Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-ELBs

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Scalaptor
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Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-ELBs

Beitrag von Scalaptor » 09.06.2014, 22:19

Hallo,
Da dies mein erster Beitrag in diesem Forum ist, möchte ich zuerst kurz was über mich sagen:
Vor einem halben Jahr hab ich an einem Bogenbaukurs teilgenommen, wo ich einen ELB aus Hickory gemacht habe (73“ 45#@27“). Danach hab ich mich eher an Projekten versucht, bei denen man wenig falsch machen kann – z.B. Kinderbogen für meine Jungs. Das waren dann vorwiegend Pyramidal-Bogen aus Hickory und Bögen mit Recurves aus Manau mit Zuggewichten bis 30#.

So und jetzt zum eigentlichen Punkt. Danach wagte ich mich nochmal an einen ELB aus Hickory. Der sollte etwas stärker als der erste ausfallen. Im Großen und Ganzen bin ich mit dem Ergebnis zufrieden (69“ 48#@28“, Tiller ganz ok. denke ich, kein Handschock, angenehmes Auszugsverhalten)

P6075974_02.jpg
Bogen auf Standhöhe

P6075977_02.jpg
Bogen bei Vollauszug



Nur hat der Bogen nach dem ersten Einschießen dermaßen deutlich an Zuggewicht verloren, dass ich etwas überrascht war. Zuvor war ich mit Durchsteigen gerade mal in der Lage ihn aufzuspannen und ich dachte dass der neue im Vergleich zum alten mindestens 10# mehr haben müsste und schätzte so auf 55 bis 60# bei 27“und nach dem Einschießen hab ich dann nur mehr 48#@28“. Außerdem hat er nun sehr ein starkes Stringfollow von fast 2“.
P6075978_02.jpg
Bogen abgespannt


Daher meine Fragen:

Wieviel an Zuggewicht verliert so ein Bogen beim ersten Einschießen?

Wieviel Stringfollow darf bei einem Langbogen aus Hickory mit D-Shape-Profil auftreten?

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Blacksmith77K
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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Blacksmith77K » 09.06.2014, 23:09

Hallo, herzlich Willkommen hier und lass dich von meinen Antworten nicht abschrecken, sie sind gut gemeint! ;)

69“ Somit ist es kein (E)nglischer (L)ang (B)ogen sondern ein Hickory-Langbogen im ELB-Design. Er ist schlichtweg zu kurz um ein ELB zu sein. Dazu braucht es 72Zoll, 183cm oder 6Fuß. ;)

Das Zuggewicht eines Bogens bemisst man nach dem Einschießen, vor dem Abspannen des Bogens. Dass ein Holzbogen, frisch aufgespannt etwas straffer ist, liegt in der Natur der Sache. Das Holz setzt sich nach dem Aufspannen und nimmt erst nach den ersten paar Pfeilen sein wahres ich an.

Somit zur nächsten Frage: Ja, Set ist normal UND wichtig. Über 2 Zoll sollten es nicht sein, denn dann hast du Überlastungen im Holz. Hast du garkein Set im Bogen hast du entweder ein enorm gutes Holz, oder der Bogen ist weit weg von seiner eigentlich erreichbaren Leistung.

Zum Tiller:

Der ist sehr mittenlastig, das beansprucht das Holz übermäßig im mittleren Bereich und die Wurfarme aussen leisten recht wenig.

P6075977_02.jpg
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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von SchmidBogen » 09.06.2014, 23:17

Erstmal Herzlich Willkommen hier im Forum bei den Infizierten. :-D

Da bin ich grad selber überrascht über dieses Ergebnis.
Wieviele Pfunde hat der Bogen denn gehabt, nachdem Du Ihn fertig getillert hattest?

Würde aber mal auf deutliche überspannung des Holzes tippen. Zumal Du ein "nur" 69'' Bogen mit D-Profil gebaut hast und ich hier im Forum des öfteren gelesen habe, man solle so einen Bogen mindestens 71'' lang bauen wenn nicht länger, vor allem wenn er dann wirklich viel Pfund werfen sollte.

by the Way, ich bin da selber noch Anfänger und bin gespannt auf die Antworten unserer Profis :-D


Edit: Hier haben wir bereits die Antwort eines Profis ^^
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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Scalaptor » 10.06.2014, 00:02

Danke für die raschen Antworten.

Danke für den Hinweis mit dem "ELB". "Hickory-Langbogen im ELB-Design" hätte ich auch vorgezogen, allein schon weil ELBs ja authentischerweise auch nicht aus Hickory sind. Aber dann wäre die Überschrift zu lang geworden und "ELB aus Hickory" ist schneller zu schreiben.

