Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

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schnabelkanne
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Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von schnabelkanne » 03.12.2018, 12:26

Servus,
wieviel Zuggewicht hatten oder haben die stärksten „historischen“ Kompositbögen, gemeint sind Bögen mit Horn am Bauch, Holzkern und Sehne am Rücken, Gibt es da auch Belege für Bögen mit deutlich mehr als 100#, bin zwar kein Reiter aber ich kann ja so schon nicht mehr als 50# ziehen und dann noch vom Pferd aus ist für mich undenkbar.

Die englischen Warbows hatten ja so um die maximal 150#; ist das mit Kompositbögen auch erreichbar und dann noch effizient in Bezug auf das höhere Gewicht des Horns gegenüber reiner Holzbauweise?
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Squid (✝)
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Squid (✝) » 03.12.2018, 13:17

Ich las irgendwo (TBB?) dass irgendein osmanischer Sultan einen 150er benutzte.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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Hieronymus
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Hieronymus » 03.12.2018, 13:59

Die normalen Osmanischen Kriegsbogen lagen zwischen 90 und 160#. Karpowicz hatte bei seinen Messungen im Topkapi Palast Bögen dabei gehabt die bis 240# reichten.
Es gab aber auch doppelbögen aus Persien, die bei 300# lagen.

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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Ragnar_AT » 03.12.2018, 14:48

Es gab aber auch doppelbögen aus Persien, die bei 300# lagen.

Wobei ich vermute, daß es sich dabei um Fußbögen handelt.
Aus dem ostasiatischen Raum wird von (Manchu-) Bögen um die 200# berichtet.
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Sateless » 03.12.2018, 16:58

Beim Zuggewicht ist es genau wie bei Holzbögen. Das Maximum was der Mensch dahinter zuverlässig bewegen kann wird benutzt. Irgendwo zwischen 100 und 200lbs liegt dann halt der Gebrauchsbogen eines Berufssoldaten. Darüber hinaus gab es noch Trainingsgeräte, die nur gezogen wurden, ohne damit einen Pfeil zu schießen. Die liegen auch bei (vmtl Extremfällen) über 200lbs... Am Material liegt es also nicht grundsätzlich. Es gibt ja auch ein paar Eibenprügel über 200lbs.
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von schnabelkanne » 03.12.2018, 18:08

Danke für die Hinweise, ich dachte immer bei Kompositbögen ist durch das höhere Gewicht von Horn bei 80# Schluss, da sie dann zu schwer wären, dass es Horn/Sehne Bögen mit deutlich mehr als 100# gab ist mir neu.
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von KnechtKarl » 03.12.2018, 19:17

Wenn man hier auch die Hornbogenarmbrusten zählt geht es bei der ein oder andern Wallarmbrust auch weit weit darüber hinaus.
Muss mal nachschlagen, wenn mir meine Fantasie keinen Streich spielt, sogar vierstellig.

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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Tom Tom » 03.12.2018, 19:41

https://www.youtube.com/watch?v=nY2untEwCnU

@KnechtKarl
hier mal ne Wallarmbrust mit ordentlich bums

lg Tom Tom
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Hetzer » 03.12.2018, 20:40

Hieronymus hat geschrieben:
03.12.2018, 13:59
Die normalen Osmanischen Kriegsbogen lagen zwischen 90 und 160#.

Eher sowas um die 80# bis 100# hab ich mal irgendwo gelesen. Ich glaub, der Schlüssel dazu liegt wohl in der Auszugslänge der damaligen Schützen und auch, wenn es durchaus größere Krieger gab, so waren die im Schnitt wohl eher kleiner als heute, was i.d.F. berücksichtigt werden müßte - verhält sich genau wie bei den English longbows, die in der Masse auch sowas um die 90# bis 120# hatten.

schnabelkanne hat geschrieben:
03.12.2018, 12:26
bin zwar kein Reiter aber ich kann ja so schon nicht mehr als 50# ziehen und dann noch vom Pferd aus ist für mich undenkbar.
So schnöde es sich auch anhören mag, aber es ist letztlich alles Übungs- und Gewohnheitssache, wobei, wie gesagt, die Masse der Bögen sich wohl unter oder zumindest doch nicht weit über 100# befunden haben wird. Bei den Manchu Bögen waren Zuggewichte um die 150# ja wohl auch eher zu Trainingszwecken gedacht...
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Sateless » 03.12.2018, 22:23

Ich habe Zweifel an deiner Quelle oder deiner Erinnerung deiner Quelle. Die Zuggewichte der Osm. Bögen wurden von A.Karpowicz für 28" Auszug angegeben und ~28" Pfeile sind dafür echt keine Seltenheit oder irgendwie Abwegig.
Dennoch stimme ich deiner Tendenz zu, dass Monsterzuggewichte nicht der Durchschnitt waren.
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Hieronymus » 03.12.2018, 22:45

Hetzer hat geschrieben:
03.12.2018, 20:40
Eher sowas um die 80# bis 100# hab ich mal irgendwo gelesen
Nein laut Karpowicz der 40 -50 Bögen Topkapi Palast vermessen , liegt das warscheinliche Zuggewicht der Kriegsbögen zwischen 90 und 130# . Das hatte ich nicht mehr richtig im Kopf. Ich habe hier ein Zitat von Karpowicz beigefügt.
osmane.jpg
@Schnabelkanne ich glaube du hast das falsch im Kopf. Horn Kompositbögen heben sich erst ab 60# von den Leistungen der Holzbögen ab.

