Bogen aus Rundholz

Themen zum Bogenbau
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Snake-Jo
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Bogen aus Rundholz

Beitrag von Snake-Jo » 03.02.2013, 21:19

Dieses Thema beschäftigt mich seit einigen Wochen und ich möchte es aus dem Wust des Saplingturniers lösen, damit dieses interessante Thema nicht verloren geht.
Der Bau von Bögen mit rundem Querschnitt ist ja nicht allzu verbreitet oder bekannt. Afrikanische Bögen sind öfter Mal mit rundem Querschnitt zu sehen und ich selbst hatte in meiner Jugend (wie so viele), einen Bogen aus einem Ast, der kaum weiter behandelt war: Schnur als Sehne drauf, fertig.
Heute sind die Ansprüche schon höher, aber das Ziel ist geblieben: ein Bogen aus Rundholz, möglichst aus dem ganzen Ast oder Schössling. Nach den ersten Versuchen habe ich nun meinen dritten Bogen als Holunder-Rundholz (bzw. aus dem ganzen Ast mit rundem Querschnit gebaut) und kann sagen: es klappt, aber es ist anders! :o

- Die erste Erfahrung war: Mit Reflex gebaut geht garnicht. Ein Rundholz verwindet nach allen Seiten beim Aufspannen
- Also deflexe Bögen, sozusagen mit eingebautem Stringfollow
- Je höher die Spannhöhe, umso besser die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Bogen nur in einer Richtung, nämlich zur Sehne hin, biegt.
- Und dann das Tillern! Wie tillert man einen Rundstab? ??? ::)
Na, einfach rundum...und wenn der Stab schön konisch gewachsen ist, dann kann man eigentlich auch im Jahresring bleiben, nur eben rundum. Vorrausgesetzt, man spleißt zwei konische Stäbe im Griff zusammen.

Rundholzbogen.jpg

Das Prinzip: Zwei Äste, im Griff verspleißt, mitbiegender Griff

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Snake-Jo
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Snake-Jo » 03.02.2013, 21:34

Es gibt eine ganze Reihe von Nachteilen von Rundholzbogen, die wir hier diskutieren können. Aber es gibt auch Vorteile:
Der Bogen ist in weniger als einer Stunde hergestellt (sofern man die Trocknungsszeiten nicht berücksichtigt) und schießbar.
Rinde runter, im Griff spleissen, ein wenig tillern, fertig.
Nur eignet sich nicht jedes Holz dafür. Aus Schösslingen auf jeden Fall Holunder, denn ein 3-4 -jähriger Schössling läßt sich noch rissfrei im Ganzen trocknen. Innen ist der rund 7 mm starke Markkanal, der einserseits bei der Biegung des Bogens etwas nachgibt und daher für mehr Bruchsicherheit sorgt, den Bogen aber auch leichter macht.
Angefangen habe ich mit einem 26 lb-Bogen aus Hollunder, nun ein 30-Pfünder und der nächste wird gegen 40 lb gehen, aber 50 lb müßten auch noch drin sein.
Holler1-fertig.jpg

Ein 30-lb-Bogen aus Hollunder, schießbereit in 1 h (ohne Feinarbeit).

akutti
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von akutti » 03.02.2013, 21:51

Interessantes Thema, für die meisten hier wahrscheinlich "die Wurzel allen Übels". Wie sind denn die Leistungen Deiner bisherigen Experimente? Die gehen ja offensichtlich ganz deutlich über die des guten alten Flitzebogens hinaus!?

Gruß akutti

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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von arcus » 03.02.2013, 22:15

ich hab da auch einen "Runden Pygmänen Langbogen"

Holz: Wacholder
Länge : 128 NTN
45 lbs auf 22" Auszug
Griff 30mm rund -- Tips 9mm rund --Wurfarme rund

hab den im Januar 2008 vorgestellt und damals noch das Holz als Thuja bezeichnet.
Voriges jahr hab i dann den Baum nochmal begutachten können und gesehen, daß es Wacholder ist.
_MG_7258.jpg



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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von benzi » 03.02.2013, 22:32

schöner thread! danke dafür!

ich werde auf jeden Fall an meinen Versuchen einen Yumi aus einem Rundholz zu bauen fortsetzten und daher hier sehr neugierig mitlesen.

