Nun fühle ich mich veranlasst, mich doch einmal mit meiner laienhaften und nicht von Expertenkompetenz geprägten Meinung in den Thread hineinzuhängen.
Als ziemlicher Bogenbau-Neuling bin ich noch auf der Suche nach den verschiedensten Holzalternativen. Beim Betrachten der Präsentationen finde ich die Bögen, in denen tropisches Edelholz verbaut wird, todschick - ebenso schick wie gut gebaute Bögen, in denen nur einheimisches Holz verwendet wird. Die politische Diskussion lasse ich außen vor; davon habe ich ohnehin zu wenig Ahnung. Einen Aspekt aber möchte ich in den Raum werfen: Wer wird ausgebeutet? Was wird ruiniert? Ich denke mal, Brandrodung für industrielle oder großtechnisch landwirtschaftliche Zwecke wirkt ruinös auf die Umwelt, auf das Klima und die Existenz der Lebewesen, die in den entsprechenden Regionen leben. Nachdem ein Baum verbrannt ist, kann man ihn nach meiner Einschätzung für gar nichts mehr verwenden. Wenn hingegen ein Baum gefällt ist, um ihn zu verarbeiten, stiftet der Baum als solcher einen Nutzen. Wichtig ist sicherlich, dass hierbei nachhaltig oder reproduktiv gearbeitet wird. Wenn das für tropische Hölzer gilt, dann gilt das sicherlich auch für viele einheimische Hölzer.
Wenn ich mir die wunderschönen Bögen in den Präsentationen anschaue, bekomme ich begehrliche Gefühle beim Betrachten der Eibe-, Ulme- oder Goldregenbögen. Hätte ich auch gerne. Aber zum einen ist die Gefahr, dass ich solche Staves vermurkse, bei mir noch extrem hoch und zum anderen lese ich an anderen Stellen, dass es sich um bedrohte oder besonders geschützte Hölzer handelt. Das habe ich zu respektieren und lasse die Finger von solchem Material.
Nun kommt es aber auch vor, dass ein solcher Baum dennoch weichen muss, weil er z.B. gefährlich für seine Umgebung geworden ist. Was spricht dann dagegen, das Holz dieses Baums zu verarbeiten? Besser als ihn in Asche zu verwandeln oder verrotten zu lassen.
Mein Vorschlag an dieser Stelle ist: Vertragt Euch wieder.
Ich bin sicher, dass jeder Bogenbauer (zumindest soweit ich das hier im Forum lese) aufgrund seiner Einstellung zum Hobby auch eine gesunde Einstellung zur Natur und zum Umweltschutz hat. Hierbei würde ich darum wetten, dass niemand hier haben wollte, dass für seinen Bogen ein artengeschützter Baum gefällt wird. Da findet jeder garantiert seine ganz individuelle Alternative. Aber wenn dieses Holz ohnehin für alle möglichen konstruktiven Zwecke (hoffentlich legal, zertifiziert, nachhaltig etc. und vor allem nicht zerstörerisch wie bei der Brandrodung) geerntet wurde - warum nicht auch für den Bogenbau verwenden? Okay, ich mache das nicht, aber ein wichtiger Grund dafür ist, dass ich die aktuellen Ergebnisse meiner persönlichen "Bogenbaukunst" noch als Schändung dieses besonderen Holzes betrachten müsste.
Im Musikinstrumentenbereich gibt es seit geraumer Zeit die Diskussion um die Verarbeitung von Rio-Palisander für die Griffbretter von Saiteninstrumenten. Ich kann Euch versichern: Abgesehen davon, dass man sich heute damit strafbar machen würde - keiner der Musiker, die ich kenne, legt noch Wert auf den Erwerb eines neuen Musikinstrumentes, bei dem Rio-Palisander verbaut wurde.
Nun kann man es auf die Spitze treiben: Wenn ich irgendein Holz, meinetwegen einen Haselsapling, für den Bau eines Bogens ernte, ist das selbstverständlich ein Eingriff in die Natur für meine ganz "egoistischen" Ziele. Muss ich mich dafür geißeln? Ich hoffe nicht.
Einen habe ich noch: Für unsere Smartphones und Computer werden reichlich Edelmetalle und so genannte seltene Erden verbaut. Wenn das mal nicht eine riesige Umweltsünde ist. Und indirekt beteiligt sich jeder Nutzer solcher Geräte daran. Würde es nicht den enormen Verbrauch an Kommunikations- und Datenverarbeitungsgeräten geben, könnte man den Abbau dieser Rohstoffe drastisch reduzieren. Aber mal ganz ehrlich: Wer von uns hat nicht gerne immer einmal ein neues Smartphone, obwohl es das alte noch tut? Und wer von uns führt sein altes Mobiltelefon regelmäßig einem umweltgerechten Recycling zu?
In diesem Sinne würde ich mich über eine Versachlichung der Diskussion wirklich freuen. Auf jeden Fall freue ich mich aber, dass eine solche Diskussion überhaupt geführt werde. Aus meiner Sicht danke ich Bogenhannes und allen anderen für ihre Beiträge, auch und trotzdem sie hier und da etwas emotional erscheinen. Das findet man schließlich auch in jeder von Herzen geführten Diskussion.
Macht Späne im Einklang mit der Umwelt - ob mit oder ohne Tropenholz
Ralf