Erster Osage Recurve

Themen zum Bogenbau
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Lord Hurny
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Erster Osage Recurve

Beitrag von Lord Hurny » 14.06.2011, 12:44

Hallo Leute,
motiviert durch Acker's wunderschönen "Big Krid" waage ich mich nun an mein erstes Osage-Recurve Projekt und hoffe dabei auf Tipps und Unterstüzung aus dem enormen Erfahrungsschatz dieses Forums.

Ausgangssituation:
Osage Stave, 194cm lang, keine Risse, keine Äste, ca. 16 Monate gelagert - davon die letzten 5 Monate in beheiztem Wohnraum. Der 3,3kg Stave hat in den letzten 6 Wochen ca. 30 Gramm an Gewicht verloren. Eine Seite hat einen natürliche Deflex, die andere Reflex. (Fotos vom Stave werde ich nachliefern)

Ziel:
Recurve ohne Backing 55-60# bei 28" Auszug (mein Auszug liegt bei 27"), Bogenlänge 65" N/N

Meine Vorkenntnisse/Erfahrung:
bisher ca. 20 Langbögen und einen Recurve gebaut (alle Flach), Designs: Pyramidal, HolmeGaard, Mölle, stinknormal, Längen 155cm bis 182cm, 25#-65#, mit und ohne Rohhautbacking, Hölzer: Esche, Ahorn, Hickory, Hasel, Osage, Robinie

Meine Fragen:
1) reflexe oder deflexe Seite als oberer WA?
2) sollte ich den Stave noch ruhen (trocknen) lassen, da er immer noch Gewicht verliert?
3) mit welchem Recurve Design (Tips) bin ich bei 65" ohne Backing auf der sicheren Seite? (Knick oder Kurve? Länge? Winkel?)

vielen Dank im Voraus für eure Tipps,
LH
lg,
Lord Hurny

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Ravenheart
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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Ravenheart » 14.06.2011, 13:07

1) reflexe oder deflexe Seite als oberer WA?
Deflexe.

2) sollte ich den Stave noch ruhen (trocknen) lassen, da er immer noch Gewicht verliert?
Ja.

3) mit welchem Recurve Design (Tips) bin ich bei 65" ohne Backing auf der sicheren Seite? (Knick oder Kurve? Länge? Winkel?)
* Für 28" Auszug bei Osage benötigst Du je nach Bogenbau-Können 1,50 - 1,60m Länge, ehe die Recurves beginnen.
* Die Biegung sollte immer ne Kurve sein, Knick bricht viel zu leicht beim Biegen.
* Der Radius hängt davon ab, welches Design man anpeilt: Breit und dünn kann man mehr biegen, schmal und hoch weniger.
* Daraus wiederum ergibt sich die Länge... Ideal wäre, wenn die Enden gleich nach dem Biegen im Winkel von 90° zum letzten geraden WA-Stück stehen. Sie gehen dann später auf ca. 50 - 60° zurück.... Aber ZWINGEN sollte man das auf keinen Fall. Man biegt so weit, wie das Holz "willig" mitgeht, sonst knackt es...

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Felsenbirne » 14.06.2011, 14:16

Ich möchte hier nicht die Erfahrung des Raben anzweifeln, aber ich würde die Reflexe Seite nach oben nehmen.
Ich glaube auch, dass dies so in der BBB so empfohlen wird.
Da der untere WA der schneller sein muss, ist er in der Regel stärker und mehr belastet. Ein Reflex würde ihn noch mehr belasten.
Grundsätzlich soll er ja nur schneller sein, da legt der deflexe die kürzere strecke zurück.