Die Länge resultiert daraus, dass der Rohling nur 70" hatte, die 69" sind N2N.
Ich hab den Bogen zuerst auf so ca. 45# bei 3/4 Auszug getillert. Hochgerechnet hab ich daraus ein Zuggewicht von 61#@28" (für 6" Standhöhe). Dementsprechend hab ich mich gewundert als der Bogen dann nur 48# hatte. Wenn das Zuggewicht so stark nach dem ersten Einschießen abnimmt, wie schafft man es dann einen Bogen auf ein exaktes Zuggewicht hin zu fertigen?

Also wenn ich das richtig verstehe muss ich mir um ein Set von bis zu 2" keine Sorgen machen?

Aber, verändern sich Set und Zuggewicht nach dem ersten Einschießen noch?

Wegen dem Tiller dachte ich, dass sich die letzten 5 bis 6" nur mehr wenig biegen sollen. Außerdem wollte ich zu den Enden hin nicht mehr zu viel wegnehmen, da der Querschnitt an den Enden schon recht schlank ist (B 15mm, H 14mm).
Sollte ich dort trotzdem noch was wegnehmen?
Mit wieviel Einbuße an Zuggewicht müsste dann ich rechnen?

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Blacksmith77K » 10.06.2014, 00:19

Der Bogen ist ja nicht schlecht, könnte aber logischerweise besser sein. Von daher baue einen weiteren, der besser ist und lass den so wie er ist, denn er ist ja nicht schlecht.

Scalaptor hat geschrieben:
Also wenn ich das richtig verstehe muss ich mir um ein Set von bis zu 2" keine Sorgen machen?

Aber, verändern sich Set und Zuggewicht nach dem ersten Einschießen noch?



- Genau so ist das.

- Logisch, dazu ist ja das Einschießen da.
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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Wilfrid (✝) » 10.06.2014, 00:53

Also 15x14 ist nicht dünn, wenn da keine Sidenocks rein sollen , sondern recht dick. Wenn Du auf 12x12 oder 10x10 gehst biegt der sich auch zum Ende hin, Zuggewicht verliert er dabei weniger , als man denkt.
Wenn der Bogen noch nicht allzuviel gearbeitet hat, kann es sein, das das Holz sich erholt und Dein Set wird etwas weniger. Je nachdem wie frisch das Holz noch ist und wie feucht.
Ich würde dem erstemal die steifen enden abgewöhnen, bevor ich einen neuen anfinge.

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Scalaptor » 10.06.2014, 21:32

Danke für eure Antworten.
Der Stave war aus einem Bogenshop und ich denke daher auch sicher gut getrocknet.
Ich hab mir den Bogen nun noch genauer angesehen und gemerkt, dass ich vermutlich wirklich ziemlich an die Grenze des Materials gegangen bin, denn der Bogenbauch zeigt über die gesamte Länge leichte Stauchspuren. Ich denke, das Set kommt wohl daher und wird auch nicht wieder weniger werden.
P6106071_02.jpg
Stauchspuren

Wie kritisch muss man diese Querstreifen beurteilen? Ist so was schon knapp vorm Stauchriss oder eher unbedenklich?

Sidenocks hab ich keine vorgesehen. Ich mach Tip-Overlays aus schwarzem Büffel- und weißem Kuhorn. Die sehen so aus:
P6106042_02.jpg
Oberer WA
P6106056_02.jpg
P6106048_02.jpg
Unterer WA
P6106057_02.jpg

Bei genauerer Betrachtung denke ich nun auch, dass man auf den letzten paar Zoll an den WA-Enden noch was Materialdicke wegnehmen kann. Das würde dann ja auch zu einer Entlastung des ganzen Bogens führen, oder?
Ich bin zwar schon an einem neuen Projekt dran, aber eine kleine, feine Nacharbeit kann ich in einer ruhigen Stunde sicher dazwischenschieben.

Gruß
Scalaptor
Zuletzt geändert von Scalaptor am 11.06.2014, 00:03, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Bowster » 10.06.2014, 21:41

Eigentlich ist ja bereits Alles gesagt, biegt mittig zuviel, aussen zu wenig, 2" Set hatte ich bisher bei allen meinen Hickory Bögen.
Hickory ist halt ein nettes, anfängerfreundliches Holz mit dem Potential zur relativ folgenfreien Misshandlung, und trotz allem mittelprächtiger Leistung, als Backing sieht es da schon wieder anders aus.

