Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

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nemrod
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von nemrod » 23.04.2014, 22:47

Dolge hat geschrieben:Essigbaum als Overlay? Geht es denn eigentlich noch weicher? :D


Hihi, aber optisch ist doch ein Knüller! >:) Na, im erst, im normalen Gebrauch wäre wahrscheinlich nichts passiert, mir hat es abgefezt als die Sehne sich komplett gestreckt hat und die volle Zug auf diese 5 mm schmale Höcker gewirkt hat! Wobei unabhängig davon mir ist da heute ein Licht aufgegangen: http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=15&t=24848#p445473 meine Öhren waren viel zu lang!

Ravenheart hat geschrieben:1. Ich habe aufgehört, mitzuzählen, wie viele Bogen hier bereits als durch Tempern zerstört präsentiert wurden...
Klar, es gibt auch Fälle, wo es (zumindest ne Zeit lang) gut ging. Aber es gibt auch Leute, die aus dem 4. Stock vom Balkon fallen und das unverletzt überstehen. ::)

PS: "Stärker" heißt leider NICHT automatisch "schneller"... Die Bogengeschwindigkeit entsteht nicht nur durch die Kraft, sondern auch durch die Reaktionsgeschwindigkeit des Holzes. Beim Tempern wird der Bauch verhärtet, womit ein Teil der Längenänderung (infolge des Krümmens) auf den Rücken verlagert wird. Das Holz am Rücken kommt dadurch näher an seine Streckungs-Grenze (und näher an die Bruchgrenze ::) )... In der Nähe der Streckungs-Grenze aber nimmt bei vielen Materialien die Reaktionsgeschwindigkeit ab!
Kennt man auch von sich selber: Wer "normal" in die Hocke geht und hochhüpft, kommt höher als jemand der so tief runter geht, dass er mit dem Po auf den Boden kommt...


zur 1. Rabe, du hast sicher Recht! Aber ich habe bewusst das Risiko im Kauf genommen! Ich muss nicht unbedingt einen langlebigen Bogen bauen - ich habe schon viel zu viele! Und da immer wieder noch welche dazukommen, ich aber mich nicht traue meine selbst gebaute Bögen aus der Hand geben, kann ich mir leisten immer wieder welche zu "verheizen"! :D Oder anders gesagt mir reicht wenn ein Bogen nur ein Sommer lang schießt - da muss ich aber mit seiner Leistung zufrieden sein! Bin ich mit dem Bogen nicht zu frieden - steht es nur in der Ecke!

zur PS: Ich denke das es mit der Tempern oft falsch aufgefasst wird. Ich habe zwar keine all zu große Erfahrung damit aber wenn ich es mache (so wie hier) dann erwarte ich davon weniger dass der Bogen stärker wird (was ja auch passiert aber man muss ja auch wieder nachtillern und man verliert es teilweise wieder) sondern das es "fletschiger" wird. Ich kann es nicht vorrechnen oder wissenschaftlich erklären, es ist eher so ein Gefühl, aber in finde das getemperte Esche beim gleichen Zuggewicht einfach bissiger ist! Und ich finde dass beim Tempern das der Sinn der Übung ist und nicht die Zuggewichterhöhung!

Ich werden neue Overlays aufpicken, den unteren WA nochmal erwärmen und etwas Reflex wieder rausnehmen und nachtillern! Dann sehen wir weiter!

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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Firestormmd » 24.04.2014, 07:33

Naja, "fletschiger" sollte der Bogen bei gleichem Zuggewicht auch sein. Wenn er durch das Tempern stärker wird und du ihn wieder korrigieren musst, dann geht ja auch Material vom Wurfarm verloren. Diese Gewichtseinsparung sollte etwas mehr Leistung bringen. Das ist also nicht nur so ein Gefühl, sondern lässt sich auch ganz gut erklären.

Grüße, Marc
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Wilfrid (✝) » 24.04.2014, 07:56

Toasten ist bei Esche wirklich hilfreich, oder Treppen. Dadurch, das der Rücken beim getoasten Bauch überhaupt nennenswert beansprucht wird, ohne das der Bauch sich erst ohne Ende setzen muß, werden die Bögen etwas schneller, so gefühlt. Das ein honiggelb getoasteter Bogen weniger haltbar als ein naturbelassener ist, kann ich nicht sagen. Eher im Gegenteil

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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Bogenhannes » 24.04.2014, 08:28

Ich kann es nicht vorrechnen oder wissenschaftlich erklären, es ist eher so ein Gefühl, aber in finde das getemperte Esche beim gleichen Zuggewicht einfach bissiger ist!


Und dann untersucht es irgend jemand wissenschaftlich genau und es stellt sich heraus, dass es wirklich nur so ein Gefühl ist :D
Aber ich habe genau das gleiche Gefühl bei meinem getemperten Bogen....und wenn es auch nur die verstärkte Rückstellkraft des unter stärkeren Druck geratenen Bogenrückens ist.
Die Bogenform wird ja auch gerader gemacht und dadurch der Rücken früher gefordert. Das ist beim ungetemperten Bogen eben ein oder zwei cm weiter unten mit Set und dem aufgebauten Holzdruck des Bogenbauches von unten möglich.
Was ich sagen will: Ein ungetemperter Bogen gleichen Zuggewichtes müsste mehr Holz-Masse im Bogenbauch haben und wirkt deshalb "langsamer".