Aber Rabe wird sicher was dazu erläutern. Vielleicht liege ich auch ganz falsch
Gruss Matthias

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Genni » 14.06.2011, 14:27

Also ich würde aus den Erläuterung schließen, dass der reflexe Teil der untere WA wird, denn wenn er refle ist, speichert er mehr Energie und ist somit quasi von selber schneller als der obere WA?
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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Felsenbirne » 14.06.2011, 14:34

Ja, aber er würde deutlich stärker belastet: Er muss eine längere Strecke zurücklegen, und er ist kürzer. Weniger Holz muss mehr biegen.
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Gruss Matthias

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Ravenheart » 14.06.2011, 15:07

mschwanner hat geschrieben:Aber Rabe wird sicher was dazu erläutern. Vielleicht liege ich auch ganz falsch

Man kann es selten sagen, aber hier passt es mal:

ALLE haben Recht! ;D

Es kommt immer drauf an......

Reden wir über einen Bogen von 1,55m - also im Grenzbereich belastet - oder einen von 1,80m?
Reden wir über 3 cm Reflex? Oder über 10 cm?
Wer sagt, das der Griff nach unten gesetzt ist?
u.s.w.

Bei durchschnittlichen 1,70m Länge und leichtem Reflex/Deflex nehme ich immer den Reflexen nach unten, dimensioniere beide WA gleich und schwupp - schon passt er... ;D

Würde man es anders herum machen, träte folgendes Problem auf:

Damit der DEflexe Untere dennoch stärker/schneller würde, müsste man ihn DEUTLICH dicker lassen.
Das sieht nicht nur doof aus - er wäre dadurch ja auch DEUTLICH schwerer! Und dann kann es passieren - habe ich schon 2 x erlebt! - dass er unten zwar STÄRKER ist, wegen des zusätzlichen Gewichts aber dennoch NICHT schneller.
Merkt man daran, dass man den Nockpunkt sichtbar überhöht setzen muss, damit die Pfeile ohne zu reiten raus kommen...

Daher pfeife ich auf die BTB und mache es anders herum.
;)

(Ich gehe davon aus, wenn die Krümmungen hier SEHR stark wären oder ein besonders grenzwertiges Projekt geplant wäre, hätten wir das erfahren... Da dazu nix gesagt war, habe ich moderate Ansätze angenommen...)

daher...

Rabe

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Felsenbirne » 14.06.2011, 15:16

Oh, ja klingt logisch!
Sollte auch keine Kritik sein. Ich hatte nur im Hinterkopf dass da irgendwas war.
Und wie Du weißt sind meine Bögen immer grenzwertig ;D
Gruss Matthias

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Lord Hurny » 14.06.2011, 15:32

vorerst danke für die Erläuterungen,

anscheinend ist main Stave noch nicht trocken genug, daher werde ich die grobe Form (Halbpyramidal) herausarbeiten und ihn noch ein paar Wochen ruhen lassen. Ich denke in einem beheizten Raum mit ca. 40% Luftfeuchtigkeit sollte ich die gewünschte Restfeuchte von 10-12% errreichen.


@Rabe:
ist eigentlich nicht grenzwertig geplant, bei den deflexen/reflexen Verformungen handelt es sich um Ausschläge von 1,5 und 2,5 cm.

ich denke ich werde den deflexen WA in einen leichten Reflex biegen(danke für den Tip Acker), muss ja die Recurves auch reindämpfen, da geht's ja in einem.

Naja, hab ja noch ein bißchen Zeit (wegen der Trocknung) um noch ein paar Erfahrungen von euch aufzusaugen,
Grüße LH
lg,
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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Squid (✝) » 14.06.2011, 15:58

Wenn du mich fragst: Vergiss das mit dem Dämpfen des Deflexes. Die 1,5 cm sind es einfach nicht wert, zu riskieren, dass man das Holz schwächt. Und das passiert beim Dämpfen zwangsläufig. Die Gefahr, dass sich der gedämpfte Reflex in Wohlgefallen auflöst und schwächeres Holz zurücklässt, ist auch bei Holz wie Osage immer gegeben. Dämpfen sollte man punktuell und möglichst nur nichtarbeitende Bereiche, wie z. B. die Übergänge zu den Recurves oder auch seitliche Korrekturen. Künstlich "reflexierte" Holzbögen sehen dagegen üblicherweise nach 200 Schuss genau so aus, wie vor der ganzen Dämpferei. Ausnahmen mögen diese Regel bestätigen...

