Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 22.11.2019, 21:58

Danke, bei fast allen Bogen, die ich bis jetzt gesehen habe, ist die Regel je mehr Reflex, desto niedriger das zuggewicht.
Und mehr Reflex zu verhindern ist ja kein Problem, da muss ich ja einfach nur aufbiegen und dann belegen. Die Frage war ob es sinnvoll ist den Reflex zu erhöhen. Das ergibt ja unterschiedliche Spannungen in den einzelnen sehnenlagen oder seh ich das falsch?
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Hieronymus
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Hieronymus » 23.11.2019, 08:59

Ah ich verstehe... die Strecke die belegt werden muss mit Sehnen bleibt ja die gleiche ,ob die jetzt zum kreis zusammen gebogen wurde oder nicht. In wieviel die einzelnen Schichten sich in der Belastung unterscheiden, kann ich mir nur herleiten. Die Finale Schicht wird am stärksten Belastet und die ersten am wenigsten. Beim Bogen aufbiegen wäre ich noch vorsichtig, da die Sehnenschicht noch nicht vollständig getrocknet ist. Wie gesagt ich würde es so machen: Den Abstand der Bogenenden auf ein Kantholz übertragen und auf beiden Seiten ca 3cm aufbiegen und mit Schraubzwingen befestigen. Nun kannst du ihn belegen und mit Hosengummis umwickeln und so ein paar Tage trocknen lassen.
Der Reflex wurde beim Belegen erhöht, damit die Sehnenschicht sich beim Trocken nicht abhebt. Der positive Effekt von mehr Reflex und Vorspannung hat man gerne mit genommen. Sinnvoll ist es schon den Reflex zu erhöhen, aber da du Hosengummis besitzt und somit die Sehnenlage daran hinderst sich abzuheben, sollte es kein Problem darstellen den Reflex so zuhalten.

Gruß Markus
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 29.11.2019, 20:36

Die 2. Sehnenlage ist drauf und auch schon wieder ausgepackt und geschliffen. Die einzelnen Sehnenbündel hatte ich an den Enden nicht stark genug ausgedünnt, deswegen waren die Überlappungen zu dick für meinen Geschmack - hab ich mit der Feile reduziert. Dabei sieht man auch schön, ob der Kleber die Sehnen gut durchtränkt hat. Das nächste Mal achte ich darauf.
Hier der geschliffene Belag.
WA01.jpg
WA02.jpg

Hier sieht man sehr schön, wie stark die Sehnen den Bauch schon rund gezogen haben - bin mal gespannt, ob das Holz reißen wird. Wenn nicht, finde ich das super, weil ich den Bauch dann praktisch nicht mehr runden muss - nur noch checken, ob die Rundung gleichmäßig ist und ggf. anpassen.
Bauch rundung.jpg

Leider habe ich wohl an einem Spleiß beim kleben geschlampt und eine Seite ist aufgerissen - nur die Klebefuge, also eindeutig geschlampt ::)
Da ich aber den Rahmen mit Epoxid geklebt hatte, konnte ich auch mit Epoxid reparieren. Also Kleber reingeföhnt und dann zusammen gepresst.
Riß.jpg
geklebt.jpg
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von TorstenT » 30.11.2019, 08:34

Moin Neumi,

Sieht schon mal gut aus! Ich hätte allerdings etwas Bauchschmerzen, ob die Sehnenschicht nach dem Feilen noch hält, da die Kontinuität einiger Fasern ja unterbrochen wurde. Aber das kann man wohl nur beurteilen, wenn man sie selbst geschliffen hat und weiß, wieviel runter musste...
Ich hätte noch eine Frage bezüglich des Einweichens (mir tun nämlich nach 5 zerlegten Hirschsehnen inkl. Gabelung ganz schön die Daumennägel weh :D): Machst Du das wirklich nur, um das Peritendineum und die Sehnenscheiden zu entfernen, oder auch damit sie sich besser zerlegen lassen? Ich habe meine selbst entnommen und habe alle Hüllschichten gleich frisch entfernt. Die sind vollständig transparent getrocknet.

