeit um Unsinn zu reden.

Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd (Sprichwort)

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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von Neumi » 05.03.2023, 08:45

Ein selten benutztes Holz vor dem Schredder gerettet und kein einfaches Stück - ich finde den Bogen gelungen.
Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von schnabelkanne » 05.03.2023, 11:47

Schwieriger Stave toll verarbeitet, sehr gut umgesetzt.
Lg Thomas
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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von Putzi2610! » 05.03.2023, 14:45

Danke Euch allen. Aus irgendeinem Grund wird man das gefährliche Bogenbauervirus auch nicht mehr los ::)
Wie es der Zufall so wollte, war ich gestern mit der Familie spazieren und habe dabei entdeckt, dass auf dem Grundstück, von dem ich den Ast für die Möwenschwinge hatte, nun auch der restliche Baumbestand gefällt wurde. Eigentlich echt schade, aber auf diese Weise sind wieder einige Stücke Holz in meinen Besitz übergegangen ;D
Einiges davon eignet sich leider nur für die thermische Verwertung, aber drei fette Prügel aus Bergahorn von 1,97 bis 1,80 m warten nun entrindet auf ein neues Leben als hoffentlich schmucker Bogen :P
Der Besitzer des Grundstücks ist Schreiner im Ruhestand und hat daheim noch eine Menge Laminate die er nicht mehr benötigt. Da wird wohl demnächst mal ein Laminierter fällig >:)

Gruß,
Heiko
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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von klausmann84 » 06.03.2023, 11:30

Moin! Interessanter Bogen! Sind die Wicklungen zu den Enden hin Deko?

Sieht auch für mich nach einem technisch gelungenen Bogen aus, in der Verarbeitung (z.B. der Overlays) sehe ich noch Potenzial für Optimierung, wenn gewünscht. Die Wicklung des Griffs und die Beize treffen meinen Geschmack nicht, aber wenn es dir gefällt ist es super und am Ende kann ein Bogen aussehen wie er will, wenn er nicht gut schießt. Und das tut er ja wie du sagst und das ist die Hauptsache. Hoffe er tut das auch langfristig.

Ah noch ne Frage: Du schreibst vom Flippen, ich sehe auch lange leicht reflexe Enden. Ist das auf thermische Verformung zurückzuführen? Auf der Länge finde ich die sehr soft, dann ist das Holz wohl vergleichsweise wenig biegefreudig, wie mir scheint. Bisher habe ich Hasel und Osage verformt und die lassen sich teilweise in sehr engen Radien biegen, vor allem letzteres.
Im Tannenwald, in klammem Spalt, stellen die Mannen bald die Hannen Alt Kannen kalt.

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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von Putzi2610! » 06.03.2023, 13:04

@Klausmann84:
Der Reflex am Ende des unteren Wurfarmes ist natürlich gewachsen. Bei dem Versuch, den oberen WA anzugleichen (Biegen nach Erwärmung mit der HLP), ist an dieser Stelle des Holzes ein feiner Riss quer zur Faserrichtung entstanden, den ich mit der Wicklung gesichert habe. Die Wicklung am unteren WA habe ich der einheitlichen Optik wegen angebracht. Der beim Biegeversuch entstandene Riss deutet für mich darauf hin, dass das Holz nicht sehr biegefreudig ist und enge Biegeradien eher nicht möglich sind.
Über das von Dir erwähnte Optimierungspotential würde ich gern mehr wissen ;)

Gruß,
Heiko
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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von klausmann84 » 06.03.2023, 19:57

Hey ja die Querrisse zeigen an dass das Material auf Zug seine Belastungsgrenze erreicht und überschritten hat. Bis zu einem gewissen Grad hilft es wenn man ein Stahlband/ Blech mitbiegt, welches bei der Biegung aber nicht verrutschen kann. Es muss also vor und nach dem Biegebereich fest am Bogen-Holz fixiert sein und zwar bauchseitig. Dadurch dass sich das Band nicht ausdehnen kann, wird das Holz an der Innenseite (am Bogenrücken) in die Komprimierung gezwungen und bauchseitig deutlich weniger Zugbelastung erzeugt. Lohnt sich mal auszuprobieren, aber ich schätze dass das Holz sowieso einfach nicht wollte. Hatte ich auch schonmal bei Eschenholz.

Bei den Overlays sehen mir die Klebefugen etwas seltsam aus. Womit hast du geklebt? Irgendwie sehen die Klebefugen so aus als wären sie nicht voll ausgefüllt oder die Overlays stehen leicht seitlich über? Schwer zu erkennen. Ich klebe immer mit Überschuss und feile und schleife diese Bereiche bis sich eine glatt geschlossene Fläche ergibt. Sieht dann einfach stimmiger aus und man ist sicher dass nirgendwo Luft übrig ist.
Wenn sie vollflächig kleben ists handwerklich nicht zu kritisieren. Passung der Teile scheint gut. Also eher kosmetisch.

Die Form der Overlays finde ich voll okay so, bis auf den Übergang zum Bogenrücken, da sähe ein verlaufender Übergang für meinen Geschmack einfach deutlich eleganter aus.

Alles Kleinigkeiten, die für mich einen Bogen aber enorm aufwerten können.

Sorry, ich habe den Baufaden nicht groß verfolgt. Vielleicht sind da manche Themen schon besprochen worden. Wenn ja gerne ignorieren. :)
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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von Putzi2610! » 07.03.2023, 05:33

Die Overlays sind etwas schmaler als die Tips. Geklebt habe ich mit Weißleim. Obwohl ich mit der Klebekraft des Weißleims sehr zufrieden bin, hat es den Anschein, dass dieser bei der Trocknung schrumpft und hierdurch an den Rändern der Klebefugen diese unschönen Stellen entstehen. Kleben mit Überschuss löst das Problem nur zeitweise, beim anschließenden Schleifen nimmt das Schleifpapier dann auch wieder einen Teil des getrockneten Leims an der Klebefuge mit, was zu einem ähnlichen Ergebnis führt. Ich glaube, ich muss den Kleber wechseln, oder aber jemand hat einen Tipp, wie man es besser machen kann. ???
Wie laßt ihr die Overlays zum Wurfarmrücken hin sanft auslaufen, so das ein fließender Übergang entsteht? Arbeitet ihr die Form vorher heraus oder erst dann,wenn die Overlays schon aufgeklebt sind?

Gruß,
Heiko
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Re: Flachbogen "Möwenschwinge" 56#@30''

Beitrag von benzi » 07.03.2023, 19:55

Hier ist ein Beispiel von mir..
Dieses spitze Auslaufen des Overlays Richtung Griff mag ich, nur manchmal bin ich zu faul dazu... die Spitze ist vorher ausgearbeitet, alles andere nach dem Aufkleben..
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"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
(Peaceful Warrior, Film)

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