Haithabubogen - Nocken

Themen zum Bogenbau
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Haitha
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Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Haitha » 29.10.2020, 11:23

Hi Leute,

hab eben dieses Interview gefunden. Den Bogner kenne ich, die Aussage allerdings war mir neu:

"Was charakterisiert denn einen Langbogen, der in Haithabu genutzt wurde?

Ein besonderes Merkmal ist, dass die Enden des Langbogens künstlich nach hinten gebogen worden sind. Das war eine Innovation für diese Zeit. Die Bogenenden, in denen ja die Sehnenkerbe liegt, sind einer außerordentlichen Belastung ausgesetzt. Sie konnten so stabilisiert werden. "

https://aid-magazin.de/2020/10/28/der-m ... angboegen/

Meint ihr, durch das decurven der Enden ist weniger Belastung auf der Kerbe?

Gruß

H
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Uranus79
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Uranus79 » 29.10.2020, 12:29

Hi Haitha,

da die Biegung erst nach den Sehnenkerben kommt (soweit ich das kenne), ergibt die Aussage gar keinen Sinn. Inwiefern eine Biegung nach hinten stabilisieren soll, ist für mich nicht nachvollziehbar. Durch das Dämpfen und Biegen wird das Holz eher belastet. Die Sehnenkerbe wird auch nur einseitig, seitlich angebracht - also weniger Holz weg als bei beidseitigen Kerben.

Grüße,
Uranus

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fatz
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von fatz » 29.10.2020, 12:47

Haitha hat geschrieben:
29.10.2020, 11:23
Ein besonderes Merkmal ist, dass die Enden des Langbogens künstlich nach hinten gebogen worden sind. Das war eine Innovation für diese Zeit.

Die Bogenenden, in denen ja die Sehnenkerbe liegt, sind einer außerordentlichen Belastung ausgesetzt. Sie konnten so stabilisiert werden. "
Der erste Teil ist richtig. Ob das ein Innovation oder eher eine Mode oder sonstwas war lass ich jetz mal aus.
Der Rest ist Bullshit
Haben ist besser als brauchen.

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Neumi
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Neumi » 29.10.2020, 16:27

Uranus79 hat geschrieben:
29.10.2020, 12:29
... da die Biegung erst nach den Sehnenkerben kommt...
Das ist falsch. Beim kompletten Bogen, wie auch den Bogen-Fragmenten ist die Sehnenkerbe, bzw. die Kerben (ein Fragment hat 2 Kerben) nach der Biegung zu finden.

Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, warum die gebogenen Enden durch das biegen stabiler sein sollen. Im Gegenteil: auf Standhöhe ist ja der Zug/Druck auf die Enden am stärksten, anders gesagt das Zuggewicht am höchsten (wie Messungen verschiedener Personen ergeben haben) und durch die gebogenen Ende wird die Belastung der Enden sogar erhöht, würde ich meinen.

Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Kemoauc » 29.10.2020, 18:51

Jepp,diese Aussage ist Bullshit , ne simple Stiftnocke 7x10x10 (BxTxL) hält so ner Belastung mühelos stand,der Überstand ist m.M.N. nur Schmuck. Oder auch überflüssiges Gewicht am WA-Ende ::)
Grüßle,
Kemoauc
PS: bei Bögen dieser Stärke mit 60#+ sollten ein paar Gramm am WA-Ende wohl eher eine untergeordnete Rolle spielen. :D
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Haitha » 30.10.2020, 08:06

Habe die Aussage auch als fragwürdig eingestuft. Machte für mich keinen Sinn.
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Uranus79
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Uranus79 » 30.10.2020, 08:30

Neumi hat geschrieben:
29.10.2020, 16:27
Uranus79 hat geschrieben:
29.10.2020, 12:29
... da die Biegung erst nach den Sehnenkerben kommt...
Das ist falsch. Beim kompletten Bogen, wie auch den Bogen-Fragmenten ist die Sehnenkerbe, bzw. die Kerben (ein Fragment hat 2 Kerben) nach der Biegung zu finden.
Hallo Neumi,
hast Du da mal Bilder oder Quellen zu? Also Du sprichst von Fundstücken? Alle Bilder, die ich im Netz finde, sehen so aus, als kommt der Knick/Biegung direkt ab Sehnenkerbe... sind aber alles Bilder von Nachbauten...