Als ich gesehen habe, wie konvex es den Bauch gezogen hat, habe ich mich gefragt, ob nicht vielleicht auch so eine konvexe Holz-Horn-Fuge zustande kommt? Vielleicht nicht so ausgeprägt, wie wenn man die Flächen konvex/konkav ausarbeitet - aber zumindest ein wenig? AK klebt ja auch Leinenstreifen auf das Horn, um Längsrisse im Horn beim Trocknen der Sehnenschicht zu vermeiden.
Hat einer von Euch schon mal einen Schnitt durch vollständig gereifte Wurfarme mit ursprünglich geraden Fugen gesehen? Sind die wirklich noch gerade?

LG
Torsten

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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 30.11.2019, 10:32

TorstenT hat geschrieben:
30.11.2019, 08:34
Ich hätte allerdings etwas Bauchschmerzen, ob die Sehnenschicht nach dem Feilen noch hält, da die Kontinuität einiger Fasern ja unterbrochen wurde
Den Gedanken hatte ich auch, bevor ich gefeilt habe, aber zum einen habe ich hauptsächlich zuviel aufgetragenen Kleber entfernt, zum anderen habe ich nur etwas egalisiert und es kommt ja auch noch eine Lage drüber. Ich gehe davon aus, dass es keine Probleme geben wird, aber das ist reine Spekulation ::)

Danke auch für den Fachbegriff zum Bindegewebe zwischen Sehnenscheide und Sehnen - das habe ich doch hoffentlich richtig verstanden, dass das Peritendineum dieses papierartige, sehnenlose und leicht zerreißbare Zeug um die Sehnen, aber auch zwischen den Sehnen ist.

Das einweichen mache ich nur, um die Hülle, bzw. die beiden dünneren Sehnenteile (also die äußeren Zehen-Sehnen) besser vom mittleren Strang lösen zu können. Die Hülle selbst besteht ja zum Großteil auch aus Fasern, die gefühlt noch fester sind, als die 4 Sehnenstränge. Nur ein kleiner Teil ist praktisch faserlos und der trennt sich im leicht feuchten Zustand viel besser ab und ist auch besser zu identifizieren. Fürs zerteilen der Sehnenstränge an sich bringt das nichts, bzw. macht es sogar schwieriger, wenn die zu feucht sind.

Ich habe einen Querschnitt mit flach gebauten Bogenteilen gesehen und da sah es so aus, als seien die flach geblieben, aber interessanter Gedanke und eigentlich auch logisch, dass ein flacher Bauch nach dem Sehnenbelag nicht mehr flach sein kann. Jetzt verstehe ich nur nicht, wie dieser gesehe Querschnitt in das Bild passt - ich versuch mal dieses Foto zu finden.

Ich benutze als Hilfsmittel, speziell fürs zerteilen der Gabelung, ne Pfeilspitze (ca. 7 cm lang).
20191130_102832.jpg
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 30.11.2019, 11:20

TorstenT hat geschrieben:
30.11.2019, 08:34
...habe ich mich gefragt, ob nicht vielleicht auch so eine konvexe Holz-Horn-Fuge zustande kommt?
Ich habe das Foto gefunden: http://www.manchuarchery.org/bows da sind 3 verschiedene Bogen im Querschnitt zu sehen
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Hieronymus » 30.11.2019, 11:54

Neumi hat geschrieben:
30.11.2019, 10:32
Den Gedanken hatte ich auch, bevor ich gefeilt habe, aber zum einen habe ich hauptsächlich zuviel aufgetragenen Kleber entfernt, zum anderen habe ich nur etwas egalisiert und es kommt ja auch noch eine Lage drüber. Ich gehe davon aus, dass es keine Probleme geben wird, aber das ist reine Spekulation
Die Übergänge trocknen viel langsamer als der Rest( ist ja klar , weil sie viel dicker sind ). In 2-3 Wochen sieht das alles wieder anders aus. Also Geduld... ;D ;) Die Deckschicht würde ich so nicht bearbeiten.
Auf deine Querschnitt-Bilder ist schön zu sehen, dass die Altmeister mehr gerade Fugen machten und ohne Verzahnung. Die gewölbten Fugen sind dadurch entstanden, da sie den Bambuskern umgedreht haben und die natürlich gewachsene Seite als Bauch nutzten. Selbst die Korianer machen gerade Fugen ohne Verzahnung ;) Ich denke eine natürlich gewachsene Seite ist stabiler, als die durchtrennten Faser und lassen sich dadurch schlechter komprimieren und man brauchte vielleicht weniger Horn.(siehe dein Bild)
Ich kann aber auch falsch liegen.