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von SchmidBogen » 22.06.2014, 21:48

Und wie schauts mit dem Bogen aus Scalaptor? :-) Gibts noch mehr Bilder? Ein Video? Würde mich echt wundernehmen wie er jetzt ausschaut und sich schiesst :-)
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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Scalaptor » 23.06.2014, 00:17

Wie schon angekündigt, habe ich noch weiter am Bogen herumgeschnitzt und weiter getillert.
Die Wurfarme haben jetzt an den Tips nur noch 9mm Höhe.
Die Breite hab ich mit 15mm belassen, da die Materialbelastung eh schon grenzwertig war.
Sonst hab ich auch noch ein wenig an der Wurfarmhöhe gekratzt, zur Mitte hin halt immer weniger abgetragen.
Die Stauchspuren sind weitestgehend beseitigt, aber das Set hat noch um fast 1/4" zugenommen.
P6226168a.jpg
Die Wurfarme biegen sich nun auch an den Enden, aber noch nicht ganz zufriedenstellend.
Der untere WA (rechts) darf sich noch ein wenig mehr am Ende biegen.
Der obere WA (links) hat einen "Knick" bei 3/4 WA-Länge, deshalb werd ich wohl nochmal über die ganzen restlichen Bereiche was abtragen müssen.
Tiller_04a.jpg
Aktuelles Zuggewicht ist 39# @ 27".
An der restlichen Optik hat sich wenig verändert. Bilder der Overlays: siehe oben.
Was das Schießen betrifft kann ich aufgrund von mangelnder Erfahrung nur wenig dazu sagen.

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von SilkyJoe » 23.06.2014, 07:26

Eines fällt mir noch ein: Hickory soll laut Wiki Feuchtigkeit extrem stark aufnehmen. Das kann ihn sicher beeinflussen, falls er noch kein Finish hat.

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Squid (✝) » 23.06.2014, 09:58

Zur eigentlichen Frage: Man kann in den "normalen" Zuggewichtsbereichen, also zwischen 25 und 60 lbs von einem Verlust von etwa 10 % des Zuggewichts nach dem Einschießen ausgehen. Wie das bei den Monstern ist, kann ich nicht sagen.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von SchmidBogen » 23.06.2014, 17:42

Ja der Tiller sieht schon eher nach einem C aus :-D das nimmt richtige Form an :-D

Ist ja Nebensächlich wenn dein 1. Hickory Langbogen ein Low-Bow wird, hauptsache du lernst und sammelst Erfahrung :-D dafür wird dein 2.er dann umso stärker ;-) Ist bei mir jetzt auch nicht anders, hab vor 2 Tagen auch meinen 1. Hickory im ELB-Stil angefangen. :-D

Hmmm.... die Flachbögen kann man ja eine Stunde einfach so auf dem Tillerstock auf Standhöhe gespannt hängen lassen und Sie verlieren ca 5# mehr, dafür später keine mehr, auch nicht nach dem Einschiessen. Ist dies bei einem ELB anders, oder könnte man Ihn nach dem fertigen Tillern auch zwischen 30-60min auf dem Tillerstock aufgespannt lassen, ohne dass er beim Einschiessen nochmals Pfunde verliert?

Ahm was ganz "banales" aber für mich grundlegendes gefragt: Wo misst man eigentlich den ausschlaggebenden Tillerverlauf? Nur in der Bauchmitte oder Links, Mittig und Rechts vom Bauch?

Bei meinem Hickoryversuch bin ich bald auf der Hälfte Standhöhe und wenn ich nur an der Bauchmitte messe, ist der Tiller schön eben gleichmässig, ok dies ist es auch links und rechts vom Bauch, aber nimmt mich wunder wo es ausschlaggebend ist, damit der Bauch keine Alu-Dosen-Knitteris erleidet :-D

Bin froh wenn ich morgen noch das Bogenbauer-Buch holen kann und mich noch mehr ins Thema Englischen Langbogen einlesen kann mit mehr Bilder und Tipps :-D Bis dahin hoffe ich auf eure Hilfe :-D Dankeschön :-D
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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von SilkyJoe » 23.06.2014, 17:52

Das Bogenbauer Buch ist cool, aber etwas weniger Eibenbezug wäre lässig gewesen.

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Re: Zuggewichtverlust beim ersten Einschießen eines Hickory-

Beitrag von Wilfrid (✝) » 23.06.2014, 18:06

Sir Nicholas
http://www.bogensportwiki.info/index.php?title=Bogenbau#Tillern
Beim Bogenbauen wird eigentlich wenig gemessen, schon garnicht mit dem Meßschieber. Augenmaß ist da viel genauer.
Ich weiß ja nicht, welches Bogenbauerbuch da kommt, aber guck mal ins How-to board, auch wenn die Maße des da vorgestellten ELB nicht passen, wie man einen baut, ist da sehr gut beschreben.
Ich muß leider sagen, das die allermeisten Bogenbau und -schießbücher, auch über "den ELB" ne witzige oder auch traurige Feierabendlektüre sind.
So "ELB Bau leichtgemacht", "Wie baue ich meinen ersten Bogen" und was es da sonst so gibt, machen Dich nur verrückt ...
Guck Dir hier die Bogenbauturniere und die Baubeschreibungen durch, Adamus_minor bei youtube videos und dann bau Deinen ersten Bogen mit eduld und ohne die Aussicht auf Erfolg ;-)

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