Grüße,
Uranus

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Neumi » 30.10.2020, 08:42

...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Arvid » 30.10.2020, 09:15

Vielleicht ist gemeint, dass der Bogen sich in dem Sinne stabilisiert, dass das Ende sich nicht verdreht oder zur Seite weg knickt, sondern dadurch ehr in die richtige Richtung gezwungen wird..? Wenn das so ist, was ich nicht weiß, da ich totaler Anfänger bin? ;D

Ist ja vermutlich auch nicht von ihm geschrieben, sondern nur ein Interview. Da wird wahrscheinlich (von einem nicht unbedingt sachkundigen Journalist) auch gerne etwas verdreht, bzw. nicht im Wortlaut wiedergegeben? Kenne ich von anderen Fällen zu genüge.. Vielleicht ihn direkt anschreiben, wie er das meint.

Vielleicht auch totaler Quatsch, aber was mir so dazu einfiel..

Beste Grüße
Arvid

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Mühle » 30.10.2020, 09:47

Ich hab das "Bogenbauerbuch", da hat ein Herr Junkmanns Wikingerbögen nach Vorlage von Funden in Haithabu
und Ballinderry nachgebaut. Beide haben einseitige Bogenkerben, oben. Mit der Begründung das das beim
Aufspannen mit der Durchsteigemethode am Besten ist. Die zurück gebogenen Enden finde ich eher kontraproduktiv
und waren wahrscheinlich nur eine Modeerscheinung. Eine Stabilisierung oder sonstige Verbesserung kann ich
mir nicht vorstellen. LG Mühle
sprach Abraham zu Bebraham:kann ich mal dein Zebra ham?

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Hieronymus » 30.10.2020, 10:15

Die alten Ägypter/Nubia hatten diese Variation auch schon

siehe hier https://www.tapatalk.com/groups/paleopl ... -s100.html

Bei Afrikanische Völker wat dieser Baustiehl auch sehr verbreitet und wird heute noch so gebaut

https://www.archerylibrary.com/books/ba ... (referral)

Ich kann mir vorstellen, dass durch dieses rückbiegen die Belastung auf Standhöhe erheblich sinkt und dadurch auch die Nocken geschont werden. Der Nachteil ist... der Bogen muss länger gebaut werden, da der Sehnenwinkel sonst nicht mehr passt. Leistung wird verschenkt, durch die deflexen Enden. Irgend weitere Vorteile muss es aber noch geben... sonst hätte man es nicht gemacht.


Gruß Markus
«Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, daß das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes.»
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von fatz » 30.10.2020, 16:47

Hieronymus hat geschrieben:
30.10.2020, 10:15
Irgend weitere Vorteile muss es aber noch geben... sonst hätte man es nicht gemacht.
Ned zwingend. Wenn's nur ned allzuviel schadet... ;D
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Neumi » 30.10.2020, 17:24

Es gibt zumindest den Vorteil, dass man bei der Knie-Spannmethode (die ich bei fast allen Bogen benutze) den Bogen gut greifen kann. Geht zwar auch ohne lange Bogenenden nach den Nocken, mit isses aber einfacher.
Zum besseren Verständnis hier ein Foto, obwohl er die Sehne von außen einhängt.
Bei dem Wikinger ist aber davon auszugehen, dass die Sehne nicht von außen eingehängt wurde, sondern von innen zur Nocke geschoben wurde (sonst würde der Sehnen-Halte-Nagel keinen Sinn machen).

Boeatsa, stringing his bow.jpg
Foto im Internet gefunden - copyright unbekannt
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Haitha » 02.11.2020, 07:05

Das Buch steht in meinem Regal. Ebenso wie die Berichte aus Haithabu über diverse Themen, insbesondere auch zu den Bögen.

Und weiter? Die vermeintliche Aussage des langjährigen Bogner aus Haithabu wollte ich hier trotzdem teilen.
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Neumi » 02.11.2020, 09:08

Das war die Antwort auf uranus Frage nach der Quelle 😉
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