@Snake-Jo was waren denn nun Deine Tricks beim Trocken?

Denn als erstes kommt ja nun die Frage wie trockne ich ein Rundholz rissfrei?

Grüße benzi
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Neugier » 03.02.2013, 22:50

Hallo Snake Jo
Wenn ich mich recht entsinne war auch Dein Thema beim Sapling tournier unter einer Stunde soweit ich das verfolgt habe erfolgreich. Jetzt ist die Frage: warum noch schneller.
Natürlich damals als es drum ging möglichst schnell möglichst viel Fleisch in den Bauch zu bekommen damit man nicht verhungert hat die Zeitschiene eine wirklich bedeutende Auswirkung. Der frühe Vogel fängt den Wurm.
Für uns sieht das etwas anders aus. Das Tournier fängt ab irgendwann an und der Imbissstand hat auch nicht vorher auf. ;)
Also kanns eigenlich nur darum gehen was funktioniert. Z.B. der Metzger.
Für uns geht es nur darum in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Spass zu haben.
Spass könnte sein einen guten Bogen zu bauen aus verblüffend wenig.
Ich gehöre zu den alten Leuten die damals Zen und die Kunst ein Motorad zu warten gelesen haben.
Wer von Euch kennt das.
Da geht es um die Qualität der Arbeit.
Das Argument einen neuen Weg einzuschlagen kann für mich nicht sein in möglichst kurzer Zeit irgendwas zum Schießen zu bekommen sondern wie bekomme ich was hochwertiges zum schießen hin. Etwas das in unser heutigen Zeit ein paar Menschen bewegt.
Die Frage ist .... Ihr habt es sicher schon erraten.......Wieso ein Bogen aus Rundholz??
Grüße
Matthias

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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von benzi » 03.02.2013, 22:57

Neugier hat geschrieben:..Wieso ein Bogen aus Rundholz??
Grüße
Matthias


also für mich ist die Antwort darauf: weil es historische Vorbilder gibt, weil es ästhetisch ist und weil ich wissen möchte wie man es macht damit es GUT funktioniert

Grüße benzi
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Neugier » 03.02.2013, 23:11

joa damit kann ich leben. :)
So lang es nicht darum geht Zeit zu sparen.

Yumiya
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Yumiya » 04.02.2013, 11:05

Nun stell dir mal vor, du fliegst in den Urlaub auf.. z.B. die Philippinen. Im Flieger verwechselst du die Toilettentür mit der Ausgangstür (wir wollen bei dieser Fiction nicht gleich den ganzen Flieger abschmieren lassen) und landest butterweich im Morast des Urwalds ... So, jetzt darfst du mal echt Survival spielen ... und es kommt dir in den Sinn: ein Bogen aus Rundholz ... unter einer Stunde .. das ist machbar ;D ;D ;D
Bild

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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von benzi » 04.02.2013, 11:11

und dann wächst da kein Holunder

Bild Bild Bild

;D ;D ;D
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Neugier » 04.02.2013, 12:51

Meine Mittagspause geht nur 45 min
Das wäre mal was für die schnelle Fraktion.
Grüße

Gornarak
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Gornarak » 04.02.2013, 12:55

Wenn du es in der Zeit auch noch schaffst, ein Schitzel zu erlegen ... :)

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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Chirion » 04.02.2013, 13:08

Der Zeitfaktor beim Bau ist für mich nicht das Kriterium, aber nachdem man so ein Bogen aus allen Schößlingen bauen kann die man rissfrei trocken bekommt, ist durchaus denkar, dass diese Variante bei dem einen oder anderen Holz überraschend gute Leistungen zeigt und gleichzeitig Material erschließt dass sonst für den Bogenbau ungeeignet wäre. Apfel wäre in diesem Zusammenhang sicherlich ein interessantes Holz, 2-3 jährige Wassertriebe haben bereits die richtige Dimension, der beim Apfel häufige Drehwuchs sollte auch keine große Rolle spielen. Hab einen Apfel in meinem Garten seit 3 Jahren nicht geschnitten der sollte entsprechende Triebe haben, ich werd mich da mal an die Ernte machen und versuchen die Triebe rissfrei zu trocknen wenns klappt versuch ichs mal damit.
Apfel ist ein sehr gutes Bogenholz nur leider schwer in den Dimensionen eines klassischen Staves und auch noch ohne Drehwuchs zu finden.
Chirion lehrt Pfeil und Bogen zugleich zu sein und eins mit dem Ziel zu werden