Beim aufgespannten Bogen sieht man eh nix davon, ausserdem wird der reflexe Teil tendenziell mehr Set entwickeln und sich so dem anderen Arm angleichen.
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 14.06.2011, 16:29, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Felsenbirne » 14.06.2011, 16:15

ich schliesse mich Squid an. Mein Osage hat durch das dämpfen Längsrisse bekommen. Ich würde es ohne Not nicht wiedermachen
Gruss Matthias

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Lord Hurny » 14.06.2011, 16:38

noch eine Frage zum recurve biegen:

mit HLP oder Wasserdampf bzw. -bad?
per Hand oder Form?

wie schon oben erwähnt, ich hab erst einen Recurve Bogen fertig gekriegt, bei allen vorherigen Versuchen (5) mit Wasserdampf(Esche, Bergahorn, Hickory) hats "knack" gemacht.
lg,
Lord Hurny

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Squid (✝) » 14.06.2011, 16:46

Auf jeden Fall per Form. Das verringert die Gefahr ganz erheblich, dass die Recurves aus der Spur laufen.
Womit? Bei Osage geht beides. Wasserdampf und HLP.
Wichtig ist in jedem Falle, dass das Holz so dünn wie möglich ist, also möglichst nah am Endzustand. Je dicker das Holz ist, dasto schwerer ist das Verformen und es kommt zu Brüchen auf der Bauchseite.
Beim Biegen mit Dampf kommt hinzu, dass das Holz anschliessend einige Wochen trocknen sollte.
Die HLP macht zwar etwas trocken und damit spröde, das gibt sich aber schneller wieder und spielt an nichtarbeitenden Bereichen auch keine große Rolle.
Wichtig: Es muss langsam und in die Tiefe gehend durchwärmt werden!


PS: Knack bedeutet normalerweise, dass das Holz nicht durchgewärmt war. Wie bist du vorgegangen? Kochtopf mit Alufolienmütze?
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Ravenheart » 14.06.2011, 16:49

Nun, Osage lässt sich zwar gut biegen, aber Deflex rausbiegen scheint mir auch höchstens eine 50-50-Erfolgschance zu haben...
Nach MEINEM Ansatz wäre es auch nicht notwendig...

Ich bin vereinzelt sogar schon den gegenteiligen Weg gegangen: Habe den Reflex in Deflex gedämft (DAS geht!) und den Griff dafür reflex gemacht... Geht dann optisch Richtung "Reiterbogen"....
(Der ehemals Reflexe muss dabei trozdem nach unten!)...

Wie sieht es denn übrigens mit Drehwuchs aus? Ist der Stave wirklich gerade?
Verdrehte Staves sind nämlich für Recurve-Formen wenig geeignet. Recurves müssen immer GENAU in Linie stehen, sonst ziehen sie schief! Drehwüchsiges Holz würde ich immer gerade belassen - zumal die Wirkung von Recurves bei Vollholz eh überschätzt wird.... ;)

Rabe

PS: Guter Tipp zum Vermeiden von Bauchrissen:
Nahe an die "Enddicke" aber nur am BEGINN der Biegezone - ab da die Dicke - und damit die Fasern, also den Ring - bis zum Ende linear durchlaufen lassen!

Taper, also bauchseitig auslaufende Fasern, sind beim Biegen "böse Falle"...

Rabe

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Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von Lord Hurny » 14.06.2011, 18:01

Hallo Rabe,
der Stave hat keinen Drehwuchs, ich mach mir auch keine großen Hoffnungen wegen des Leistungsgewinns durch die Recurves - aber sie sehen halt einfach saugeil aus.

Übrigens,
hier die oben erwähnten Fotos vom Stave:
IMG_2212.jpg
IMG_2209.jpg


Grüße
LH
lg,
Lord Hurny

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kaldra

Re: Erster Osage Recurve

Beitrag von kaldra » 14.06.2011, 23:09

Hab ich n Knick in der Optik? Was da an reflex-deflex zu sehen ist würde ich garnicht beachten. Sieht doch top aus.

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