guter Bambus / schlechter Bambus

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acker
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guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von acker » 08.05.2010, 13:54

Da nun doch der eine oder andere sich an den Bau eines Bambus belegten Bogen wagt, möchte ich hier mal ein wenig hilfe leisten und etwas grundlegendes zu einem tauglichen Bambus - backing schreiben.

Viele kaufen sich ein Bambusrohr im Baumarkt XY , sägen es auf , hobeln es platt , anschliessend wird geleimt.
Wenn der Bogen einen qualvollen Stauchbruch tot stirbt ist natürlich das Holz schuld :-\

Ich werde hier keine 10 Seiten schreiben wie ein Bambusbacking hergestellt wird, noch wie die Nodien aussehen sollten oder dergleichen mehr.
Nur ein paar grundlegende Tips, der Rest steht schon hier im Forum und kann über die Sufu gefunden werden.

1: Ein Bambusrohr wird nicht aufgesägt, sondern gespalten .(habe früher auch immer gesägt ::) )
Das geht sehr fix :
Man nehme ein altes Ziehmesser oder zB einen Flachstahl an den man eine schneide schleift.
begutachtet das Rohr nach möglicherweise vorhandenen Rissen , um diese evtl schon als ansatz des Spalts zu nehmen.

Nun setzt man das Ziehmesser am Ende des Rohres an und treibt es mit einem Hammerschlag ins Rohr, normalerweise platzt der Bambus dann schon auf und mit wiegenden bewegungen wird das Ziehmesser bis zum anderen Ende des Rohres gezogen / gedrückt.
Bei kurzen Nodienabständen und sehr dickem Rohr muß man ab und an mit ein paar Hammerschlägen nach helfen.

So werden aus dem halbiertem Rohr dann in gleicherweise auch die Streifen hergestellt.
Die Nodienwände schlage ich nach dem halbieren weg.

NUN kommt das wichtigste !
Bevor man sich die arbeit macht die Backingstreifen zu hobeln, wird aus einem backing ein ca 30 cm langer und etwa 1cm breiter Streifen entnommen.

-Diesen Streifen biegt man bis er bricht.
Beim biegen achtet man auf das auftreten von Stauchbrüchen am Bauch, also bei welchem Biegeradius sie auftreten.

Die Bruchstelle wird begutachtet, ist der Bruch schön " splitterig  und langfaserig"  ist der Bambus gut als backing geeignet.
Splitterig / faserig, soll heissen das sich die einzelnen Bambusfasern lösen und der Bruch wie ein Pinsel aussieht.
Ist der Bruch einfach glatt , kann man sich eine weitere Bearbeitung des Bambus als backingstreifen sparen , denn dieser Bambus ist zu steif , zu spröde -> wird entweder beim Tillern reissen oder den Bogenbauch zerquetschen.

guter Bambus:

Deutlich zu erkennen auf dem Foto wie langfaserig der Bruch ist, dieser Streifen mußte fast 160° ( ca) gebogen werden bis er richtig brach, trotzdem hängt fast ein viertel noch zusammen am Teststreifen.

Bild

Bild

Hier sieht man ein paar verteilte Stauchbrüche, diese erstrecken sich aber nur auf die Innenhaut des Bambus und gehen nicht in den Streifen:

Bild

Bild

Hier die Seitenansicht der Stauchbrüche, (leider kein gutes Foto) man sieht gut das sie nicht rein gehen ins Material

Eine frontale des Bruches, wieder sind die Fasern sehr gut zu sehen:

Bild



Mieser Bambus , absolut nicht geeignet als backing:

glatter Bruch , nicht faserig:

Bild

Hier rot markiert ein Stauchbruch der schon bei wenig biegung , ca 45°, auftrat und fast durchgehend ist.
Dieser Streifen brach schon bei einer Auslenkung von unter 70° !
Bei etwas über 30° hörte man schon erste leise knacks.

Bild

Frontale des Bruches, sehr glatt gebrochen keine aufgesplitterten Fasern sondern glatt durch !

Bild

Bild

Also vor dem bauen einen Bruchtest machen !
Das spart Geld , viel Zeit und späteren Frust oder auch Selbstzweifel  derweil hat man ja schon den dritten Bambusbogen als Kaminanzünder verwertet weil jedesmal der Bauch kollabierte beim tillern.
So einem Bambus hält Masaranduba oder Ipe auch nicht Stand und wird von dem Spröden Zeug zum platzen gebracht.
Oder das Backing reisst mit lautem Knall.
Das wollen wir ja nicht.

Gruß acker
Zuletzt geändert von acker am 09.05.2010, 08:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Grachus
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von Grachus » 08.05.2010, 14:35

Danke Acker! Wie ich finde eine sehr effektive Erläuterung zu wichtigen Tatsachen wie Nerven und Geld schonen!  ;)

Mfg
Grachus
Von all den Sachen die ich verloren habe, war mein Verstand wohl das Wertvollste - Mark Twain

Das Gleiche lässt uns in Ruhe, aber der Widerspruch ist es, der uns produktiv macht
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von Galighenna » 08.05.2010, 17:41

Ja sehr informativ und prima mit den Bildern dargestellt. Danke!

Werde demnächst auch mal einen Massa/Bambus Bogen bauen. Hab die Backing Streifen schon zu Haus :)
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von klaus1962 » 08.05.2010, 20:09

@Acker
Großen Dank für die Bilder, die Erläuterungen und die Prüfanleitung.  :)
Das ist wirklich mal eine eindeutige und klare Darstellung was guter Bambus leisten soll.