Gruß Markus
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 30.11.2019, 12:39

Hieronymus hat geschrieben:
30.11.2019, 11:54
..Auf deine Querschnitt-Bilder ist schön zu sehen, dass die Altmeister mehr gerade Fugen machten und ohne Verzahnung...
Ich habe gerade nochmal in dem Bericht über die Werkstatt in Chengtu nachgelesen und hier ist erwähnt, dass das Horn innen konkav gearbeitet wurde und dass die Oberfläche aufgeraut wurde ;)
Diese aufgeraute Oberfläche habe ich auch schon mehrfach auf zerlegten Bogen gesehen. Allerdings keine passenden Fugen, sondern kreuz und quer und alles ziemlich derb gemacht.
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von TorstenT » 30.11.2019, 15:57

Neumi hat geschrieben:
30.11.2019, 10:32
Danke auch für den Fachbegriff zum Bindegewebe zwischen Sehnenscheide und Sehnen - das habe ich doch hoffentlich richtig verstanden, dass das Peritendineum dieses papierartige, sehnenlose und leicht zerreißbare Zeug um die Sehnen, aber auch zwischen den Sehnen ist.
Genau - das ist die Ernährungsschicht der Sehne. Und gerne, was den terminus technicus angeht... ...damit kann ich Dich zumüllen! ;) Die Sehnenscheide um die langen Hufbeugesehnen heißt „vagina tendinis musculi flexoris digitorum superficialis et profundus“... ...klingt doch cool! :D
Die Sehnenscheide kann man bei der Entnahme ganz easy mit eingehängter Schere auf ganzer Länge schlitzen und die Sehne locker herausheben. Dann spart man sich das Einweichen und Abpuhlen in getrocknetem Zustand.
Neumi hat geschrieben:
30.11.2019, 10:32
Ich habe einen Querschnitt mit flach gebauten Bogenteilen gesehen und da sah es so aus, als seien die flach geblieben, aber interessanter Gedanke und eigentlich auch logisch, dass ein flacher Bauch nach dem Sehnenbelag nicht mehr flach sein kann. Jetzt verstehe ich nur nicht, wie dieser gesehe Querschnitt in das Bild passt - ich versuch mal dieses Foto zu finden.
Vielleicht reicht die Schrumpfkraft des Sehnenbelags dann doch nicht, um auch das Horn mit zu wölben...

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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von TorstenT » 30.11.2019, 15:59

Neumi hat geschrieben:
30.11.2019, 10:32
Ich gehe davon aus, dass es keine Probleme geben wird, aber das ist reine Spekulation ::)
Berühmte letzte Worte... :D

LG
Torsten

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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 30.11.2019, 16:52

Na hoffentlich nicht :D
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von TorstenT » 30.11.2019, 20:32

So kommen die übrigens raus, wenn man ganze Hinterläufe bekommt und selbst bearbeiten kann:
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Geht ganz schnell - erst Haut über der Sehne aufschlitzen, dann Sehnenscheide schlitzen, ca. 2cm oberhalb des Hufballens brutal quer einschneiden und schon kann man das ganze Stück auf einmal rausziehen.

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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 30.11.2019, 22:59

Jo, wenn das zerfleddern auch so schnell ginge :-\
Aber schön lang sind die, so ca. 27 cm ?
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von TorstenT » 01.12.2019, 08:07

Die meisten sind so um die 30cm, die längsten 35-36cm - inklusive der aufgezweigten Abschnitte, natürlich.
Das Gefleddere ist wirklich ein ganz anderes Thema, jo... ...aus bisher 5 Sehnen habe ich (neben drei kürzeren) gerade mal ein 6-Gramm-Bündel mit 35cm Länge herausbekommen. Ca. ein Drittel ist Müll. Falls jemand die Reste (nur Sehne, keine Sehnenscheide) zum Leimkochen brauchen kann, kann ich die Reste auch gerne aufheben.

LG
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Re: Mandschu warbow - Baubericht eines Langzeitprojektes

Beitrag von Neumi » 01.12.2019, 09:17

TorstenT hat geschrieben:
01.12.2019, 08:07
...aus bisher 5 Sehnen habe ich (neben drei kürzeren) gerade mal ein 6-Gramm-Bündel...
Du meinst jetzt aber 60 g aus 5 Sehnen?
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