Viele Grüße
Johannes
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Benedikt » 24.04.2014, 09:56

Bogenhannes hat geschrieben:Und dann untersucht es irgend jemand wissenschaftlich genau und es stellt sich heraus, dass es wirklich nur so ein Gefühl ist :D

Sorry, aber ich muss hier mal widersprechen :D
Es ist nicht nur ein Gefühl, getemperte Bögen erreichen wirklich höhere Pfeilgeschwindigkeiten ;)

Das liegt daran: Bei eher druckschwachen und zugstarken Hölzern(Esche, Hasel etc.) Wird ja der Bauch sehr gestaucht; während der Rücken eher weniger beansprucht wird. Aber die eigentliche Stärke des Holzes kommt ja nur aus dem Rücken.

Beim Tempern kommt es bei ca. 160° zu einer Anilinreaktion, welche das Holz viel druckfester macht.
Heißt: Man braucht jetzt mehr Kraft, um das Holz zusammen zu drücken.
Dadurch wird natürlich auch der Rücken stärker beansprucht, man kann sich das wie ein Scharnier vorstellen:

Vorher war der Rücken das Scharnier und hat den Bauch zusammengedrückt.
Nun ist der Bauch das Scharnier und zieht den Rücken auseinander.

Nun kann das Holz auch seine Kräfte besser entfalten, da ja der Rücken nun einmal "richtig" beansprucht wird.

Zumindest hab ich es so gelernt ::)
Falls irgendwas nicht stimmt, korreegiert mich bitte :D
Gruß
Benedikt
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Bogenhannes » 24.04.2014, 10:13

Benedikt hat geschrieben:1. Es ist nicht nur ein Gefühl, getemperte Bögen erreichen wirklich höhere Pfeilgeschwindigkeiten ;)

2. Vorher war der Rücken das Scharnier und hat den Bauch zusammengedrückt.
Nun ist der Bauch das Scharnier und zieht den Rücken auseinander.


Zu 1. Hast du das gemessen? Wie? Hast du das irgendwo gelesen? Wo?

Zu 2. Nichts anderes habe ich geschrieben. Der Bauch ist druckfester, dadurch wird das Holz des Rückens stärker beansprucht.

Wenn man zwei Bögen gleichen Gewichts miteinander vergleicht, der eine getempert, der andere nicht...müsste der ungetemperte mehr Holzmasse im Bauch haben als der getemperte.

Die Pfeilgeschwindigkeit ist auch noch von anderen Faktoren abhängig, z.B. Masse an den Tips.
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Wilfrid (✝) » 24.04.2014, 10:18

naja, am besten wäre es, beides zu Nutzen, Rücken und Bauch...
Während gerade bei Esche der Rücken den Bauch mächtig staucht, bis der sich so weit verfestigt hat, das er auch mal zurückwirft, passiert das bei Ulme und Holunder eher nicht.

Weswegen ein Ulmenbogen besser wirft als eine Esche
Esche
Zugfestigkeit 130-160 Nmm²
Druckfestigkeit: 43-59 N/mm²

Ulme
Zugfestigkeit 65-80 N/mm²
Druckfestigkeit 34-64 N/mm²

Bei Esche ist also die Druckfestigkeit ~ nur 1/3 der Zugfestigkeit, bei Ulme nehmen die sich mit Glück nichts.

Nun ist ja Druckfestigkeit allein nicht alles, s. Hasel, der ja etwas druckfester als Esche ist.

Während hasel kaum ohne Schäden (Knitter) plastisch formbar ist, verträgt Esche das und verfestigt. Deshalb der Wahsinnset bei Esche. Mache ich durch die von Benedikt beschriebene Reaktion den Eschenbauch fester, setze ich die Formbarkeit herunter und erhöhe die Druckfestigkeit, im Ende darf dann der Rücken mitspielen. Der sprödere Bauch reagiert wie alle spröden Werkstoffe mit einer höheren Rückstellgeschwindigkeit, was dann die Esche insgesamt flinker macht

Die besten Ergebnisse habe ich bekommen, als ich Kiefern/Fichtenharz in den Bogenbauch ein/aufgeföhnt habe mit der HLP.

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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Benedikt » 24.04.2014, 10:39

Das hab ich mal mit nem Haselbogen bei einem Bekannten gemessen, der sich einen Chroni geliehen hatte.
Der Bogen war vollpyramidal und hatte Needletips(3mm)
Vor dem Tempern: 153,4fps, Zuggewicht ca. 31#@28"
Nach dem Tempern: 174,1 fps, Zuggewicht ca. 35#@28"
Ich würde also behaupten, dass die Pfeilgeschwindigkeit nicht nur durch das Zuggewicht, sondern auch durch die bessere Mitarbeit des Rückens erhöht wurde.
Außerdem gabs mal irgendwo in nem Thread ne Disskusiopn drüber, ich geh mal suchen....
Gruß Benedikt
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Bogenhannes » 24.04.2014, 10:52

Wilfrid hat geschrieben:Die besten Ergebnisse habe ich bekommen, als ich Kiefern/Fichtenharz in den Bogenbauch ein/aufgeföhnt habe mit der HLP.


Hat der Bauch der Esche (ich vermute es war Esche?) gehalten? Also keine Knitteritis?

@Benedikt: Danke für die Info :)
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Benedikt » 24.04.2014, 10:59

So, hier nochmal ein etwas ältere Thread, in dem das alles ganz ausführlich diskutiert wurde ;)
http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=14&t=19958&hilit=Anilin
Gruß
Benedikt
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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von nemrod » 24.04.2014, 12:22

Nette Diskussion - danke für die Infos! Da sehe ich es bestätigt was mir mein Bauchgefühl sagt: Esche will getempert werden! ;)

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Re: Wie tillert man einen vollpyramidalen Bogen?

Beitrag von Wilfrid (✝) » 24.04.2014, 12:54

nur das überstehende Harz hatte winzknitter, die sieht man nur im Licht, über den ganzen Bauch feinst verteilt, der Bogen wird immer noch fleißig geschossen

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