Mein Bogenbauseminar bei Jürgen Junkmanns

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cetus2002
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Mein Bogenbauseminar bei Jürgen Junkmanns

Beitrag von cetus2002 »

Hier ein kleiner Bericht zu meinem Bogenbauseminar bei Jürgen Junkmanns...

Am 26.September war es soweit: bei schönstem Spätsommerwetter machte ich mich auf, um unter Jürgens - wie ich hoffte fachkundiger - Anleitung meinen ersten "echten" Holzbogen zu bauen. Bis dahin hatte ich 3 Manaubögen gebaut sowie den Dänischen Spleiss erlernt und haufenweise Pfeile - mittlerweile mit Selfnock und kompletter Wicklung - hergestellt.

Für Jürgen's Seminar hatte ich mich hauptsächlich aufgrund der räumlichen Nähe entschieden, hier in NRW sind die Bogenbauer nicht gar so dicht gesäht. Aber auch sein archäologischer Hintergrund versprach ein interessantes Wochenende.
Soviel vorab: ich wurde nicht enttäuscht.

Nach einer knappen Stunde Fahrt kam ich im beschaulichen Erftstadt-Bliesheim an, ebenso die anderen vier Teilnehmer.

Jürgens von außen eher unscheinbares Haus entpuppte sich beim Betreten als gemütlicher ehemaliger Bauernhof mit ausladendem Innenhof, wo sich in einem Nebengebäude auch der - sehr gut ausgestattete - Seminarraum befand. Hier gab es Werktische und Werkzeug für alle Teilnehmer
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Nachdem Jürgen und seine Freundin Maren uns begrüßt hatten, gabs erstmal einen Kaffee und ein bißchen Smalltalk, bevor es dann pünktlich um 10 Uhr losging.

Die Seminarteilnehmer waren eine bunt gemischte Truppe mit unterschiedlicher Vorbelastung, zwei ohne Vorkenntnisse, 2 hatten schonmal ein Seminar mitgemacht und ich als - na sagen wir mal fortgeschrittener Anfänger.

Zunächst gab's ein bißchen Theorie - Jürgen erzählte etwas zu den verschiedenen Bogentypen, deren Aussehen und spezifischen Eigenschaften und historischen Hintergründen. Sehr interessant !

Nach kurzer Zeit sollte es dann auch losgehen, wir waren ja nicht nur zum Zuhören hergekommen. Jeder bekam seinen vorbereiteten Rohling aus Hickoryholz ausgehändigt. Dieser war bereits recht genau mit der Bandsäge in Form gebracht.
Drei Teilnehmer bauten einen ELB, ein alamannischer LB war dabei, ich selbst hatte mich für einen Holmegard entschieden.

Beim ersten Anblick des Staves musste ich innerlich erstmal schlucken: breit und über mannshoch: 'ne ganz schöne Menge Holz zum bearbeiten. Schliesslich sollte der Bogen schon am ersten Tag fertig werden. Die Staves der Kollegen sahen dagegen geradezu zierlich aus.

Nun denn - ans Werk: zunächst den Bogenrücken mit grober Raspel glätten, was schonmal eine ganze Weile dauerte.Um die Mittagszeit sah es aber schon ganz gut aus und wir gingen - der Tradition aus Jürgens Seminaren folgend - zum örtlichen Chinesen. Nach dem (durchaus ansprechendem) Mahl und kurzem Fußmarsch gingen wir wieder an unser Werk:

Rundungen einarbeiten, mit dem Zieheisen glätten, mit Schleifpapier bearbeiten - immer unter Anleitung und auch mit tatkräftiger Unterstützung von Jürgen und Maren. Wenn die Bögen jeweils tillerbereit waren, schaute Jürgen sie sich auf dem Tillerstock an, erklärte und zeichnete die zu bearbeitenden Bereiche an.
Die ELBs bekamen schließlich noch die von Jürgen hergstellten Horntipps verpasst.

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So war auch der Nachmittag des ersten Seminartages ruckzuck vorbei, und gegen 17:30 h hielt jeder von uns stolz seinen Bogen in den Händen.


