Bogenholz oder Zaunpfähle (Eibe)

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Loss
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Bogenholz oder Zaunpfähle (Eibe)

Beitrag von Loss » 29.01.2024, 17:00

Hallo zusammen

Mein Name ist Matthias, ich komme aus der Schweiz, bin 43 Jahr alt, gelernter Zimmermann und beschäftige mich schon eine Weile mit Bogenbau. In diesem Forum habe ich noch nie geschrieben, lese aber immer wieder interessiert mit.

Meine bisherigen Bögen habe ich aus gekauften Rohlingen (Hickory, Esche, Osage Orange) oder Hasel direkt aus dem Wald gebaut. Da im Wald meines Vaters sehr viele Eiben zu finden sind, habe ich natürlich damit geliebäugelt, einmal selbst eine Eibe zu fällen und zu Bögen zu verarbeiten. Nach Rücksprache mit dem Förster / Forstwart war es vor einer Woche soweit, dass ich zwei Eiben fällen konnte, die keine Zukunft mehr hatten. Die Frage ist nun, ob aus den gewonnenen Stämmen etwas vernünftiges werden kann. Diese sind nähmlich teils etwas seltsam ausgebildet oder beschädigt.

Ich kenne mich mit Eibenholz kaum aus und hoffe, dass hier der eine oder andere Experte mir Tipps geben kann. Ich lade nachfolgend ein paar Bilder hoch. Zuerst aber, ein paar Eckwerte zu den Eiben und was daraus werden soll.

Herkunft wie gesagt, Schweiz. Standort ca. 900 m.ü.M., sehr schattig. Beide Bäume wurden im Verlauf ihres Lebens stark beschädigt, haben sich aber als Kämpfer erwiesen. Beide Bäume hatten im oberen Drittel gesunde Äste und satt Nadeln. Von den Stämmen habe ich mitgenommen, was von aussen vielversprechend aussah.

Meine Bögen sind weniger auf Leistung ausgelegt sondern eher auf Charakter / coole Optik. Bögen für mich baue ich in der Regel ca. 50#@28" mit einer Länge von ca. 175cm. Wenn das Holz das nicht her gibt, kriegt meine Freundin einen weiteren Bogen mit ca. 30#@27" oder einen Kinderbogen für mein Sohn (6 Jahre).

Stamm Nr. 1: mittlerer Durchmesser ca. 12cm, ziemlich gerade, wenige Äste. Beim Übergang vom Kern zum Splint eine ganz helle Linie (gut, schlecht, egal?). Auf der dickeren Seite, erste Bereiche mit ganz weichem / porösem Holz (Schicht), davon gibts bei den anderen Stämmen noch reichlich mehr.
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Stamm Nr. 2: vom gleichen Baum wie Nr. 1, allerdings das untere Stück direkt am Strunk (ca. 50cm vom Boden geschnitten). Mittlerer Durchmesser ca. 23cm, ziemlich gerade, wenige Äste. Einseitig war der Stamm stark verletzt und angefault. Plan wäre, von der Gesunden Seite noch etwas zu gewinnen. Allerdings gibt es auch da poröse Schichten, richtig weich, so dass man den Fingernagel rein drücken kann. Ich überlege, nur das Holz ausserhalb der Schicht zu verwenden, Dicke würde für die Wurfarme wohl reichen.
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Stamm Nr. 3: mittlerer Durchmesser ca. 10cm, ziemlich gerade, relativ wenige / kleine Äste. Auf der dickeren Seite, erste Bereiche mit ganz weichem / porösem Holz (Schicht). Ein paar dunkle Flecken.
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Stamm Nr. 4: jetzt wirds interessant. Der ganze Stamm hat durchgehend und rundum diese weiche / poröse Schicht. Ich bin zimlich sicher, dass der innere Kern herausfallen wird, wenn ich den Stamm spalte oder aufschneide. Hat jemand das schon mal gesehen? Ich vermute, dass der äussere Teil der gesunde Teil ist und noch verwendet werden kann. Mittlerer Durchmesser vom Stamm ca. 15cm, vom gleichen Baum wie Nr. 3.
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Was haltet ihr von den Stämmen? Vorallem Nr. 1 und 3 sollten meiner Meinung nach gut gehen. Generell haben beide Bäume sehr feine Jahrringe und sehen nach guten Holz aus. Die Frage ist, wie sehr das Holz durch die Verletzungen am Baum gelitten hat.

Um Rückmeldung und ein paar Tipps, wie ihr mit den Stämmen umgehen würdet, würde ich mich freuen.