Den Bogen gespannt, durchstreifst du, der Beute entgegen, die Schattentäler der Nacht

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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von Snake-Jo » 04.02.2013, 13:52

Neugier hat geschrieben:Hallo Snake Jo
Für uns geht es nur darum in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Spass zu haben.
Spass könnte sein einen guten Bogen zu bauen aus verblüffend wenig.
Ich gehöre zu den alten Leuten die damals Zen und die Kunst ein Motorad zu warten gelesen haben.
Wer von Euch kennt das.
Da geht es um die Qualität der Arbeit.
Das Argument einen neuen Weg einzuschlagen kann für mich nicht sein in möglichst kurzer Zeit irgendwas zum Schießen zu bekommen sondern wie bekomme ich was hochwertiges zum schießen hin. Etwas das in unser heutigen Zeit ein paar Menschen bewegt.
Die Frage ist .... Ihr habt es sicher schon erraten.......Wieso ein Bogen aus Rundholz??
Grüße
Matthias


Hallo Matthias,
ja, das muss man hinterfragen und ich kann dazu aus meiner Sicht folgendes sagen: Mir geht es in erster Linie um den experimentellen Bogenbau und das Sapling-Turnier ist da immer ein willkommener Anstoß.
Der Zeitfaktor ist ja nicht der alleinige Aspekt; ein Bogen aus Rundholz kann auch sehr elegant aussehen, neue Möglichkeiten im Design erschließen,ist eventuell auch sehr haltbar. Das Gesamtgewicht ist bei Hollunder auch im normalen Rahmen, z.B. ein 190 cm langer Bogen unter 500 g.
Aber zurück zum Zeitfaktor im Alltag:
Wer hat es nicht schon erlebt: "Pappi, Pappi, bau mir einen Bogen!" Pappi hat aber wenig Zeit, aber dafür ein paar trockene Holunderstäbe im Keller. Einen Tag später und mit nur wenig reiner Arbetszeit.... ;)
Wenn man so einen Bogen auf die Schnelle für den Sprößling in einer Stunde schießbar gemacht hat, benötigt man sicher noch 3 h für die Feinarbeit. Aber heh, der Junge ist zufrieden und die Verschönerung kann erstmal warten bis Daddy mehr Zeit findet.

@Chirion: Ganz genau, sowas müssen wir austesten. Ursprünglich wollte ich Pfeifenstrauch nehmen, aber das Zeug reißt sehr leicht, wenn man dickere Vollholzstäbe trocknet.

@Benz: Ja, es gibt genügend Vorlagen der Altvorderen, die auch schon mal einen Rundholzbogen gebaut haben. Ein Maruki-Yumi wär ja auch sowas.
Zum Trocknen (ich hatte das ja schon im Sap-Turnier beschrieben): Die Holunderstäbe werden nach der Ernte erst für 1-2 Tage im kühlen Keller vorgetrocknet und dann die Enden und alle Aststellen versiegelt. Die Rinde wird dran gelassen; es werden aber Teile der Rinde in einem Schuppenmuster weggeschnitten, sodass etwas Luft an den Stab kommt. Der kann dann ganz allmählich auch in einen warmen Raum umziehen und wird nach einer Woche von weiterer Rinde partiell befreit (das Schuppenmuster wird also dichter), aber erst nach 2 Wochen dann komplett entrindet. Das klappt mit 3-4 Jahre alten Stücken ganz gut. Jedenfalls hatte ich nur einmal an dem dicken Ende einen Riss, der aber im Spleiss versteckt wurde.
Das Biegen von Vollholzstäben mit Hitze stelle ich mir schwierig vor, da die Gefahr des Reißens dann immens zunimmt. Ich habe aber den 26-Pfünder hier stehen und kann mal antesten, wie das klappt.

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zwirn
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Re: Bogen aus Rundholz

Beitrag von zwirn » 04.02.2013, 15:53

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht!

Wenn einer, der mit Mühe kaum, gekrochen ist auf einen Baum,
schon meint, daß er ein Vogel wär, so irrt sich der.

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