Ich beabsichtige nämlich auch schon einige Zeit eine Bambus-Massa-Kombination auszuprobieren. Massa hab ich schon zu Hause.
Weil ich mir aber bis jetzt mit dem Bambus unsicher war, habe ich schon wieder nach Glas geschielt.
Dank Deiner Tips wird Bambus wieder interessanter.

Gruß
Klaus
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tomtux
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von tomtux » 08.05.2010, 21:20

sehr interessanter ansatz, die sache mit dem sprödbruch scheint auch schlüssig.
wie bist du denn darauf gekommen, empirisch nach erwähntem dritten zerquetschten bauch?

ich bin bis jetzt von sprödem bambus verschont geblieben und habe nur mit unglauben auf geschichten von plötzlich explodierenden backings reagiert. ich kenne das nur bei vorheriger, manchmal am endprodukt nicht mehr erkennbarer beschädigung, z.b. durch direkt aufgebrachte schraubzwingen.

wäre interessant festzustellen, ob im gegenzug das spröde zeug das bessere facing abgibt.

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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von acker » 08.05.2010, 21:34

@tomtux: Ja empirisch ermittelte Werte , leider  >:( ::)
Der spröde taugt natürlich als facing auch absolut nichts , siehe Stauchbrüche im Test.Selbst Hasel steht sich da besser.
Und , ja auch schon getestet weil ich einen gleichen Gedanken gehabt hatte.
Geröstet habe ich den schlechten auch schon, der test steht noch offen ob er dann weniger Stauchbruchgefährdet ist als gerösteter guter Bambus.

Gruß acker
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von comix » 08.05.2010, 22:09

top !!! danke dafür
"... ich nahm den Bogen, meinen besten - mein Pfeil flog 100 Schritt gen Westen... ich hab noch jeden reingelegt... joh ho ho ho und ne Buddel Rum"

tomtux
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von tomtux » 08.05.2010, 23:04

so etwas wäre doch definitv etwas für eine eigene how-to sektion in fc
unter bogenbau ist das spätestens in 2 monaten untergegangen und kein neuling findet das jemals wieder. eine suche mit "bambus" gibt so ca. 1,8 millionen treffer, da wühlt sich doch kein mensch mehr durch.

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acker
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von acker » 08.05.2010, 23:29

Ja, das neue Portal bietet in der Hinsicht wesentlich bessere möglichkeiten.
:)
Ja , eine "How to " Kategorie ist imho eine gute Idee, im neuen Portal haben wir sowas.

Gruß acker
Zuletzt geändert von acker am 08.05.2010, 23:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von Firestormmd » 10.05.2010, 07:42

Danke Acker! Deine kleine Anleitung kommt mir gerade wie gerufen, nur leider 3 Tage zu spät.  :'(

Habe schon 5 Backingstreifen bei Dick bestellt. Aber die nächsten Streifen werde ich mir mal versuchen selbst herzustellen. Dank deiner Anleitung dürfte dann ja nichts schief gehen. Das ist wirklich sehr aufschlussreich.

Danke nochmal für die Mühe!

Marc
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von skerm » 10.05.2010, 08:03

acker hat geschrieben:NUN kommt das wichtigste !
Bevor man sich die arbeit macht die Backingstreifen zu hobeln, wird aus einem backing ein ca 30 cm langer und etwa 1cm breiter Streifen entnommen.


Das mit der Breite des Streifens ist wichtig. Ich hab diesen Bruchtests bei dem Bambus für meinen Bambus/Hainbuche/Ipê-Bogen gemacht. Ein ca. 1cm breiter Streifen faserte auf wie ein Pinsel, ein 3,5cm breiter Streifen aber nicht. Der wäre nach diesem Test als unbrauchbar aussortiert worden.

Der Bambus war übrigens aus einem Bambusrohr vom Baumax. Einen Streifen aus so einem Rohr hab ich auch schon für meinen Bambus/Holunder mit 88# verwendet. Zwei Rohre machen noch keine Statistik, aber ich bin optimistisch, daß das eine gute Quelle sein wird.

Gruß,
Daniel

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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von Bello » 10.05.2010, 09:16

Ja!!!! Danke Acker!

Jetzt werde ich wohl heute Nachmittag mal losziehen und mir Bambus besorgen. Hab mich da nie so richtig dran getraut, warum auch immer.

EIne Frage hätte ich da allerdings noch, womit klebt ihr Bambus auf Massa? Epoxy oder nehmt ihr normalen Leim?

Danke!

Bello

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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von Firestormmd » 10.05.2010, 09:51

Es schein Einigkeit zu herrschen, dass "Bindan CIN" eine hervorragende Lösung für Massa ist. Es ist ein 2-K-Kleber, der im Bootsbau Verwendung findet und deshalb mit Massa sehr gut klarkommt. Massa ist als Tropenholz sehr ölig und muss vorher entfettet werden. Deshalb wohl auch der Bootbauleim.

Grüße, Marc
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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von Quercus » 10.05.2010, 21:35

Super Erklärung, danke Acker!!!
Bleibt für mich trotzdem die Frage offen, was denn gegen ein Aufsägen des Rohres spricht. Warum soll das gespalten werden? Um eventuellen Drehwuchs zu bemerken vielleicht?
Bitte um Aufklärung...

QS

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Re: guter Bambus / schlechter Bambus

Beitrag von acker » 10.05.2010, 21:38

Spalten geht viel schneller und man folgt den Fasern.

Gruß acker
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