Viele Grüsse

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Neumi
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Re: Bogenholz oder Zaunpfähle (Eibe)

Beitrag von Neumi » 29.01.2024, 18:48

Ich würde die Stämme zunächst halbieren, wenn's geht mit Bandsäge. Dann wirst du viel besser sehen wieviel Holz verrottet ist. Auf alle Fälle nicht die Rinde entfernen. Was der weiße Ring zu bedeuten hat, weiß ich nicht, aber das würde ich zunächst ignorieren.
Da die Bäume vital waren, denke ich dass man etliche Bogen daraus bauen kann.
Bei Nr. 4 beispielsweise kann man den durch die Fäulnis abgetrennten Kernbereich zu Laminaten schneiden (nach dem trocknen natürlich).
Prinzipiell solltest du schauen, dass immer Splint und Kern im Bogen sind, das dürfte bei allen Stämmen kein Problem sein.
Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

Loss
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Re: Bogenholz oder Zaunpfähle (Eibe)

Beitrag von Loss » 30.01.2024, 13:34

Vielen Dank für die Antwort. Die Rinde ist drauf und die Schnittflächen habe ich nach den Fotos versiegelt. Nachstes Wochenende werde ich die Stämme halbieren.

Ich sträube mich noch ein bisschen gegen die Bandsäge. Das geht gegen meine (zugegeben rein idealistische) Vorstellung, dass so ein traditioneller Bogen in Handarbeit zustande kommt. Ich habe deshalb schon beim Fällen der beiden Eiben Kettensäge und Traktor in der Garage gelassen. Das war zwar anstrengend, hat aber Spass gemacht mit Axt, Handsäge und Schlitten als Transportmittel. Aber ja, bei den einen Stämmen sehe ich das Spalten auch kritisch.

Interessante Idee mit den Laminaten aus dem Kern. Ich habe mir schon überlegt, mit dem Kern einen Bogen zu machen und anstatt Splintholz eine andere Holzart aufzuleimen. Hier im Forum habe ich ein Thema gesehen, wo einer Eibe und Hasel kombiniert hat, zum Beispiel. Wenn ich den Kern halbiert habe, werde ich hoffentlich sehen, in welchem Zustand das Holz vom Kern noch ist.

Grüsse

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Re: Bogenholz oder Zaunpfähle (Eibe)

Beitrag von fatz » 30.01.2024, 17:56

Ich wuerd trotzdem die Bandsaege nehmen. Waer schad um die Eibe
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Bogenholz oder Zaunpfähle (Eibe)

Beitrag von Kemoauc » 02.02.2024, 16:49

Hi,Loss,
erstmal Willkommen im FC. ;D
Und ... auch Bandsäge ist Handarbeit. ;)
Nb: den mit dem pornösen Weichanteil würde ich zuerst behandeln,zurechtsägen, weg mit dem Zeuch und schauen,was noch unverpilzt ist.
Ohne Feuchtigkeit,wenn der Stamm erstmal aufgeteilt und getrocknet ist,hat der Pilz auch keine Chance mehr,weiterzuwachsen.
Und was die anderen Stämme angeht, siehe Vorposter. Neumi und Fatz.
Übrigens: Eibe geht sowohl als Fast-Splint-Bogen ebenso wie als Kernholzbogen. Die Leistungsfähigkeit differiert da zwar schon "etwas", Kern pur gibt da schon mehr her,als Splint.Man kann aber sowohl als auch damit gute Bögen bauen,
Optimal ist natürlich eine Kombi aus Splint und Kern,bekannt seit einigen tausend Jahren. ;)
Grüßle,
Kemoauc
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Re: Bogenholz oder Zaunpfähle (Eibe)

Beitrag von Loss » 13.02.2024, 17:15

Hallo
Vielen Dank für die Antworten. Ich habe die Stämme unterdessen teils gespalten, teils aufgesägt. Kurzberich zu den Stämmen:
- Aus Nr. 1 gab es zwei ganz gute Rohlinge. Den Stamm habe ich gespalten, ohne Probleme.
- Aus Nr. 2 war nicht viel zu machen. Ich habe den gespalten, weil zum sägen zu dick. Im ganzen Stamm immer wieder faule Stellen. Ich habe zwei "Scheite" behalten, sind aber eher Zaunpfähle.
- Aus Nr. 3 gab es einen guten Rohling. Die ander Hälfte ist recht krumm und astig. Den Stamm habe ich gespalten, ohne Probleme.
- Nr. 4 mit der ringförmigen Fäule; da habe ich den äusseren Ring mit der Handfräse aufgeschnitten. Die Schalen konnte ich dann ohne Probleme lösen. Das Auskratzen der Schalen war anstrengend, hat sich aber gelohnt. Ich kann aus zwei Schalen sehr gut einen Bogen machen, der Rest ist wahrscheinlich zu dünn. Das Holz ist sehr gut. Den Kern habe ich dann noch gespalten.

Jetzt trocknen die Hölzer draussen in der Garage. Ich gehe davon aus, dass die dünnen Schalen nicht sehr lange brauchen zum trocknen.

Grüsse

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