Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

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Uranus79
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Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von Uranus79 » 22.08.2019, 20:59

Hallo zusammen,
da ich gerade einen alten Bogen aufarbeite und ihn dabei neu tillere ist mir etwas aufgefallen, wozu ich Eure Meinungen gern wüßte. Und zwar habe ich bislang als Hilfe Bilder der Bögen gemacht und am PC Kreise / Ellipsen drüber gelegt. Da sieht man schon gröbere Fehler. Allerdings verwende ich seit einigen Bögen zunehmend die Methode, dass ich auf Standhöhe mit dem Auge schaue, wo eher gerade Stellen des Wurfarms sind. Ich nehme dann ein kurzes Brettchen (10cm lang oder so) und fahre am Wurfarm entlang. Wo der Abstand zwischen Brett und Arm kürzer wird, ist es auch steifer (so ein billiger Tiller-Gizmo ohne Bleisteift). Bei dem aktuellen Bogen habe ich gemerkt, dass die Kreise gut aussehen, aber direkt draufgeschaut es noch steife Stellen gibt (also nicht in Bewegung, rein statischer Blick). Kann es sein, dass die Kreise/Ellipse weit weniger genau sind als so direkt Draufschauen oder die Gizmo-Methode? Entwickele ich am Ende so langsam den Tiller-Blick? ;D
Wie sind Eure Erfahrungen?

Viele Grüße,
Uranus

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schnabelkanne
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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von schnabelkanne » 22.08.2019, 21:20

Servus, man sollte den Stave langsam an die Biegung gewöhnen, nicht zu schnell auf Standhöhe gehen. Den Bogen zuerst im Bodentiller biegen oder im Griffbereich im Schraubstock festklemmen und den WA mit der Hand leicht biegen und steife Stellen erkennen. Wenn der Bogen am Tillerstock längere Zeit festgespannt wird ist das oft der sichere Weg um Schwachstellen zu erzeugen.
Wenn dann der Bogen auf Standhöhe ist kann ich am besten am Tillerstock an der Wand, mit einer Umlenkrolle und Seil daran gezogen erkennen wo noch steife Bereiche sind, Belastung und Entlastung ganz kurz.
Beim ersten Probeschiessen entscheide ich dann meistens welcher WA oben oder unten sein soll.

lg Thomas
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Rotzeklotz
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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von Rotzeklotz » 22.08.2019, 23:20

Zur Ellipse kann ich wenig sagen, weil sie noch nie zum Tillern verwendet habe. Das erschien mir unsinnig, weil Holz ja selten so gerade gewachsen ist, dass man einen perfekte Ellipse/Kreis erhält. Allein schon aus zeitökonomischen Gründen habe ich mir das Tillern rein nach Auge angewöhnt, und ich denke, damit kommt man zu sehr guten Ergebnissen. Bei schwierigen Stellen wie reflexe oder deflexe Bereiche kann es hilfreich sein, mit einem gut sichtbaren Stift eine möglichst lange gerade Linie an der Seite der Wurfarme entlangzuziehen und beim Ausziehen des Bogens nur auf diese Linie zu schauen.

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Becknbauer
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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von Becknbauer » 23.08.2019, 04:23

Ich denke jede dieser Methoden hat Vor- und Nachteile. Ellipse erfordert einen sehr geraden Stave um die tatsächliche Belastung des Holzes abzubilden. Das Gizmo hat ebenfalls seine Schwächen bei extremen Reflex oder Deflexen Stellen. Ich verlasse mich ausschließlich auf mein Auge. Natürlich hat auch diese Methode ihre Schwächen, man kann sich täuschen.
Aber das scheint auch eine Typ oder Charakter Sache zu sein. Mir entspricht es am besten nur nach Gefühl/Auge zu arbeiten und ich halte das für die geeignete Methode um mit dem nicht homogenen Werkstoff Holz/Stave um zu gehen. Der Tillerblick wird mit der Zeit auf jeden Fall auch immer besser und genauer. Messen und nach formalen Gesichtspunkten genau zu arbeiten hatte ich im Beruf genug, beim Hobby mag ich es lieber nach Gefühl zu arbeiten.
Gruß Wolfgang/Beck ' n ' Bauer

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(Internationale Menschenrechtscharta Artikel 1)

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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von Bowster » 23.08.2019, 06:58

Uranus79 hat geschrieben:
22.08.2019, 20:59
Ich nehme dann ein kurzes Brettchen (10cm lang oder so) und fahre am Wurfarm entlang. Wo der Abstand zwischen Brett und Arm kürzer wird, ist es auch steifer (so ein billiger Tiller-Gizmo ohne Bleisteift).
Ich mache das auch so, aber leicht modifiziert:
der unfertige Bogen ist am Mittelstück im Schraubstock fixiert und ich halte irgendein 8-12cm langes gerades Etwas an den Bogenbauch und dann ziehe ich am Tipp und beobachte die dabei entstehende Änderung bei der Anlage des Brettchens am Bogenbauch, und dann 5cm weiter und so fort..

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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von Bowster » 23.08.2019, 07:00

Wow, Zitieren hat auch geklappt, nochmals danke an locksley & fatz

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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von fatz » 23.08.2019, 08:27

Siehst du, geht doch ;D

Zum eigentlichen Thema: Foto & Ellipse war mir zum Tillern immer su umstaendlich. Der Gizmos aka Kurvenmesser geht nur wenn der Stave gerade ist oder zumindest eine gleichmaessige Kruemmung hat. Mittlerwele schau ich eig. fast nur noch dynamisch, d.h. am Tillerbaum mit Rolle mehr oder weniger je nach Baufortschritt mehrfach kurz ausziehen. Da seh ich am meisten. Dazu noch auf (fast) Standhoehe angucken.
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von Firestormmd » 23.08.2019, 11:19

So ein Gizmo nehme ich auch gerne. Allerding ziegt es nur, dass der Bogenbauch gleichmäßig ist. Bei einem sehr natürlichen Bogenrücken mit vielen Unebenheiten, kann das Ergenbins dann falsch sein. Ich kontrolliere mit dem Gizmo erstmal grob, wo noch steife stellen sind und schaue dann im Spiegel oder am Tillerstock, wie sich der Bogen auf Zug biegt. Ich verlasse mich nie auf nur ein Hilfsmittel.

Ellipsen am PC zeichne ich nie, weil man die erfahrungsgemäß solange hinbiegen kann, bis sie passen. Was man aber am PC sehr gut sehen kann, ist der Tiller, wenn man ihn als Miniaturbild anschaut.. Dafür ziehe ich das Bild so klein wie möglich. Da sieht das Auge die Biegung als Ganzes viel besser, als wenn man es bildschirmfüllend betrachtet.

Grüße, Marc
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Uranus79
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Re: Kreise/Ellipse vs. Auge und Gizmo

Beitrag von Uranus79 » 24.08.2019, 10:23

Vielen Dank für Eure zahlreichen Antworten. Ich hatte es vor allem auf Standhöhe bemerkt. Da sieht es als Kreis/Ellipse ok aus, aber mit dem Auge drauf geschaut erkennt man gerade Abschnitte. Genau schlägt auch der Tillergizmo an.
Natürlich ist bei gewachsenem Holz mit reflex/deflex das alles nur begrenzt möglich. Ich fasse zusammen: am ehesten sieht man bei der Bewegung der Wurfarme wo sich Stellen nicht bewegen und die sind dann steif. Stellen mit mehr/weniger Biegung als der Rest dann nach Auge oder begrenzt Gizmobrettchen, mit der Kompensation der reflex/deflex Form im Hinterkopf...

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