Der Sonntag begann um 10 Uhr zunächst wieder mit etwas Theorie: Jürgen referierte kurz über verschiedene historische Pfeilarten, erklärte das Archers Paradox und was es mit dem Spinewert auf sich hat etc.

Dann ging es an die Pfeilherstellung, im Seminar sind jeweils zwei Pfeile inbegriffen, gegen Aufpreis natürlich auch mehr.

Jeder suchte sich seine Federfarben aus und konnte zwischen verschiedenen Standardspitzen wählen.
Die Schäfte wurden mit Selfnocks versehen, die Federn freihändig aufgeklebt und beschitten, die Ansätze mit Hanf gewickelt.
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Für mich persönlich gab es hier nicht viel neues zu lernen - außer dass man auch ohne Fertigfedern, Nock-Säg-o-Matic und Befiederungsgerät ansehnliche und funktionelle Pfeile in kurzer Zeit herstellen kann. Eine nicht zu unterschätzende Erkenntnis, wie ich finde.

Jetzt fehlte natürlich noch die Sehne. Wir stellten eine 16 Strang FS Sehne her, mit einem Öhrchen und Knoten am anderen Ende. Wiederum ohne Hilfsmittel wie Sehnenbrett oder Galgen - ganz entspannt standen wir in im strahlenden Sonnenschein und knüpften meditativ vor uns hin...
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Schließlich war der große Moment gekommen - wir sollten zum Schuss kommen. Nachdem uns noch das Aufspannen mit der Durchsteigetechnik erklärt worden war, erläuterte Jürgen noch ein paar Basics des Bogenschiessens, schließlich waren wir fast alle blutige Anfänger.

Dann durfte jeder seine komplett selbsthergestellte Bogenausrüstung ausprobieren, indem wir auf eine große Scheibe im Hof schossen. Ich denke, jeder war mit seinem Werk zufrieden. Für mich trifft das auf jeden Fall zu - mein Holmegard mit seinen 45# war nach meinem bisher stärksten Bogen mit seinen 36# eine beeindruckende Erfahrung.
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Gegen 14:30 h  verabschiedeten wir uns (nachdem man sich ggf. noch mit diversen Materialien und Ausrüstung versorgt hatte) von unseren Gastgebern und ich glaube, dass jeder von uns mit einem guten Gefühl nachhause gefahren ist.

Fazit:
Ich finde Jürgens Bogenbau-Seminar rundherum empfehlenswert.
Naturgemäß richtet sich so ein Kursus an den Anfänger ohne Vorkenntnisse. Dementsprechend ist demjenigen, der schon mal einen Bogen gebaut oder sich theoretisch mit der Materie beschäftigt hat, so manches schon bekannt.
Auch muss man sich darüber im klaren sein, dass man nicht mit einem unvorbereiteten Spaltling anfängt oder auch, dass man an einem Wochenende nicht das Tillern von A bis Z erlernt. Schließlich soll man am Sonntagnachmittag mit Bogen, zwei Pfeilen und Sehne nachhause fahren.

Wer also das Bogenbauen in seinen Grundzügen kennenlernen möchte und am Ende des Tages eine schöne, schießbare, einigermaßen authentische und selbst hergestellte Schießausrüstung haben möchte, der ist hier richtig.

Jürgen weiß sein umfangreiches Fachwissen unterhaltsam und nachvollziehbar weiterzugeben und man merkt, dass er seine Seminare schon seit vielen Jahren durchführt. Die Unterstützung durch Maren wirkt sich auch durchaus vorteilhaft auf das Wochenende aus.

Die Voraussetzungen wie Werkstatt, Werkzeug und Material sind vorbildlich. Auch an der Logistik gibt es nichts zu meckern, stets wurden wir mit Kaffee, Keksen und Wasser bestens versorgt.

Wer also hier bei uns im Westen seinen ersten Bogen bauen möchte: bei Jürgen und Maren seid ihr gut aufgehoben !


Gruß
Cetus Bild


Wer sich einen weiteren optischen Eindruck verschaffen möchte, kann das hier tun (wenn die Bilder von unserem Seinar im September 09 upgeloaded wurden).
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