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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Hetzer » 04.12.2018, 07:21

Sateless hat geschrieben:
03.12.2018, 22:23
Ich habe Zweifel an deiner Quelle oder deiner Erinnerung deiner Quelle. Die Zuggewichte der Osm. Bögen wurden von A.Karpowicz für 28" Auszug angegeben und ~28" Pfeile sind dafür echt keine Seltenheit oder irgendwie Abwegig.
Dennoch stimme ich deiner Tendenz zu, dass Monsterzuggewichte nicht der Durchschnitt waren.
Ich auch Bild

Nee, echt jetzt - ich hatte das irgendwo mal in einem Artikel über mittelalterliche Kompositbögen/Reiterbögen (Mongolen ? Hunnen?) gelesen, Quelle könnte ich dir da jetzt gar nicht mehr genau nennen. Es ging aber auch nicht um osmanische Bögen. Ich denke aber, auch dabei wird die Zeit, bzw. die Rüstung d. Gegners eher eine Rolle für das Zuggewicht gespielt haben. Kann mit jedenfalls nicht vorstellen, daß die Mamelukken zu Kreuzzugszeiten schon mit 130er od. gar 160er Bögen hantiert haben sollen...

Hieronymus hat geschrieben:
03.12.2018, 22:45
Hetzer hat geschrieben:
03.12.2018, 20:40
Eher sowas um die 80# bis 100# hab ich mal irgendwo gelesen
Nein laut Karpowicz der 40 -50 Bögen Topkapi Palast vermessen , liegt das warscheinliche Zuggewicht der Kriegsbögen zwischen 90 und 130# . Das hatte ich nicht mehr richtig im Kopf. Ich habe hier ein Zitat von Karpowicz beigefügt.
Danke dir für den Karpowicz Auszug, daß die Zuggewichte der hist. osmanischen Bögen bei 28" Auszug angegeben wurden, war mir neu, obwohl auch irgendwo nachvollziehbar. Hätte man das bei den Mary Rose bows (die ja in der Evolution des Elb auch die stärksten Exemplare aufwiesen) ebenfalls von Anfang an berücksichtigt, wären die Zuggewichte wohl um einiges nach unten korrigiert worden.

Wie auch immer, der Bereich zwischen 90# und 130# scheint realistisch und deckt sich dann auch mit anderen vergleichbaren Bögen dieser Zeit und für den Verwendungszweck.

Mmh... eine Frage hätte ich da noch -- bezieht sich diese Gewichtsangabe eher auf Infanteriebögen oder tatsächlich die Bogenausrüstung für die Kavallerie ? Einen 120er od. 130er vom Pferderücken aus stell ich mir nämlich auch nich unbedingt sehr prickelnd vor und ich glaube, das war ja auch Schnabelkannes ursprüngliche Vorstellung...
Zuletzt geändert von Hetzer am 04.12.2018, 08:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Sateless » 04.12.2018, 08:09

Naja, für Mongolen, Skythen, Hunnen und alles andere was so in Zentralasien abging gibts halt echt spärliche Daten. Und in wie fern die dann überhaupt Berufssoldaten waren weiß ich jetzt aus dem Kopf garnicht, geschweige denn, ob das überhaupt geklärt ist oder zu klären ist. Was es da gibt sind vereinzelte Bogenfunde in Gräbern. Daher ist da ein Vergleich mit osm. Bögen und dem EWB auf sichereren Füßen. Zu beiden gibt es zich vermessene Bögen einmal aus der Mary Rose, und die osm. Bögen eben aus dem Topkapı Sarayı. Beides betrifft sicher Berufssoldaten. Da sind halt wenigstens ein paar Rahmenbedingungen ähnlich, so dass man nur Äpfel mit Quitten vergleicht, statt mit ins 10. Jh zurückgezüchteten Pfirsichen. Wozu soll man das jetzt noch verkomplizieren? Die ganzen Holmegaard-Typ-Bögen die es wohl gegeben haben muss, oder die Burg Dingenskirchen Bögen und die Flitzebagen kann man auch nicht so eindeutig greifen, wie die Mary Rose Bögen.
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Hetzer » 04.12.2018, 08:20

Diese Völker kommen für mich aber primär in Frage wenn von Reiterbögen die Rede ist - nur mal so am Rande. Und die Zuggewichte könnten ganz einfach über die damals genutzten Rüstungen (soweit vorhanden) ermittelt werden, denn kaum einer würde wohl einen völlig überdimensionierten Bogen bauen, wenn es dafür keinen Verwendungszweck gäbe und darauf bezog ich mich anfänglich. Für mitteleuropäische Bögen dieser Zeit (also Antike bis Früh- / Hochmittelalter ging man von Zuggewichten um die 40#/50# für die Jagd und etwa 60#/70# für Kriegszwecke aus... bis dann die Schutzvorkehrungen allmählich besser wurden und somit stärkere Bögen verlangten. Von da ab schraubte sich die Rüstungsspirale ja immer weiter in die Höhe...

Hier übrigens einmal ein Video, in dem Simon Stanley einen 152er Recurve schießt, um einmal eine Vorstellung davon zu bekommen, was für ein Pfund hinter solch einem Bogen steckt und daß es selbst für geübte Schützen schon eher eines sicheren Standes bedarf: https://youtu.be/DPDj8fxwlZo
Zuletzt geändert von Hetzer am 04.12.2018, 09:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Zuggewichtsobergrenze bei Kompositbögen

Beitrag von Sateless » 04.12.2018, 09:30

Die Frage bezog sich aber auf:
schnabelkanne hat geschrieben:
03.12.2018, 12:26
die stärksten „historischen“ Kompositbögen, gemeint sind Bögen mit Horn am Bauch, Holzkern und Sehne am Rücken,
Viel Spaß noch mit dem Irrelefant.
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